23.03.2022

Erster Circular Economy Summit Austria ging mit über 600 Teilnehmer:innen über die Bühne

Am Dienstag hat Österreichs erster Circular Economy Summit in Wien stattgefunden. Pioniere präsentierten ihre Ideen und konkreten Lösungsvorschläge für eine regenerative Kreislaufwirtschaft von morgen.
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Ein elementarer Schlüssel in der Bekämpfung der Klimakrise stellt die Kreislaufwirtschaft dar. Die globalen Treibhausgasemissionen sind nämlich zu rund 50 Prozent auf die Gewinnung und Verarbeitung von Ressourcen zurückzuführen. Und auch in Österreich gibt es noch immer großen Aufholbedarf. Zwar hat sich der Ressourcenverbrauch hierzulande in den Jahren von 2010 bis 2018 stabilisiert, allerdings auf einem sehr hohen Niveau. Der inländische Material­verbrauch lag 2018 bei 19 Tonnen pro Kopf und Jahr und liegt damit um fünf Tonnen über dem europäischen Durchschnitt. Ressourcen im Kreislauf zu führen, ist daher umwelt- und klimapolitisch von großer Bedeutung.

Erster Circular Economy Summit Austria

Damit dies gelingt, bedarf es allerdings eines nationalen Schulterschlusses zwischen Politik, Wirtschaft und Zivilgesellschaft. Daher hat das Bundesministerium für Klimaschutz (BMK) gemeinsam mit dem Kreislaufwirtschaftsbeauftragten Harald Friedl Österreichs ersten Circular Economy Summit ins Leben gerufen, der am Dienstag in der Aula der Wissenschaften in Wien und digital mit über 600 Teilnehmer:innen über die Bühne gegangen ist.

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Ziel der Veranstaltung war es, Pionier:innen der Kreislaufwirtschaft in Österreich vor den Vorhang zu holen, aus diesen best-practise Beispielen zu lernen und die Eckpunkte der neuen Kreislaufwirtschaftsstrategie für Österreich zu diskutieren. Führende CEOs haben dabei über die Bedeutung der Kreislaufwirtschaft für den Standort und ihre Unternehmen gesprochen. Rund 40 heimische Unternehmen und Organisationen haben zudem in einer “Kreislauf Messe” im Rahmen des Summit ihre Aktivitäten präsentiert. Darunter waren auch zahlreiche bekannte Startups aus Österreich, wie beispielsweise refurbed.

Kreislaufwirtschaftsstrategie der Regierung

Neben zahlreichen CEOs war auch Klimaschutzministerin Leonore Gewessler vor Ort und hat die Zielsetzung der bereits genannten Kreislaufwirtschaftsstrategie der Bundesregierung präsentiert. Im Rahmen des Circular Economy Summit Austria wurde dabei eine umfassende Diskussion darüber initiiert, wie der Ressourcenverbrauch gesenkt und die Kreislaufwirtschaft gestärkt werden kann.

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„Leider gehen wir noch viel zu verschwenderisch mit unseren wertvollen Ressourcen um. Das ist schlecht für unsere Umwelt und ist auch wirtschaftlich unvernünftig. Denn derzeit werden Produkte und Rohstoffe nur zu etwa zehn Prozent wiederverwertet. Die restlichen 90 Prozent werden am Ende ihres Lebenszyklus einfach entsorgt. Wir müssen eingesetzte Rohstoffe und Ressourcen viel stärker im Kreislauf führen – nur so können wir unsere Klimaschutzziele erreichen und Österreich zukunftsfit gestalten,“ so Klimaschutzministerin Leonore Gewessler.

In den vier besonderes ressourcenintensiven Bereichen Bauwesen, Textilien, Mobilität und Ernährung wurden zudem konkrete Beispiele für zukunftsorientierte Kreislaufwirtschaft präsentiert. Im Zentrum standen dabei Herausforderungen bei der Messbarkeit des zirkulären Wirtschaftens und Optionen für das Monitoring des Fortschritts. Die Teilnehmer:innen kamen dabei aus den verschiedensten Bereichen der Wirtschaft, der Forschung, der Politik und der Zivilgesellschaft und lieferten den Teilnehmer:innen praxisrelevante Inputs.

Für die technische Umsetzung des hybriden Events war der brutkasten verantwortlich. In den nächsten Wochen werden zudem über brutkasten Earth spannende Lösungen vorgestellt, die am Circular Economy Summit vor Ort waren.


Videotipp aus dem Archiv: Das sind die aktuellen Trends für Kreislaufwirtschaft

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Wiener-Börse-CEO Christoph Boschan
Wiener-Börse-CEO Christoph Boschan | Foto: brutkasten / Wiener Börse (Hintergrund)

Die neue EU-Kommission steht. Hierzulande laufen dagegen nach wie vor die Regierungsverhandlungen zwischen ÖVP, SPÖ und NEOS mit ungewissem Ausgang. Währenddessen kommt nicht nur Österreich nicht aus der Rezession heraus und auch die Prognosen bleiben tendenziell negativ. Begleitet wird das Szenario von einer Häufung an dramatischen Appellen und Forderungen nach umfassenden Änderungen in der Wirtschaftspolitik.

Wie steht es wirklich um Österreich und die EU? Was sind nun die drängendsten Maßnahmen? brutkasten geht diesen Fragen gemeinsam mit führenden Köpfen der heimischen Innovationsszene nach, darunter etwa FFG-Geschäftsführerin Henrietta Egerth, mit PlanRadar-Co-Founder Sander van de Rijdt und mit Storebox-Co-Founder Johannes Braith.

Zum Thema Kapitalmarkt haben wir nun bei Christoph Boschan, CEO der Wiener Börse, nachgefragt.


brutkasten: Die Regierungsverhandlungen befinden sich in der entscheiden Phase. Was sind die wichtigsten Maßnahmen, die in Österreich umgesetzt werden sollten, um Kapitalmarkt und Börse zu stärken?

Christoph Boschan: Die schnellste und einfachste Maßnahme wäre die Wiedereinführung der Behaltefrist für Wertpapiere bzw. die Einführung eines Vorsorgedepots. Das lag alles fix fertig auf dem Tisch und stand im letzten Regierungsprogramm.

Gewichtiger wäre eine bessere Abstimmung des Pensionssystems auf den Kapitalmarkt, also eine teilweise Veranlagung der ersten Säule am Aktienmarkt. Da spreche ich übrigens nicht mit dem reinen Blick durch die “Kapitalmarkt-Brille”. Das würde zugleich den Staatshaushalt entlasten und die Pensionsfinanzierung nachhaltig absichern und Geld für die Innovations- und Wachstumsfinanzierung bereitstellen.

Sie haben in einem brutkasten-Studiotalk im September gefordert, “zentrale, mächtige, große Kapitalsammelstellen zu errichten”. Was genau verstehen Sie darunter, beziehen Sie sich primär auf Pensionsfonds oder verstehen Sie das Konzept breiter?

In der teilweisen Veranlagung der ersten Säule am Kapitalmarkt liegt tatsächlich das größte Potenzial, ein bis zwei Prozent machen hier auf einige Jahre gesehen bereits viel aus. Die zweite Säule könnte mit einer verpflichtenden betrieblichen Vorsorge gestärkt werden. Oder man kreiert einen Staatsfonds nach norwegischem Vorbild.

Abseits davon gibt es in Österreich 330 Mrd. Euro an niedrigverzinstem privatem Kapital, die nicht nur keine Rendite abwerfen, sondern den Unternehmen auch bei der Innovationsfinanzierung fehlen. Die Liste an Möglichkeiten ist lang, wie auch jene der schon existierenden Blaupausen in Europa.

Welche Maßnahmen bräuchte es konkret? Welche dieser Schritte können in Österreich gesetzt werden und welche nur auf europäischer Ebene?  

Die entscheidenden Schalthebel sind tatsächlich bei den Nationalstaaten. Vorlagen, die für den österreichischen Anwendungsfall angepasst werden können, gibt es genug. Norwegen mit dem Staatsfonds, Schweden mit der teilweisen Veranlagung der Pensionen am Kapitalmarkt, die Schweiz mit der verpflichtenden betrieblichen Altersvorsorge. In Deutschland kommt nun das Vorsorgedepot mit steuerbegünstigter Wertpapierveranlagung. Alles, was eine zu befürwortende Harmonisierung betrifft, etwa beim Gesellschafts-, Insolvenz- und Steuerrecht, ist auf EU-Ebene zu lösen.

Stichwort EU-Ebene. Sie sprechen auch oft von der “unvollendeten Kapitalmarktunion”. Was müsste aus Ihrer Sicht geschehen, um diese Kapitalmarktunion zu vollenden?

Das deckt sich mit den zuvor diskutierten Ansätzen, die jedoch in der langen Liste der – grundsätzlich zu befürwortenden – Ziele der Kapitalmarktunion nur unzureichend adressiert werden können, da derzeit die großen Kapitalsammelstellen nur durch die Mitgliedsstaaten geschaffen werden können. Ohne große Kapitalsammelstellen werden wir die europäische Konkurrenzfähigkeit nicht entscheidend ankurbeln können.

Inwiefern können Kapitalreserven in privaten Altersvorsorgesystemen oder Pensionsfonds als „Treibstoff“ für tiefe und liquide Märkte dienen? 

Indem sie in börsennotierte Unternehmen investieren. Damit schaffen wir die besagten großen Liquiditätspools bzw. Kapitalsammelstellen. Die Unternehmen haben somit eine umfassendere Kapitalquelle für Innovation und Wachstum. Das erklärt auch, warum wir in Europa mit Abwanderung von Listings in Richtung USA zu kämpfen haben. Wachstumsorientierte Unternehmen gehen dorthin, wo sie potenziell das meiste Kapital bekommen können.

Wenn wir wollen, dass das nächste Google, Meta oder Amazon aus Europa kommt, müssen wir hier anpacken. Volkswirtschaften mit entwickelten Kapitalmärkten wachsen schneller und erholen sich rascher von Krisen.

Sie haben bereits angesprochen, dass die nun scheidende Regierung die Wiedereinführung der Behaltefrist für Aktien im Regierungsprogramm vereinbart hatte, ohne sie dann tatsächlich umzusetzen. Für wie wichtig – verglichen mit anderen Möglichkeiten, Anreize zu schaffen – wäre diese Maßnahme, um die private Vorsorge über die Börse attraktiver zu gestalten?

Ich bin immer dafür, Individuen zu ermächtigen und zu stärken und genau das macht die Behaltefrist. Die Befreiung von der KESt (Kapitalertragssteuer) für die langfristige Altersvorsorge ist als Anreiz nicht zu unterschätzen. Sie ist längst überfällig.

Versteuertes Arbeitseinkommen wird in Unternehmen investiert, diese schütten mit Körperschaftsteuer besteuerten Gewinn aus, auf den nochmal 27,5 Prozent geltend werden. Diese steuerliche Eskalation ist immens. Wer vorausschauend agiert und für sein Alter vorsorgt, sollte dringend entlastet werden.

Sie vertreten mit der Wiener Börse die österreichische Nationalbörse. Aktuell kursieren einige Vorschläge, die einen anderen Bereich, nämlich den vorbörslichen Kapitalmarkt betreffen und diese attraktiver machen sollen, etwa die Schaffung eines Dachfonds, der in bestehende Venture-Capital-Fonds investiert, oder einen Beteiligungsfreibetrag für Business Angels und andere private Kapitalgeber. Wie blicken Sie darauf?

Ich halte Ansätze, die Innovation, junges Unternehmertum und Wachstum fördern immer für begrüßenswert. Von jungen Unternehmen, die am Beginn ihrer Reise mit genügend Kapital ausgestattet werden, wird in weiterer Folge auch die Börse, die am oberen Ende der Finanzierungsstufen steht, profitieren.


Aus dem Archiv: Christoph Boschan im brutkasten-Studiotalk (September 2024):


Aus dem brutkasten-Printmagazin: Warum ein Börsengang nicht nur etwas für Großkonzerne ist


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