06.04.2022

FlexKap: “Österreich wird kein Innovationsparadies, weil man eine neue Rechtsform einführt”

Der auf Startups spezialisierte Wiener Anwalt Christof Strasser erläutert im Interview, warum er die neue Rechtsform "FlexKap" für nicht notwendig hält und wo er stattdessen Prioritäten sieht.
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Christof Strasser hat eine andere Meinung zur FlexKap | (c) 42law
Christof Strasser hat eine andere Meinung zur FlexKap | (c) 42law

Sie wurde viele Jahre lang von Vertreter:innen der Startup-Szene gefordert: die neue Rechtsform speziell für Startups. Seit einiger Zeit wurde im Justizministerium unter Einbindung verschiedener Player tatsächlich daran gearbeitet, zunächst unter dem Arbeitstitel “Austria Limited”, später als “Flexible Kapitalgesellschaft” bzw. “FlexKap”. Im März wurde dann der Entwurf vorgelegt – und sorgte für viel Kritik aus der Szene. Entscheidende Punkte seien nicht umgesetzt, so der Tenor. Besonders kritisiert wird, dass weiterhin eine weitgehende Notariatspflicht besteht und dass die Regelung zur Mitarbeiterbeteiligung nicht adäquat umgesetzt wurde.

Doch nicht jeder im heimischen Startup-Ökosystem schließt sich dieser Kritik an. Eine ganz andere Meinung vertritt der auf Startups spezialisierte Wiener Anwalt Christof Strasser von der Kanzlei 42law, wie er im brutkasten-Interview darlegt. Er betreut zahlreiche heimische Startups juristisch und arbeitet dabei mit LegalTech-Lösungen, etwa für die Rot-Weiß-Rot-Karte (42migration). Im Gespräch erklärt er, warum er die FlexKap für “nicht notwendig” hält, warum der Notariatsakt “eine sinnvolle Sache” ist und was es aus seiner Sicht dringender für die österreichischen Startups braucht.


Viele Stimmen aus der Startup-Szene fordern eine neue Rechtsform, die noch weiter geht als der aktuelle Entwurf zur FlexKap. Du siehst dies anders. Warum?

Zum einen ist eine völlig neue Rechtsform nicht notwendig. So wie ein Hoodie noch kein Startup macht, wird aus Österreich nicht deshalb ein Innovationsparadies, weil man eine Rechtsform einführt, die ein bisschen mehr nach Kalifornien riecht. Ich berate die Startup-Szene in Österreich seit 13 Jahren und glaube, dass manche politischen Player die Einführung einer neuen Rechtsform als Fashion-Thema betreiben, das bei bestimmten Gruppen schnelle Erfolge verspricht. An den für den Wirtschaftsstandort wirklich wichtigen, strukturellen Fragen geht das aber vorbei.

Zum anderen sind viele Dinge, die an der GmbH lautstark kritisiert werden, in Wahrheit sinnvolle Regelungen, die richtigen und wichtigen Regelungszielen dienen. Man sollte daher mehr darüber nachdenken, wie man diese Konzepte besser umsetzt und nicht “den Notariatsakt abschaffen”, nur weil es ein einfacher Slogan ist, der nicht viel Arbeit macht.

Eines der wichtigsten Pro-Argumente für die neue Rechtsform ist das Thema Mitarbeiterbeteiligung. Braucht es da keine bessere Regelung?

Ich glaube nicht, dass die leichtere Beteiligung von Mitarbeitern an Startups, als Ausgleich für strukturell niedrigere Gehälter, ein dringendes Thema ist. Ich komme nicht aus dieser politischen Ecke, aber Beiträge von Arbeiterkammer und ÖGB haben mich ein bisschen sensibilisiert und nachdenken lassen. Es geht doch eigentlich um Folgendes:

Zum Beispiel kommen in zehn Startups je zehn Mitarbeiter für eine Beteiligung in Frage. Davon erhalten vielleicht gerade mal drei Mitarbeiter einen Anteil, der bei einem erfolgreichen Exit mehr bewirkt als einen Ausgleich für die jahrelang akzeptierte, “startup-übliche” Gehaltseinbuße. Von zehn Startups ist bekanntlich auch nur eines erfolgreich. Und das heißt im Ergebnis, dass wir für 97 von 100 Mitarbeitern mit Mitarbeiterbeteiligung und damit verknüpften niedrigeren Gehältern in Wahrheit nichts weiter bewirken als eine Beteiligung am Downside-Risiko, wenn es nichts wird.

Während also der Wert von Notariatsakten unbestreitbar ist, ist die User Journey, der österreichische Gründer und GmbH-Gesellschafter ausgeliefert sind, natürlich absolut inakzeptabel.

Österreich ist das Land mit den weltweit bei weitem höchsten Förderungen für Startups. Wie wäre es, wenn wir diese Förderungen ein wenig kanalisieren und Regelungen entwickeln – Stichwort: Entfall der Lohnnebenkosten für New Hires in den ersten Jahren – die es für Startups leistbar machen, ordentliche Gehälter zu zahlen? Ist es wirklich unser dringendstes gesellschaftliches Problem, jungen Leuten – “Existenz”-Gründern nämlich –, die sich mit ihrem ersten Job gerade mal eine Shoebox als Wohnung leisten können, ihre niedrigen Gehälter festzuzurren, indem wir ihnen ein Lottoticket für 0,25 Prozent an einem Startup ausstellen? Sprecht mal mit den Angestellten von Startups, was ihnen lieber wäre – ein höheres Gehalt oder ein Share am Arbeitgeber?

Kritisiert werden an der GmbH auch häufig die von dir bereits erwähnten Notariatsakte bei Gründung und Änderung der Besitzverhältnisse…

Dies ist ein wunderbares Beispiel, weil sich so leicht erklären lässt, warum der Notariatsakt eine sinnvolle Sache ist und das Problem eigentlich woanders liegt.

Der Notariatsakt soll bekanntlich davor schützen, übereilt und schlecht dokumentiert Anteile zu übertragen. Viele behaupten, das sei kein Problem, aber das stimmt nicht! Da ich auch in New York als Anwalt zugelassen bin und einige Jahre in US-Kanzleien gearbeitet habe, beraten wir auch oft Gründungen und Transaktionen nach US-Recht. Und Unklarheiten über Share Ownership kommen da immer wieder vor. Gerade, weil du in den USA auf einer Serviette die Company verkaufen kannst – was in Österreich nicht möglich wäre –, verlieren Gründer mit 17 Business Angels im Cap Table immer wieder mal den Überblick. Bei jeder vierten Due Diligence in den USA ist die Herleitung des Share Ownership deshalb zumindest nicht trivial.

Während also der Wert von Notariatsakten unbestreitbar ist, ist die User Journey, der österreichische Gründer und GmbH-Gesellschafter ausgeliefert sind, natürlich absolut inakzeptabel. Dass es bis vor kurzem immer persönlicher Termine bedurfte, obwohl die Online-Authentifizierung technologisch schon seit Jahren gelöst ist, war eine Zumutung. Oder dass man auf die Verlesung des Vertragstextes durch den Notar nicht verzichten kann. Das ist eine groteske, nicht mehr zeitgerechte Umsetzung der Idee des Notariatsakts.

Aber es wäre falsch, dieses Instrument schlechthin zu verteufeln.

Und wie sollte ein weiterer Punkt, das Stammkapital, deiner Meinung nach ausgestaltet sein?

Das mit dem Mindestkapital von 5.000 Euro ist schon ok. Zunächst einmal darf man fragen, ob es nicht ein sinnvoller Eignungstest für Unternehmer in einem First World Country ist, ob sie es schaffen 5.000 Euro aufzustellen. Aber noch etwas erscheint mir erwähnenswert. Wenn du eine GmbH gründest, profitierst du von einer über 500 Jahre alten, wunderbaren Erfindung des Gesellschaftsrechts: der “beschränkten Haftung” eben, für das, was du in deinem Unternehmen treibst. Jetzt weiß ich schon, dass man dafür unter anderem mit der Körperschaftsteuer bezahlt. Aber bei der Gründung 5.000 Euro auf den Tisch zu legen – die du ja auch sofort für dein Venture verwenden darfst –, um deine Ernsthaftigkeit ein wenig nachzuweisen, das erscheint mir nicht grundsätzlich unverhältnismäßig, wenn dir das Rechtssystem dafür den Schutzmantel der “Limited Liability” gewährt.

Wenn die Rechtsform GmbH also nicht das Problem ist, was kann dann zur Verbesserung der offenkundigen Probleme und Schwächen, die kritisiert werden, getan werden?

Wir müssen unterscheiden: Teilweise kann tatsächlich nur der Gesetzgeber helfen – etwa bei der Erfordernis, zwei Stunden bei einem Kaffee im Notarsbüro zu sitzen und beim Schnelllesen zuzuhören – oder eben nicht zuzuhören. Warum nicht einen schriftlichen Verzicht erlauben?

Aber zu einem großen Teil nehme ich – neben noch ungelösten sozialpolitischen Fragen, wie der Mitarbeiterbeteiligung – vor allem einen Frust junger Tech-Unternehmerinnen mit der einigermaßen archaischen Branche der Anwälte und Notare wahr. Notare und Anwälte könnten viel mehr über das Einkaufserlebnis der Klienten nachdenken und dieses verbessern. Startups sind ein weiterhin wachsendes Kundensegment, das nicht mehr bereit ist, für aufwändige, klassische Inszenierungen der Rechtsberatung – in holzvertäfelten Büros, durch Anwälte in feinem Zwirn – Geld auszugeben.

Im ersten Schritt muss man daher die eigentliche Rechtsberatungsleistung von ineffizienten Rahmenhandlungen trennen. Und dann könnte etwa LegalTech dabei helfen, die Rahmenhandlung, also die “Auslieferung” der Beratungsleistung, auf Kostenminimierung zu optimieren. Dies versucht ja zum Beispiel das kürzlich gestartete Startup Notarity. Auch wir bei 42law haben mit 42migration und 42escrow schon einen kleinen Beitrag geleistet.

Warum gibt es noch so wenige etablierte LegalTech-Lösungen?

Back Office-Lösungen für Anwälte gibt es schon recht viele. Für diese gibt es einen weltweiten Markt und die Anforderungen an Anwaltssoftware sind nur zum Teil branchenspezifisch, so dass dieser Markt auch branchenfremden Softwareunternehmern gut zugänglich ist.

Tablets raus aus den Volksschulen, Rechenrahmen, Rubiks Cube und Montessori-Materialien rein.

Für eine gute, client-facing LegalTech-Lösung, die ja einen Teil des klassischen Anwaltsprodukts ersetzen soll, braucht es aber drei Dinge: Erstens, eine richtig gute, erfahrene und empathische Anwältin, die ein bestimmtes Anwaltsprodukt so grandios durchdringt, dass sie dieses auch aus der Sicht eines Dritten, eines Klienten, betrachten, bewerten und verändern kann. Zweitens, die Fähigkeit dieser Anwältin, als Product Owner bei der Entwicklung einer Software effizient mit Developern so zusammenzuzuwirken, dass sich das Kundenerlebnis wirklich verbessert. Du willst ja nicht mit dem nächsten “Kaufhaus Österreich” online gehen, sondern etwas richtig Cooles und Nützliches bauen. Und drittens braucht es vor allem einen Anreiz, die extrem gut bezahlte Arbeit als Anwalt hintanzustellen und eine Software zu entwicklen, die den eigenen Beruf teilweise abschafft.

Zahlt sich das für so einen kleinen Markt wie Österreich überhaupt aus?

Kaum. Für B2C-Lösungen, wie zB www.conny.de in Deutschland, gibt es vielleicht auch in Österreich eine Möglichkeit, wenn man das smart um- und nachbaut. Was B2B angeht: so groß der Leidensdruck der frühphasigen, österreichischen Startups ist, so wenig sind die vielen KMUs oder Großunternehmen in Österreich wirklich early adopters. Jeder Anwalt wird bestätigen, dass eine GmbH-Gründung ohne Beratung sehr wenig Arbeit macht. Deshalb verkaufen das Notare, inklusive Notariatsakt, teilweise um 600 Euro. Und zu Recht! Soll eine Wirtschaftsanwältin vor diesem Hintergrund eine Software bauen, mit der das minimale Marktsegment der beratungslosen GmbH-Gründungen teilautomatisiert wird? Jedenfalls ist das keine Opportunity, die sich zwingend aufdrängt.

Abschließend: Was braucht die Startup-Szene in Österreich denn dann dringender als FlexKap und Mitarbeiterbeteiligung?

Easy. Tablets raus aus den Volksschulen, Rechenrahmen, Rubiks Cube und Montessori-Materialien rein. Insbesondere auch in die Kindergärten. HTLs und TU-Studienplätze ausbauen, MINT-Fächer viel massiver promoten, Lohnnebenkosten senken. All das wird aber erst wirken, wenn die jetzigen Entscheidungsträger längst nicht mehr im Amt sind. Deshalb ist das für die Politik nicht interessant, fürchte ich. “Tabletklasse” klingt besser.

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Kerstin Lobner | (c) Ideenflow

Die Uhr tickt, die Deadline rückt näher – und jetzt sollen du und dein Team auch noch kreative Ideen entwickeln? Klingt unmöglich, oder? Doch genau unter solchen Bedingungen kann Kreativität zur Höchstform auflaufen. Aber warum fällt es uns oft schwer, unter Druck kreativ zu denken, und wie kannst du und dein Team diese Hürde überwinden? Hier sind einige Ansätze, um den kreativen Funken auch unter Zeitnot zu entzünden.

Der Druck als Kreativitätskiller

Zunächst einmal: Kreativität braucht oft Raum. Die besten Ideen kommen, wenn man Zeit hat, Gedanken schweifen zu lassen. Wenn aber die Deadline drängt, blockiert das Gefühl von Stress oft die kreativen Prozesse. Anstatt entspannt nach Lösungen zu suchen, fühlen wir uns gehetzt und neigen dazu, auf alte Muster zurückzugreifen – nicht gerade die ideale Ausgangssituation für frische Ideen.

Lösung #1: Timeboxing – Nutze die Zeit klug

Anstatt den gesamten Prozess unter Druck zu setzen, hilft es, die Zeit in kleinere, überschaubare Blöcke zu unterteilen. Diese Technik nennt sich „Timeboxing“. Gebt jeder Phase der Ideensammlung – von der ersten Brainstorming-Runde bis zur Auswahl der besten Ideen – eine feste Zeitvorgabe. So bleibt der Fokus erhalten, ohne dass die Hektik Überhand nimmt. Ironischerweise kann eine solche Strukturierung dazu führen, dass kreative Prozesse in kürzerer Zeit effizienter ablaufen. Setzt euch z.B. ein 10-Minuten-Zeitfenster für das Brainstorming und anschließend weitere 10 Minuten, um die vielversprechendsten Ideen zu priorisieren.

Lösung #2: Kreativitätstechniken wie die 6-3-5-Methode

Eine weitere Technik, die unter Zeitdruck Wunder wirken kann, ist die „6-3-5-Methode“. Hierbei schreiben sechs Personen in fünf Minuten jeweils drei Ideen auf. Diese Ideen werden dann an den nächsten Teilnehmer:in weitergegeben, der/die darauf aufbaut oder neue Vorschläge entwickelt. Durch den schnellen, iterativen Austausch kommen nicht nur viele Ideen zusammen, sondern die Zeitvorgabe sorgt auch dafür, dass niemand zu lange über einer Idee brütet. Diese Technik fördert den Fluss und verhindert, dass der Druck lähmend wirkt.

Lösung #3: Klare Fokussierung durch präzise Fragestellungen

Unter Zeitdruck geht es darum, möglichst schnell die relevanten Ideen zu identifizieren. Je klarer und fokussierter die Fragestellung ist, desto einfacher wird es, zielgerichtet zu arbeiten. Statt „Wie können wir unser Produkt verbessern?“ könnte die Frage lauten: „Wie können wir unsere App-Nutzer schneller zum Kaufabschluss führen?“ – konkrete Aufgabenstellungen fördern schnelle, kreative Lösungsansätze.

Lösung #4: Mikro-Pausen einlegen

Kreativität unter Druck bedeutet nicht, ununterbrochen Höchstleistungen zu erbringen. Mikro-Pausen sind Gold wert. Schon fünf Minuten Abstand können das Gehirn wieder erfrischen und die Kreativität ankurbeln. Diese kurzen Pausen verhindern, dass dein Team in hektisches Denken verfällt und helfen dabei, aus einem anderen Blickwinkel auf das Problem zu schauen. Ein kurzer Spaziergang um den Block oder einfach frische Luft schnappen kann Wunder wirken.

Lösung #5: Gamification – Der spielerische Ansatz

Wenn die Stimmung im Team angespannt ist, hilft es oft, den Druck mit einem spielerischen Element aufzulockern. Eine einfache Möglichkeit: Macht aus dem Ideensammeln ein kleines Spiel. Vergesst den Ernst der Lage für einen Moment und veranstaltet z.B. einen „Pitch-Wettbewerb“, bei dem die Teammitglieder ihre verrücktesten Ideen in nur 60 Sekunden präsentieren. Diese Methode nimmt dem Team den Stress und fördert gleichzeitig unkonventionelle Lösungsansätze.

Fazit: Kreativität unter Druck ist möglich – mit den richtigen Techniken

Der Schlüssel zu Kreativität unter Zeitnot ist es, Strukturen zu schaffen, die den Prozess erleichtern, statt zusätzlichen Druck aufzubauen. Durch Timeboxing, präzise Fragestellungen und spielerische Elemente können du und dein Team auch in stressigen Situationen kreative Höchstleistungen abrufen. Der Trick liegt darin, den Druck in geordnete Bahnen zu lenken und den kreativen Fluss zu fördern, anstatt ihn zu ersticken.


Über die Gastautorin Kerstin Lobner

Kreativität prägte sie von klein auf, als Enkelin des General Managers von Faber-Castell in Irland. Während andere im Alter an Neugierde verlieren, vertiefte sie ihr Interesse an Kreativität stetig.

Nach verschiedenen Positionen im Konzern-Marketing in Branchen wie IT, Telekommunikation und Gesundheitswesen unterstützt sie heute Führungskräfte und Teams dabei, innovative Lösungen zu finden und ihr kreatives Potenzial zu entfalten.


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