19.06.2018

EU-Urheberrechtsreform: “Das Wesen des Internets wird verändert”

Am Mittwoch (20.06.) wird im EU-Parlament über einen Entwurf zur Reform des Urheberrechts abgestimmt. Vor allem zwei Punkte rufen viele Kritiker auf den Plan: Ein geplantes Leistungsschutzrecht ("Link-Steuer") und ein verpflichtender Uploadfilter. Wir sprachen dazu mit Digitalisierungs-Experte Mic Hirschbrich.
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EU-Urheberrechtsreform
Mic Hirschbrich (m.) beantwortete uns im Interview einige Fragen.

Niemand geringerer als Internet-Pionier Tim Berners-Lee, oft als der “Erfinder des World Wide Web” bezeichnet und Wikipedia-Gründer Jimmy Wales stehen momentan an vorderster Front gegen eine geplante EU-Urheberrechtsreform. Es bestünde eine “unmittelbare Gefahr für die Zukunft des globalen Netzwerks”, heißt es in einem offenen Brief, den die beiden gemeinsam mit rund 70 weiteren Prominenten unterzeichneten. Das Internet könne dadurch “ein Werkzeug für die automatisierte Überwachung und Kontrolle der Nutzer” werden.

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Leistungsschutzrecht und Upload-Filter in der Kritik

Konkret entzündet sich die Kritik großteils an zwei Artikeln der Vorlage, über die am Mittwoch (20.6.) im Rechtsausschuss des EU-Parlaments abgestimmt wird. Artikel 11 behandelt ein geplantes Leistungsschutzrecht – von den Kritikern als “Link-Steuer” bezeichnet. Internetdienste müssten demnach künftig bei Verlagen Lizenzen für das Zeigen von Snippets und Vorschaubildern erwerben. Artikel 13 sieht einen verpflichtenden Upload-Filter vor, der Urheberrechtsverletzungen von vornherein vorbeugen soll. Entsprechende Programme müssten also hochgeladene Inhalte vorab auf fremden Content screenen – und gegebenenfalls nicht durchlassen.

EU-Urheberrechtsreform: Freiheit des Internets an sich gefährdet?

Es seien sinnvolle Maßnahmen gegen die Dominanz von Google, Facebook und Co., argumentieren die Befürworter – vor allem aus den Reihen einiger großer europäischer Verlage. Denn die Internet-Giganten würden mit den Inhalten von Verlagen große Summen verdienen, ohne dafür zu bezahlen. Dieses Argument sei absurd, sagen die Gegner. Denn Internetdienste würden ja nur auf die Inhalte referenzieren, also verlinken, sie aber nicht komplett abbilden. Für kleinere Internetdienste und Startups in dem Bereich, könne die Regelung zur existenziellen Hürde werden. Und letztlich, wie auch Berners-Lee und Wales argumentieren, könne die Meinungsfreiheit und die Freiheit des Internets an sich gefährdet sein.

Unter den Kritikern der Regelung ist auch Digitalisierungsexperte Mic Hirschbrich. Wir haben ihm einige Fragen zur geplanten EU-Reform gestellt.


Die Richtlinie über die morgen abgestimmt wird – Segen für ein gerechteres Internet oder Fluch?

Von vier kurz angerufenen Spitzenmanagern aus der Medienindustrie und drei Gründern, hatte es kein einziger wirklich am Radar. Da wird im Stillen das Wesen des Internets verändert und keiner scheint darüber Bescheid zu wissen. Das ist schon problematisch.

Ist es nicht legitim sich gegen Google, Facebook und Co zu wehren? Die Verlage sagen, diese Giganten monetarisieren ihre Inhalte und verdienen Milliarden, von denen sie nichts bekommen.

Natürlich darf und soll Europa sich wehren und zwar dort, wo der Staat seine verfassungsmäßige Verantwortung hat. Wenn der Wettbewerb verzerrt wird, Hate-speech und Fake-News ausarten und Persönlichkeitsrechte verletzt werden, die Demokratie unterwandert wird, Wähler manipuliert werden, Steuern vermieden oder nicht bezahlt werden, da muss der Staat einschreiten und zwar rigoros.

Warum dann nicht, wenn Inhalte ohne explizite Erlaubnis genutzt werden?

Ich halte dieses Argument für unredlich. Da wird geschickt mit technischem Unwissen in der Debatte gespielt. Die Verlage verwenden alle die freie, ungeschützte RSS-Technologie um ihre Artikel zu verbreiten, posten ihre Inhalte aktiv auf Facebook und Twitter um Reichweite zu bekommen und beschweren sich dann, dass sie dort geteilt werden? Derweil kann jeder Verlag einfach steuern, ob ein Artikel hinter einer Paywall geschützt wird oder frei ist für die Leser. Sie frei zu machen und sich dann zu beschweren, wie das Internet nun einmal funktioniert, ist schon ein wenig absurd. Man muss aber auch sagen, dass bei weitem nicht alle Verlage so denken, es ist eine Minderheit, aber eine mit viel Einfluss in Europa.

Die Verlage geben viel Geld für ihre Journalisten aus. Ist es nicht ihr Recht zu sagen, wenn Google diese Inhalte bei sich anzeigt, dass sie dafür auch entschädigt werden sollen?

Google indiziert Inhalte mit einem sogenannten Bot, das sind kleine Programme die allen HTML-Seiten folgen und sie in ihre Suchseiten aufnehmen. Auch die Meta-Information, die angezeigt wird, kann man als Verlag steuern. Ein einfacher, extrem kurzer Code, den ein jeder Verlag kennt, reicht und Google indiziert keine Inhalte mehr. Google monetarisiert auch keine Artikel-Inhalte sondern zeigt nur, dass es den Artikel gibt, meist in sogenannten Snippets. Google verdient mit Suchergebnissen, nicht mit Inhalten. Das weiß eigentlich ein jedes Kind. Im Durchschnitt bringen Google, Facebook und Co 65 Prozent, bei manchen bis 90 Prozent der User zu den Verlagsseiten, die diese dann monetarisieren können. Eigentlich sind das digitale Vertriebsinstrumente, die die Verlage selbst nicht aufbauen konnten oder wollten.

Aber hat es nicht auch etwas Gutes, wenn sich die Verlage gegen die Silicon Valley Giganten wehren?

Wir müssen mit deutlich höherer, eigener Innovation reagieren, mit spannenden Businessmodellen und europäische Internetplattformen bauen sowie, wie vorher beschrieben, da wo unsere Werte und Rechte verletzt werden, uns staatlich wehren. Deutschland hat das Leistungsschutzrecht ja schon. Kurz nach Einführung hat man für Google, auf das eigentlich abgezielt wurde, eine Ausnahme erwirkt, weil die User-Zugriffe eingebrochen waren, als Google sich zurückzog. In Spanien zog sich nach einer ähnlichen Initiative Google ganz im News-Bereich zurück und daraufhin hatte die News-Branche dort einen Schaden, von dem sie sich bis heute nicht erholt hat.

Es geht aber um viel mehr. Jimmy Wales, der Gründer von Wikipedia, Tim Berners Lee, der Erfinder des WWW – praktisch alle Wissenschafter und Urheberrechtsexperten warnen vor dieser Richtlinie. Das muss man ernst nehmen und kann nicht einen Konflikt einiger weniger Milliarden-schwerer Medienhäuser gegen Silicon Valley zu Lasten der User, des freien Webs und der europäischen Innovationsszene führen.

Wo siehst du eine Gefahr für die Innovatoren?

Das Silicon Valley hat deshalb so viele Internetunternehmen, auch im Medienbereich, hervorgebracht, weil es ihnen die Freiheit gab, sich kreativ und innovativ zu positionieren. Große Verlage arbeiteten entweder mit ihnen zusammen, kauften sie oder entwickelten eigene Innovationen. Auch Google, Twitter, Flipboard und Co waren einmal kleine Startups, mit Problemen wie sie ein jedes andere auch hat. Mit solchen Richtlinien vertreiben wir die Hochtalente aus Europa weiter ins Valley. Die wenigen zarten Pflänzchen bei uns, die an Suchmaschinen, Newsaggregatoren oder sozialen Netzen bauen, werden in ihrer Existenz gefährdet. Wir opfern hier eine neue technologische Generation den Interessen einiger ganz weniger, mächtiger Medien, die aus meiner Sicht zu hohe Kollateralschaden in Kauf nehmen. Experten bezweifeln, dass damit Einnahmen erzielt werden, die Schäden sind aber offensichtlich.

Was wäre jetzt der Bestcase aus deiner Sicht?

Die Parlamentarier in Brüssel sollten sich darauf verständigen, diese Richtlinie erneut zu überarbeiten, bis sie ausgewogen und in der Praxis sowie auf Ebene der Nationalstaaten auch umsetzbar ist. Sie nutzt jetzt den normalen Verlagen nicht und den Journalisten schon überhaupt nicht. Ich wäre dafür, sich zu überlegen, wie man das schwächste aber für die Zukunft so wichtige Glied der Kette, die Journalisten und die jungen Innovatoren, stärken könnte und zwar ohne Kollateralschäden für viele Branchen und die Freiheit des ganzen Webs in Kauf zu nehmen. Das wäre ein positives Zeichen für die mediale Zukunft des Kontinents.

⇒ Offener Brief der Kritiker rund um Tim Berners-Lee und Jimmy Wales

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Eric Demuth | (c) Bitpanda
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Es ist mal wieder soweit: Der Bitcoin-Kurs geht seit Tagen steil bergauf – konkret seit der US-Präsidentschaftswahl. Denn Wahlsieger Donald Trump hatte sich im Vorfeld der Wahl klar als Pro-Krypto- und Pro-Bitcoin-Kandidat positioniert – brutkasten berichtete mehrmals. Das Allzeit-Hoch wurde danach deutlich überschritten. Heute kratzte der Kurs sogar an der 90.000 US-Dollar-Marke. Und dieser Bull-Run öffnet natürlich Raum für Spekulationen, wie weit es diesmal geht. In einem Pressestatement gab nun auch Bitpanda-Gründer Eric Demuth eine Einschätzung zur Situation ab.

“Was momentan passiert ist ein Dammbruch im positiven Sinne”

“Was momentan passiert ist ein Dammbruch im positiven Sinne. Der letzte Unsicherheitsfaktor ist verschwunden. Mit der deutlichen Wahl Trumps zum 47. Präsidenten der Vereinigten Staaten herrscht Klarheit”, meint Demuth. Denn der “Unsicherheitsfaktor Nummer 1” für den Kryptomarkt werde damit “passé” sein: “Das unklare und schädliche Handeln der SEC [Anm. US-Börsenaufsichtsbehörde] wird durch eine eindeutige, klare und progressive Krypto-Regulierung, die ihren Namen verdient, ersetzt werden”, so der Bitpanda-Gründer.

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Demuth geht davon aus, dass der aktuelle SEC-Chef Gary Gensler gleich mit Amtsantritt Trumps Anfang Februar seinen Posten räumen muss. “Gerichtsverfahren werden schnell beendet, laufende Antragsverfahren bei der SEC schnell geprüft und neue eingereicht werden”, schätzt der Bitpanda-Gründer. “Hinzu kommen Rekordzuflüsse in ETFs, erhebliche Kapitalzuflüsse aus den Finanzmärkten in den Kryptosektor, sinkende Zinsen und ein zunehmendes Interesse von Privatanlegern.” Die Preise könnten daher “noch länger weiter steigen”. Und langfristig werde “eine neue Entwicklungsstufe des Kryptomarktes eingeläutet”. “Mehr Retail und mehr institutionelles Geld werden in den Markt fließen und somit Volatilität verringern und Preise stützen”, so Demuth.

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Und was heißt das in US-Dollar? Wie hoch wird der Bitcoin-Kurs noch steigen? “Alles deutet darauf hin, dass wir am Anfang eines neuen Bull-Runs stehen. Es ist sehr wahrscheinlich, dass diese Rallye noch eine Weile anhalten könnte. Wir sind bereits nah an der 90.000-US-Dollar-Marke und es besteht die Möglichkeit, dass wir die 100.000 US-Dollar noch dieses Jahr oder sogar diesen Monat sehen könnten”, meint der Bitpanda-Gründer.

Die Vorsicht, mit der sich auch ausgewiesene Expert:innen in der Krypto-Szene meist zu Prognosen zur Kursentwicklung äußern, scheint also aktuell bei Eric Demuth vom Bull-Run aus dem Weg geräumt zu sein. Freilich gab es in der Geschichte des Bitcoin schon genug Kurs-Überraschungen in die eine wie die andere Richtung.


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