08.06.2017

Fliegende Autos, selbstfahrende Lkws und ein E-Auto-Startup in Geldnot

Neue Erfindungen für die Automobilbranche beschäftigen die internationale Startup- und Tech-Branche – so sehr, dass jede Woche zahlreiche Neuheiten, Kooperationen und Nachrichten aufpoppen. Deshalb geben wir euch jeden Donnerstag einen Überblick über die wichtigsten News und informieren, wer mit wem was wofür entwickelt.
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(c) cartivator.com

Waymo entwickelt mehr als nur Pkws

Waymo, das Auto-Spinoff von Google, arbeitet neuerdings nicht nur an selbstfahrenden Pkws, sondern auch Lkws. Der Tech-Konzern war einer der ersten, der sich auf das Thema Autonomes Fahren stürzte, Frachtverkehr war lange nicht im Fokus von Alphabet: „Wir nehmen unsere acht Jahre lange Erfahrung in der Entwicklung von Hardware und Software und erforschen, wie diese in einen Lastwagen integriert werden kann”, kommentiert Waymo die Pläne. (http://www.reuters.com/article/us-waymo-selfdriving-truck-idUSKBN18T04V)

Dass Waymo ausgerechnet jetzt von selbstfahrenden Lkws spricht, hat Brisanz, denn das Unternehmen befindet sich in einem Rechtsstreit mit Uber. Waymo wirft dem Ridesharing-Dienst in einer Klage vor, dass ein ehemaliger Google-Mitarbeiter technische Dokumentation gestohlen habe und diese an Uber weitergegeben habe. Dieser Mitarbeiter, Anthony Levandowski, gründete 2016 nach seinem Ausstieg bei Google ein eigenes Startup für autonome Lkws. Uber kaufte „Otto“ wenige Monate nach der Gründung und machte Levandowski zum Manager der Sparte für autonome Fahrtechnologie. Weil Levandowski nicht vor Gericht aussagen will, feuerte Uber ihn vergangene Woche. (https://www.washingtonpost.com/news/the-switch/wp/2017/05/30/uber-fires-star-engineer-anthony-levandowski-at-the-center-of-self-driving-car-battle/)

Neuer Partner für Uber-Rivale Lyft

Uber ist nicht nur ein großer Rivale von Waymo, sondern auch von Lyft. Der Ridesharing-Service, der aktuell nur in den USA operiert, ist dort der größte Konkurrent des wertvollsten Startups. So wundert es auch nicht, dass Waymo sich Lyft als Partner geholt hat. Die beiden Unternehmen wollen in einem Pilotprojekt automatisierte Taxis auf den Straßen. Weil Lyft im Gegensatz zu Uber nicht in die Entwicklung einer eigenen Fahrtechnologie investiert, braucht der Fahrtenvermittler technische Partner. Die Alphabet-Tochter ist jedoch nicht der einzige Technologieanbieter, mit dem Lyft kooperiert. Diese Woche hat Lyft eine Zusammenarbeit mit Nutonomy, einem Self-Driving-Startup aus Boston, bekannt gegeben. Die beiden wollen in Boston erste Tests starten und daraus lernen, wie Kunden auf automatisierte Taxis reagieren. Lyft-CEO rechnet damit, dass in ein paar Jahrzehnten 80 Prozent aller Automeilen automatisiert gefahren werden. Mit General Motors hat das Startup außerdem einen Automobilkonzern als strategischen Partner und Großinvestor an Bord. (https://techcrunch.com/2017/06/06/lyft-and-nutonomy-partner-to-bring-first-self-driving-lyft-service-to-boston/)

Neues von Faraday Future und Toyota

Einen Großinvestor braucht auch das E-Auto-Startup Faraday Future. Der als Tesla-Herausforderer bezeichnete junge Autobauer befindet sich seit Monaten in finanziellen Schwierigkeiten und kann Berichten zufolge die Fertigstellung der Produktionsstätte nicht bezahlen. Deshalb will Faraday, bei dem der chinesische Elektrokonzern LeEco beteiligt ist, offenbar eine Milliarde US-Dollar von Investoren einsammeln. Um von den Problemen abzulenken, hat das Startup diese Woche neues Videomaterial veröffentlicht, in dem das erste geplante Modell FF91 zu sehen ist. Der Elektrosportwagen soll beim Bergrennen „Pike Peak“ am 25. Juni in Colorado mitfahren. (https://www.cnet.com/roadshow/news/faraday-future-bringing-its-ff-91-electric-car-to-the-pikes-peak-hill-climb/)

Toyota setzt währenddessen auf fliegende Autos. Der Autokonzern hat 400.000 US-Dollar in das Startup „Cartivator Resource Management“ investiert, das derzeit einen Prototypen entwickelt. Bis zu den Olympischen Spielen im Jahr 2020 soll der fliegende Wagen startklar sein, denn Toyota will ihn bei der Eröffnungsfeier in Tokyo präsentieren und das Olympische Feuer vom Auto aus anzuünden lassen. Einen ähnlichen Zeitplanhat übrigens auch Uber: Dessen fliegende Taxis sollen 2020 in Dubai starten. (https://apnews.com/e48d6b3138c044c29fc7b6dccb0bc16b/Takeoff-and-cruise:-Toyota-making-%27flying-car,%27-luxury-boat)

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AI Landscape 2024, Wasner, Hochreiter
(c) Stock.Adobe/GamePixel - Die AI Landscape 2024 ist da.

Die Austrian AI Landscape von Clemens Wasner (EnliteAI, AI Austria) zeigt AI-Startups und -Unternehmen aus der heimischen Startup-Szene. Das Branding dazu wurde von Andreas M. Keck, Kopf und Gründer von “beamr. brand consulting studio” pro-bono durchgeführt. Es ist bereits die insgesamt achte Ausgabe der österreichischen KI-Landschaft.

AI Landscape 2024 wird größer als ihre Vorgänger

“Heuer gibt es 70 neue Unternehmen, ein Novum in dieser Größenordnung. Es ist ein internationales Phänomen, denn die Eintrittsbarriere für die Gründung eines KI-Unternehmens ist gesunken. Ein Grund ist, dass viele Basistechnologien als ‘open source’ verfügbar sind und nicht mehr von Grund auf selbst entwickelt werden müssen”, erklärt Wasner die gestiegene Anzahl an KI-Unternehmen in Österreich.

Besonders im Bereich “Corporate Early Adopters” zeigt sich eine starke Steigerung. “Unternehmen, die teilweise 100 Jahre alt sind, haben eigene AI-Business-Units aufgebaut, eigene Teams zusammengestellt und sind Joint Ventures eingegangen. AI ist schlussendlich in der Realwirtschaft angekommen”, so der AI-Experte weiter.

Die AI Landscape Austria 2024

(c) EnliteAI, AI Austria, Andreas M. Keck (beamr) – Die gesamte Austrian AI Landscape.

Cybersecurity-Bereich steigt

Allgemein ist festzustellen, dass sich – entgegen der letzten Jahre – mehr Firmen mit “Cybersecurity & Defence” beschäftigen. Die Gründe dafür sind, dass es einerseits, wie erwähnt, mehr Open-Source-Modelle gibt, auf die man zurückgreifen kann, ohne selbst Basis-Modelle entwickeln zu müssen. Andererseits hat der Ukraine-Krieg ein Bewusstsein für diese Branche geschaffen.

Die EU hat etwa am 15. März 2024 das Arbeitsprogramm für den European Defence Fund veröffentlicht. Die offizielle Ausschreibung wurde am 20. Juni geöffnet, eine Einreichung war bis zum 5. November 2024 möglich. Diese Ausschreibung war mit 1,1 Milliarden Euro dotiert, wovon 40 Millionen Euro für disruptive Technologien und 67 Millionen Euro für KMU vorgesehen sind.

AI Landscape: GenAI als Treiber

Einen anderen Faktor für die Steigerung der Anzahl an KI-Firmen in Österreich sieht Wasner darin, dass viele Unternehmen in der Vergangenheit auf Automatisierung gesetzt hätten. Belege erkennen, den E-Mail-Posteingang lesen und ins CRM schieben – das sei mit der eigenen Technologie natürlich limitiert gewesen, durch Generative AI und LLMs (Large Language Models) wären nun sehr viele in diesem Bereich tätig. “Das ist etwas, das weltweit parallel passiert”, so Wasner. “Und Chatbots oder Dashboards beinhaltet.”

Auch bemerkenswert ist, dass im Bereich “Life Science” mittlerweile 30 Unternehmen aus Österreich vertreten sind. Für den KI-Experten “wenig verwunderlich”, da es hierzulande mit LISAvienna, INITS und mit dem Science Park Graz gleich drei Ökosysteme gibt, die in diesem Feld “Firmen produzieren”.

Zudem ist der Proptech-Bereich auffällig stark geworden, was wiederum an der Nutzung von LLMs liegt, zum Beispiel wenn es um die Auswertung von Dokumenten rund um Bauprojekte geht. Überall dort, wo man auf unstrukturierte Daten treffe – Baupläne, etc. – sei nun GenAI vermehrt einsatzbar und das ganze Proptech-Feld gehe “durch die Decke”. Insgesamt, so Wasner, gebe es heuer einfach mehrere große Themenfelder in der heimischen AI Landscape.

Beachtlich sei zudem, dass in der KI-Branche wenig Firmen pleite gegangen sind. “Dieses Jahr habe ich im Vergleich zum Vorjahr nur drei, vier Firmen herunternehmen müssen”, sagt er. “Davor waren es rund 30.”

Doch der KI-Experte warnt vor zu großer Euphorie. Er sieht den Moment jetzt als “Ruhe vor dem Sturm” und erwartet eine Konsolidierungswelle für das kommende Jahr. In diesem Sinne prognostiziert er einen Akquise-Trend, der uns bevorsteht. Größere Firmen würden, so seine Einschätzung, Unternehmen aus der Sparte “Operations & Search” aufkaufen, weil sich deren Angebot als replizierbares Business für Dienstleister auszeichne (Knowledge-Management, Bots, Suche mit LLMs).

Mehr Deregulierung, aber…

Was den europäischen Standort betrifft, wünscht sich Wasner mehr Deregulierung, allerdings nicht unbedingt auf der KI-Seite, wie er sagt. Europas KI-Problem liege vor allem im Umstand begründet, dass es hier schwieriger sei, zu gründen bzw. etwa Mitarbeiterbeteiligungen schwerer zu implementieren wären. “In Europa gibt es 27 Rechtsformen bei der Unternehmensgründung, das ist einfach nicht ‘investible'”, sagt er. Auch seien die Finanzierungen zu gering, vor allem dann, wenn man eine KI-Foundation baue. Mistral aus Frankreich wäre da der einzige Ausreißer, was europäische Top-KI-Firmen betreffe.

Als zweiten Punkt nennt Wasner, dass sich die “Compute-Infrastruktur” als zu klein für den europäischen Raum zeige und es von der EU-Seite Investitionen von mindestens 20 Milliarden Euro – wenn nicht mehr – bräuchte, um im KI-Konzert der Großen eine Chance zu haben. Der dritte und letzte Faktor, den Wasner in Sachen Wettbewerbsfähigkeit erwähnt, ist, auf “skilled immigration” zu setzen, um die besten Talente ins Land zu holen, wie er sagt: “Das allerdings geht nur, wenn man die ersten beiden Punkte löst.”

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