06.12.2022

Energieeffizienz statt -verschwendung: In Obertauern wird der Verbrauch individualisiert

Um die Energieeffizienz in Österreich zu optimieren und Energieverschwendung zu verhindern, setzen Unternehmen auf Digitalisierung diverser, ortsspezifischer Daten.
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Im Skiort Obertauern soll durch ein Datensharing-Programm der Wärmebedarf exakt berechnet werden © KELAG Energie & Wärme
Im Skiort Obertauern soll durch ein Datensharing-Programm der Wärmebedarf exakt berechnet werden © KELAG Energie & Wärme

Der Winter ist gekommen, die Ski-Saison ist da und damit auch die Frage, wie Ortschaften möglichst energieeffizient durch die kalten Monate kommen. Im Skigebiet Obertauern im Salzburger Land soll mithilfe eines Projekts des Energiedienstleisters Kelag und des DeepTech-Startups nexyo eine Lösung für mehr Effizienz im Energiesektor entwickelt werden. Das Ziel: Energieeffizienz mithilfe eines Datenökosystems.

Individueller Energiebedarf im Tourismus

Obertauern ist ein beliebtes touristisches Skigebiet und dementsprechend von einem hohen Energiebedarf geprägt. Dieser Bedarf variiert allerdings je nach Wetterlage, Veranstaltungskalender oder touristischer Auslastung im Ort. Kelag und nexyo wollen für diesen individuellen Bedarf eine Lösung finden und verhindern, dass mehr Wärme in die Netze eingespeist wird, als letztendlich benötigt wird. Dafür wird auf ein Datensharing-Programm gesetzt – denn Digitalisierung sei laut Kelag einer der wichtigsten Hebel, um die Nachhaltigkeitsziele zu erreichen.

Durch Datenanalyse soll die Produktion in Obertauern angepasst werden. Gemeinsam mit nexyo und Upstream Mobility habe man daher ein Konzept erarbeitet, erklärt Kelag-Geschäftsführer Michael Wagner. Mit dem Datensharing-Programm von nexyo werde der Wärmebedarf nicht mehr nur auf Basis der Temperatur, sondern mithilfe vieler weiterer Indikatoren berechnet. “Es macht einen Unterschied, welcher Tag gerade ist, wie die Buchungslage im Ort ist sowie ob es zum Beispiel ein großes Konzert gibt. All diese Daten führen wir ab nun zusammen und sorgen so dafür, dass wir die zu erzeugende Energiemenge sehr viel exakter und bedarfsgerechter prognostizieren können”, so Wagner.

Sicherer Datenaustausch für Unternehmen

Auf diesem Wege könne nachhaltige Digitalisierung eine Steigerung des effizienten Ressourceneinsatzes und eine deutliche bessere Brennstoffprognose bringen. Besonders für Ortschaften wie Obertauern könne das von Vorteil sein. nexyo-CEO Lisa Höllbacher, die es 2022 auch auf die Liste der 30 unter 30 aus Österreich geschafft hat, erklärt ihre Arbeit dabei folgendermaßen:

“nexyo ist eine dezentral organisierte Daten-Infrastruktur-Technologie zum sicheren Datenaustausch für Unternehmen und Forschungseinrichtungen, bei dem man detailreich bestimmen kann, wer welche Daten zu welchen Konditionen nutzen kann. Man verliert nie die Kontrolle über die eigenen Daten und kann doch ihr volles Potential nutzen.”

Die notwendigen Daten werden dabei von relevanten Projektteilnehmer:innen gesammelt und ausgewertet. Für die Region Obertauern bedeutet das bspw. dass der Mobilfunkanbieter Drei, Österreich Werbung und die ZAMG die spezifisch angeforderten Daten zur Verfügung stellen.

Gespeichert und betreut werden diese Daten von Microsoft. “Dort, wo früher ausschließlich große Anbieter Daten und Infrastruktur gemanaged haben, können Partnerökosysteme heute über die eigenen Unternehmensgrenzen hinaus zusammenarbeiten und neue Vorteile schaffen”, erklärt Stefan Nussbaummüller, Enterprise Account Executive bei Microsoft. Beim Softwareanbieter sei man daher vom Zukunftsmodell der Plattformökonomie überzeugt und wolle mit der Cloud als intelligente Infrastruktur solche neuen Geschäftsmodelle ermöglichen.

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Doris Lippert (Microsoft | Director Global Partner Solutions und Mitglied der Geschäftsleitung) und Thomas Steirer (Nagarro | Chief Technology Officer)
Doris Lippert (Microsoft | Director Global Partner Solutions und Mitglied der Geschäftsleitung) und Thomas Steirer (Nagarro | Chief Technology Officer) | Foto: brutkasten

“No Hype KI” wird unterstützt von CANCOM Austria, IBM, ITSV, Microsoft, Nagarro, Red Hat und Universität Graz


Mit der neuen multimedialen Serie “No Hype KI” wollen wir eine Bestandsaufnahme zu künstlicher Intelligenz in der österreichischen Wirtschaft liefern. In der ersten Folge diskutieren Doris Lippert, Director Global Partner Solutions und Mitglied der Geschäftsleitung bei Microsoft Österreich, und Thomas Steirer, Chief Technology Officer bei Nagarro, über den Status Quo zwei Jahre nach Erscheinen von ChatGPT.

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„Das war ein richtiger Hype. Nach wenigen Tagen hatte ChatGPT über eine Million Nutzer”, erinnert sich Lippert an den Start des OpenAI-Chatbots Ende 2022. Seither habe sich aber viel geändert: “Heute ist das gar kein Hype mehr, sondern Realität“, sagt Lippert. Die Technologie habe sich längst in den Alltag integriert, kaum jemand spreche noch davon, dass er sein Smartphone über eine „KI-Anwendung“ entsperre oder sein Auto mithilfe von KI einparke: “Wenn es im Alltag angekommen ist, sagt keiner mehr KI-Lösung dazu”.

Auch Thomas Steirer erinnert sich an den Moment, als ChatGPT erschien: „Für mich war das ein richtiger Flashback. Ich habe vor vielen Jahren KI studiert und dann lange darauf gewartet, dass wirklich alltagstaugliche Lösungen kommen. Mit ChatGPT war dann klar: Jetzt sind wir wirklich da.“ Er sieht in dieser Entwicklung einen entscheidenden Schritt, der KI aus der reinen Forschungsecke in den aktiven, spürbaren Endnutzer-Bereich gebracht habe.

Von erster Begeisterung zu realistischen Erwartungen

Anfangs herrschte in Unternehmen noch ein gewisser Aktionismus: „Den Satz ‘Wir müssen irgendwas mit KI machen’ habe ich sehr, sehr oft gehört“, meint Steirer. Inzwischen habe sich die Erwartungshaltung realistischer entwickelt. Unternehmen gingen nun strategischer vor, untersuchten konkrete Use Cases und setzten auf institutionalisierte Strukturen – etwa durch sogenannte “Centers of Excellence” – um KI langfristig zu integrieren. „Wir sehen, dass jetzt fast jedes Unternehmen in Österreich KI-Initiativen hat“, sagt Lippert. „Diese Anlaufkurve hat eine Zeit lang gedauert, aber jetzt sehen wir viele reale Use-Cases und wir brauchen uns als Land nicht verstecken.“

Spar, Strabag, Uniqa: Use-Cases aus der österreichischen Wirtschaft

Lippert nennt etwa den Lebensmittelhändler Spar, der mithilfe von KI sein Obst- und Gemüsesortiment auf Basis von Kaufverhalten, Wetterdaten und Rabatten punktgenau steuert. Weniger Verschwendung, bessere Lieferkette: “Lieferkettenoptimierung ist ein Purpose-Driven-Use-Case, der international sehr viel Aufmerksamkeit bekommt und der sich übrigens über alle Branchen repliziert”, erläutert die Microsoft-Expertin.

Auch die Baubranche hat Anwendungsfälle vorzuweisen: Bei Strabag wird mittels KI die Risikobewertung von Baustellen verbessert, indem historische Daten zum Bauträger, zu Lieferanten und zum Bauteam analysiert werden.

Im Versicherungsbereich hat die UNIQA mithilfe eines KI-basierten „Tarif-Bots“ den Zeitaufwand für Tarifauskünfte um 50 Prozent reduziert, was die Mitarbeiter:innen von repetitiven Tätigkeiten entlastet und ihnen mehr Spielraum für sinnstiftende Tätigkeiten lässt.

Nicht immer geht es aber um Effizienzsteigerung. Ein KI-Projekt einer anderen Art wurde kürzlich bei der jüngsten Microsoft-Konferenz Ignite präsentiert: Der Hera Space Companion (brutkasten berichtete). Gemeinsam mit der ESA, Terra Mater und dem österreichischen Startup Impact.ai wurde ein digitaler Space Companion entwickelt, mit dem sich Nutzer in Echtzeit über Weltraummissionen austauschen können. „Das macht Wissenschaft zum ersten Mal wirklich greifbar“, sagt Lippert. „Meine Kinder haben am Wochenende die Planeten im Gespräch mit dem Space Companion gelernt.“

Herausforderungen: Infrastruktur, Daten und Sicherheit

Auch wenn die genannten Use Cases Erfolgsbeispiele zeigen, sind Unternehmen, die KI einsetzen wollen, klarerweise auch mit Herausforderungen konfrontiert. Diese unterscheiden sich je nachdem, wie weit die „KI-Maturität“ der Unternehmen fortgeschritten sei, erläutert Lippert. Für jene, die schon Use-.Cases erprobt haben, gehe es nun um den großflächigen Rollout. Dabei offenbaren sich klassische Herausforderungen: „Integration in Legacy-Systeme, Datenstrategie, Datenarchitektur, Sicherheit – all das darf man nicht unterschätzen“, sagt Lippert.

“Eine große Herausforderung für Unternehmen ist auch die Frage: Wer sind wir überhaupt?”, ergänzt Steirer. Unternehmen müssten sich fragen, ob sie eine KI-Firma seien, ein Software-Entwicklungsunternehmen oder ein reines Fachunternehmen. Daran anschließend ergeben sich dann Folgefragen: „Muss ich selbst KI-Modelle trainieren oder kann ich auf bestehende Plattformen aufsetzen? Was ist meine langfristige Strategie?“ Er sieht in dieser Phase den Übergang von kleinen Experimenten über breite Implementierung bis hin zur Institutionalisierung von KI im Unternehmen.

Langfristiges Potenzial heben

Langfristig stehen die Zeichen stehen auf Wachstum, sind sich Lippert und Steirer einig. „Wir überschätzen oft den kurzfristigen Impact und unterschätzen den langfristigen“, sagt die Microsoft-Expertin. Sie verweist auf eine im Juni präsentierte Studie, wonach KI-gestützte Ökosysteme das Bruttoinlandsprodukt Österreichs deutlich steigern könnten – und zwar um etwa 18 Prozent (brutkasten berichtete). „Das wäre wie ein zehntes Bundesland, nach Wien wäre es dann das wirtschaftsstärkste“, so Lippert. „Wir müssen uns klar machen, dass KI eine Allzwecktechnologie wie Elektrizität oder das Internet ist.“

Auch Steirer ist überzeugt, dass sich für heimische Unternehmen massive Chancen eröffnen: “Ich glaube auch, dass wir einfach massiv unterschätzen, was das für einen langfristigen Impact haben wird”. Der Appell des Nagarro-Experten: „Es geht jetzt wirklich darum, nicht mehr zuzuwarten, sondern sich mit KI auseinanderzusetzen, umzusetzen und Wert zu stiften.“


Folge nachsehen: No Hype KI – wo stehen wir nach zwei Jahren ChatGPT?


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