02.12.2021

Erste Private Capital: “Wir unterstützen Scaleups mit Anschlussfinanzierung”

Interview: Die Erste Private Capital strebt ein Fondsvolumen von 100 Mio. Euro an und hat mit Ralf Kunzmann einen Startup-Investment-Profi geholt.
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Ralf Kunzmann leitet die Erste Private Capital © Erste Group
Ralf Kunzmann leitet die Erste Private Capital © Erste Group

Du hast den aws Gründerfonds aufgebaut – einer der wichtigsten Player im österreichischen Startup-Ökosystem, der sehr viele bekannte Startups mitfinanziert hat. Was hat dich an dem Job bei der Erste Group so gereizt, dass du gewechselt hast?

Ralf Kunzmann: In den letzten 10 Jahren hat sich die österreichische Investoren-Landschaft deutlich zum Positiven verändert. Ich bin 2013 angetreten, um mit dem aws Gründerfonds das Marktversagen in der Frühphasenfinanzierung auszugleichen und einen Impulsgeber aufzubauen, der privates Kapital mobilisiert und die österreichische Technologie-Finanzierungs-Landschaft belebt. In den vergangenen neun Jahren hat der aws Gründerfonds ein Portfolio von rund 40 Unternehmen aufgebaut, 340 Mio. Euro investiert und 18 sehr erfolgreiche Exit realisiert -das nicht nur gemeinsam mit internationalen VC-Fonds, sondern auch mit vielen neuen österreichischen Early Stage-Fonds. Damit ist die ursprüngliche Aufgabe erfüllt. Inzwischen gibt es in Österreich natürlich wesentlich mehr Startups und Technologieunternehmen, die Geld in der Frühphase brauchen, da kann und soll meines Erachtens der Staat mit der aws auch weiterhin eine Rolle spielen. Das große Geld fehlt in Österreich allerdings heute in der Later Stage und Growth Phase, da werden wir mit EPC (Erste Private Capital, Anm.) ein Angebot machen.

Du leitest jetzt die Erste Private Capital – was sind die Aufgaben und Ziele dieser neu geschaffenen Gesellschaft?

Kunzmann: Mit der Erste Private Capital bündelt die Erste Group alle Private Equity Aktivitäten in einer Gesellschaft und verfolgt gegenwärtig eine duale Strategie. Zum einen gibt es eine Fund-of-Fund-Initiative und andererseits einen Fonds für Direct-Investments. Das ist kein klassischer Corporate Venture Fund. Die Erste Group ist dabei Sponsor und wichtiger Cornerstone-Investor, das Fondsvolumen wird aber im kommenden Jahr neben der Erste vor allem von Institutionellen und qualifizierten Privatinvestoren bereitgestellt werden.

Welche Summen nimmt die Erste Group da in die Hand?

Kunzmann: Wir streben ein Fondsvolumen von 100 Mio. Euro an und werden ein Angebot mit großen Tickets für wachstumsstarke Technologieunternehmen in der Later Stage und Wachstumsphase machen. Das können zB entweder sog, Scaleups sein oder aber etablierte Unternehmen, die ihr erfolgreiches Geschäftsmodell an die sich immer rascher ändernden Umfeldbedingungen anpassen und transformieren wollen. 2022 steht zwar im Zeichen des Fundraising, wir sind allerdings über ein Warehousing bereits heute voll handlungsfähig und erwarten in den nächsten Monaten bereits erste Investments.

Wie sieht eure Investmentstrategie genau aus?

Kunzmann: Wir positionieren die EPC als starken österreichischen Wachstumsfinanzierer, der branchenübergreifend in Österreich und CEE investiert. Wir unterstützen Scaleups mit Anschlussfinanzierung ab der Series A bei der Realisierung ihrer Internationalisierungsschritte und halten Growth-Financing für etablierte Unternehmen bereit, die jetzt an der Digitalisierungsschwelle stehen und ihre profitablen Geschäftsmodelle transformieren wollen und dafür Kapital benötigen. Wir sind ein starker und längerfristiger Partner und haben dafür einen Multi-stage-Ansatz gewählt: wir begleiten unserer Portfoliounternehmen über mehrere Phasen ihrer Entwicklung und halten Kapital für die Teilnahme an mehreren Finanzierungrunden bereit.

Unsere Investments sind stark unternehmerisch geprägt, dh wir bringen in unsere Portfoliounternehmen neben Kapital auch Expertise beim Auf- und Ausbau von Technologieunternehmen und ein starkes und belastbares Netzwerk zu österreichischen und internationalen Co-Investoren ein, ohne ins operative Tagesgeschäft einzugreifen. Ein unternehmerischer Beteiligungsansatz heißt für mich aber auch, zukunftsgerichtete Technologie „richtig“ im Sinne von verantwortungsvoll einzusetzen. Bei all unseren Aktivitäten spielen Zukunftsthemen eine wichtige Rolle und ESG-Leitlinien sind daher in unserer Wertschöpfungskette durchgängig, nachvollziehbar und transparent abgebildet.

Plant ihr auch Co-Investments mit Private-Banking-Kunden?

Wir werden beim Fundrasing neben institutionellen Investoren auch qualifizierte Privatanleger adressieren. Es ist daher keineswegs ausgeschlossen, dass sich im darunter auch Private Banking Kunden befinden können.

Ralf Kunzmann in brutkasten backstage

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Andreas Grassauer, CEO Marinomed.
(c) Marinomed - Andreas Grassauer, CEO Marinomed

Beim Landesgericht Korneuburg fand heute, am 14. November 2024, die Sanierungsplantagsatzung im Sanierungsverfahren ohne Eigenverwaltung über die Marinomed Biotech AG statt. Ohne Gegenstimme haben die Gläubiger den Sanierungsplan angenommen.

Im August dieses Jahres meldete das Korneuburger (NÖ) Biotech-Unternehmen Marinomed Insolvenz an. Grund dafür waren Umsatzrückgänge und Verluste in Millionenhöhe – brutkasten berichtete.

Damals hieß es vom Unternehmen: „Anlass der Antragstellung ist, dass die kurzfristig benötigten Finanzmittel zur Sicherstellung der Liquidität der Gesellschaft nicht planmäßig aufgebracht werden konnten und eine Zahlungsunfähigkeit droht.“

Was der Sanierungsplan vorsieht

Nach Aussage des Kreditschutzverbands von 1870 (KSV1870) sieht der Sanierungsplan für Marinomed insgesamt 30 Prozent vor, zahlbar in fünf Raten über einen Zeitraum von zwei Jahren ab Annahme. Für den Fall weiterer erfolgreicher Sanierungs- und Reorganisationsmaßnahmen könnte noch eine sogenannte „Superquote“ von bis zu sieben Prozent, abhängig vom jeweiligen Erfolg, an die Gläubiger fließen.

Weiter heißt es vom KSV1870, dass insgesamt 98 Gläubiger Forderungen in Höhe von rund 31 Mio. Euro angemeldet haben, welche in einer Summe von rund 30 Mio. Euro auch anerkannt wurden.

„Mit der Annahme des Sanierungsplans wurde nunmehr ein Grundstein in Richtung Sanierung des Unternehmens gesetzt. Es obliegt der Schuldnerin, die vereinbarte Quote in den nächsten beiden Jahren auch zu erfüllen“, sagt Peter Stromberger vom KSV1870 zum Sanierungsplan.

Bis 2023 Rekordumsätze für Marinomed

Erst im Frühling 2023 verlautbarte Marinomed, das umsatzstärkste erste Quartal in der Unternehmensgeschichte erzielt zu haben: 3,3 Mio. Euro Umsatz. Es folgte ein deutlicher Einbruch und ein Verlust von 6,8 Mio. Euro. Anfang 2024 standen nur mehr 0,7 Mio. Euro zu Buche.

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