26.08.2023

Lehre digitalisieren: Runtastic-Gründer Florian Gschwandtner investiert in neues B2B-Startup

Das Linzer Startup talents&company will Ausbildungen digitaler und attraktiver machen. Passieren soll dies mithilfe einer SaaS-Plattform, Beratung für Ausbildungsbetriebe sowie einem Master-Lehrgang für Ausbilder:innen. Und durch Geld von Serien-Investor Florian Gschwandter, der zum Start dabei ist.
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Die Gründer Mario Derntl und Fabian Dopler mit Investor und Runtastic-Gründer Florian Gschwandtner; Foto: Talents + Company
Die Gründer Mario Derntl und Fabian Dopler mit Investor und Runtastic-Gründer Florian Gschwandtner; Foto: Talents + Company

Dass breite Kreise der Gesellschaft mehrere Tage über die Lehre diskutieren, kommt in Österreich selten vor. Als die Grüne Wirtschaft kürzlich den Vorschlag einbrachte, hierzulande eine vegane Kochausbildung einzuführen, war das Echo enorm: Politiker:innen, Gewerkschaften und Haubenköche meldeten sich zu Wort. Als der WKO-Obmann für Gastronomie fragte, was man in dieser Ausbildung dann drei Jahre lang lernen solle, war die Aufregung für einige perfekt.

Mario Derntl spricht gerne über die Lehre. Sie begleitet ihn privat und beruflich schon lange. Um genau zu sein, seitdem der Oberösterreicher selbst eine Ausbildung anfing, weil er sich mit 15 Jahren mehr fürs Fortgehe statt für die HTL interessierte, wie er erzählt.

Am Ende standen dann fünf Fünfer auf dem Zeugnis. Der “Mühlviertler Bauernbub” musste die HTL verlassen und machte bei Voestalpine eine Mechatroniker-Lehre. Über Umwege wurde er doch zum Akademiker, holte die Matura nach und studierte BWL. Zuletzt war er für den Verein “zukunft.lehre.österreich tätig.

“Zahl der Lehrlinge fast halbiert”

Bei dieser Tätigkeit sei in ihm der Wunsch gereift ein eigenes Projekt zu starten. Aus rückläufigen Lehrlingszahlen, Fachkräftemangel und seiner Expertise in dem Bereich wurde so das B2b-Startup “talents&company”. Langfristig wollen Derntl und sein Team den Trend rückläufiger Lehrlingszahlen brechen. “Wir hatten 1980 über 200.000 Lehrlinge in Österreich. Aktuell stehen wir bei ungefähr 105.000, das heißt eine Reduktion um fast die Hälfte,” erläutert er.

“Lehrlingsausbildung ist kein Kostenfaktor, sondern ein Produktivitätsfaktor, der noch dazu nachhaltig ist. Das wollen wir mit unseren Tools den Unternehmen vermitteln.”

Mario Derntl, CEO und Gründer von “talents&company”

An den Start geht Mario Derntls Startup “talents&company” zunächst mit zwei Produkten: Dem Ausbildungscheck und einem Masterprogramm für Lehrlingsausbilder:innen. Alles scheint noch sehr frisch, am Nachmittag vor dem Launch ist die GmbH-Gründung laut Auszug aus dem Firmenbuch noch nicht erfolgt.

Erste Pilotkunden sind dennoch schon an Bord und sollen den Ausbildungscheck ab Herbst nutzen. Dazu zählen die Energie AG in Oberösterreich, FILL Maschinenbau, Feuerfesthersteller RHI Magnesita sowie Kunststoffhersteller Starlim Spritzguss GmbH.

“Der Ausbildungscheck ist eine Dienstleistung für Unternehmen, damit diese die Qualität der Lehrlingsausbildung auf den Prüfstand stellen können”, sagt CEO Derntl. In einem dreistufigen Prozess aus Analyse, Befragungen und Mitarbeiter:innen-Gesprächen sollen so Stärken und Schwächen der Unternehmen bei der Ausbildung herausgearbeitet werden.

“Die Unternehmen erhalten einen fundierten Check, wo bin ich Champions League, wo bin ich Landesliga und wo bin ich zweite Klasse”, erklärt der Gründer. Nach der Analyse will “talents&company” die Unternehmen auch dabei helfen sich zu verbessern und die gewonnenen Erkenntnisse umzusetzen. Je nach Größe des Unternehmens rechnet Derntl für den Ausbildungscheck mit einem “niedrigen vierstelligen, bis Mitte fünfstellige Betrag”.

Kernprodukt: SaaS-Plattform

Die gesammelten Daten soll den Firmen auch über eine digitale Ausbildungsplattform zur Verfügung gestellt werden. “Die Ausbildungsverantwortlichen bei unseren Partnern sollen jederzeit Zugriff haben auf eine Plattform, wo die gesamte Lehrlingsausbildung visualisiert ist”, so die Idee von talents&company.

Um das Ziel zu erreichen, eine Plattform zu kreieren, die quasi alle Bereiche der Lehre abdeckt, ist Runtastic-Gründer und Serien-Investor Florian Gschwandtner als Business Angel dabei. Er hat einen fünfstelligen Eurobetrag investiert. Statt einer Vielzahl an Programmen soll die Plattform zu einer “360-Grad-Lösung” für Ausbildungsbetriebe werden und etwa Recruiting, Ausbildungsplanung, Performance-Management abdecken.

Ziel sei es auch, über die Plattform kommunizieren und Daten verwalten zu können, etwa Ausbildungspläne, Krankmeldungen und Berufsschulzeugnisse. Aktuell ist die digitale 360-Grad-Ausbildungssoftware noch eine Vision, langfristig das Kernprodukt werden, so die Hoffnung von Florian Gschwandtner. Vertrieben werden soll die Plattform als quasi eine Software-as-a-Service-Lösung für mehre hundert Euro monatlich, je nach Größe des Unternehmens.

Weiterbildung: Master of Advanced Studies

Für Lehrlingsausbilder:innen, die sich weiterbilden wollen, wurde in Zusammenarbeit mit der Hochschule Marburg in Deutschland ein akademischer Lehrgang entwickelt. Er dauert zwei Semester, kostet insgesamt 9.000 Euro und startet im Herbst. Absolvent:innen erhalten den Titel Master of Advanced Studies, der sich als Weiterbildung für Personen mit Hochschulabschluss und einschlägiger Berufserfahrung versteht. Ausbilder:innen von Stadt Wien, ÖBB sowie KTM werden heuer an dem Programm teilnehmen, freut sich Mario Derntl.

Gründer Mario Derntl bildet mit Co-Gründer Fabian Dopler das operative Führungsteam des Startups. Laut dem CEO ist Dopler “das technische Brain” der Firma. Neben Business Angel und Investor Florian Gschwandtner fungiert Britta Schindler, Head of People & Change bei A1 als externe Beraterin. Sie soll vor allem ihre Erfahrung im Umgang mit der Gen Z einbringen.

Gründer Derntl hat klare Vorstellungen, wo sich talents&company hin entwickeln soll: Bis Ende 2024 soll das Team auf zehn Mitarbeiter:innen wachsen. “Außerdem wollen wir heuer noch 30 Ausbildungschecks durchführen und im Dezember unsere SaaS-Software auf den Markt bringen. Als Weihnachtsgeschenk an uns selbst.”

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Christopher Helf und Constantin Dißelkamp | Bild: pagent.ai

Christopher Helf war CTO und CO-Founder beim Wiener Krypto-Trading-Startup Trality. Im August des Vorjahres musste dieses Konkurs anmelden. Bereits ein Monat zuvor musste die Trading-Plattform ihren Service einstellen. Damals sei es dem Startup “aufgrund des aktuellen Marktumfelds nicht möglich gewesen, die Plattform und Dienstleistungen weiterhin anzubieten” – brutkasten berichtete.

Mit Januar 2024 startete Helf eine neue Challenge als CTO und Co-Founder des in Bonn sitzenden AI-Startups pagent.ai – gemeinsam mit CEO und Co-Founder Constantin Dißelkamp. Am gestrigen Montag vermeldete das Startup positive Nachrichten: Nämlich den Abschluss einer Pre-Seed-Finanzierungsrunde in Höhe von 900.000 US-Dollar – umgerechnet etwa 857.000 Euro.

AI-basierte Hyperpersonalisierung

Pagent.ai befasst sich mit der “AI-basierten Hyperpersonalisierung von Websites”. Das nun frische Kapital stammt vom teilstaatlichen High-Tech Gründerfonds (HTGF) – einem der größten deutschen Seed-Investoren, ebenfalls mit Sitz in Bonn.

Mit der generativen KI von pagent.ai können personalisierte Webinhalte erstellt und damit eine bessere Nutzeransprache ermöglicht werden. Wie das deutsche Medium startbase.de berichtet, soll pagent.ai “Webseiten automatisch auf die Bedürfnisse und Vorlieben bestimmter Zielgruppen abstimmen”, wodurch diese Marketingziele effizienter erreichen können.

Die Lösung von pagent.ai eigne sich insofern für Unternehmen, als dass diese keine A/B-Testungen mehr durchführen bräuchten, so das Startup. Das AI-System des Startups soll “automatisch die effektivste Variante der Website” identifizieren und “sie den Nutzern ausspielen, was zu einer verbesserten Nutzererfahrung führt”, heißt es auf starbase.de. Die Lösung soll überdies auf die “Verbesserung von Text- und Bildelementen” setzen.

Telekom und E-Commerce im Fokus

Für das kommende Geschäftsjahr plane das Startup, die Funktionalitäten seiner Technologie auf Struktur, Design und Video-Inhalte auszudehnen. Aktuell würden Testungen mit Pilotkunden durchgeführt, wobei sie die sogenannten “pagents” von pagent.ai testen. Diese “pagents” ermöglichen es, Website-Elemente automatisiert zu optimieren und die beste Version für Nutzer:innen auszuspielen, heißt es.

“Unser langfristiges Ziel ist es, das führende AI-Modell für personalisierte Kommunikation zu entwickeln und Online-Erfahrungen völlig neu zu gestalten”, wird Co-Founder Dißelkamp von startbase.de zitiert.

Die Lösung zeige sich bislang – nach Angaben des Startups – besonders für Unternehmen aus den Bereichen der Telekom und des Mode-Online-Handels interessant. Co-Founder Helf bestätigt: “Besonders Telekommunikations- und Fashion-E-Commerce-Unternehmen zeigen großes Interesse für die Automatisierungslösung. Für jede Organisation mit Onlinepräsenz liegt großes Potenzial in der Marketingautomatisierung mit AI, um ihre Ziele besser zu erreichen.”

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