11.10.2019

Fairphone-Founder Bas van Abel und die ungewöhnliche Story hinter dem ersten fairen Handy

Ein Team aus Amsterdam hat sich mit dem Fairphone das Ziel gesetzt, ein faires Smartphone zu produzieren. Mit den Erfolgen hat das Startup die eigenen Erwartungen übertroffen - auch wenn es dabei nicht immer einfach war, wie Fairphone-Gründer Bas van Abel verrät.
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Fairphone-Gründer Bas van Abel
Fairphone-Gründer Bas van Abel (c) Fairphone

Ein Smartphone, das unter möglichst fairen Bedingungen produziert wurde – das ist der One-Liner, mit dem das Konzept des Fairphone erklärt werden kann. Dabei geht es um die Arbeitsbedingungen ebenso wie um die Verwendung konfliktfreier Rohstoffe und eine möglichst lange Lebensdauer des Handys, damit weniger Elektroschrott produziert wird. Der brutkasten hat mit Fairphone-Gründer Bas van Abel während seines Besuchs in Wien über das Projekt, seine Erfolge und auch diverse Schwierigkeiten gesprochen.

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Ursprünglich, so van Abel im Gespräch mit dem brutkasten, war lediglich eine Kampagne geplant, mit der mehr Bewusstsein für die Produktionsprozesse von Smartphones – etwa rund um den Coltan-Abbau im Kongo – geschaffen werden sollte. “Daraufhin dachten wir uns, dass wir ebenso gut selbst als Player in die Branche einsteigen könnten”, sagt van Abel. Anfang 2013 wurde somit das Unternehmen Fairphone gegründet. Sofort entwickelten sich die Gründer zum Liebling der Medienwelt, ernteten viele mediale Vorab-Lorbeeren für ihre Pläne und starteten ein Crowdfunding, in dem gleich 400.000 Euro eingenommen wurden.

Fairphone-Vorvekauf: Ein Handy, das es noch gar nicht gab

“Das Geld reichte aber gerade mal auf, um das Team aufzustellen”, sagt der Founder: “Für die Massenproduktion von Smartphones braucht man hingegen Millionenbeträge.” Also entschlossen sich die Gründer, auf der eigenen Website einen Webshop aufzusetzen, über den die Fans das Produkt vorbestellen konnten. “Wir sagten den Leuten, dass sie vorab bezahlen und ihr Fairphone dann irgendwann in etwa sieben Monaten kriegen”, sagt Abel: Drei Monate später waren bereits 25.000 Fairphones verkauft, und das Team hatte 7,5 Millionen auf dem Konto liegen. Für ein Produkt, das es noch nicht mal gab.

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“Wir hatten zu diesem Zeitpunkt noch kein einziges Fairphone produziert. Wir wussten noch nicht mal, wie das funktioniert. Ich bin ein Künstler, kein Unternehmer”, schildert van Abel die damalige Situation. Er verleugnet nicht, dass er zu diesem Zeitpunkt Zweifel hatte, die er mit Tränen in den Augen seiner Freundin mitteilte – diese wiederum fordert ihn auf, “kein Weichei zu sein” und das Projekt des fairen Smartphones zu verwirklichen.

Produktion in China: Nicht ganz fair, aber immerhin fairer

Tatsächlich wurden alle nötigen Prozesse aufgesetzt, und die ersten Fairphones konnten innerhalb der angekündigten sieben Monate geliefert werden. Innerhalb der ersten 1,5 Jahre wurden 60.000 Einheiten verkauft, das Team wuchs von einer Handvoll Menschen auf rund 40 Mitarbeiter, der Umsatz stieg auf 16 Millionen Euro. “Wir wurden somit zu einem richtigen Unternehmen”, sagt van Abel.

Die Prozesse werden dabei von externen Kontrollorganen überwacht, so hat das Fairphone zum Beispiel eine Zertifizierung durch Faitrtade. Auch achtet man darauf, dass der Abbau der Rohstoffe nicht in konfliktfreien Gebieten stattfindet – sondern in konfliktfreien Minen, die sich in Konfliktregionen befinden. Denn dadurch sollen Wirtschaft und Beschäftigung einen Beitrag zur möglichen Lösung des Konflikts liefern.

Kritisch könnte man nun auch die Tatsache betrachten, dass die Produktion in China stattfindet. Hier entgegnet der Founder, dass eine Verschiebung der kompletten Wertschöpfungskette nach Europa ein Ding der Unmöglichkeit ist, zumal sich die gesamten Zulieferer in China befinden. Außerdem tue man alles, um die dortige Situation der Arbeiter zu verbessern, indem man zum Beispiel eng mit den Gewerkschaften kooperiert. “Die gesamte Thematik ist nicht einfach, aber zumindest sind wir in jeder Hinsicht transparent”, sagt van Abel: “Wir können nicht komplett garantieren, dass alles fair ist. Aber wir können alles daran setzen, dass es fairer wird.”

Fairphone 2 und Fairphone 3: Module zum Tauschen

Im Jahr 2015 wurde das Fairphone 2 erstmals der Öffentlichkeit präsentiert. Der große Unterschied zum Vorgänger: Die einzelnen Module lassen sich austauschen. Wenn also zum Beispiel die Kamera defekt ist, muss nicht ein komplett neues Handy gekauft werden. Stattdessen kann der Kunde einfach im Webshop ein neues Kameramodul kaufen und dieses selbst einbauen. Auch diesmal gab es einen Pre-Sale, und auch hier wurden die Erwartungen übertroffen: Das Fairphone 2 nahm im Vorfeld rund zehn Millionen Euro ein. Insgesamt wurden bisher 160.000 Einheiten des Fairphone 2 verkauft.

Aktuell wiederum laufen die Vorbestellungen für das Fairphone 3, das ebenfalls modular aufgebaut ist, jedoch deutlich robuster ist als der Vorgänger. “Das Fairphone 2 konnte man noch mit einer Hand auseinander nehmen, für das Fairphone 3 braucht man nun einen Schraubenzieher”, sagt van Abel. Im Gegensatz zu den meisten modernen Smartphones ist der Akku hier austauschbar, zudem lässt sich der Speicher per SD-Karte erweitern und für Vielreisende gibt es zwei Slots für Sim-Karten.

Der Vorverkauf läuft diesmal zu einem guten Teil über Reseller – und hier heißt es zum Beispiel von Magenta in Österreich, dass die bisherigen Vorbestellungen des Fairphone 3 jene des Fairphone 2 übertreffen. Die meisten Fairphones wurden insgesamt bisher in Deutschland verkauft, gemessen an der Einwohnerzahl ist Österreich jedoch eines der wichtigsten Länder, wie van Abel betont: “Die Community ist hier extrem stark.”

Fairphone-Gründer van Abel: Rücktritt aus dem operativen Geschäft

Angesprochen auf die geschäftlichen Erfolge des Fairphone-Projekts gibt sich Avan Abel relativierend: “Der Erfolg hat mir auch sehr viel Stress bereitet”, sagt er: “Ein Startup zu haben bedeutet, dass man ein Flugzeug fliegt, während es noch gebaut wird.” In vielen Phasen der noch jungen Unternehmensgeschichte wurde Cash en masse verbrannt, während schon wieder neues Kapital eingesammelt wurde. “Wir mussten also eine Kontinuität etablieren, während wir zugleich im Hintergrund am Fairphone 3 arbeiteten”, sagt van Abel.

Er selbst war daher nur noch am Design des Fairphone 3 beteiligt und gab schließlich seine Rolle als CEO ab an “eine Person, die Skalieren liebt”, wie er sagt: Die aktuelle Geschäftsführerin Eva Gouwens. “Ich wiederum konzentriere mich nun auf die Dinge, die mir Spaß machen”, sagt der Gründer. Außerdem, sagt er abschließend, ist Fairphone mit diesem Wechsel im Chefsessel wohl das einzige Mobilfunkunternehmen, bei dem eine Frau die Rolle des CEO einnimmt. Und das ist per se eine deutliche Message an die Branche.

Video: Eva Gouwens stellt das Fairphone 3 vor

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Lalamu, Konkurs
(c) Lalamu

Zuerst eine Tonspur, dann das Video eines Gesichts (etwa auch auf einem Foto oder nicht allzu abstrakten Gemälde oder sogar auf einer Statue) aufnehmen – fertig. Die Aufnahmen werden vom Server mittels KI-basiertem Tool verarbeitet. Das Lip Sync-Video kommt nach ein paar Sekunden zurück und kann auf TikTok und Co gepostet werden. Das konnte das Produkt des Wiener Startups Lalamu.

Lalamu: Neben Lip-Sync auch B2B-Angebot

Die B2C-App, die in der Basis-Version kostenlos war und für die es mehrere Packages mit längerer Video-Dauer und ohne Werbung zu kaufen gab, war jedoch nicht der einzige Geschäftszweig. Lalamu wollte auch mit einem B2B-Angebot durchstarten. Konkret wandte man sich an Filmindustrie, Museen und Agenturen, die das AI-Algorithmus-basierte Tool des Startups für ihre Zwecke einsetzen sollten.

Mit diesen Vorhaben konnte man ein Investment ergattern: Das Wiener Unternehmen holte sich insgesamt 245.000 Euro von Investor:innen. Es wurde auch ins Microsoft for Startups-Programm aufgenommen, schaffte es mit der Lalamu Studio App in den Canva App Store mit mehr als 400.000 Usern und entwickelte schlussendlich die unabhängige Web-Platform lipsyncer.ai. Nun aber berichtet der Alpenländische Kreditorenverband (AKV) vom Konkurs des KI-Startups.

Konkurs eröffnet

“Die LaLaMu EntertAInment GmbH kann ihren laufenden Zahlungsverpflichtungen nicht mehr nachkommen. Vom zuständigen Handelsgericht Wien wurde ein Konkursverfahren eröffnet”, heißt es dort.

Das sagt der Founder

Auf Anfrage erklärt Founder Matthias Spitzer, dass es in einer Zeit, in der das Startup Unterstützung gebraucht hätte, etwa für neue Developer, keine gegeben habe. Die Konkurrenz aus den USA (Runway und Sync Labs) hätten dagegen über die letzten Jahre mehrere Millionen US-Dollar an Investment erhalten.

“Das ist ein Genickbruch”, sagt Spitzer. “Da kommst du nicht mehr weiter.” Lalamu habe noch versucht mit Lipsyncer.ai “die Kurve zu kratzen”, habe die Videoqualität verbessert und optimiert, damit sie etwa bei Werbevideo-Vorproduktionen oder Erklärvideos zum Einsatz kommen kann. Doch leider hätten die vielen User:innen bloß den Free Modus-Bereich genutzt, wie der Founder erwähnt.

“Unser Umsatz hat es einfach nicht erlaubt, zu wachsen”, ergänzt Spitzer. “Wir wurden links und rechts überholt. Eigentlich waren wir ja eine Zeit lang im Sektor weltweit bekannt bzw. namhaft und spürten eine klare Bewegung nach vorne. Wir haben uns sehr erhofft mehr gesehen zu werden und eine großzügige Finanzspritze zu erhalten. Aber, was wirklich schade ist, keiner in Österreich hat sich getraut im großen Stil zu investieren.”

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