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„Tut mir leid, eine… FlexCo? Das kenne ich gar nicht. Moment, ich hole kurz meinen Kollegen…“ So begann unser Abenteuer mit der neuen Rechtsform, als wir bei einer der größten österreichischen Banken ein Geschäftskonto eröffnen wollten. Die FlexCo ist seit ihrer Einführung im Jänner 2024 ein Hoffnungsträger für die heimische Startup-Szene. Doch wie schlägt sie sich in der Praxis?
Die Verheißung der FlexCo: Mehr Flexibilität für Startups
Die FlexCo wurde als moderne Alternative zur GmbH konzipiert, mit dem Ziel, schnellwachsenden Unternehmen mehr Flexibilität zu bieten. Auf dem Papier klingt vieles verlockend: Stückanteile ab einem Euro, vereinfachte Kapitalbeschaffung, innovative Optionen für Mitarbeiterbeteiligungen. Doch wie so oft liegt der Teufel im Detail und in der praktischen Umsetzung.
Unsere Learnings mit der Flexiblen Kapitalgesellschaft
1. Die Erklärungs-Herausforderung
Nicht nur bei Banken, auch bei in- und ausländischen Geschäftspartnern müssen wir regelmäßig erläutern, was eine FlexCo überhaupt ist. Während dies zunächst mühsam erscheint, hat es einen unerwarteten Vorteil: Es öffnet Türen für tiefergehende Gespräche über unsere Unternehmensstrategie und signalisiert Innovation. Dennoch muss man für diese zusätzlichen Erklärungsrunden Zeit einplanen.
2. Kapitalbeschaffung: Flexibler, aber nicht ohne Hürden
Das „genehmigte Kapital“ der FlexCo ermöglicht der Geschäftsführung, das Stammkapital ohne erneute Generalversammlung zu erhöhen, was Finanzierungsrunden und Mitarbeiterbeteiligungen vereinfacht. In der Praxis ist es jedoch oft so, dass Investoren noch zurückhaltend reagieren. Die theoretischen Vorteile werden teilweise durch längere Due-Diligence-Prozesse aufgehoben. Plant daher mehr Zeit für erklärende Investorengespräche ein.
3. Vorsicht bei Mitarbeiterbeteiligungen
Die speziellen Unternehmenswert-Anteile mit Steuervergünstigungen klangen zunächst revolutionär. Nach Beratungsgesprächen mit mehreren Expert:innen haben wir jedoch entschieden, hier noch abzuwarten. Bei wichtigen Fragen wie dem Ausscheiden von Mitarbeiter:innen mit diesen Anteilen oder steuerlichen Detailfragen gibt es noch erheblichen Klärungsbedarf. Wir setzen vorerst weiter auf bewährte Phantom-Stock-Modelle.
4. Umlaufbeschlüsse und Entscheidungsfindung
Ein echter Pluspunkt der FlexCo ist die Möglichkeit elektronischer Beschlussfassungen ohne Zustimmung aller Gesellschafter:innen. Das beschleunigt Entscheidungsprozesse erheblich und ist ein klarer Vorteil gegenüber der GmbH, die ich bei meinem letzten Startup hatte.
FlexCo vs. GmbH: Der direkte Vergleich
Um die Unterschiede greifbar zu machen, hier eine Gegenüberstellung der wichtigsten Aspekte:
FlexCo | GmbH | |
Stammkapital | Stückanteile ab 1 € möglich, Mindeststammkapital 10.000 € | Mindesteinlage pro Gesellschafter: 70 €, Mindeststammkapital 10.000 € |
Kapitalbeschaffung | Genehmigtes Kapital möglich, flexiblere Kapitalerhöhungen | Kapitalerhöhungen nur mit Gesellschafterbeschluss |
Anteilsübertragung | Urkunde von Rechtsanwalt oder Notar ausreichend | Notariatsakt erforderlich |
Umlaufbeschlüsse | Elektronische Beschlussfassung möglich, keine Zustimmung aller Gesellschafter nötig | Zustimmung aller Gesellschafter für Umlaufbeschlüsse erforderlich |
Mitarbeiterbeteiligung | Spezielle Unternehmenswert-Anteile mit Steuervergünstigungen möglich | Keine speziellen Anteilsklassen für Mitarbeiter |
Eigene Anteile | Bis zu 1/3 des Stammkapitals möglich | Erwerb eigener Anteile stark eingeschränkt |
Aufsichtsrat | Verpflichtend ab: 5 Mio. € Bilanzsumme oder 10 Mio. € Umsatz oder 50 Mitarbeiter:innen (2 von 3 Kriterien) | Höhere Schwellenwerte für Aufsichtsratspflicht |
Rechtssicherheit | Neue Rechtsform, teilweise noch offene Rechtsfragen | Etablierte Rechtsform mit klarer Rechtsprechung |
Akzeptanz im Geschäftsleben | Noch gering, mögliche Skepsis bei Banken und (ausländischen) Geschäftspartnern | Hohe Akzeptanz als Standard-Rechtsform |
Fazit: Für wen lohnt sich die FlexCo?
Wir würden uns aktuell wieder für eine FlexCo entscheiden. Die Vorteile gegenüber einer GmbH überwiegen für uns.
Für klassische KMUs ohne Wachstumsambitionen oder Unternehmen in besonders konservativen Branchen bleibt die GmbH hingegen oft die bessere Wahl.
Letztendlich gilt: Die Rechtsform sollte eurer Unternehmensstrategie dienen, nicht umgekehrt. Nehmt euch die Zeit für eine fundierte Entscheidung und lasst euch dabei von Expert:innen beraten, die bereits Erfahrung mit der FlexCo haben. Die anfänglichen Unsicherheiten einer neuen Rechtsform werden sich mit zunehmender Praxiserfahrung legen und als Early Adopters könnt ihr von den Vorteilen profitieren, während andere noch zögern.
Zum Autor
Robert Kopka war Gründer des Wiener Smart-Lampen-Startups Luke Roberts, das 2021 nach München verkauft wurde. Mit seinem neuen Startup SmartMatch, das er gemeinsam mit Oliver Lukesch gründete, betreibt Kopka eine KI-Plattform, die unter anderem über die automatische Generierung von Förderanträgen die komplexen Prozesse im Förderwesen für Startups und KMU vereinfachen soll.