16.05.2023

Demo Day: 15 Mio. Euro stehen für FFG Spin-off Fellowship Programm bis 2026 bereit

Beim diesjährigen Spinoff-Fellowship Demo Day holten das Bundesministerium für Bildung, Wissenschaft und Forschung (BMBWF) und die Österreichische Forschungsförderungsgesellschaft FFG am Mittwoch vielversprechende Forschende und potenzielle Gründende von morgen vor den Vorhang. Im Zuge der Veranstaltung betonte Bundesminister Martin Polaschek, dass für das Spin-off Fellowship-Förderprogramm bis 2026 insgesamt 15 Millionen Euro zur Verfügung stehen.
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FFG Demo Day
(c) FFG/Stowasser
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Bereits 2017 wurde das Programm Spin-off Fellowships, das über die FFG abgewickelt wird, ins Leben gerufen, um Forscher:innen in Österreich bei der Ausgründung zu unterstützen. Forscher:innen wird dabei die Möglichkeit geboten, eine Idee in relativ kurzer Zeit in ein marktfähiges Produkt oder Dienstleistung zu überführen. Unter anderem werden dabei die Kosten für Forschung und die technische Weiterentwicklung der jeweiligen Fellowship-Projekte sowie die Kosten für Weiterbildung übernommen – brutkasten berichtete.

Die bisherige Erfolgsbilanz des Programms

Im Zuge des mittlerweile zweiten Spin-off Fellowship Demo Day, bei dem Forscher:innen ihre Geschäftsideen aus laufenden Projekten des Programms präsentierten, zogen Bundesminister Martin Polaschek und FFG-Geschäftsführerin Henrietta Egerth am Mittwoch Bilanz. Aus 24 geförderten, bereits abgeschlossenen Fellowships sind laut  Egerth bereits 16 Unternehmensgründungen erfolgt. Dies entspricht einer Gründungsquote von 67 Prozent. Zudem werden aktuell zehn Projekte mit insgesamt rund 4,5 Millionen Euro gefördert.

„Insbesondere in der Anfangsphase ist es für angehende Spin-offs oftmals schwer, sich selbst zu finanzieren, da in der Regel noch Investoren fehlen. Umso wichtiger ist es, dass hier die öffentliche Hand unterstützt“, so Egerth über die Zielsetzung des Programms.

FFG-Geschäftsführerin Henrietta Egerth | (c) FFG/Stowasser

Programm wird verlängert & Startschuss für zweiten Call

Angesichts der bisherigen Erfolgsbilanz gab Bundesminister Polaschek im Rahmen des Spin-off Fellowship Demo Day bekannt, dass für das Programm bis 2026 insgesamt 15 Millionen Euro zur Verfügung stehen. „Das Programm ‚Spin-off Fellowships‘ beweist eindrucksvoll, dass jeder ‚Förder-Euro‘ in Spin-offs gut investiert ist“, so Polaschek im Zuge der Veranstaltung.

Bundesminister Martin Pollaschek | (c) FFG/Stowasser

Zudem startete ebenfalls am Mittwoch die nächste Einreichfrist für das Spin-off Fellowship Programm. Die Förderung beträgt dabei zwischen 100.000 Euro und maximal 500.000 Euro pro Projekt und erfolgt in Form von nicht rückzahlbaren Zuschüssen. Wie bereits im ersten Call beträgt die Laufzeit eines Spin-off Fellowships zwischen zwölf und 18 Monate. Anträge können bis zum 19.09. eingereicht werden. Mehr über die Förderkonditionen könnt ihr hier erfahren.

Makro- und mikroökonomische Studie zu Spin-offs.

Anlässlich des Demo Days wurden auch Ergebnisse einer neuen Studie des Wirtschaftspolitischen Zentrums (WPZ) der Universität St. Gallen und des WPZ Research Wien präsentiert, die sich mit der Wirkung des Wissens- und Technologietransfers, im Speziellen von Spin-offs beschäftigt und im Auftrag des BMBWF durchgeführt wurde. 

Brigitte Ecker, Geschäftsführerin der WPZ Research | (c) FFG/Stowasser

Unter anderem wurde in der Studie der Frage nachgegangen, inwiefern eine Förderung von Spin-offs zusätzliches Wachstum mobilisieren kann. Dabei zeige sich laut Brigitte Ecker, Geschäftsführerin der WPZ Research, dass eine gezielte Förderung von Spin-offs einen BIP-Zuwachs von bis zu sieben Euro pro Euro an öffentlicher Forschungsförderung bewirke. Zudem liefert die Studie erstmals empirische Evidenz, dass durch öffentliche Förderung sowohl die Anzahl der Spin-offs als auch die daraus resultierende Innovationskraft verstärkt werden können. Alle Ergebnisse der Studie könnt ihr hier im Downloadbereich nachlesen.

Inhaltliche Bandbreite der Projekte & Paneldiskussion

Insgesamt wurden im Rahmen des Demo Days zehn aktuelle Projekte des laufenden Spin-off Fellowship Programms vorgestellt. Forscher:innen präsentieren dabei in kurzen Pitches dem versammelten Publikum, darunter auch zahlreiche Investor:innen, ihre Technologien und Geschäftsmodelle. Die inhaltliche Bandbreite der Projekte reichte von MedTech-Lösungen über Precision-Farming bis hin zu künftigen Prop Tech-Anwendungen.

Über 80 Personen waren im Rahmen der ausgebuchten Veranstaltung anwesend | (c) FFG/Stowasser

Den Abschluss der Veranstaltung bildete eine Paneldiskussion, in der Expert:innen darüber diskutierten, wie die Spin-off Quote in Österreich weiter erhöht werden kann. Mit am Podium waren neben Brigitte Ecker vom WPZ Research, Markus Wanko von xista science ventures/IST cube, Klemens Wassermann von CellEctric Biosciences sowie FFG-Bereichsleiterin „Strukturprogramme“ Silvia Laimguber. Die Panelists waren sich darüber einig, dass es einen sehr guten Nährboden für angehende Gründer:innen in Österreich gibt. Markus Wanko betonte vor allem, dass für die Community eine kontinuierliche budgetäre Ausstattung von Programmen wie Spin-off Fellowships wichtig ist.


Tipp der Redaktion

Für Interessierte plant die FFG zwei Informationsveranstaltungen, die online abgehalten werden


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Peter Ahnert, Hermann Erlach, Marco Porak und Jeannette Gorzala
Peter Ahnert, Hermann Erlach, Marco Porak und Jeannette Gorzala | Foto: brutkasten

“No Hype KI” wird unterstützt von CANCOM AustriaIBMITSVMicrosoftNagarroRed Hat und Universität Graz.


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Erlach: Adaption entscheidend

Letztlich sei aber vielleicht gar nicht so entscheidend, wo eine Technologie produziert werde, argumentierte Hermann Erlach von Microsoft. Denn es komme auf die Adaption an: „Vielleicht ist die Diskussion Europa vs. Amerika in Teilbereichen die falsche.“ Die wichtigere Frage sei also: „Wie adaptiere ich diese Technologie möglichst schnell, um meinen Wohlstand zu erhöhen?“

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Die gesamte Folge ansehen:


Die Nachlesen der bisherigen Folgen:

Folge 1: „No Hype KI – wo stehen wir nach zwei Jahren ChatGPT?“

Folge 2: „Was kann KI in Gesundheit, Bildung und im öffentlichen Sektor leisten?“

Folge 3: “Der größte Feind ist Zettel und Bleistift”: Erfolgsfaktoren und Herausforderungen in der KI-Praxis”

Folge 4: KI-Geschäftsmodelle: “Wir nutzen nur einen Bruchteil dessen, was möglich ist”

Folge 5: Open Source und KI: “Es geht nicht darum, zu den Guten zu gehören”


Die Serie wird von brutkasten in redaktioneller Unabhängigkeit mit finanzieller Unterstützung unserer Partner:innen produziert.

No Hype KI

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