04.07.2022

EY: Europa verliert an Weltbörsen weiter an Bedeutung – Energie-Konzerne erleben Renaissance

Die Prüfungs- und Beratungsorganisation EY untersucht halbjährlich die Marktkapitalisierung der am höchsten bewerteten Unternehmen weltweit. Das Ergebnis: Die Bedeutung Europas an den Weltbörsen schrumpft weiter und Energiekonzerne erleben einen Aufschwung.
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(c) Adobestock

Der Ukraine-Krieg und der damit verbundene Kursrutsch an den Weltbörsen vernichtete Billionenwerte. Laut EY sank die Marktkapitalisierung der 100 teuersten Unternehmen der Welt im Verlauf des ersten Halbjahres 2022 um 17 Prozent, was 6,1 Billionen US-Dollar entspricht. Besonders betroffen waren Technologiekonzerne, deren Börsenwert insgesamt um 28 Prozent einbrach.

Energiekonzerne erleben eine Renaissance

Allerdings gibt es auch Gewinner: Demnach konnte der Energiesektor als einzige Branche zulegen. Die Öl- und Gasunternehmen, die sich unter den Top 100 platzieren konnten, steigerten ihren Börsenwert um 19 Prozent, so EY in seiner jüngsten Analyse zur Marktkapitalisierung der am höchsten bewerteten Unternehmen weltweit. Und auch die Spitze des Rankings wird durch die jüngsten Entwicklungen durcheinandergewirbelt. Erstmalig hat der Ölkonzern Saudi Aramco den US-Riesen Apple als wertvollsten Konzern der Welt abgelöst.

“In allen Weltregionen und fast allen Branchen verloren Unternehmen erheblich an Wert. Einzig Öl- und Gasunternehmen konnten von den stark gestiegenen Energiepreisen profitieren und verzeichneten steigende Aktienkurse”, so Gunther Reimoser, Country Managing Partner von EY Österreich.

Bis zuletzt schien es, als sei die große Zeit der Ölmultis an Weltbörsen vorbei. So waren Ende 2011 noch vier Ölkonzerne unter den Top 10 weltweit, das teuerste Unternehmen der Welt war damals Exxon. Seitdem hatten sich die Gewichte massiv zugunsten von Technologie-Unternehmen verschoben. Die Zahl der Energiekonzerne, die sich unter den Top 100 platzieren konnten, sank binnen zehn Jahren von 20 (Ende 2011) auf fünf (Ende 2021) – um im ersten Halbjahr dieses Jahres wieder auf neun zu steigen.

Tech-Konzerne unter Druck

Der scheinbar unaufhaltsame Aufstieg der Technologie-Unternehmen – in Folge der Pandemie konnten sie erhebliche Wertzuwächse verzeichnen – ist allerdings vorerst vorbei. Demnach ist die Zahl der Tech-Konzerne im Top-100-Ranking seit Jahresbeginn von 27 auf 23 gesunken.

Laut Reimoser habe sich vor allem die Erwartungshaltung von Investor:innen geändert: „Zuletzt setzten Investor:innen eher auf Profitabilität als auf Wachstum. Das Geld sitzt nicht mehr so locker, die Anforderungen an Zielunternehmen und ihre Finanzkennzahlen steigen.“ Aber Reimoser betont: „Der Digitalisierungsschub, den die Pandemie ausgelöst hat, bleibt ein wichtiger Trend, der die Wirtschaft und die Börsen in den kommenden Jahren entscheidend prägen wird. Technologieunternehmen werden daher weiter eine dominierende Rolle spielen.“

Europa fällt weiter zurück

Von den aktuell 23 Technologieunternehmen im Top-100-Ranking haben 17 ihren Hauptsitz in Nordamerika, vier in Asien und nur zwei in Europa. “Die USA geben im IT-Sektor eindeutig den Ton an, viele dieser Tech-Unternehmen sind hochprofitabel und treiben die Digitalisierung der Wirtschaft und aller Lebensbereiche mit Macht voran”, so Reimoser. Europäische Unternehmen schaffen es derzeit nicht unter die weltweiten Top 10, das wertvollste europäische Unternehmen ist aktuell der Schweizer Nahrungsmittelkonzern Nestlé auf Rang 20.

Ein Blick auf historische Daten zeigt: Vor der Finanzkrise – Ende 2007 – kamen noch 46 der 100 wertvollsten Unternehmen der Welt aus Europa. Inzwischen sind es nur noch 16. “Die Bedeutung Europas an den Weltbörsen schrumpft, der Schwerpunkt verschiebt sich immer weiter in Richtung USA. Auch Chinas Bedeutung ist zuletzt wieder gestiegen”, so Reimoser.

“Die aktuelle konjunkturelle und politische Lage, gepaart mit einer drohenden Energiekrise, schreckt Investitions-Willige natürlich ab. Fakt ist, dass derzeit internationale Investorinnen und Investoren den Unternehmen aus anderen Regionen vielfach bessere Wachstumsperspektiven und ein besseres Risikoprofil zutrauen“, so Reimoser abschließend.


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CTO Sebastian Baron, CEO Simon Valverde, Co-Founderin Helene Herrmann (c) Twine

Künstliche Intelligenz vereinfacht uns das Leben in vielen Bereichen und könnte uns in mancher Hinsicht sogar ersetzen. Bald wird KI möglicherweise in der Lage sein, menschliche Emotionen zu erkennen und nachzuahmen. Doch kann KI auch zwischenmenschliche Beziehungen einschätzen und für uns sogar das „Perfect Match“ finden?

Dieser Herausforderung nimmt sich Gründer und CEO Simon Valverde mit seinem PsyTech-Startup Ascalon an. Zusammen mit Kommiliton:innen entwickelte er während des Studiums die App Twine, die auf einer Matching-AI basiert. Durch die Verbindung von Psychologie und KI soll Twine Menschen zusammenbringen, die wirklich gut zueinander passen. Im Interview mit brutkasten gibt Simon Valverde einen Einblick in die Möglichkeiten, die sich hinter PsyTech verbergen.

Twine fokussiert sich auf Hobbys und Interessen

Die Entstehungsgeschichte von Twine begann in einem Studentenwohnheim in Salzburg, entstanden aus der Frustration, keine:n passende:n Partner:in für bestimmte Aktivitäten gefunden zu haben. Jede:r kennt das Problem: Man will ein Hobby oder Interesse teilen, aber im eigenen Umfeld findet sich niemand. Außerdem fiel dem Freundeskreis auf, dass Menschen generell immer weniger soziale Beziehungen eingehen würden.

Seit Oktober dieses Jahres kann das zehnköpfige Team aus Psychologie- und Data-Science-Studierenden oder -Absolvent:innen nun endlich sein Produkt präsentieren: Twine ist eine App, über die man durch gemeinsame Interessen und Freizeitaktivitäten neue Leute kennenlernen kann – „ohne Aufwand und mit der Gewissheit, dass man sich versteht“.

Hinter Twine steckt ein eineinhalb Jahre lang optimiertes Matching-AI-Modell. Sein Ziel war es, einen “Algorithmus zu entwickeln, der Leute zueinander bringt, die zueinander passen“, erklärt CEO Simon Valverde.

KI soll zwischenmenschliche Beziehungen verstehen

Das Besondere an Twine: Die Matches basieren auf psychologischen Erkenntnissen und werden mithilfe von KI ausgewählt. Das zugrunde liegende KI-Modell funktioniert wie folgt: Bei der Anmeldung beantwortet man einen Fragebogen, auf dessen Basis ein persönliches Charakterprofil erstellt wird. Dazu werden Informationen über die Persönlichkeit und Interessen der jeweiligen Person erhoben. Vor allem die Erwartungen und Bedürfnisse sind nach den Erkenntnissen der Sympathieforschung entscheidend für die zwischenmenschlichen Beziehungen. „Persönlichkeitsmerkmale müssen in Beziehungen gar nicht perfekt übereinstimmen,“ erklärt Valverde, der selbst Psychologie, Data Science und Wirtschaft in Salzburg studiert hat.

Die KI lernt kontinuierlich dazu: sie verarbeitet die Fragebögen sowie das Verhalten, die Interaktionen und das Feedback der Nutzer:innen, um immer besser zu erkennen, welche Eigenschaften und Erwartungen zusammenpassen. Bei einem Match erhält man einen individualisierten Text, der erklärt, warum die andere Person gut zu einem passt.

Das Twine-Team arbeitet aktuell an neuen Funktionen für die App. Zukünftig wird es möglich sein, eine ganze Gruppe für gemeinsame Aktivitäten zu finden oder die bestehende Freundesgruppe zu erweitern. Durch den Vergleich mit bestehenden Freundschaften soll die KI künftig noch besser verstehen, wie zwischenmenschliche Beziehungen funktionieren.

Startup möchte mit psychologischem KI-Modell in B2B-Bereich

Twine verzeichnet bereits erste Erfolge: Seit dem Start am 1. Oktober zählt die Matching-App 300 aktive Nutzer:innen, vorwiegend aus der Boulder-Community in Salzburg.

Aktuell wird das Projekt noch aus eigenen Mitteln finanziert, doch das Team hofft auf Investoren, um die Matching-KI weiter zu verbessern. „Diese App ist jedoch nur ein erster Schritt, um Social-AI-Modelle in einem realen Umfeld zu testen und weiterzuentwickeln,“ erklärt Valverde. Twine konzentriert sich derzeit vor allem auf den Customer-Proof und die Datensammlung, um das KI-Modell für den B2B-Bereich zu optimieren. Das langfristige Ziel sei es, einer KI das “soziale Judgement eines Psychologen” anzutrainieren. Diese Fähigkeit könne in vielen Bereichen Anwendung finden, etwa bei der Suche nach passenden Mitarbeiter:innen. Langfristig plant das Startup Ascalon, diese psychologischen KI-Modelle im B2B-Sektor zu monetarisieren.

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