20.03.2019

Globale Erfolgsgeschichten: Mit Bootstrapping zum Big Player

Es ist eine alte Geschichte. Ein Unternehmer hat eine Idee und findet einen ebenso begeisterten Investor für sein Vorhaben. Aber: Nicht jede Succcess-Story folgt diesen klassischen Regeln. Hier ein paar Beispiele, bei denen Bootstrapping zum Erfolg führte.
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Bootstrapping, GoPro, GitHub, Craigslist, Woodman, Newmark, kartenmacherei, Behn, Grußkarten, Fremdkapital
Deloitte Steuertipps für Unternehmen | (c) vege-fotolia -

Nick Woodman wurde mit Bootstrapping zum Milliardär. Doch bevor sich der Erfolg beim US-Amerikaner einstellte, hatte er gleich mit zwei “Failures” zu kämpfen. Sein erstes Startup “EmpowerAll.com” hatte zum Ziel, Elektronik für nicht mehr als zwei Dollar Preisaufschlag an Kunden zu bringen. Die Plattform hielt nicht lange. Der zweite Versuch, der ebenfalls scheiterte, ebnete jedoch den Weg für Woodman, zu einem der erfolgreichsten Entrepreneure der Welt zu werden.

+++ Braintribe-Founder Stefan Ebner über seine Fehler auf dem Weg zum Erfolg +++

Inspiration beim Wellenreiten

1999 gründete er die Marketing- und Gaming-Plattform Funbug. Für dieses Projekt gelang es dem Founder sogar, 3,9 Millionen US-Dollar an Investment-Kapital zu ergattern. Zwei Jahre später musste Woodman allerdings auch sein zweites Unternehmen begraben. Es mangelte an Kundennachfrage.

Der heute 43-Jährige zog sich aus seinem Umfeld zurück und wollte bei einem Surftrip nach Australien und Indonesien seinen Kopf klären. Dort fand er Inspiration.

Über eine Milliarde US-Dollar Umsatz

Er sah, dass sich bei anderen Surfern die an Handgelenken festgebundenen Kameras immer wieder lösten. So griff er auf sein Erspartes und auf finanzielle Unterstützung seiner Mutter zurück und gründete “Woodman Labs”, das später zu GoPro wurde.

Mittels Bootstrapping baute er das Unternehmen zehn Jahre lang auf, bis es 2012 vom Auftragsfertiger Foxconn mit 200 Millionen US-Dollar Kapital ausgestattet wurde. Im Jahr 2017 erzielte GoPro einen Umsatz von rund 1,18 Milliarden US-Dollar.

Pro Monat 50 Milliarden Page-Visits

Craigslist von Craig Newmark ist ein weiteres Beispiel eines Unternehmens, das durch Bootstrapping groß wurde. Es begann damit, dass der Entrepreneur 1995 die Idee hatte, per E-Mail-Newsletter seine Freunde rund um San Francisco über Events am Laufenden zu halten. Zwei Jahre später verzeichnete die Plattform über eine Million Page Views pro Monat.

Im Jahr 2004 kaufte eBay 28 Prozent des Unternehmens für 32 Millionen US-Dollar. Es folgten jedoch rechtliche Streitereien mit der mitbeteiligten Firma und Newmark kaufte schließlich die Anteile zurück. Eigenen Angaben nach gibt es heutzutage rund 50 Milliarden Seitenaufrufe und 80 Millionen Anzeigen im Monat. Laut einer Schätzung von Forbes liegt der jährliche Umsatz von Craigslist bei 500 Millionen US-Dollar.

Zuerst Bootstrapping, dann Verkauf an Microsoft

Auch die “Software-Development-Plattform” GitHub konnte durch Boostrapping immense Erfolge verzeichnen. 2008 von Tom Preston-Werner, Chris Wanstrath, und PJ Hyett gegründet, zeigte sich das Startup von Anfang an profitabel.

Mit nur wenigen Tausend US-Dollar Eigenkapital gelang es dem Team (ohne Büro), in Einzelarbeit und aus Coffeshops heraus 2012 ein 100 Millionen US-Dollar Investment der Risikokapitalfirma Andreessen Horowitz zu lukrieren. 2018 kaufte der US-amerikanische Softwarekonzern Microsoft GitHub und legte dafür 7,5 Milliarden US-Dollar auf den Tisch.

Zwei Jahre lang ohne neue Hose

Doch nicht nur Silicon Valley weiß, wie es geht. Im deutschsprachigen Raum zählt die kartenmacherei zu einem der Musterbeispiele in Sachen Boostrapping. Das bayerische Unternehmen wurde 2010  gegründet und hat im Vorjahr, laut eigenen Angaben, einen Umsatz von 40 Millionen Euro geschafft. Im Gespräch mit dem brutkasten erklärt Gründer Christoph Behn seinen Weg und was es bei der Eigenfinanzierung zu beachten gilt.

“Wenn man bootstrappt, ist vor allem die Anfangsphase von Entbehrungen geprägt. Jeder Cent, den man verdient, muss in das Startup zurückfließen. Aber: Wer schlau reinvestiert, sieht sein Unternehmen wachsen – Schritt für Schritt. Bootstrapping ist ein extrem guter Weg, um ein Startup auf gesunden Wachstumskurs zu führen”, sagt Behn. Er erinnert sich an die großen Einschränkungen am Anfang, die seine Frau Jennifer und er durchmachen mussten: Keine Reisen, Einkauf beim Discounter und zwei Jahe lang ohne neue Hose.

Start mit 60.000 Euro Eigenkapital

Der Gründer des digitalen Grußkarten-Produzenten ist trotz der anfänglichen Entbehrungen weiterhin überzeugter Boostrapper und meint, dass ihm 100 Prozent Anteil an der eigenen Company deutlich mehr Wert wären, als ein 1%-Anteil an einem von Geldgebern dominierten Milliardenunternehmen.

“Ich wollte frei entscheiden können und mich nicht nach den Vorstellungen und Wünschen von Investoren richten. Ich habe die kartenmacherei vor neun Jahren mit einem Startkapital von 60.000 Euro gegründet. Obwohl ich durch die Jahre in der Beratung mit einem gewissen finanziellen Polster ausgestattet war, hat das Ersparte auch bei mir nicht gereicht. Meine Familie hat mir finanziell den Rücken gestärkt und mir erlaubt, mich komplett auf den Aufbau meines Unternehmens zu konzentrieren”, sagt er.

Für Gründer, die mit dem Gedanken des Boostrapping spielen, hat er folgenden Rat parat: “Soweit es geht, sollten Gründer ihre eigene Zeit in den Unternehmensaufbau investieren, anstatt Dienstleister zu bezahlen. Wenn man bootstrappt, sollten nur ‘kriegsentscheidende’ Aufgaben outgesourct werden, wenn man als Gründer sie selbst nicht in der nötigen Qualität erledigen kann”.

Nicht zu früh skalieren

Ein weiterer Vorteil der Eigenfinazierung wäre, dass das begrenzte Kapital dazu zwinge, sich von Anfang an auf das Wesentliche zu fokussieren. “Es treibt dich an, erst dann zu skalieren, wenn du dein Business-Model, dein Produkt und deine Prozesse ganz nah am Kunden optimiert hast”, so Behn weiter.

“Ich kann nur davor warnen, zu früh und zu schnell zu skalieren. Wer zu sehr auf das große Geld schielt, verliert den Kern des Erfolgs aus den Augen: nämlich ein sinnvolles Geschäftsmodell aufzubauen. Dieses Ungleichgewicht holt einen früher oder später ein”.

Kein Unicorn, aber…

Aktuell plant Behn, seine Erfahrung und Infrastruktur dazu zu nutzen, neue Geschäftsmodelle auf den Markt zu bringen, “die – wie die kartenmacherei – ihre Industrien verbessern. Dazu haben wir vor ein paar Monaten den Company-Builder better gelauncht”, sagt er.

Behn hat nie an seiner Einstellung, auf kein Fremdkapital zurückzugreifen gezweifelt. Auch wenn es teilweise sehr schwierig war. Heute weiß er, was er an seiner Firma hat und spricht es überzeugt aus, was vielen Boostrappern immer wieder im Kopf herumschwirrt: “Wir sind vielleicht kein Unicorn, aber wenn einem 100 Prozent des eigenen Unternehmens gehören, ist das vollkommen nebensächlich”.

Redaktionstipps

⇒ kartenmacherei

⇒ GoPro

⇒ GitHub

⇒ Craigslist/Vienna

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Bidirektionales Laden eröffnet für E-Autos weitreichende Möglichkeiten, die weit über die klassische Nutzung als Fortbewegungsmittel hinausgehen. Mit dieser Technologie können Elektrofahrzeuge nicht nur Energie aus dem Netz beziehen, sondern auch gespeicherten Strom wieder zurückspeisen. Dadurch werden sie zu mobilen Energiespeichern, die flexibel in verschiedene Szenarien eingebunden werden können – so zumindest in der Theorie. In der Praxis ist bidirektionales Laden in Österreich jedoch noch Zukunftsmusik. Ein neues Forschungsprojekt, an dem das Wiener Startup kW-Solutions beteiligt ist, möchte das nun ändern.

Bidirektionales Laden: Innovationsbedarf in Österreich

Das von der Österreichischen Forschungsförderungsgesellschaft (FFG) unterstützte Projekt Interoperable Communication for Bidirectional Charging (ICBC) hat sich zum Ziel gesetzt, die technischen und formalen Hürden von bidirektionalem Laden zu überwinden.

kW-Solutions-Gründer Korbinian Kasinger erläutert: “Es braucht jemanden, der den Vehicle-to-Grid-Prozess in Österreich durchmoderiert – sowohl technisch als auch formell“, so Kasinger​. Eine Herausforderung ist etwa die Zertifizierung des zurückgespeisten Stroms. “Bei einer PV-Anlage weiß man, dass es Grünstrom ist. Bei Autobatterien ist das nicht so einfach”, so der Gründer.

Technologisch ermöglicht es der Vehicle-to-Grid-Prozess (V2G), Strom aus der Batterie zu entnehmen und zurückzuverkaufen oder dem Regelenergiemarkt zur Verfügung zu stellen. Das ICBC-Projekt soll genau diese Möglichkeiten ausloten und zur Marktreife bringen​.

Das Konsortium hinter ICBC

Hinter dem ICBC-Projekt steht ein Konsortium aus kW-Solutions, der Technischen Universität Wien (TU Wien), Forschung Burgenland und KEBA​. Während die TU Wien für die Entwicklung von Kommunikationsschnittstellen sorgt, untersucht Forschung Burgenland die ökonomischen Vorteile von V2G. KEBA bringt seine Expertise in der Entwicklung von Ladeinfrastruktur-Hardware ein​.

kW-Solutions selbst arbeitet an einer flexiblen Software-Architektur, die V2G-Technologie effizient ins bestehende Netz integrieren soll. Das 2021 gegründete Startup hat sich auf die Bereitstellung intelligenter Ladelösungen für Elektrofahrzeuge spezialisiert.

Ein zentrales Produkt ist die Energiemanagement-Software “Charly”, die speziell für Mehrparteienanlagen entwickelt wurde, um ein effizientes Lastmanagement und eine automatisierte Verrechnung zu ermöglichen. 2023 konnte das Startup eine sechsstellige Finanzierungsrunde abschließen und FSP Ventures für sich gewinnen (brutkasten berichtete). Das Family Office ist an zahlreichen bekannten österreichischen Startups beteiligt, darunter Woom, Agrobiogel, Ecop Technologies oder Swimsol.

Pilotprojekte als nächster Schritt

Das ICBC-Projekt ist auf zwei Jahre angelegt und soll erste Antworten auf diese Fragen liefern. “In ein bis zwei Jahren werden wir valide Pilotprojekte in Österreich starten“, so Kasinger​. Ein flächendeckender, standardisierter Einsatz von V2G könnte allerdings noch drei bis fünf Jahre dauern​.

Das ICBC-Projekt legt laut Kasinger großen Wert auf praxisnahe Lösungen. In sechs Arbeitsbereichen werden nun Use-Cases, Schnittstellen und Systemarchitekturen entwickelt, um die Marktfähigkeit sicherzustellen​. Bidirektionales Laden könnte laut dem Gründer für Österreich nicht nur die Elektromobilität attraktiver machen, sondern auch zur Stabilisierung des Stromnetzes beitragen.


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