04.08.2021

Umstrittenes Upgrade: Das ändert sich jetzt für Ethereum-User

Dem Ethereum-System steht diese Woche eines der weitreichendsten Upgrades der vergangenen Jahre bevor. Dabei wird das Gebührensystem von Grund auf umgestellt - was durchaus umstritten ist.
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Ether, Ethereum
Foto: © Adobe Stock

Es wird ernst: Dem Ethereum-System steht eines der wichtigsten Upgrades in den vergangenen Jahren bevor: Der “London Hard Fork” soll am morgigen Donnerstagnachmittag mit Block #1296500 am Ethereum-Mainnet live gehen. Auf den Test-Netzwerken Ropsten, Goerli und Rinkeby wurde er bereits umgesetzt. Klingt nach einer hochtechnischen Angelegenheit – und ist es auch. Aber ein Teil des Upgrades hat weitreichende Auswirkungen: Er wird das Gebührensystem von Ethereum von Grund auf verändern.

Im Zuge des Upgrades werden fünf sogenannte EIP, Ethereum Improvement Proposals, implementiert. Vier davon sind dabei weniger spektulär, doch eines hat es in sich – und ist auch dementsprechend umstritten: EIP-1559. Das ursprünglich von Ethereum-Gründer Vitalik Buterin selbst vorgeschlagene Proposal wird verändern, wie Transaktionsgebühren, die sogenannten Gas Fees, bei Ethereum festgesetzt werden. Derzeit läuft das System auktionsbasiert: User entscheiden selbst, wie viel sie bieten, damit Miner ihre Transaktionen validieren. Je nach Betrag und Auslastung des Netzwerks dauert es kürzer oder länger, bis dies geschehen ist.

Setzt man die Gebühr zu niedrig an, kann es sich stark verzögern, bis eine Transaktion durchgeht. “User müssen da oft gamblen, wenn sie eine Transaktion einreichen. Sie bezahlen regelmäßig zu viel, damit garantiert ist, dass ihre Transaktionen inkludiert werden”, erklärt Ethereum-Experte Anthony Sassano.

Grundgebühr und Trinkgelder

Dies soll sich mit EIP-1559 nun aber anders werden: Künftig gibt es eine fixe Grundgebühr, eine sogenannte Base Fee, für Transaktionen. Das Protokoll ermittelt einen Preis – und der User entscheidet, ob er diesen bezahlen will oder nicht. Doch es gibt noch einen zweiten wesentlichen Punkt: Diese Grundgebühr geht nicht mehr an die Miner – sondern wird vom Protokoll vernichtet.

Allerdings können User eine Aufzahlung auf die Grundgebühr vornehmen, damit ihre Transaktion priorisiert wird. Diese Aufzahlungen werden häufig als “tips”, also Trinkgelder, bezeichnet. Zusätzlich können User die maximale Gebühr festlegen, die sie bereit sind zu bezahlen – also eine Art Limit.

Miner befürchten Nachteile

Die Änderung an der Gebührenstruktur ist auch der Punkt, warum EIP-1559 so umstritten ist – denn viele Miner befürchten, unter dem neuen System schlechter auszusteigen. Unberührt von EIP-1559 bleibt der generelle Mining-Reward: Miner bekommen also weiterhin neugeschaffenes Ether für das Validieren von Transaktionen. Aber darüber hinaus erhalten sie nicht mehr die vollständigen Transaktionsgebühren, sondern nur mehr die “Tips”, während die Grundgebühr vernichtet wird.

Noch bevor diesen März beschlossen worden war, EIP-1559 im Sommer zu implementieren, kam es bereits zu scharfen Protesten bei den manchen Minern: “Die Veränderung wird die Gewinne von Minern dramatisch senken – von Menschen, die ihre Ersparnisse in das Unterstützen des Ethereum-Netzwerks gesteckt haben”, hieß es etwa in einem Protestaufruf. Eine Miner-Gruppe drohte sogar eine 51-Prozent-Attacke an – also eine feindliche Übernahme des Ethereum-Netzwerks. In den folgenden Wochen entspannte sich der Konflikt jedoch wieder etwas.

Die größere Veränderung für Miner steht ohnehin erst noch bevor: Mit dem für das kommende Jahr geplanten Umstieg auf Ethereum 2.0 wird auch der auf Mining basierende “Proof of Work”-Konsensmechanismus verschwinden – und durch den energieeffizienteren “Proof of Stake”-Ansatz ersetzt werden.

“Deflationärer Druck”

Doch zurück zu EIP-1559: Weil mit der Implementierung des London-Upgrades die Grundgebühr künftig vernichtet wird, könnte sich die Ethereum-Währung Ether ganz grundlegend verändern – und zwar von einer inflationären zu einer potenziell deflationären Kryptowährung. Bei Bitcoin beispielsweise gibt es eine Obergrenze, wie viele Bitcoin jemals geschaffen werden können: Das maximale Bitcoin-Angebot ist auf 21 Millionen beschränkt. Bei Ether gibt es dagegen kein solches Limit.

Mit dem Vernichten der Grundgebühr entsteht nun aber zumindest ein Gegengewicht zu den neu geschaffenen Ether. So entstehe ein “deflationärer Druck auf das Netzwerk”, wie es Tim Beiko, ein führender Entwickler der Ethereum-Foundation gegenüber Decrypt formuliert. Ethereum-Experte Anthony Sassano weist allerdings darauf hin, dass dieser deflationäre Druck nicht unbedingt bedeute, dass Ether pe se deflationär werde – weil dies auch davon abhänge, wieviele neue Ether geschaffen werden. Jedenfalls aber wird die Inflationsrate der Kryptowährung durch EIP-1559 abgeschwächt.

Dies sollte den Wert von Ether theoretisch langfristig erhöhen. Kurzfristig ist der Kurs in den vergangenen beiden Wochen vor dem Upgrade jedenfalls von 1.700 auf rund 2.500 Dollar gestiegen – was allerdings grob im Einklang mit den Bewegungen anderer großer Kryptowährungen steht und nicht unbedingt in einen Zusammenhang mit dem Upgrade gebracht werden muss.

Gebühren sinken nicht unmittelbar

Eine andere Frage ist, wie sich die veränderte Gebührenstruktur auf die Höhe der Gebühren auswirkt. Hohe Transaktionsgebühren gelten als eines der größten Probleme von Ethereum. Im Mai, als Ether ein Rekordhoch von über 4.000 Dollar erreichte, stiegen auch die Transaktionengebühren stark an und erreichten zwischenzeitlich sogar einen durchschnittlichen Wert von 70 Dollar pro Transaktion.

Mittlerweile sind die Gebühren wieder deutlich gesunken – einerseits aufgrund des Kursrückgangs, andererseits aber auch, weil es zunehmend Layer-2-Lösungen gibt. Diese ermöglichen schnellere und günstigere Transaktionen, indem sie zwar auf der Ethereum-Blockchain aufbauen, aber keine Änderungen an dieser erfordern. Dazu zählen unter anderem Optimism, Polygon (Matic) oder Arbitrum.

Per se senken wird EIP-1559 die Transaktionskosten nicht, allerdings durchaus indirekt: EIP-1559 helfe, dass man im Vorfeld besser abschätzen könne, wie hoch die notwendige Gebühr für eine Transaktion sei, sagt Ethereum-Entwickler Beiko. Dies sollte dazu führen, dass User nicht mehr bezahlen als notwendig – was im Auktionssystem regelmäßig vorkommt. Beiko erwartet von der Änderungen zwar einen durchaus nennenswerten, aber keinen revolutionären Effekt: Man müsse sich eher eine Reduktion um 20 Prozent vorstellen als eine Reduktion ums Zwanzigfache, erläutert der Entwickler.

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„Das war ein richtiger Hype. Nach wenigen Tagen hatte ChatGPT über eine Million Nutzer”, erinnert sich Lippert an den Start des OpenAI-Chatbots Ende 2022. Seither habe sich aber viel geändert: “Heute ist das gar kein Hype mehr, sondern Realität“, sagt Lippert. Die Technologie habe sich längst in den Alltag integriert, kaum jemand spreche noch davon, dass er sein Smartphone über eine „KI-Anwendung“ entsperre oder sein Auto mithilfe von KI einparke: “Wenn es im Alltag angekommen ist, sagt keiner mehr KI-Lösung dazu”.

Auch Thomas Steirer erinnert sich an den Moment, als ChatGPT erschien: „Für mich war das ein richtiger Flashback. Ich habe vor vielen Jahren KI studiert und dann lange darauf gewartet, dass wirklich alltagstaugliche Lösungen kommen. Mit ChatGPT war dann klar: Jetzt sind wir wirklich da.“ Er sieht in dieser Entwicklung einen entscheidenden Schritt, der KI aus der reinen Forschungsecke in den aktiven, spürbaren Endnutzer-Bereich gebracht habe.

Von erster Begeisterung zu realistischen Erwartungen

Anfangs herrschte in Unternehmen noch ein gewisser Aktionismus: „Den Satz ‘Wir müssen irgendwas mit KI machen’ habe ich sehr, sehr oft gehört“, meint Steirer. Inzwischen habe sich die Erwartungshaltung realistischer entwickelt. Unternehmen gingen nun strategischer vor, untersuchten konkrete Use Cases und setzten auf institutionalisierte Strukturen – etwa durch sogenannte “Centers of Excellence” – um KI langfristig zu integrieren. „Wir sehen, dass jetzt fast jedes Unternehmen in Österreich KI-Initiativen hat“, sagt Lippert. „Diese Anlaufkurve hat eine Zeit lang gedauert, aber jetzt sehen wir viele reale Use-Cases und wir brauchen uns als Land nicht verstecken.“

Spar, Strabag, Uniqa: Use-Cases aus der österreichischen Wirtschaft

Lippert nennt etwa den Lebensmittelhändler Spar, der mithilfe von KI sein Obst- und Gemüsesortiment auf Basis von Kaufverhalten, Wetterdaten und Rabatten punktgenau steuert. Weniger Verschwendung, bessere Lieferkette: “Lieferkettenoptimierung ist ein Purpose-Driven-Use-Case, der international sehr viel Aufmerksamkeit bekommt und der sich übrigens über alle Branchen repliziert”, erläutert die Microsoft-Expertin.

Auch die Baubranche hat Anwendungsfälle vorzuweisen: Bei Strabag wird mittels KI die Risikobewertung von Baustellen verbessert, indem historische Daten zum Bauträger, zu Lieferanten und zum Bauteam analysiert werden.

Im Versicherungsbereich hat die UNIQA mithilfe eines KI-basierten „Tarif-Bots“ den Zeitaufwand für Tarifauskünfte um 50 Prozent reduziert, was die Mitarbeiter:innen von repetitiven Tätigkeiten entlastet und ihnen mehr Spielraum für sinnstiftende Tätigkeiten lässt.

Nicht immer geht es aber um Effizienzsteigerung. Ein KI-Projekt einer anderen Art wurde kürzlich bei der jüngsten Microsoft-Konferenz Ignite präsentiert: Der Hera Space Companion (brutkasten berichtete). Gemeinsam mit der ESA, Terra Mater und dem österreichischen Startup Impact.ai wurde ein digitaler Space Companion entwickelt, mit dem sich Nutzer in Echtzeit über Weltraummissionen austauschen können. „Das macht Wissenschaft zum ersten Mal wirklich greifbar“, sagt Lippert. „Meine Kinder haben am Wochenende die Planeten im Gespräch mit dem Space Companion gelernt.“

Herausforderungen: Infrastruktur, Daten und Sicherheit

Auch wenn die genannten Use Cases Erfolgsbeispiele zeigen, sind Unternehmen, die KI einsetzen wollen, klarerweise auch mit Herausforderungen konfrontiert. Diese unterscheiden sich je nachdem, wie weit die „KI-Maturität“ der Unternehmen fortgeschritten sei, erläutert Lippert. Für jene, die schon Use-.Cases erprobt haben, gehe es nun um den großflächigen Rollout. Dabei offenbaren sich klassische Herausforderungen: „Integration in Legacy-Systeme, Datenstrategie, Datenarchitektur, Sicherheit – all das darf man nicht unterschätzen“, sagt Lippert.

“Eine große Herausforderung für Unternehmen ist auch die Frage: Wer sind wir überhaupt?”, ergänzt Steirer. Unternehmen müssten sich fragen, ob sie eine KI-Firma seien, ein Software-Entwicklungsunternehmen oder ein reines Fachunternehmen. Daran anschließend ergeben sich dann Folgefragen: „Muss ich selbst KI-Modelle trainieren oder kann ich auf bestehende Plattformen aufsetzen? Was ist meine langfristige Strategie?“ Er sieht in dieser Phase den Übergang von kleinen Experimenten über breite Implementierung bis hin zur Institutionalisierung von KI im Unternehmen.

Langfristiges Potenzial heben

Langfristig stehen die Zeichen stehen auf Wachstum, sind sich Lippert und Steirer einig. „Wir überschätzen oft den kurzfristigen Impact und unterschätzen den langfristigen“, sagt die Microsoft-Expertin. Sie verweist auf eine im Juni präsentierte Studie, wonach KI-gestützte Ökosysteme das Bruttoinlandsprodukt Österreichs deutlich steigern könnten – und zwar um etwa 18 Prozent (brutkasten berichtete). „Das wäre wie ein zehntes Bundesland, nach Wien wäre es dann das wirtschaftsstärkste“, so Lippert. „Wir müssen uns klar machen, dass KI eine Allzwecktechnologie wie Elektrizität oder das Internet ist.“

Auch Steirer ist überzeugt, dass sich für heimische Unternehmen massive Chancen eröffnen: “Ich glaube auch, dass wir einfach massiv unterschätzen, was das für einen langfristigen Impact haben wird”. Der Appell des Nagarro-Experten: „Es geht jetzt wirklich darum, nicht mehr zuzuwarten, sondern sich mit KI auseinanderzusetzen, umzusetzen und Wert zu stiften.“


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