21.06.2021

EPI: Europäische Zahlungslösung soll 2022 bei ersten Händlern starten

In der zweiten Hälfte des kommenden Jahres soll es soweit sein, sagte Martina Weimert, die CEO der EPI Interim Company ist. Mit dem neuen System werden unter anderem Instant Payments im Handel möglich.
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European Payment Initiative
Foto: Adobe Stock

Die Abhängigkeit Europas von internationalen Zahlungslösungen zu reduzieren – dies ist das erklärte Ziel der European Payments Initiative (EPI), zu der 33 europäische Finanzinstitute zählen. Um dies zu erreichen, soll ein europäisches Gegengewicht zu Visa, Mastercard, PayPal, aber auch Facebook, Amazon und Google aufgebaut werden. Martina Weimert, CEO der EPI Interim Company, gab am Montag in einem Pressegespräch einen Ausblick auf die Pläne der Initiative. Weimert wird außerdem diesen Dienstag, den 22. Juni 2021, beim P19 MidTerm Event in der Libelle im Museumsquartier in Wien auftreten.

Zur EPI gehören unter anderem die größten Banken Europas – etwa BNP Paribas, ING, Societe Generale, UniCredit oder auch die Deutsche Bank. “Die Idee hinter der EPI ist, dass Europa eine wirklich europäische Lösung braucht – keine fragmentierten oder lokalen Lösungen”, erläuterte Weimert beim Pressegespräch. Man brauche ein europäisches Payment-System nach europäischen Regeln, um als gemeinsames Europa konkurrenzfähig zu werden. EPI selbst ist dabei nur der Projektname und wird nicht der Name der kommerziellen Marke sein, den man dann “in allen Geschäften und online” vorfinden werde. Man wolle eine einzige Lösung für ganz Europa zu schaffen, die überall gleich funktioniere, führte die EPI-Chefin aus.

Derzeit sieben europäische Länder beteiligt

Zum jetzigen Zeitpunkt sind sieben große Länder beteiligt – Frankreich, Deutschland, die Niederlande, Belgien, Spanien, Finnland sowie mit Polen auch ein Staat außerhalb des Euroraums. “Wir sind aber gerade auch in Gesprächen mit Österreich, Italien und anderen europäischen Märkten”, erläuterte Weimert. Das Ziel ist, dass Händler in ganz Europa die Lösung akzeptieren. “Wir werden keine Lösungen aus Amerika mehr implementieren müssen mit all ihren Vor- und Nachteilen und einer geringeren Datenkontrolle”, sagte Weimert. Die Banken und Zahlungsdienstleister hinter der EPI würden ein ganzes Ökosystem aufbauen wollen.

Man komme zwar als “Challenger” in den Markt, führte Weimert weiter aus. Weil man aber enorme Volumina zusammenbringe, könne man kostengünstig anbieten – gerade für den Handel, führte die EPI-Chefin weiter aus. Die Preissetzung selbst erfolgt dabei aber nicht bei der EPI, sondern bei den Banken, Zahlungsdienstleistern und Händlern. “Meines Wissens hat keine Bank vorgesehen, ihren Kunden Mehrkosten zu berechnen”, sagte Weimert. Man solle es ja zunächst einmal schaffen, dass sich die Kunden für die Lösung interessieren.

Instant Payments sollen im Handel ermöglicht werden

Für die Kunden soll sich eine unmittelbare Vereinfachung ergeben: Man soll für sämtliche Zahlungsvorgänge nur mehr eine einzige App benötigen. Darüber hinaus sollen alternativ zur Kartenzahlung auch sogenannte Instant Payments – also Echtzeitzahlungen – ermöglicht werden. Diese gibt es zwar bereits zwischen Banken – nicht aber im Handel. “Wir sehen, dass sich diese Instant-Payment-Lösungen auf der ganzen Welt entwickeln und wollen dies als europäischen Initative aufgreifen und aufsetzen”, sagte Weimert. Weiterhin bestehen bleibt allerdings die Wahlmöglichkeit zwischen physischer Karte einerseits und einer Wallet mit digitalisierter Karte und Instant Payments andererseits.

Für die Händler verspricht die EPI eine Vereinfachung: “Heute brauchen die Händler eine Integration der verschiedenen, oft nur internationalen Lösungen, was unsere Abhängigkeit gegenüber diesen Playern zeigt”, führte Weimert aus. Mit der EPI würden die Händler eine einfache Integration zur Verfügung haben. Zudem sei das Verfahren kostengünstig, weil man von europäischen Tarifen ausgehe.

Erste Händlerlösungen für zweite Jahreshälfte 2020 geplant

Wann sollen die ersten Händler die EPI-Lösung unterstützen? “Angesetzt ist, dass man ab der zweiten Hälfte des kommenden Jahres die ersten Händlerlösungen im E-Commerce und M-Commerce sehen wird”, sagte die EPI-Chefin. In den darauffolgenden Monaten soll dann die europäische Zahlungskarte folgen. Schon vorab werde man es im Bereich P2P (peer to peer) implementieren – also bei Zahlungen direkt zwischen Endnutzern. “Das ist ganz wichtig, denn Sie müssen ja erstmal das Vertrauen der Kunden aufbauen. Der Kunde muss sehen, wie es funktioniert, dass es ihm wirklich was bringt”, führte Weimert aus.

Für ihr Vorhaben hat die Initiative ein Budget von mehreren Milliarden Euro zur Verfügung. “Wir sollten uns keine Illusionen machen – es ist ein breites Unterfangen, schließlich haben die aktuellen Kartensysteme 40 Jahre Zeit gehabt sich zu etablieren”, erläuterte Weimert. Wenn man in Europa dem etwas entgegensetzen wolle, müsse man entsprechende Investitionen tätigen. Weil sämtliche Kartenterminale und Bezahlseiten von E-Commerce-Anbietern für das europäische System aufgesetzt werden müssen, fallen entsprechende Kosten an. Zudem muss eine paneuropäische Plattform für das System geschaffen werden. Dass das Geld gut angelegt ist, daran hat Weimert aber keinen Zweifel: “Wir haben jetzt wirklich die Möglichkeit, etwas aufzusetzen, das einen echten Mehrwert schafft”.

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Markus Gstöttner, CEO von clock.bio
Markus Gstöttner, CEO von clock.bio | Foto: clock.bio

Das Thema Longevity boomt. Davon zeugt unter anderem auch die Anfang des Jahres auf Netflix veröffentlichte Dokumentation “Don’t die” rund um den US-Unternehmer Bryan Johnson, der sein gesamtes Leben darauf ausrichtet, seinen Körper biologisch zu verjüngen. Johnson ist jedoch ein Extrembeispiel.

Viele Startups im Longevity-Bereich haben weniger zum Ziel, das Leben per se zu verlängern als vielmehr die Lebensspanne, die man gesund verbringt. Dazu zählt auch das Jungunternehmen clock.bio mit Sitz in Cambridge, das seit März 2024 vom Österreicher Markus Gstöttner geführt wird.

Zuvor war er als Entrepreneur in Residence (EIR) bei BlueYard Capital tätig und hatte clock.bio bereits in dieser Rolle über mehrere Monate begleitet. “Die Firma war erst noch in einem akademischen Setup und im Stealth-Modus”, erzählt der CEO im Gespräch mit brutkasten. Er stieß als “non-scientific Operator” zu einem zuvor rein wissenschaftlichem Team dazu und wurde auch Late-Joining-Co-Founder.

Millionenschwere Seed-Runde im Oktober kommuniziert

Im Oktober des Vorjahres ging das Startup dann in die Öffentlichkeit, indem es eine 5,3 Millionen US-Dollar schwere Seed-Finanzierungsrunde kommunizierte (brutkasten berichtete). Angeführt wurde diese von der britischen VC-Firma LocalGlob. Ebenfalls beteiligt haben sich BlueYard Capital, Onsight Ventures und Jonathan Milner.

Was macht das Unternehmen nun genau? Im Wesentlichen sucht es nach neuen Wegen für ein gesundes Altern. Konkret konzentriert sich das Team auf induzierte pluripotente Stammzellen (iPSCs), die ihre Jugendlichkeit behalten und damit Hinweise liefern könnten, wie sich zelluläre Schäden in alten Körperzellen rückgängig machen lassen.

Neuer Ansatz für die Zellverjüngung

Um diese Prozesse besser zu verstehen, hat clock.bio einen umfangreichen CRISPR-Screen durchgeführt. Dabei wurden iPSCs zunächst künstlich gealtert, um anschließend zu beobachten, wie sie sich innerhalb weniger Tage selbst verjüngen. „Wir haben diesen Genom-wide CRISPR-Screen fertig und 140 Gene gefunden, die diese Autokorrektur zu steuern scheinen“, sagt CEO Markus Gstöttner. Nun gilt es, jene Gene zu identifizieren, die sich als Ziel für künftige Wirkstoffe eignen.

Im Zentrum steht die Frage, wie sich die „Hallmarks of Aging“ – zelluläre Merkmale wie verkürzte Telomere oder gestörte Mitochondrien – beeinflussen lassen. Ziel ist es nicht, bloß mehr Jahre anzuhäufen, sondern vor allem die gesunden Jahre zu verlängern. „Es geht nicht primär darum, wie alt wir werden, sondern wie wir es schaffen, dabei gesund zu bleiben“, sagt Gstöttner.

Gstöttner: Nach McKinsey, Gründung und Politik wieder Startup

Gstöttner hat bereits Startup-Erfahrung: Er war 2017 einer der Mitgründer des Biotech-Startups Meatable. Auch an diesem Unternehmen hatte sich der jetzige Investor BlueYard beteiligt. Und schon damals arbeitete Gstöttner mit Mark Kotter, der nun auch einer der Gründer von clock.bio war. Vor seiner ersten Gründung hatte Gstöttner mehrere Jahre Erfahrung bei McKinsey gesammelt. Zuvor hatte er bereits in England an der London School of Economics and Political Science (LSE) studiert.

2017 ging Gstöttner nach Österreich zurück, um der Politik zu arbeiten. Er war unter anderem stellvertretender Kabinettschef von Sebastian Kurz (ÖVP) und bis Herbst 2022 Kabinettschef von Bundeskanzler Karl Nehammer. Hauptberuflich hat er sich aus der Politik verabschiedet, er übt aber weiterhin sein Mandat im Wiener Gemeinderat aus. In diesen ist er 2020 für die ÖVP eingezogen, die Legislaturperiode endet in diesem Jahr.

„Ich finde, es ist als Staatsbürger wünschenswert, dass es alltäglich ist, aus dem politischen Bereich ins Unternehmertum oder in die Wissenschaft zu wechseln und wieder zurück“, sagt er. Dennoch will er die beiden Dinge klar trennen: „Ich rede in Startup-Settings nicht über politische Einschätzungen und versuche es umgekehrt genauso zu handhaben.“

Gstöttner: “Bin in England wirtschaftlich sozialisiert”

Dass er wieder in England unternehmerisch aktiv werden würde, lag für Gstöttner auf der Hand: “Ich bin in England wirtschaftlich sozialisiert. Ich habe hier von der Uni an zehn extrem formative Jahre von Anfang 20 bis Anfang 30 verbracht und deswegen ist es mein ‘Natural Habitat’, was das Unternehmerische betrifft.”

Dass es für ihn eines Tages wieder in den Startup-Bereich zurückgehen könnte, hatte der clock.bio-CEO auch während seiner Zeit in der Politik im Hinterkopf: “Der Instinkt war für mich klar da, ich wollte den unternehmerischen Weg auf jeden Fall noch einmal weiterführen. Aber man muss schauen, wann der richtige Zeitpunkt ist und man kann nicht immer alles planen – schon gar nicht in diesen zwei sehr unvorhersehbaren Welten”.

Healthspan statt Lifespan

Was steht nun bei clock.bio an? Gstöttner und sein Team müssen die Ergebnisse des Screens in die Praxis überführen. Im Wesentlichen gibt es dazu zwei Ansätze: Eine Möglichkeit ist, bereits bekannte Wirkstoffe neu auf ihre anti-aging-wirksamen Eigenschaften zu prüfen (Repurposing). Eine andere Option besteht darin, neue Targets gemeinsam mit Pharmafirmen in die klinische Entwicklung zu bringen.

„Wir müssen diese pharmakologische Validierung sowieso machen“, sagt Gstöttner. In den nächsten Monaten soll klar sein, welche der 140 Gene therapeutisches Potenzial besitzen. Dann wird sich zeigen, ob clock.bio Partnerschaften mit etablierten Unternehmen eingeht oder eigene Wege beschreiten will.

Herausforderungen im Biotech-Markt

In der Biotech-Branche war es zuletzt schwierig, Finanzierungen zu sichern, gerade für Plattformtechnologien. Der spezifische Bereich Longevity ist davon aber weniger betroffen: “Wenn man in harten Jahren beginnt, ist normalerweise die positive Nachricht, dass dann bessere Jahre folgen. Und der Themenbereich Longevity, Aging und Healthspan bekommt trotz eines schwierigen Biotech-Markts recht viel Aufmerksamkeit”, erzählt Gstöttner. Aufgrund der Alterung der Gesellschaft und den dadurch entstehenden Druck auf den Sozialstaat hat das Thema auch eine größere Dimension.

Das Kernteam von clock.bio umfasst rund sieben Personen, unterstützt von Contract Researchers. Langfristig will Gstöttner mit dem Startup auch außerhalb Europas sichtbarer werden. „Ein Teil meiner Aufgabe ist jetzt, mehr Visibilität in den USA zu bekommen“, sagt er. Die Westküste der Vereinigten Staaten sieht er als potenzielles Sprungbrett, um rasch Feedback von Investoren und Partnern zu erhalten. Er plant deshalb auch, mehr Zeit in den USA zu verbringen, um das internationale Netzwerk des Unternehmens auszubauen.

Gstöttner: “Stehen erst am Anfang der Reise”

Bis Ende des ersten Quartals will das Startup wissen, welche Gene wirklich vielversprechend sind. Dann möchte das Startup auch eine nächste Finanzierungsrunde abschließen. „Wir stehen eigentlich erst am Anfang der Reise“, sagt Gstöttner. Gelingt der Plan, könnte clock.bio künftig zeigen, wie sich Alterungsprozesse besser verstehen und beeinflussen lassen – nicht um die Lebensspanne endlos auszudehnen, sondern um mehr gesunde Jahre zu ermöglichen.

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