19.07.2018

Everybody a writer: Wiener Schülerinnen entwickeln Literatur-App

Startup-Portrait. Marie Walter und Veronika Czerwinski sind begeisterte Schreiberinnen. Ihrer Meinung nach hat Österreich das Problem, dass es im Lande viel zu wenige erstklassige junge AutorInnen gibt. Sie möchten das mit der App everybody a writer ändern.
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everybody a writer, Marie Walter, Veronika Czerwinski
(C) everybody a writer - Veronika Czerwinski und Marie Walter möchten mit ihrer Schriftwerk-App die heimische Literatur-Szene beleben.

2015 hat die UNO-Generalversammlung 17 Sustainable Developement Goals (SDGs) für das Jahr 2030 ausgeschrieben. Darunter, das Ende der Armut, Gender-Equality und Bekämpfung von Hunger. Der vierte Punkt der Agenda ist “Quality-Education”. Genau dort will ein Wiener Gründerinnen-Duo mit seiner App everybody a writer ansetzen. “Wir sehen das Problem, dass Österreich viel zu wenige erstklassige junge Autoren und Autorinnen hat. Und dass man als Schreibbegeisterter kaum Aufstiegschancen in der Literaturwelt erhält und daher viele Talente unentdeckt bleiben. Weiters wird das Schreiben und Lesen immer mehr als ‘uncool’ aufgenommen. Das wollen wir ändern und mit unserer Vision zum Sustainable Development Goal ‘Höhere Bildung’ beitragen”, sagt Mitgründerin Marie Walter im Gespräch mit dem Brutkasten.

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Everybody a writer soll Talente entfalten

“Wir haben uns dazu entschieden die App ‘everybody a writer’ zu kreieren, mit der Jugendliche ihr Schreibtalent entfalten, beziehungsweise neu entdecken können. Die User haben die Möglichkeit sich ein Profil anzulegen und nicht nur selbst Texte zu verfassen, sondern auch die der anderen Nutzer zu lesen, liken und sharen. Und den Schreibprozess zu unterstützen und anzuregen”, sagt Walter.

Battles und Lyrik

Die beiden Gründerinnen, die in die Schumpeter HAK im 13. Wiener Bezirk gehen, haben dazu auf der Plattform drei Kategorien definiert: Schreib-Battle, Lyrik und Meinungsrede. Beim Schreib-Battle werden einmal pro Monat zwei bis fünf Story-Anfänge veröffentlicht, die von den Usern individuell fortgesetzt werden sollen. “Dabei entsteht ein Battle, bei dem die Leserschaft darüber entscheidet, wer die bessere Story daraus macht und für ihre Favoriten votet. Der Gewinner darf sich am Ende des Monats über Preise freuen”, erklärt Walter. Die Kategorie Lyrik funktioniert vom Prinzip her gleich wie das Battle, wobei hier ein Schlagwort wie “Liebe oder Verhängnis” vorgegeben wird.

Regeln für politische Diskurse

Die Sparte Meinungsrede dagegen soll den Austausch von Ansichten und das Diskutieren zu gesellschaftlichen und politischen Themen befeuern. Dass es sich hierbei um einen heiklen Versuch handelt, politische Diskurse im Netz auf eine qualitative Ebene zu heben, ist den Gründerinnen bewusst. Ein wüster Umgang miteinander im Netz, “Fake News” und Internet-Trolle haben die letzten Jahre den politischen Austausch im Netz dominiert. Walter dazu: “Wir sehen diesen Bereich unter den genannten Aspekten als große Herausforderung. Wir entwickeln deswegen gerade zum Thema ‘Spielregeln der Diskussionen’ und der dafür notwendigen Kontrolle – im Austausch mit Experten und Mitgliedern unserer Community – Lösungen dafür. Wir haben vor, gerade diese sehr intensiv in die Weiter- und Entwicklung bzw. Einhaltung der Regeln miteinzubeziehen. Davon erwarten wir uns auch aus der Community heraus ein starkes korrektives Element”, sagt sie.

Zweigeteilte Community

Die Founderinnen unterscheiden ihre Community in zwei Gruppen: die “Writer”, die aktiv Schreiben und an Battles teilnehmen und die “Reader”, die Stories lesen und diese bewerten. “Selbstverständlich gehen wir davon aus, dass die Community der Reader um ein Vielfaches größer sein wird, als die der Writer. Es ist unser Ziel laufend auch eine gewisse Anzahl an Readern zu Writern zu machen und somit ein sukzessives Wachstum zu generieren”, sagt Walter. Zu Beginn rechnet Walter mit rund 50 potenziellen”Writern” und 500 interessierten “Readern”. “Wir denken, dass sich diese Zahlen innerhalb von zwölf Monaten auf um das 30- bis 40-fache steigern lassen. Wir wollen kontinuierlich wachsen und vor allem auf Qualität achten”, hofft die junge Unternehmerin.

Flucht vor dem deutschen Roman

Diese angestrebte Qualität vermissen die beiden Schülerinnen in der österreichischen Jung-Literatur ein wenig, wie sie sagen. “Die momentane Situation zeigt ganz klar auf, dass neue Werke meist von älteren bekannten Autorinnen und Autoren stammen. Dabei haben wir uns die Frage gestellt, wie es mit der Zukunft der österreichischen Literatur weitergehen wird. Jugendliche lesen heutzutage immer mehr auf Englisch und wenden sich von der deutschsprachigen Literatur zunehmend ab”, so Walter. Beide haben mit ihrem Projekt unter anderem das Ziel, durch eine moderne Art des Schreibens Bücher wieder in den Alltag der Jugendlichen zu etablieren. “Weiters werden wir mit österreichischen Autorinnen und Autoren sowie Verlagen sprechen, um von diesen auch noch weitere Ideen und Anregungen einzuholen”, erzählt die junge Frau.

Das Problem mit der Dynamik

Bei “everybody a writer” gehe es darum, Jugendlichen die Liebe zur Literatur zurückzugeben. Dafür wird es notwendig sein, dass sich ein Stamm von Personen entwickelt, der regelmäßig Stories von fremden Leuten liest und bewertet. Ein schwieriges Vorhaben, das darauf fußt, das sich tatsächlich Leute finden, die langfristig dranbleiben und nicht nach kurzer Zeit abspringen. “Wir sehen die Entwicklungschancen sehr positiv, da wir uns erhoffen, Reader im Laufe der Zeit zu Writern zu machen. Durch eine intensive Kommunikation und einen laufenden Gedankenaustausch mit der Community – insbesondere betreffend neuer Ideen ums Schreiben – erwarten wir eine große Dynamik auf und für unsere Plattform”, sagt Walter.

Schreibentfaltung und Instagram-Marketing

Eine derartige Plattform zu gründen, spukte beiden Gründerinnen früh im Kopf herum. Die Schülerinnen haben sich bereits im Unterricht mit Entrepreneurship und Unternehmensbildung auseinandergesetzt. “Die Idee zur App, entstand aus dem einfachen Grund, dass wir für ein Fach einen Businessplan verfassen mussten. Da meine Freundin und ich beide gerne schreiben, ich jedoch lieber ganze Geschichten schreibe und sie lieber kurze Texte, dachten wir darüber nach, Jugendlichen eine Möglichkeit zu bieten ihre Schreibtalente zu entfalten”, so Marie Walter zu den Anfangsgedanken.

Die Founderinnen, die aktuell Klassiker wie Tolstois “Krieg & Frieden” bzw. Lockharts “We were liars” auf dem Nachtkasten liegen haben, bewerben ihr Projekt hauptsächlich über ihre Instagram-Accounts. “Auf diesen Profilen können wir durch Stories, Links und Hashtags, beziehungsweise Posts auf unsere Geschäftsidee hinweisen und für diese werben. Außerdem haben wir bereits zusätzlich ein Businessprofil für ‘everybody a writer’, auf dem wir zwei bis drei Mal pro Woche Bilder, Textausschnitte und Aktionen unseres Unternehmens posten werden. Durch diese Werbestrategie wollen wir Instagram-User, die auf unsere Zielgruppe zutreffen, dazu anregen, weiterzulesen. Und sie durch Story-Anfänge dazu verleiten, kreativ zu werden und Interesse zu entwickeln”, sagt Walter. Zusätzlich arbeiten die Gründerinnen mit selbstgemachten Flyern und schulischen Werbeaktionen.

Der Traum vom eigenem Buch

Das eigens finanzierte Projekt, das sich mitten in der Gründungsphase befindet, ist aktuell auf der Suche nach geeigneten Programmierern und wird erst in naher Zukunft die Gesellschaftsform festlegen, wie Walter sagt. “In Zukunft wollen wir natürlich unseren Markt erweitern und eventuell auch noch neue Genres, Gattungen und Ideen in unsere App einbringen. Weiters wollen wir unseren Usern größere Preise bieten. Unser Traum ist es, ein wirkliches, gebundenes Buch herauszugeben, welches entweder aus gesammelten Lyrik-Werken oder verschiedenen Schreib-Battles unserer Website besteht”, sagt sie.

Der endgültige Start für “everybody a writer” soll im vierten Quartal des heurigen Jahres geschehen. “Bis dahin feilen wir noch an dem finalen Konzept und werden noch einige Optimierungen vornehmen. So wollen wir zum Beispiel in Abänderung zu unserem Ursprungs-Konzept jede Woche ein bis zwei neue Story-Anfänge kommunizieren, um so noch interessanter für unsere Community zu werden und mit dieser regelmäßiger in Interaktion zu sein”, sagt Walter.


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Bodo B. Schlegelmilch, Dekan der WU Executive Academy und Ikigai-Expertin Klara Palucki. (c) WU Executive Academy

Globale Pandemie, Klimakatastrophen, Kriege, politische Unruhen: In unserer Welt scheint kaum mehr etwas beständig oder vorhersehbar zu sein. Auch die österreichische Wirtschaft bleibt von diesen Entwicklungen nicht verschont. Die Unsicherheiten am Arbeitsmarkt stellen Unternehmen und besonders Führungskräfte vor große Herausforderungen.

Genau hier setzt das Lebenskonzept Ikigai an. Es soll dazu beitragen, das Berufsleben mit mehr Sinn und Orientierung zu füllen. Wie Ikigai Führungskräfte zu mehr Erfolg verhelfen soll, erklären Bodo B. Schlegelmilch, Dekan der WU Executive Academy, und Ikigai-Expertin Klara Palucki.

Ikigai dient als “eine Art Kompass” für Führungskräfte

Das BANI-Umfeld der 2020er Jahre beschreibt eine Wirtschaft in zunehmender Unbeständigkeit und Komplexität. Das Akronym steht für eine Welt, die brüchig, ängstlich, nicht linear und unbegreiflich ist. Es wird also zunehmend wichtiger, dass Unternehmen lernen mit unberechenbaren Krisen zurechtzukommen. Das BANI-Modell soll dabei helfen, Veränderungen in der Arbeitswelt frühzeitig zu erkennen und sich flexibel anzupassen.

In dieser unvorhersehbaren BANI-Welt kann das Lebenskonzept Ikigai Führungskräften als „eine Art Kompass“ dienen. Es unterstützt dabei, “den Fokus auf das Wesentliche zu richten und Entscheidungen wertorientiert zu treffen”. Schlegelmilch betont: „In turbulenten Zeiten ist es entscheidend, sich seiner Werte klar zu werden und danach zu handeln. Ikigai hilft dabei, die innere Sicherheit zu finden, die man braucht, um auch in unsicheren Zeiten Kurs zu halten“.

Die vier Fragen von Ikigai

Das japanische Wort „Ikigai“ lässt sich als „die Freude und der Lebenssinn“ übersetzen. Ikigai basiert auf vier grundlegenden Fragen: Was liebst du? Worin bist du gut? Was braucht die Welt? Wofür kannst du bezahlt werden? Diese Fragen werden in einem Venn-Diagramm dargestellt, wobei der Schnittpunkt dieser vier Dimensionen den persönlichen Lebenssinn – das Ikigai – symbolisiert.

Dieser Ansatz bietet insbesondere Führungskräften eine Möglichkeit, für sich und ihre Teams einen „sinnorientierten und nachhaltigen Weg einzuschlagen“. Expertin Palucki fügt hinzu: „Wenn ich weiß, wohin ich gehen will, dann bin ich bereits auf dem Weg zur Selbstführung. Diese persönliche Klarheit ist eine Führungskompetenz, die sich positiv auf das gesamte Team auswirkt“.

Wie kann das Lebensmodell im Arbeitsumfeld helfen?

Führungskräfte, die den Sinn in ihrem Leadership erkennen, können ihre Teams dazu inspirieren, ebenfalls einen sinnorientierten Weg einzuschlagen. Sie schaffen ein Arbeitsumfeld, in dem individuelle Stärken und Interessen der Mitarbeitenden berücksichtigt werden. Hierbei spielt Job Crafting – die aktive Gestaltung der eigenen Arbeitsaufgaben und des Umfelds – eine zentrale Rolle.

„Wenn ich in meinem Job nicht glücklich bin, kann ich mir in kleinen Schritten ansehen, welche Aufgaben mir liegen und welche weniger. Dadurch lässt sich ein Arbeitsumfeld schaffen, das besser zu den eigenen Bedürfnissen passt. Oft hilft es auch, genauer hinzuschauen, wo der Sinn abhandengekommen ist. Indem wir Aufgaben im Sinne von Job Crafting shiften und neu verteilen oder neue Projekte initiieren, können wir wieder Sinn entdecken“, so Palucki.

“Ikigai ist wie ein Rezeptbuch, um den Purpose eines Unternehmens zu finden”

Für Führungskräfte ist es entscheidend, nicht nur ihr persönliches Ikigai, sondern auch das ihres Unternehmens zu verstehen. Die gleichen Fragen, die jeder auf dem Weg zum eigenen Ikigai beantwortet, können Führungskräfte auch auf das Unternehmen anwenden. Schlegelmilch vergleicht das so: „Ikigai ist wie ein Rezeptbuch, um den Purpose eines Unternehmens zu finden”.

„Letztendlich geht es aber darum, dass man Freude an dem hat, was man tut”, betont er. „Führungskräfte sollten sich fragen, warum sie das tun, was sie tun, und ob es ihnen auch tatsächlich Erfüllung bringt“. Weiterbildungen bieten hierbei eine gute Gelegenheit, um mehr Sinn und Orientierung in die eigene Karriere zu bringen.

In der heutigen Welt wird Sinnorientierung zu einer grundlegenden Voraussetzung für modernes, nachhaltiges Leadership, ergänzt Palucki. „Menschen wollen zunehmend Teil von etwas Größerem sein und bleiben eher im Unternehmen, wenn sie das Gefühl haben, dass ihre Arbeit einen (guten) Zweck erfüllt“.

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