01.12.2023

Grazer Startup Enzyan: “Wir wollen der weltweite Go-to-Partner für Multi-Enzymprozesse werden”

Das Grazer BioTech Startup Enzyan entwickelt Herstellungsprozesse für die chemische Industrie, die bis zu 85 Prozent weniger Kosten und 73 Prozent weniger Abfall verursacht. Damit soll die “chemische Industrie endlich grüner werden”. Unterstützt wird Enzyan von der Austria Wirtschaftsservice (aws).  
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Stefan Payer, CEO von Enzyan (c) Lukas Elsnegg / Uni Graz
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Die chemische Industrie muss grüner werden. Und zwar nicht nur, weil uns beim Gedanken an die Industrie häufig das Symbol eines rauchenden Schornstein-Schlotes ins Gedächtnis kommt. Sondern auch deshalb, weil die Industrie zur Herstellung von Chemikalien rund 258 Millionen metrische Tonnen CO2 pro Jahr ausspuckt. Das verrät uns Stefan Payer, Mitgründer und CEO des Grazer BioTech Startups Enzyan, im Interview.

Industrie spuckt 12,9 Millionen Tonnen mehr CO2 aus als der Verkehr

Dass die chemische Industrie durchaus als die Achillesferse der CO2-Emittenten in Österreich bezeichnet werden kann, zeigt das Umweltbundesamt Österreich: Die Gesamtemissionen des Energie- und Industriesektors beliefen sich 2021 auf 34,5 Millionen Tonnen CO2-Äquivalente. Der Verkehr verursachte hingegen “nur” 21,6 Millionen Tonnen.

Fakt ist: Die chemische Industrie muss umweltfreundlicher werden, um Umwelt, Mensch und Gesundheit nicht noch mehr Schaden zuzufügen. Hier setzt die Idee des Startups Enzyan aus Graz an: Das Spin-off der Karl-Franzens-Universität verwendet Enzyme, um Produkte der chemischen Industrie schneller und effizienter zusammenzubauen.

Enzymprozess spart Energie, Kosten und Zeit

Chemikalien werden, laut CEO Stefan Payer, in der chemischen und pharmazeutischen Industrie unter anderem zur Herstellung von Medikamenten verwendet. Einige Produktionsprozesse sind aber sehr ressourcenintensiv: “Besonders die konventionelle Herstellung von größeren Molekülen, zum Beispiel Wirkstoffen, geht nur stufenweise voran. Je mehr Stufen man braucht, um Moleküle herzustellen, umso mehr Energie-, Kosten- und Zeitressourcen fallen an. Und dementsprechend umso mehr Abfälle und CO2-Emissionen”, sagt Payer.

Der Chemiker hat gemeinsam mit seinem fünfköpfigen Gründerteam die Enzyan Biocatalysis GmbH im März 2022 gegründet. “Das Gründerteam zeigt Expertise an der Schnittstelle von Chemie und Biotechnologie und ist mit einem starken Know-how in der Wissenschaft aufgestellt”, erklärt Payer. Aktuell nimmt Enzyan primär Aufträge für Partner:innen aus der Industrie an. 

“Mit Enzymen können wir die Herstellung von Molekülen für die Industrie vereinfachen und mehrere Prozessschritte vereinen”, erklärt Payer dem brutkasten. “Dafür nutzen wird das Verfahren der Biokatalyse. Dieses Verfahren hat sehr viele operative Vorteile im Vergleich zur konventionellen Herstellung. So können wir Moleküle auch bei milderen Reaktionsbedingungen – also bei Normaldruck und -temperatur und in Wasser herstellen. Viele konventionelle Verfahren sind da viel aufwendiger und benötigen Hochdruck oder Temperaturen um die 150 Grad Celsius oder problematische erdölbasierte Lösungsmittel.” Die von Enzyan hergestellten Moleküle können dann unter anderem “weiter in eine Pille verarbeitet werden, die dann tatsächlich am Patienten verabreicht werden kann”, so Payer. 

Enzyan verringert Prozesskosten um 85 Prozent

Basierend auf ihrem ersten Prototypen für die Herstellung eines Wirkstoffmoleküls gegen Depressionen soll das Biokatalyse Verfahren von Enzyan 85 Prozent der Prozesskosten sparen,  73 Prozent weniger Abfall verursachen und den Prozess von fünf Verfahrensschritten auf nur einen verkürzen. Das Verfahren des Grazer BioTech Startup produziert somit nur rund ein Viertel des Abfalls, wie er im herkömmlichen Prozess der Wirkstoffproduktion entsteht. Ein wichtiger Schritt, um der chemischen Industrie auf dem Weg in Richtung Klimaneutralität zu helfen. 

“Im stufenartigen Aufbauprozess von Molekülen fällt Abfall an und es sind viele Aufreinigungsmethoden notwendig, was wieder viel Zeit und Geld benötigt. Unser Ziel ist es, Prozesse für die Herstellung von Molekülprodukten mit Enzymen so zu gestalten, dass keine Zwischenschritte mehr gebraucht werden”, führt Payer weiter aus. Nach weiterer Entwicklung des Business Modells soll das Produktionsverfahren ausgelagert werden, “damit Industriebetriebe diese Produkte mit deren Anlagen herstellen können”, erklärt Payer. 

“Die aws ist ein Partner, nicht nur ein Kontrollorgan”

Vor und in seinen ersten Monaten hatte das Startup Enzyan vor allem unterstützende Leistungen der Austria Wirtschaftsservice GmbH (aws) in Anspruch genommen: “Dank der aws Pre-Seed DeepTech Förderung konnten wir seit September 2022 unsere Idee bis hin zu unserem Prototypen umsetzen. Außerdem bekamen wir reichlich Unterstützung bei der Erstellung unseres Patentantrages und dem Schutz des ersten Prozesskonzeptes”, erklärt Payer. Im Zuge dessen habe das Startup viel Unterstützung und Input zur Prüfung der Patentfähigkeit ihres Herstellungsprozesses bekommen. 

Die Zusammenarbeit mit der aws nimmt Payer als äußerst hilfsbereit und kooperativ wahr. “Der Antragsprozess war natürlich sehr herausfordernd, aber das ist gut. So werden auch wirklich nur Projekte gefördert, die auch gut evaluierbar sind. Die aws sieht sich als Partner für die Unternehmensentwicklung, nicht nur als Kontrollorgan. Jeder ist sehr offen, wenn sich Änderungen ergeben – sofern man das auch gut argumentieren kann. Die Partnerschaft verläuft definitiv auf Augenhöhe”, berichtet CEO Payer. 

Blick in die Zukunft: Expansion und Auslagerung der Produktion 

“Die aws hat uns schon relativ früh gefragt, wie es nach der Pre-Seed-Phase weitergehen soll. So wurden wir dazu motiviert, in verschiedene Richtungen zu schauen und alle Möglichkeiten mal durchzuchecken”, erinnert sich Payer. Dem ersten Multi-Enzymprozess sollen noch viele weitere folgen. Enzyan verfolgt deshalb das Ziel, die Prozessentwicklung weiter zu beschleunigen und die Zeit von der Idee bis zum Prototypen zu verkürzen. Dafür sei allerdings eine Automatisierung im Labor notwendig, erklärt Payer. “Experimente in der Entwicklung von neuen Enzymprozessen sollen in Zukunft mit Machine Learning unterstützt werden, um noch mehr Zeit, Energie und Ressourcen zu sparen. In diesem Aspekt wollen wir uns von unserer Konkurrenz unterscheiden”, so der Chemiker. 

“On the long run wollen wir der weltweite go-to Partner für Multi-Enzymprozesse werden”, erklärt CEO Payer die Vision des Startups. Jungunternehmen mit ähnlichem Wachstumsstreben rät das Team von Enzyan, sich intensiv mit dem Förderangebot in Österreich auseinanderzusetzen. “Gerade die Förderlandschaft für DeepTech Startups ist in Österreich außergewöhnlich”, bestärkt Stefan Steinberger, der Enzyan seit Dezember 2022 im Business Development unterstützt, und führt weiter aus: “Lasst euch nicht von der ersten Reaktion oder vom Feedback von Förderstellen abschrecken. Setzt das Feedback um. Förderstellen wie die aws sind Kooperationspartner, die euer Geschäftsmodell um Einiges weiterbringen.”


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Notariatskammer-Präsident Michael Umfahrer und notarity-CEO Jakobus Schuster | (c) ÖNK/Klaus Ranger Fotografie / notarity
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Es war eine Nachricht, die für viel Aufsehen in der heimischen Startup-Szene sorgte: Die Österreichischen Notariatskammer (ÖNK) klagte das Wiener Startup notarity, das seit 2022 eine Plattform für die Online-Durchführung notarieller Dienstleistungen betreibt. Mit dieser hat das Unternehmen nach eigenen Angaben rund ein Viertel der heimischen Notariate als Kunden. Damit steht das Startup auch in direkter Konkurrenz zur IT-Tochter der Kammer, die ebenfalls ein derartiges System anbietet.

Streitpunkt: Notarielle Dienstleistungen angeboten oder nur vermittelt?

In der Klage brachte die ÖNK mehrere Punkte ein, in denen das Geschäftsmodell von notarity ihrer Ansicht nach nicht den geltenden gesetzlichen Regelungen entspreche. Ein zentrales Argument war dabei, dass das Startup über seine Seite direkt notarielle Dienstleistungen anbietet und verrechnet. Dabei handle es sich aber lediglich um eine Vermittlung der besagten Dienstleistungen, die von Notariaten ausgeführt werden, argumentierte man bei notarity bereits damals und legte ein selbst in Auftrag gegebenes Gutachten vor.

In einigen weiteren beanstandeten Punkten setzte das Unternehmen noch vor Prozessstart Änderungen um. Dabei betonte CEO Schuster mehrmals öffentlich, dass man sich um eine außergerichtliche Einigung bemühe.

Zwei Hauptpunkte der ÖNK-Klage abgewiesen

Nach drei Verhandlungen bis Juni liegt nun das Urteil durch das Handelsgericht Wien vor. Das Urteil in erster Instanz ist noch nicht rechtskräftig. Dabei wurden die zwei Hauptpunkte der ÖNK-Klage abgewiesen, die das Kerngeschäft von notarity, die Vermittlung notarieller Dienstleistungen, betrafen. In einigen Unterpunkten, die konkrete Geschäftspraktiken, etwa Kostentransparenz und Werbung, betreffen, wurde der Kammer vom Gericht Recht gegeben. “Den sich aus der Stattgabe dieser Eventualbegehren ergebenden Änderungsbedarf hat notarity aber bereits weitgehend im vergangenen Winter umgesetzt”, heißt es dazu in einer Aussendung des Startups.

notarity-CEO Schuster: “Damit können wir unser Geschäft fortsetzen”

“Wir sind froh, dass das Handelsgericht Wien uns in allen für uns wesentlichen Punkten Recht gegeben hat. Damit können wir unser Geschäft fortsetzen”, kommentiert notarity-Co-Founder und CEO Jakobus Schuster.

Auch ÖNK sieht sich bestätigt

Doch auch die ÖNK sieht sich in einer Aussendung bestätigt. Das Handelsgericht habe die Rechtsansicht der ÖNK “in wesentlichen Punkten” bestätigt, heißt es dort. “Das Erstgericht hat wesentliche Elemente des Geschäftsmodells und des Werbeansatzes von Notarity für unzulässig erklärt”, heißt es von der Kammer. “Mit dem vorliegenden Urteil ist klar, dass das geltende Recht auch bei technischen Weiterentwicklungen von Tools im Bereich der Digitalisierung strikt zu beachten ist”, kommentiert ÖNK-Sprecher Ulrich Voit. Ob seitens der Kammer Berufung in den abgewiesenen Punkten eingelegt wird, wurde noch nicht bekanntgegeben.

notarity-Gründer äußert sich konsensorientiert

Grundsätzlich begrüße man die “Entwicklung von technischen Systemen zur weiteren Digitalisierung der Notariate”, sagt Voit aber. Auch notarity-CEO Schuster äußert sich konsensorientiert. Bedenken der Notariatskammer habe man von Anfang an ernst genommen “und die konstruktiven Hinweise von österreichischen Notaren für eine mögliche einvernehmliche Lösung dieser Angelegenheit und zum Teil auch zur weiteren Verbesserung unserer Dienste bereits vergangenen Winter umgehend umgesetzt”.

Schuster betont in seinem Statement auch einmal mehr den Wunsch, mit der Kammer doch noch auf einen grünen Zweig zu kommen: “Daher würden wir uns freuen, wenn die Kammer jetzt auch umgekehrt mit uns als Startup eine Gesprächsbasis findet, damit wir die Zukunft des Notariats gemeinsam gestalten können. Wir sind jederzeit offen für Dialog und Zusammenarbeit.”

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