11.12.2024
"POLICY NOTE"

EcoAustria: So soll der Staat die Finanzen in den Griff bekommen ohne der Konjunktur zu schaden

In einer aktuellen "Policy Note" setzt das Wirtschaftsforschungsinstitut EcoAustria in Sachen Budget-Konsolidierung vor allem auf die Kürzung von Ausgaben und rechnet vor, von welchen Maßnahmen keine oder kaum negative Auswirkungen auf die Konjunktur zu erwarten sind.
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EcoAustria-Direktorin Monika Köppl-Turyna | (c) Weinwurm
Monika Köppl-Turyna | (c) Weinwurm

Die Regierungsverhandlungen in Österreich dürften noch eine Zeit lang laufen und noch ist ihr erfolgreicher Abschluss nicht fix. In der öffentlichen Diskussion ist derweil bereits von wahrscheinlichen Sparpaketen die Rede. Denn im Staatsbudget klafft ein großes Loch. Es steht also fest: Die kommende Regierung muss Maßnahmen zur Budgetkonsolidierung treffen. Doch welche sollen es sein? Schließlich befindet sich das Land nach wie vor in der Rezession und eine Reihe möglicher Maßnahmen könnte in dieser Situation zusätzlichen Schaden anrichten.

Auswirkungen möglicher Konsolidierungsmaßnahmen auf die Konjunktur

Das Wirtschaftsforschungsinstitut EcoAustria behandelt diese Thematik in einem aktuellen “Policy Paper”, für das nicht nur eine dieser Tage erschienene Publikation des Fiskalrats zu möglichen Konsolidierungsmaßnahmen herangezogen wurde, sondern auch tief in der wirtschaftswissenschaftlichen Fachliteratur zum Thema recherchiert wurde. Ergebnis ist eine Tabelle, in der mögliche Maßnahmen mit einem Rot-gelb-grün-Farbcode bezogen auf die kurz- und langfristigen Auswirkungen auf die Konjunktur dargestellt werden (gesamte “Policy Note” hier).

“Code Red” für Abschaffung des Familienbonus, Vermögens- und Erbschaftssteuern

Eine Streichung von Familienbonus und Kindermehrbetrag wäre laut Tabelle etwa kurzfristig gelb (also neutrale Auswirkung auf die Konjunktur), langfristig aber rot (negative Auswirkung). Die Maßnahme schafft es daher nicht in die Empfehlungen von EcoAustria, die sich auf Optionen mit grünem (positive Auswirkung) und gelbem Farbcode beschränken. Auch Vermögens- oder Erbschaftssteuern werden aus diesen Gründen klar abgelehnt.

Ausgabenseitige Maßnahmen bevorzugt – einnahmenseitige als “ultima ratio”

Zudem ist für das Wirtschaftsforschungsinstitut klar: Ausgabenseitige Maßnahmen sind einnahmenseitigen im Sinne der Konjunktur jedenfalls vorzuziehen. Letztere seien die “ultima ratio”. Doch auch ausgabenseitig bekommen einige Optionen in der Tabelle einen roten Anstrich. “Maßnahmen wie Kürzungen öffentlicher Investitionen, höhere Unternehmenssteuern oder Anhebungen bei der Einkommensteuer sollen vermieden werden, da sie langfristig Wachstum und Wettbewerbsfähigkeit beeinträchtigen”, erklärt EcoAustria-Direktorin Monika Köppl-Turyna.

Die von EcoAustria empfohlenen Maßnahmen

Und welche sind diese ausgabenseitigen Maßnahmen, “von denen lediglich eine geringe oder potenziell sogar positive konjunkturelle Wirkung zu erwarten ist”? EcoAustria identifiziert konkret die Abschaffung der Bildungskarenz und der Altersteilzeit, ein Aussetzen der Indexierung von Familienbeihilfe und Kinderbetreuungsgeld, eine Abschaffung der Überkompensation beim Klimabonus, eine Abschaffung der Zuschüsse zum Klimaticket, sowie einen strikten Budgetvollzug.

Potenziale im Bereich Pensionen

“Darüber hinaus bestehen im Bereich der Pensionen Potenziale, die zwar kurzfristig moderat dämpfend wirken, langfristig aber das Arbeitsangebot und die Wertschöpfung stärken”, heißt es vom Institut. Bei diesen Maßnehmen im Bereich Pensionen geht es nicht nur um eine Erhöhung des Antrittsalters, sondern unter anderem auch um die Streichung diverser Boni.

3 Milliarden Euro Einsparungspotenzial im Jahr 2025

Konkret könnten mit den identifizierten ausgabenseitigen Maßnahmen im Jahr 2025 2,3 Milliarden Euro und mit Pensions-Maßnahmen 700 Millionen Euro eingespart werden – zusammen also drei Milliarden Euro. 2026 wären es mit 2,4 Milliarden (Ausgaben) bzw. 2,5 Milliarden Euro (Pensionen) sogar insgesamt 4,9 Milliarden. “Einnahmenseitige Maßnahmen könnten weitere 1,4 Milliarden Euro im Jahr 2025 und 1,5 Milliarden Euro im Jahr 2026 einbringen. Sie sind jedoch, angesichts ihrer geringeren Erfolgsaussichten für eine dauerhafte Konsolidierung, lediglich als letztes Mittel zu betrachten”, sagt Köppl-Turyna.

Köppl-Turyna: “Glaubwürdiger und klar kommunizierter Konsolidierungspfad”

“Was es zwingend braucht, ist ein glaubwürdiger und klar kommunizierter Konsolidierungspfad, der auch zukünftige Herausforderungen wie die alterungsbedingten Belastungen berücksichtigt. Solche Maßnahmen können das Vertrauen in die Finanzpolitik stärken und die negativen Effekte mildern”, so die EcoAustria-Chefin.

EcoAustria und Deloitte fordern Steuersenkungen für Unternehmen

Gleichzeitig empfiehlt das Institut übrigens in einer gestern veröffentlichten, von Deloitte beauftragten Studie umfassende Steuersenkungen für Unternehmen, um die Konjunktur zu beflügeln. Dazu zählen eine “Abgabensenkung auf den Faktor Arbeit um 4,8 Milliarden Euro” und eine Senkung der Körperschaftssteuer (KöSt.) um zwei Prozent auf 21 Prozent mit einem prognostizierten Volumen von rund einer Milliarde Euro Entlastung für Unternehmen.

Abgabenreduktion bei Faktor Arbeit soll sich nahezu selbst finanzieren

Die erstgenannte Maßnahme würde sich nahezu selbst finanzieren, rechnet Köppl-Turyna vor: “Unsere Berechnungen verdeutlichen, dass Abgabenreduktionen beim Faktor Arbeit mit positiven Beschäftigungs- und Wertschöpfungseffekten im Ausmaß von rund 30.000 Personen beziehungsweise 4,5 Milliarden Euro verbunden sind sowie die Konsum- und Investitionsnachfrage stärken. Zudem führen die positiven volkswirtschaftlichen Effekte zu zusätzlichen öffentlichen Einnahmen.”

Erhöhung des Pensionsantrittsalters soll KöSt.-Senkung gegenfinanzieren

Ansonsten empfehlen EcoAustria und Deloitte zur Gegenfinanzierung die bereits genannten Maßnahmen, darunter die schrittweise Anhebung des gesetzlichen und faktischen Pensionsantrittsalters, eine Abschaffung der “wenig zielführenden” Bildungskarenz und eine Reform des Klimabonus.

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vlonru. die Teams von Single Use Support, hokify, Eversprots und New Fluence | (c) Single Use Support / Georg Molterer / Eversports / Clemens Lechner

Den “Traum vom großen Exit” teilen vielleicht nicht alle in der Startup-Szene, aber er gehört jedenfalls zur Startup-Welt dazu. Dieses Jahr gab es eine ganze Reihe von Startup-Verkäufen in Österreich – brutkasten berichtete über rund 25 und es dürften noch ein paar mehr gewesen sein. Doch bei weitem nicht jede dieser Übernahmen ist so ein Traum-Exit.

“2024 wird ein Jahr der Opportunities: Ich glaube, dass viele Startups bzw. Assets günstig zu haben sein werden”, sagte Business Angel Hansi Hansmann im brutkasten-Jahresrück- und Ausblick 2023 – und er sollte Recht behalten. Bei einigen der Startup-Verkäufe, über die brutkasten dieses Jahr berichtete, liegt die Annahme nahe, dass es Notverkäufe waren – in einzelnen Fällen ist das bestätigt. Andere waren zwar keine Notverkäufe, aber in ihrem (vermutlichen) Volumen ziemlich unspektakulär. Anders als etwa im ebenfalls Exit-starken Boom-Jahr 2021, als viel Kapital für den Aufkauf kleinerer Konkurrenten in den Markt gespült wurde, passiert der Verkauf in der anhaltenden Rezession häufig eher unfreiwillig.


Das waren die größten und/oder aufsehenerregendsten Exits des Jahres

Doch dann gab es auch einige Fälle, auf die der Begriff Traum-Exit doch zutrifft, oder die aus einem anderen Grund Aufsehen erregt haben – sei es wegen der Summe oder anderer Umstände. Das waren die größten und/oder aufsehenerregendsten Exits des Jahres:

Single Use Support

Es war kein Exit im eigentlichen Sinn, denn es wurden nur 60 Prozent des Unternehmens übernommen. Und auch die Summe wurde nicht genannt. Dennoch kann man mit einer gewissen Bestimmtheit davon ausgehen, dass die Mehrheitsübernahme des Tiroler BioTech-Scaleups Single Use Support im Mai der spektakulärste Deal in Österreich im Jahr 2024 war. Denn wenige Monate zuvor, im Dezember 2023, hatte es unter anderem im deutschen Handelsblatt Medienberichte über einen möglichen Exit in Milliarden-Höhe gegeben. Auf Basis dieser kolportierten Firmenbewertung kann man also von einem beachtlichen neunstelligen Deal ausgehen – selbst falls die Bewertung nicht ganz erreicht wurde.

Gründer von Single Use Support Thomas Wurm (l.) und Johannes Kirchmair (r.) sowie der damalige CEO Christian Praxmarer (m.) | (c) Single Use Support

ecosio

180 Millionen US-Dollar legte der US-Softwareanbieter Vertex im August dieses Jahrs für die Übernahme des 2013 gegründeten auf elektronischen Datenaustausch (EDI) und elektronische Rechnungsstellung (E-Invoicing) spezialisierten Wiener Unternehmens ecosio hin. Es ist damit der größte Exit-Deal des Jahres mit bekannter Summe in Österreich. Ausgezahlt wurden zunächst allerdings “nur” 69 Millionen US-Dollar sowie 35 Millionen US-Dollar in Form von Vertex-Aktien. Der Rest der Summe ist als Gewinnbeteiligung noch an Bedingungen geknüpft.

Apeiron

Nach allen gängigen Definitionen kann Apeiron aus Wien zwar definitiv nicht mehr als Startup bezeichnet werden. Doch weil die Zyklen im BioTech-Bereich bekanntlich erheblich länger dauern und auch wegen seines Volumens, sei der Deal hier erwähnt. 100 Millionen US-Dollar ließ sich das US-Pharma-Unternehmen Ligand Pharmaceuticals das Wiener Krebstherapie-Scaleup kosten. Für das Team ging es danach gleich mit dem nächsten Startup, invIOs, das an einer weiteren Krebstherapie arbeitet, weiter.

myClubs

Ein zweistelliger Millionenbetrag, der “nicht bei zehn, aber auch nicht bei 99 Millionen Euro” liege – diese Angabe machte der deutsche Käufer Urban Sports Clubs zum Übernahmedeal des Wiener Fitness-Scaleup myClubs. Damit lässt sich der im August verkündete Exit auf jeden Fall unter die größten Übernahmen in Österreich in diesem Jahr einreihen. Am Unternehmen waren unter anderen Speedinvest, Hansi Hansmann und mySugr-Gründer Frank Westermann beteiligt gewesen. Kapitalgeber des Käufers Urban Sports Clubs war übrigens der europäische Growth Investor Verdane.

Eversports

Und noch einen Exit eines Wiener Sport-Scaleups gab es dieses Jahr. Im Oktober gab Eversports bekannt, mehrheitlich vom bereits erwähnten europäischen Growth-Investor Verdane übernommen worden zu sein. Über die Summe wurde zwar Stillschweigen vereinbart, der für die Transaktion genutzte Fonds “Edda III” investiert aber in der Regel zwischen 50 und 150 Millionen Euro. Entsprechend ist auch von einem Volumen von mindestens 50 Millionen Euro bei diesem Deal auszugehen.

Das Extenden Management Team von Eversports: Hanno Lippitsch, Stefan Feirer, Lukas Kühnert, Philipp Braunsberger sowie (v.l. – vorne): Emanuel Steininger, Ramon Bez | (c) Eversports

Cropster

Und noch einmal Verdane. Ebenfalls im Oktober wurde auch das Innsbrucker Kaffee-Scaleup Cropster, das unter anderem Starbucks zu seinen Kunden zählt, mehrheitlich vom europäischen Growth-Investor Verdane übernommen. Hier wurde ebenfalls über die Höhe des Deals stillschweigen vereinbart. Auch in diesem Fall gilt: Auf Basis des üblichen Investment-Volumens ist von einem Deal im zumindest achtstelligen Bereich auszugehen.

hokify

Für Aufsehen in der brutkasten-Community sorgte auch der Exit des Job-Plattform-Startups hokify, der bereits im Jänner verkündet wurde. Mit 40 Millionen Euro wurde eine genaue Summe für die Unternehmensbewertung genannt. Der Käufer, karriere.at, besaß jedoch bereits zuvor 85 Prozent des Unternehmens. Nach Adam Riese legte der heimische Jobplattform-Riese also zum Abschluss des bereits seit Jahren schrittweise laufenden Übernahme-Prozesses noch einmal sechs Millionen Euro auf den Tisch.

New Fluence

Im nicht genau bezifferten Millionenbereich liegt der Exit des Wiener Startups New Fluence. Für viel Aufsehen in der Community sorgte er nicht aufgrund seines Volumens, sondern wegen seiner Geschichte. Co-Founder des Startups ist Österreichs ehemals jüngster Gründer Moritz Lechner, der 2017 mit 14 Jahren sein erstes Startup gründete. Etwas mehr als sieben Jahre später zählte er mit nunmehr 21 Jahren im November gewiss auch zu den jüngsten Gründer:innen, denen hierzulande jemals ein Millionenexit gelungen ist.

Die New Fluence-Gründer Chris Pollak und Moritz Lechner mit Team | (c) Clemens Lechner

Lernsieg

Definitiv nicht zu den größten Exits des Jahres zählt die Mehrheitsübernahme von Lernsieg im Mai. Auch sie sei hier aber wegen ihrer besonderen Geschichte erwähnt. Mit 17 Jahren hatte Benjamin Hadrigan die Lehrerbewertungsapp 2019 gestartet und damit eine massive öffentliche Diskussion vom Zaun gebrochen sowie zahlreiche Klagen auf sich gezogen. Rund 70 gewonnene Verfahren und etwa 500.000 Euro Anwaltskosten später verkaufte er die Mehrheit des Unternehmens dieses Jahr bei 740.000 Euro Firmenbewertung an die erst 21-jährige Gründerin Katharina Lang.


Weitere Exits 2024 – kein Anspruch auf Vollständigkeit

Diese Liste erhebt freilich keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Bei zwei weiteren Exits, über die brutkasten berichtete, ist ein Millionenbetrag als Volumen bestätigt: Mokker.ai und ShareVision. Bei anderen ist von einem Millionenbetrag auszugehen. Wieder anderen ging eine Insolvenz voraus, namentlich Zizoo und goUrban (wobei zweiteres nach der Insolvenz bereits wieder ein Millioneninvestment zur Sanierung geholt hatte).

Einige der Startups mit Exits in unbekannter Höhe zählten zudem zu den bekannteren Namen in der heimischen Startup-Landschaft, etwa Rebel Meat, Audvice, Andmetics, Swarm Analytics, Baubot (ehem. Printstones) und Bonrepublic. Weitere Übernahmen, die sich als Startup-Exits klassifizieren lassen, über die brutkasten 2024 berichtete, waren nymea, Consola.finance, Sheepblue, Iurio, GetNano, riskine, Collective Energy, Investory.io, Buildtelligent und PowerBot.

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