11.10.2023

Female Future Festival Vienna: Empowerment, Inklusion und Zukunftsdenken

Wir haben am Female Future Festival 2023 vier Top-Speaker:innen zum Interview getroffen: die beiden Gründer:innen Tijen Onaran und Anna Marton, Zukunftsforscherin Christiane Dorothea Varga und Personal Branding Punk Cornelia dal Sasso. Wir sprachen über Female Empowerment, Selbstbestimmung, Diversität in Startups und divergentes Denken.
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Die Female Future Festival-Veranstalterinnen Verena Eugster und Patricia Zupan-Eugster | © Tetyana Pirker
Die Female Future Festival-Veranstalterinnen Verena Eugster und Patricia Zupan-Eugster | © Tetyana Pirker

Die Female Future Festival-Gründer:innen Patricia Zupan-Eugster und Verena Eugster wissen: Die Ära des Female Empowerments hat längst begonnen. Das Event mit dem Leitgedanken “Level up – Arbeitswelt der Zukunft” wächst jedes Jahr: Heuer waren 1700 Teilnehmer:innen in der Ottakringer Brauerei in Wien mit dabei. “Das Business-Festival wurde ins Leben gerufen, da zwar hinter jeder zweiten Gründung eine Frau steht, auf Startup-Events jedoch trotzdem hauptsächlich Männer anzutreffen waren”, so die Eugster-Schwestern. Es geht um ambitionierte Frauen, um Inspiration, das Setzen von neuen Impulsen und darum, allen Gründerinnen einen zusätzlichen Push zu geben.

“Be your own f*cking hero”

Wir standen mit Tijen Onaran direkt vor dem Red Bull Tourbus und fragten nach ihrem ultimativen Tipp für Gründerinnen. Die Antwort kam wie aus der Pistole geschossen: “Wer nicht fragt, hat schon ein ‘Nein’ kassiert. Wer nicht auf den Investor oder die Investorin zugeht, verliert.” Der Unternehmerin geht es darum, den Mut zu haben, den Hut in den Ring zu werfen – egal, ob über LinkedIn, auf Veranstaltungen wie dem Female Future Festival oder über andere Wege. “Es reicht einfach nicht, ein gutes Produkt auf den Markt zu bringen oder einen guten Job zu machen”, ist Onaran überzeugt.  

In ihrem neuen Buch „Be your own f*cking hero” schreibt die Spiegel-Bestseller Autorin, die selbst auch Investorin ist, über Selbstbestimmung und das Anecken durch Mut. Für die Startup-Szene wünscht sie sich mehr Diversität  – sowohl was Produkte als auch Dienstleistungen betrifft. „Startups mit gesellschaftspolitischen Ansprüchen, die Themen wie Vielfalt und Nachhaltigkeit abdecken, werden unsere Wirtschaft langfristig positiv verändern. Wir brauchen nicht noch mehr Müslis und Beauty-Produkte. In diesem Bereich ist vor allem der DACH-Markt längst übersättigt,” so Tijen Onaran.

Divergentes Denken als Zukunftstrend

Christiane Dorothea Varga ist Impulsgeberin für Lebensräume der Zukunft. Das betrifft Bereiche wie Immobilien und Wohnen, Stadtentwicklung, Arbeitsräume, aber auch ländliche Regionen. Varga spricht davon, wie wichtig ein Perspektivenwechsel gerade für Gründer:innen ist. Sie plädiert dringend für einen regelmäßigen Austausch mit Personen aus anderen Bereichen, mit unterschiedlichen Sichtweisen und aus verschiedenen Altersklassen.

“Unser Gehirn ist sowohl eine Zukunftsmaschine als auch ein Zukunftsvermeider. Die Denkfalle der Linearität führt zu einem eingeschränkten Blickwinkel und hindert uns daran, nach oben oder zur Seite zu schauen, anstatt nur nach vorne”, so die Zukunftsforscherin. Laut der Expertin ist divergentes Denken ein wichtiger “Future skill”, den Menschen der künstlichen Intelligenz voraushaben und beibehalten müssen.

Kampf um eine inklusivere Arbeitswelt

Anna Marton ist Geschäftsführerin von Specialisterne. Der Verein hat es sich zur Aufgabe gemacht, Menschen mit Diagnosen im neurodivergenten Spektrum erfolgreich an (große) Unternehmen zu vermitteln. Autismus, ADHS oder Legasthenie gehören dazu. „Personen innerhalb dieses Spektrums haben einzigartige Talente und sind eine enorme Bereicherung für Unternehmen”, erzählt Marton. So sind Menschen mit einer ADHS-Diagnose oft in der Lage, unter der richtigen Führung und mit starker Motivation Höchstleistungen zu erbringen. 

Anna Marton auf der Bühne des Female Future Festival Vienna 2023
Anna Marton auf der Bühne des Female Future Festival Vienna 2023 | Foto beigestellt

Die Gründerin erzählt, für eine erfolgreiche Stellenbesetzung durch Fachexpert:innen wie zum Beispiel Software-Tester:innen ist eine relativ lange Vorhersehbarkeit in Bezug auf den Tätigkeitsbereich erforderlich. Startups sind in ihrem Arbeitsalltag oft nicht sonderlich stabil, da sich jeder Tag anders gestalten kann. Für Kandidat:innen aus unserem Pool spielt Planbarkeit jedoch eine große Rolle. 

Specialisterne hatte in den letzten drei Jahren jährlich 50 Prozent Umsatzzuwachs. 2023 wurde die Drei-Millionen-Umsatzmarke geknackt. Langsam kommen auch Anfragen von Startups herein. „Letztens wurde dezidiert eine Person mit Autismus angefragt, da das Startup wusste, es gibt eine Stelle zu besetzen, in der es sich eine detailliert arbeitende Person wünscht, die gerne repetitiven Tätigkeiten nachgeht. Das ist ein Fall, wo jemand mit Autismus seine Stärken ausleben kann”, sagt Marton. 

“Personal Branding Punk” 

Cornelia dal Sasso baut Marken auf e.U.”  arbeitet stark mit Startups zusammen. Sie hilft ihnen, für erweiterte Zielgruppen interessanter zu werden. Für dal Sasso gibt es drei elementare Fragestellungen, die sich jede:r Gründer:in zu Beginn stellen muss: Wer will ich sein? Wofür stehe ich? Mit wem möchte ich arbeiten? „Wenn das nicht selbst definiert wird, entscheidet der Markt darüber. Das lässt uns ausbluten.” 

Der Branding Punk, wie sich die Personal Branding Coachin Cornelia dal Sasso selbst nennt, erzählt dem brutkasten von ihrer Gründungsphase. Vor elf Jahren, als sie selbst gründete, gab es in Österreich noch keine Mentorin für sie, obwohl der Wunsch nach fundiertem Feedback da war. Deshalb hat sie die Online-Community „Der Unternehmer:innenclan” ins Leben gerufen, ein internationales Business-Netzwerk, das den Austausch zwischen Gründer:innen und etablierten Unternehmen forciert.

Mittlerweile habe sich die Situation gebessert und die Mentoring-Angebote in Österreich sind angekommen. Beim Festival hielt sie eine Masterclass zum Thema „Willst du? Bekommst du: Tools und Strategien, wie du bekommst, was du willst”.

Einige der weiteren Impulsgeber:innen waren Modedesignerin Marina Hoermanseder, Constantly K CEO Karin Teigl, Autorin und Philosophin Lisz Hirn, Boxweltmeisterin und Mindsetcoach Rola El-Halabi sowie Katharina Schneider und Elli Köstinger jeweils in der Rolle als Unternehmerin und Investorin.

Nächste Runde: Female Future Festival 2024

Der Termin für das Female Future Festival Vienna 2024 steht fest: am 10. Oktober 2024 erneut in der Ottakringer Eventlocation.

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Lanbiotic, Neurodermitis
(c) Oliver Wolf - Patrick Hart und Katrin Susanna Wallner von Lanbiotic.

Das Grazer Startup Lanbiotic stellt medizinische Hautpflege-Produkte mit lebensfähigen Bakterien speziell für die von Neurodermitis geplagte Haut her. Dabei verwenden die beiden Gründer:innen Patrick Hart und Katrin Wallner den zum Patent angemeldeten Bakterienstamm “Lactococcus Lanbioticus“.

Lanbiotic: “Skalierung als neue Normalität”

“Mit unseren probiotischen Hautanwendungen bringen wir gesundheitsfördernde Bakterien direkt auf die Haut, um die natürliche Balance des Hautmikrobioms wiederherzustellen und Hautprobleme gezielt an der Ursache zu bekämpfen”, erklärt Wallner.

Das letzte Jahr fühlte sich für die Gründerin an, als sei ein Traum nicht nur wahr, sondern sogar übertroffen worden. Andererseits sei es eine “neue Normalität” an der Skalierung des Unternehmens zu arbeiten.

“Wir haben weitere Produkte mit unserem einzigartigen Bakterienstamm ‘Lactococcus Lanbioticus’ entwickelt, um umfassender auf die Bedürfnisse von Menschen mit zu Neurodermitis neigender Haut eingehen zu können. Neu hinzugekommen sind Flora Bath und Flora Sun”, erklärt Wallner.

Flora Bath ist ein spezieller Badezusatz, der für Menschen entwickelt wurde, die großflächig oder an der Kopfhaut von Ekzemen betroffen sind – ein Bereich, in dem Pflegecremen oft an die Grenzen ihrer Praktikabilität stoßen.

“Der Fokus liegt wie immer bei Lanbiotic auf der Ergänzung des Hautmikrobioms, also ‘der lebende Teil’ der natürlichen Schutzbarriere der Haut, die den gesamten Körper bedeckt, mit probiotischen Bakterien”, so Wallner weiter. “Eine Ausgewogenheit des Hautmikrobioms ist, wie auch im Darm, entscheidend, um die Gesundheit der Haut zu bewahren und Beschwerden zu lindern.”

Flora Sun hingegen ist ein weiteres Produkt, das auf die besonderen Herausforderungen empfindlicher Haut unter UV-Strahlung eingeht. Studien hätten gezeigt, dass das Hautmikrobiom die natürliche Fähigkeit der Haut verbessern kann, mit den Effekten – und häufig auch Schäden – durch Sonneneinstrahlung umzugehen.

EHI-Siegel für Onlineshop

“Parallel dazu haben wir auch international expandiert: Der Eintritt in den deutschen Markt war ein großer Schritt, der mit der Anpassung unserer Produktions- und Logistikkapazitäten verbunden war, um langfristig weitere internationale Märkte beliefern zu können. Unser Webshop wurde außerdem mit dem EHI-Siegel zertifiziert, um unseren Kund:innen einen sicheren und vertrauenswürdigen Einkauf zu ermöglichen.”

Auch das Team wuchs 2024, zudem konnte durch zahlreiche Medienauftritte und Messeteilnahmen Aufmerksamkeit für die eigenen Produkte und die Marke gewonnen werden.

“Als weiteres Highlight wurden wir von der Apothekerkammer mit unserer Fachfortbildung akkreditiert, was Apotheker dazu motiviert, unsere Fortbildungen zu besuchen und mehr über das noch recht ‘nischige’ Thema Hautmikrobiom zu erfahren”, sagt Wallner.

Neue Märkte im Fokus

Aktuell arbeitet das Startup intensiv daran, Lanbiotic als Unternehmen und Marke weiterzuentwickeln, strategisch zu positionieren und zu skalieren. Das oberste Ziel ist es, die Lebensqualität von Menschen mit Neurodermitis über ihre mikrobiombasierten Produkte zu verbessern.

“Wir möchten Lanbiotic in weiteren Märkten etablieren, insbesondere natürlich in Ländern, wo die Prävalenz für Neurodermitis hoch ist. Dafür arbeiten wir an effizienten Marketingprozessen, um unsere Markenbekanntheit zu steigern, und bauen unsere Vertriebsstrukturen aus”, erklärt die Founderin. “Um diesen Schritt bestmöglich zu unterstützen, suchen wir gezielt nach vertrauenswürdigen Partnern für den internationalen Vertrieb, die unsere Werte und Qualitätsansprüche teilen. Die Kooperationen sollen es uns ermöglichen, unsere Produkte nachhaltig in weiteren europäischen und außereuropäischen Ländern anzubieten und das Thema Hautmikrobiom international bekannter zu machen.”

Daneben optimiert das Team Produktionsprozesse, um der wachsenden Nachfrage nachkommen zu können. In der Produktentwicklung liegt dabei der Fokus auf der Entwicklung weiterer wissenschaftsbasierten probiotischen Pflegeprodukten, die speziell auf die Bedürfnisse von Menschen mit Neurodermitis und empfindlicher Haut zugeschnitten sind. Dazu steht man intensiv mit Industrie und Spitzenforschung in Kontakt.

Lanbiotic: Strukturen und Prozesse schaffen

Intern sei man vor allem stark mit dem Aufbau der Organisation beschäftigt. Man arbeitet daran, Strukturen und Prozesse zu schaffen, die das Wachstum langfristig stützen können. Ziel sei es, eine gesunde Organisation aufzubauen, die den Expansions- und Innovationszielen gerecht werde und das Unternehmen flexibel in die nächsten Entwicklungsstufen führt.

Lanbiotic wurde in der Vergangenheit unter anderem auch von der Austria Wirtschaftsservice (aws) unterstützt. So absolvierte das Unternehmen den aws First Incubator und erhielt über aws Innovationsschutz eine Förderung, um sein geistiges Eigentum zu schützen. Später folgte eine Preseed- und Seed-Förderung über aws Innovative Solutions. Mit diesem Seed-Förderprogramm unterstützt die aws innovative Gründungsideen, die über die Unternehmensgrenzen hinaus einen positiven gesellschaftlichen Impact bewirken. Der Fokus liegt auf skalierbaren Geschäftsmodellen. Im Fall von Lanbiotic war die Förderung essentiell, um die Produktentwicklung und Markteinführung zu finanzieren und sich allgemein zu professionalisieren.

“Eine bessere Förderung als aws Seed Innovative Solutions könnte es derzeit, meiner Meinung nach, für uns nicht geben”, sagt sie. “Es handelt sich um einen nicht rückzahlbaren Zuschuss von 400.000 Euro, der für unterschiedlichste Aktivitäten in der Markteinführung und Produkteinführung verwendet werden kann. Naturgemäß ist das Programm sehr kompetitiv, aber wenn man für die Finanzierung ausgewählt wird, hat man wirklich einen gewaltigen Booster, um ein nachhaltiges Unternehmen aufzubauen.”

Die weiteren Ziele von Lanbiotic

Im Allgemeinen habe ihnen das Programm bereits jetzt weit mehr gebracht als Geld. “Ich empfand den Bewerbungsprozess per se als wertvolle Erfahrung, um mir unser Business Model noch einmal ganz genau anzusehen und unsere Ziele zu definieren”, präzisiert die Grazerin. “Dass wir sie jetzt so scheinbar ‘locker’ übertreffen konnten, ist natürlich die Draufgabe.”

Durch die positive Resonanz der stetig wachsenden Stammkundenbasis sieht sich Wallner in ihrer Mission bestätigt. “Wir wissen aber auch, dass viele Menschen Lanbiotic noch nicht kennen und Neurodermitis in vielen Ländern nach wie vor ein großes Problem darstellt”, sagt sie. “Daher wollen wir gezielt skalieren, den Umsatz und Gewinn steigern, innerhalb und außerhalb Europas expandieren und unser Produktportfolio weiter diversifizieren.”

In Sachen Umsatzentwicklung wird Lanbiotic 2024 das gesetzte Umsatzziel voraussichtlich verdoppeln, wie Wallner erzählt. “Unser für 2025 gestecktes Ziel ist ambitioniert, aber wir sind zuversichtlich, dass wir hier wieder gute Arbeit leisten. Aktuell haben wir einen sechsstelligen Nettoumsatz erreicht, und dank der Unterstützung durch die aws Seed-Förderung werden wir auch heuer, wie jedes Jahr seit unserer Gründung, noch profitabler sein.”


* Disclaimer: Das Startup-Porträt erscheint in Kooperation mit Austria Wirtschaftsservice (aws)

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