22.05.2017

„Ein autonomer Traktor hätte es in Österreich schwer“

Der Landwirt Johannes Hiller-Jordan setzt in seinem Betrieb auf viele neue Technologien und spricht mit dem Brutkasten über Vorteile und Tücken von Innovationen im Agrarbereich.
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"Bis letztes Jahr hatten wir ein System im Traktor, bei dem das GPS mir anzeigt, ob ich auf der richtigen Spur bin. Seit heuer lenkt mein Traktor auch selbst." lassedesignen-fotolia.com

Glauben Sie, dass Sie in 20 bis 30 Jahren noch auf das Feld müssen oder ist die Landwirtschaft dann komplett automatisiert?

Johannes Hiller-Jordan: Auf das Feld muss ich sicher. Moderne Technologien können nicht ersetzen, dass ich auch eine Spatenprobe mache und mir die Bodenstruktur anschaue. Ich merke auch bei der Technik am Traktor, dass man trotzdem dabei sein muss. Es gibt mittlerweile auch von Case IH schon den Prototyp eines autonomen Traktors, der über ein Tablet gesteuert wird. Es ist aber fraglich, ob das mit den österreichischen Agrarstrukturen überhaupt funktionieren würde. In den USA sind die Flächen viel größer und weniger dicht besiedelt. In Österreich wäre es vermutlich ein Problem, wenn so ein Traktor mit angehängtem Gerät autonom auf der Straße zum nächsten Feld fährt. Man sollte sich außerdem genau überlegen, welche Technik man wirklich für seinen Betrieb braucht und welche Daten man selbst nutzen kann und will. Ich möchte schon die Hoheit über meine Daten behalten. Landwirtschaft ist auch immer eine Werkstatt unter freiem Himmel da muss man einfach auch mal raus aufs Feld – das sollte man nicht vergessen.

Welche neuen Technologien haben Sie im Einsatz?

Bis letztes Jahr hatten wir ein System im Traktor, bei dem das GPS mir anzeigt, ob ich auf der richtigen Spur bin. Seit heuer lenkt mein Traktor auch selbst. Die Traktorbranche ist da schon ein Stück weiter als die Autobranche. Es funktioniert aber nicht wie bei Google-Autos über Laser und Radar, sondern nur über GPS und ein Korrektursignal. Vor allem bei Reinkulturen wie Zuckerrüben oder im Gemüsebau braucht man diese Genauigkeit auf zwei Zentimeter. Ein weiterer großer Vorteil ist, dass ich diese Spuren jedes Jahr wiederfinde – damit entstehen am Rest des Feldes keine Verdichtungen durch Fahrspuren.

Redaktionstipps

Worin liegen die Vorteile eines selbstlenkenden Traktors?

Die Zeit, die man für Düngung und Pflanzenschutz braucht, kann man dadurch sehr effektiv nutzen. Ich will dann fahren, wenn die Umweltbedingungen passen. Bei uns setzt in den frühen Abendstunden der Wind aus. Die Sichtverhältnisse sind dann aber schon eingeschränkt – dabei hilft das GPS-System ungemein. Bei der Pflanzenschutzspritze und beim Düngerstreuer ist es so, dass diese aufgrund der GPS-Aufzeichnung wissen, welche Fläche bearbeitet wurde und dann selbstständig abschalten. Es gibt also weniger Überlappungen und man spart Pflanzenschutzmittel und Dünger. Bei der Bodenbearbeitung kann man durch die Verringerung der Überlappung und Optimierung der Bearbeitungslinien Diesel und Zeit einsparen.

Wie ist die Stimmung unter den Landwirten in ihrem Umfeld in Bezug auf Innovationen?  

Es hängt immer sehr vom persönlichen Interesse ab, weniger vom Alter. Ich kenne junge Landwirte mit einer gewissen Technophobie und ältere mit einer Leidenschaft für das Thema. Ich glaube, dass viel Frust entsteht, wenn von Firmen versprochen wird, dass alles so einfach funktioniert, was dann aber nicht ganz so ist. Die Erstinstallation so eines GPS-Systems ist aufwendig und erfordert viel Einarbeitung. Laut Prospekt sollten alle Hersteller und Maschinen leicht zusammenarbeiten, aber in der Praxis dauert es schon einige Stunden oder auch Tage. Aber ich kenne eigentlich viele Landwirte, die immer gerne etwas Neues ausprobieren.

Moderne Technologien können nicht ersetzen, dass ich auch eine Spatenprobe mache und mir die Bodenstruktur anschaue.

Verwenden Sie beruflich auch Agrar-Apps?

Gerade bei Ackerschlagkarteien gibt es einige Startups. Das betrifft die Aufzeichnungen, die jeder Landwirt aufgrund der gesetzlichen Regelungen machen muss. Da gibt es in Österreich ein Startup, Farmdok. In Deutschland gibt es auch einige und in Estland gibt es zum Beispiel Vitalfields. Leider sind diese Apps aufgrund der Aufzeichnungspflichten sehr länderspezifisch. Mir würde 365Farm.net aus Deutschland gut gefallen. Das ist aber leider nicht an die Gesetzgebung in Österreich angepasst. Wir verwenden seit zehn Jahren den „LBG Bodenwächter“ – das ist nicht das modernste Produkt, aber wenn man einmal mit einem System angefangen hat, bleibt man dabei, um die Daten nicht zu verlieren.

Interview – Raiffeisen will Beteiligungen an Agrar Startups

Ich habe von der Landwirtschaftskammer erfahren, dass sich viele Landwirte um ihre Daten sorgen. Wie sehen Sie das Thema?

Meine Ackerschlagkartei habe ich bei einem österreichischen Anbieter. In den AGB steht außerdem, dass die Daten mir gehören. Die GPS-Daten werden bei meinem System, soweit ich weiß, gar nicht hochgeladen. Viele dieser Innovationen werden aber von großen US-Konzernen getrieben und dann heißt es: aufpassen. Ich glaube trotzdem, dass man nicht zu viel Angst haben sollte. Das ist wie bei den Google-Diensten. Man verwendet Gmail, Calendar und Android gratis, dafür bezahlt man quasi mit seinen Daten. Ich bin kein Programmierer und kann deshalb mit den Daten selbst nur bedingt etwas anfangen. Wenn ich einen Nutzen davon habe, kann ich einen Teil meiner Daten dafür hergeben. Solange es den europäischen Datenschutzstandards entspricht. Da vertraue ich Watchdogs und NGOs, die sich die AGB genau anschauen und Missstände aufzeigen. Das wäre meiner Meinung nach auch Aufgabe der Kammer und Vertretungen hier für die Einhaltungen von Standards zu sorgen.

Ich habe gehört, Sie haben sogar eine Drohne im Einsatz?

Ja, damit wollte ich die Felder abfliegen. Man kann aus der Luft die Bestandsentwicklung besser kontrollieren. Ich werde sie aber wiederverkaufen. Die Registrierung und Versicherung einer Drohne in Österreich kostet mehr, als es mir wert ist. Es gibt aber auch eine günstigere Alternative zu Drohnen. In Deutschland gibt es ein Startup, das heißt TalkingFields, die das über Satelliten lösen und in Österreich bietet die Hagelversicherung seit Kurzem ebenfalls ein ähnliches Service an. Das könnte künftig der interessantere Weg sein, weil ich so schneller an die Daten komme. Seit letztem Jahr machen wir auch GPS-gestützte Bodenproben über einen Dienstleister. So können in ein paar Jahren an genau den gleichen Standorten wieder Proben genommen werden, was den Vergleich genauer macht.

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Bereits Mitte Mai kündigte Nadia Calviño, Präsidentin der Europäischen Investitionsbank EIB, in einem Interview mit dem deutschen Handelsblatt an, bis 2027 im Rahmen der Initiative TechEU 70 Milliarden Euro für Startups und Scaleups bereitstellen zu wollen – brutkasten berichtete. Nun folgte die offizielle Kommunikation der EIB dazu.

Weitere 180 Milliarden Euro sollen gehebelt werden

Konkret soll das Kapital in Form von Krediten, Garantien und Beteiligungen vergeben werden. Damit sollen auch private Kapitalgeber zum Investieren animiert werden, wodurch – geht es nach der EIB – weitere 180 Milliarden Euro gehebelt werden sollen. „TechEU bietet mehr Unterstützung für Supercomputing, künstliche Intelligenz, digitale Infrastruktur, kritische Rohstoffe, grüne Industrien wie Offshore-Windkraft, Gesundheit, Sicherheits- und Verteidigungstechnologien, Robotik und Materialtechnologie. Es richtet sich an innovative Unternehmen in jeder Phase ihrer Entwicklung – von der ersten Idee bis zum Börsengang“, heißt es dazu von der Investitionsbank.

„Österreichische Startups müssen an diesem Kapital mitnaschen können“

Unterstützung für den Plan gibt es von Österreichs Startup-Staatssekretärin Elisabeth Zehetner in einer Aussendung. Sie sieht in der Initiative TechEU einen „historischen Schritt“ und äußert die Hoffnung, dass die bekannten Finanzierungslücken bei Startups und Scaleups, vor allem in der Spätphase, damit verkleinert werden können. „Finanzierung bleibt das Nadelöhr für Gründerinnen und Gründer. Deshalb ist klar: Österreichische Startups müssen an diesem Kapital mitnaschen können“, so Zehetner. Denn diese sollen „nicht nur hier entstehen, sondern hier wachsen, durchstarten und globale Märkte erobern.“

Große Hoffnung auf „28th Regime“

Die Staatssekretärin betont in diesem Zusammenhang auch die nationalen Bemühungen in dem Bereich, etwa durch den geplanten Rot-Weiß-Rot-Dachfonds und den Gründungsfonds II der aws. Darüber hinaus verweist Zehetner auf regulatorische Maßnahmen der Vorgänger-Regierung, wie die Einführung der FlexCo und das damit verbundene neue Modell der Mitarbeiter:innenbeteiligung.

In diesem Bereich sieht sie das geplante „28th Regime“ als „entscheidenden Hebel auf europäischer Ebene“. Der vorgeschlagene EU-Rechtsrahmen soll unter anderem EU-weit einheitliche Regeln für Finanzierung, Wachstum und Exit schaffen. „Wenn das gelingt, kann es für Startups das werden, was der Binnenmarkt einst für die Industrie war: ein echter Befreiungsschlag“, meint Zehetner. Und sie fügt an: „Wir sind auf EU-Linie.“ Wer in Europa gründe, solle „nicht gegen den Markt arbeiten müssen, sondern mit ihm wachsen können“.

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