10.08.2017

E-Mobility: Ein Gegenwartsthema mit großer Zukunft

Die Zahl der Elektroautos wächst rapide. Weltweit beginnen politische Initiativen zur Förderung zu greifen. Und ein oberösterreichisches Startup könnte in der weiteren Entwicklung eine entscheidende Rolle spielen.
/artikel/e-mobility-gegenwartsthema
(c) Martin Pröll: Arnold Schwarzenegger als Testimonial mit den Kreisel-Foundern.

Das Elektroauto: Innerhalb weniger Jahre wurde es von einer relativ ineffizienten Ausnahmeerscheinung zu einem fixen Bestandteil des Straßenverkehrs. Und man braucht keine detaillierten Statistiken zu Verkaufszahlen, um zu wissen: E-Mobility ist langfristig nicht mehr aufzuhalten. Die Distanzen mit einer Batterieladung werden seit Jahren konstant größer. Das Tempo des Ladevorgangs wird immer schneller und das gesellschaftliche Ideal schwenkt langsam, aber sicher zum E-Auto. Und doch stehen riesige Entwicklungsschritte erst bevor.

+++ Mobilität: Startups als Triebwerk kommender Revolutionen +++

Neuartige Akkus aus Oberösterreich

„Für mich ist es wichtig, dass dieser Weg der Elektrifizierung passiert. Wenn wir dabei eine Rolle spielen, freut es uns natürlich“ – so bescheiden gibt sich Markus Kreisel. Er und seine zwei Brüder arbeiten seit 2015 im oberösterreichischen Freistadt, neuerdings in Rainbach, an einem dieser Entwicklungsschritte. Ihre Firma Kreisel Electric produziert dort Lithium-Ionen-Akkus – nicht nur für Elektroautos. Die Besonderheit der Kreisel-Akkus besteht in ihrer neuartigen Technologie. Sie unterscheiden sich durch ein entscheidendes Merkmal, auf das die Firma auch ein Patent hat, von den Konkurrenzprodukten: Kreisel umspült seine Akkuzellen mit einer nicht leitenden Flüssigkeit. Diese fungiert als Kühlung und im Falle eines Brandes als eingebauter “Feuerlöscher” – mehrere Brandfälle bei Tesla zeigten erst in den vergangenen Monaten dieses Problem öffentlichkeitswirksam auf. Durch die Flüssigkeit können die Zellen dichter aneinander verbaut werden, weitere Kühlung und Isolierung fällt weg. Dadurch verringern sich Gewicht und Ladezeit und Leistung und Lebenszeit der Akkus werden insgesamt verbessert.

“Wir können nicht alle beliefern”

Dass die Kreisel-Technologie Potenzial hat, haben auch die großen Autokonzerne gemerkt. Man führe Gespräche mit nahezu allen bekannten Herstellern, sagt Kreisel. “Im Moment haben wir 42 Projekte laufen. Es kann sein, dass aus zehn etwas wird. Es kann aber auch sein, dass aus 40 etwas wird”, sagt der Unternehmer. Und doch sieht er die Zukunft seiner Firma nicht darin, einen weltweiten Bedarf abzudecken: “Dafür sind wir auch auf längere Sicht viel zu klein. Wir können nicht alle beliefern.” Das bedeutet freilich nicht, dass die Kreisel-Brüder keine ambitionierten Pläne haben. Eine neue Fabrik in Rainbach, nur wenige Kilometer nördlich von Freistadt, ist kürzlich fertiggestellt worden. Dort werde man pro Jahr Akkus für 16.000 Fahrzeuge produzieren können. “Aber das machen wir noch nicht gleich”, schränkt Kreisel ein. “Wir gehen das jetzt nicht mit Vollgas, sondern einmal gemütlich an.” Doch ganz so gemütlich wird es dann vielleicht doch nicht: Noch dieses Jahr soll ein Standort in Los Angeles eröffnet werden. Bald soll einer in Wien folgen.

“Die Pariser Klimaziele sollen bis 2050 umgesetzt sein. Meine Tochter ist dann 46. Es entscheidet sich jetzt, ob wir das schaffen.”

Eine gehörige Portion Idealismus

Schon jetzt zeigen die Kreisels jedenfalls, dass enormes wirtschaftliches Potenzial in ihrer Entwicklung steckt. Die Firma war auf Anhieb in den schwarzen Zahlen und machte bereits im ersten Jahr Millionenumsätze. Auch im Marketing stellen sich die Brüder geschickt an: Vor einigen Monaten gewannen sie Arnold Schwarzenegger für einen medienwirksamen Auftritt mit einer Mercedes G-Klasse mit Kreisel-Technologie. Kürzlich wurde mit André Felker ein Marketing-Top-Manager als CMO gewonnen. Doch hört man Markus Kreisel zu, merkt man, dass wirtschaftlicher Erfolg anscheinend nicht sein Hauptbeweggrund ist. Stattdessen treibt ihn eine gehörige Portion Idealismus: “Die Pariser Klimaziele sollen bis 2050 umgesetzt sein. Meine Tochter ist dann 46. Es entscheidet sich jetzt, ob wir das schaffen”, sagt er. Noch habe man die Wahl, ob es in 30 Jahren durchschnittlich vier oder zwei Grad wärmer sein wird.

+++ Kreisel Electric holt sich Top-Werbeagentur-CEO als CMO +++

Das Geld bleibt im Inland

Klimaschutz sei aber nicht der einzige Vorteil der E-Mobility. Ein Umstieg auf E-Autos fördere auch das Wirtschaftswachstum vor Ort. Denn während die Einnahmen aus dem Benzin- und Dieselverkauf überwiegend ins Ausland fließen, würden die Einnahmen, die mit Strom generiert werden, größtenteils im Inland bleiben. Durch die größere Nachfrage sollen zudem neue Arbeitsplätze geschaffen werden. “Momentan wird in Österreich jährlich Kraftstoff im Wert von zwölf Milliarden Euro nur für Pkw und Lkw gebraucht”, erklärt Kreisel. “Stell dir vor, das Geld fließt in die heimischen Stromkonzerne statt zu den Ölmultis!” Und für Kreisel ist klar: Diese Vision ist keine Utopie, sondern steht bevor. Die Frage ist nur, wie lange es dauert.

Ein E-Supercar aus Kroatien

Nicht so sicher ist sich da ÖAMTC-Chef Oliver Schmerold: “E-Mobilität wird sicher einen fixen Platz im Verkehrsbereich einnehmen, sie wird aber Verbrennungsmotoren nicht komplett ersetzen. Man braucht für unterschiedliche Mobilitätsbedürfnisse unterschiedliche Fahrzeuge”, sagt er. Gemeint sind etwa Sportwagen, doch auch da holen Kreisel und Co. gerade sehr schnell auf. Während die oberösterreichischen Brüder zu Demonstrationszwecken etwa den ikonischen EVEX 910e oder einen Porsche Panamera elektrifiziert haben, hat sich das kroatische Startup Rimac als erste Firma komplett auf elektrische Supercars spezialisiert. Ihr zweites Modell, der Concept S, kommt in 2,5 Sekunden von null auf 100 km/h und erreicht eine Höchstgeschwindigkeit von 365 km/h.

(c) Rimac: Der Rimac Conept One

Konkurrenz am Zulieferermarkt?

Mate Rimac hat inzwischen auch die auf E-Motorräder spezialisierte Firma Greyp gegründet und beschäftigt insgesamt über 200 Mitarbeiter. Blieben die Stückzahlen der ersten zwei Rimac-Modelle noch im einstelligen Bereich, soll es vom nächsten Modell bereits rund 200 Stück geben. Reüssieren will Rimac aber nicht nur mit seinen Supercars: In China entsteht gerade ein Joint Venture, mit dem das kroatische Startup zum größten Bauteillieferanten im gesamten E-Mobilitätsbereich werden will. Damit könnte am Zulieferermarkt in Zukunft auch eine Konkurrenzsituation mit Kreisel Electric entstehen.

+++ B2B-Startups: Verstecken könnt ihr euch später! +++

Großkonzerne schlafen nicht

Allerdings nur, sofern die beiden Startups für die großen Konzerne überhaupt als Zulieferer relevant sind. Denn auch die etablierten Autohersteller arbeiten intensiv am Ausbau ihres E-Angebots und an eigener Technik dafür. Volvo hat etwa erst kürzlich den kompletten Umstieg auf E-Motoren bis 2019 angekündigt. Und die Bauteile für die E-Autos sollen in einem Joint Venture mit dem chinesischen Mutterkonzern Geely entstehen. Auch Renault, mit bislang vier Modellen in Europa Marktführer bei Elektroautos, setzt großteils auf Eigenproduktion. In Österreich war im ersten Quartal 2017 jedes vierte neu zugelassene E-Auto ein Renault ZOE – kein anderes Modell wurde häufiger verkauft. Das kleine Stadtauto kommt mit einer Reichweite von bis zu 400 Kilometern auch durchaus mit kostspieligeren Konkurrenzprodukten mit. Ein weiterer Verkaufsschlager des französischen Konzerns ist der Lieferwagen Kangoo ZE. Vor kurzem wurde mit dem Master ZE ein noch größeres vollelektrisches Lieferwagenmodell herausgebracht.

“Ohne Elektromobilität wird es kaum möglich sein, die EU-Klimaziele für Autohersteller zu erreichen“

Hybrid-Technologie weiterhin aktuell?

Dass der Trend zur E-Mobility nicht mehr aufzuhalten ist, glaubt man auch bei Renault: „Die Elektromobilität wird weiterhin stark im Fokus aller Forschungs- und Entwicklungstätigkeiten der Groupe Renault stehen. Ohne Elektromobilität wird es kaum möglich sein, die EU-Klimaziele für Autohersteller zu erreichen“, sagt Dorit Haider von Renault Österreich. Bis 2020 müssen Autokonzerne etwa ihren durchschnittlichen Flottenverbrauch auf 95 Gramm Kohlendioxid pro Kilometer reduzieren. Ein kompletter Umstieg auf E-Mobilität ist dazu freilich trotzdem nicht notwendig. Haider geht daher davon aus, dass mittelfristig sowohl Verbrennungsmotoren als auch die Hybrid-Technologie aktuell bleiben werden.

Es ist letztendlich ein Politikum

Ob und wie bald ein kompletter Umstieg auf E-Mobilität gelingt, ist letztendlich ein Politikum. Dass das Elektroauto durch politischen Willen zum allgemeinen Standard werden kann, zeigt Norwegen. Auf Neuwagen mit Verbrennungsmotor zahlt man dort eine Steuer von bis zu 85 Prozent. Es bestehen Pläne, ab 2025 überhaupt nur mehr Elektroautos zur Neuanmeldung zuzulassen. Schon jetzt trägt die Politik Früchte: Norwegen hat die höchste Dichte an E-Autos weltweit.

Indien plant Umstieg bis 2030

Das Land, das selbst über großen Ölreichtum verfügt, ist weltweit nicht das einzige mit ambitionierten politischen Plänen. Auch die Niederlande wollen bereits bis 2025 den Ausstieg aus fossilen Brennstoffen bei Autos und Lkw schaffen. Einen noch viel größeren Impact auf die weltweite CO²-Bilanz könnte aber das Land mit der zweitgrößten Bevölkerung haben. Denn Indien will bis 2030 komplett auf E-Mobilität umstellen. Ob sich der Plan dort umsetzen lässt, ist allerdings zu bezweifeln. Denn noch sind E-Autos dort bei Weitem nicht so verbreitet wie etwa in Norwegen.

Klimawandel: Es geht nicht nur um Mobility

Ganz ohne ein derartig hochgestecktes Ziel und doch durch starke politische Einflussnahme hat es auch China schon recht weit gebracht. Das bevölkerungsreichste Land der Welt ist seit 2015 auch der weltweit größte Markt für Elektroautos. Auch dort versucht man aktiv, über Steuervorteile, aber auch über eine Reihe von Subventionen den Anteil an E-Fahrzeugen zu vergrößern. China ist jedoch auch eines der besten Beispiele dafür, dass Elektroautos alleine noch nicht das Potenzial haben, die globale Erwärmung aufzuhalten. Denn nicht nur im Reich der Mitte ist die Industrie für weit höhere CO²-Emissionen verantwortlich als der Straßenverkehr – ein Problem, dessen Lösung bei Weitem nicht so weit fortgeschritten ist wie im Bereich Mobility.

+++ Klimawandel und Elektroschrott – die andere Seite der Digitalisierung +++

 

Deine ungelesenen Artikel:
19.12.2024

AI-Cybersecurity-Startup von Sebastian Kurz schreibt neunstellige Umsätze

Das Cybersecurity-Startup rund um Ex-Bundeskanzler Sebastian Kurz verzeichnet neunstellige Umsätze. Und feiert diesen und weitere Meilensteine in der Wüste.
/artikel/ai-cybersecurity-startup-von-sebastian-kurz-schreibt-neunstellige-umsaetze
19.12.2024

AI-Cybersecurity-Startup von Sebastian Kurz schreibt neunstellige Umsätze

Das Cybersecurity-Startup rund um Ex-Bundeskanzler Sebastian Kurz verzeichnet neunstellige Umsätze. Und feiert diesen und weitere Meilensteine in der Wüste.
/artikel/ai-cybersecurity-startup-von-sebastian-kurz-schreibt-neunstellige-umsaetze
Cocoon Capital Advisory Sebastian Kurz - Startups und Beteiligungen - Dream Security
Sebastian Kurz | (c) EVP via Wikimedia Commons

Vor gut zwei Jahren co-gründete der österreichische Ex-Bundeskanzler Sebastian Kurz das Cybersecurity-Startup Dream Security. Mit an Bord ist Shalev Hulio, Ex-CEO der Spionagefirma NSO. Bereits zum Start holte sich das Unternehmen 20 Millionen US-Dollar Kapital. Kurz hielt danach ein Drittel der Anteile.

Investment an Gaza-Grenze

Im November 2023 holte sich Dream ein neues Investment in Höhe von 33,6 Millionen US-Dollar. Kurz hielt danach noch rund 20 Prozent der Anteile. Das Kapital kam primär von den Bestandsinvestoren Aleph und Group 11 – beide aus Israel. Kurz darauf bezifferte das Wall Street Journal die Bewertung der Kurz-Startups mit rund 200 Millionen US-Dollar.

“Die heutige Cyberlandschaft erfordert innovative Ansätze, um aktuellen Bedrohungen effektiv und zielgerichtet zu begegnen. Dank dieser Finanzierungsrunde sind wir in der Lage, weiterhin rasch zu wachsen”, kommentierte der Ex-Kanzler in einem Statement, das brutkasten damals erhielt.

Seither zeigt der eskalierte Gaza-Konflikt Auswirkungen auf Dream Security. So war CEO Shalev Hulio zum Zeitpunkt des letztjährigen Investments selbst als Reservist in der israelischen Armee tätig. Unterschrieben wurde der damalige Investment-Vertrag von Hulio in Uniform an der Grenze zu Gaza.

125 Millionen US-Dollar Umsatz

Im November 2023 zählte das Unternehmen noch 70 Mitarbeiter:innen – 60 davon in Israel. Mittlerweile sei die Belegschaft auf 150 Mitarbeitende gewachsen. “Ihr seid der Grund dafür, dass wir heute dort stehen, wo wir sind”, so der Ex-Kanzler in einem seiner jüngsten LinkedIn-Postings. Gedankt wird auch den bisherigen Investor:innen, darunter Dovi Frances, der Group 11 und Michael Eisenberg, Partner bei Aleph. Überdies verkündet Ex-Kanzler Kurz, mit Dream bereits “über 125 Millionen US-Dollar Umsatz in Europa, dem Nahen Osten und Asien” erreicht zu haben.

Party in der Wüste

Darüber hinaus schreibt Kurz auf LinkedIn: “Für uns als Österreicher war es eine neue Erfahrung, eine Party in der Wüste zu feiern, und dazu noch dem Thema entsprechend gekleidet zu sein… das hat auf jeden Fall eine Menge Spaß gemacht!” Gefeiert wurden die genannten Meilensteine laut dem Posting im Rahmen eines “Tribe-Events”.

Toll dass du so interessiert bist!
Hinterlasse uns bitte ein Feedback über den Button am linken Bildschirmrand.
Und klicke hier um die ganze Welt von der brutkasten zu entdecken.

brutkasten Newsletter

Aktuelle Nachrichten zu Startups, den neuesten Innovationen und politischen Entscheidungen zur Digitalisierung direkt in dein Postfach. Wähle aus unserer breiten Palette an Newslettern den passenden für dich.

Montag, Mittwoch und Freitag

AI Summaries

E-Mobility: Ein Gegenwartsthema mit großer Zukunft

AI Kontextualisierung

Welche gesellschaftspolitischen Auswirkungen hat der Inhalt dieses Artikels?

Leider hat die AI für diese Frage in diesem Artikel keine Antwort …

E-Mobility: Ein Gegenwartsthema mit großer Zukunft

AI Kontextualisierung

Welche wirtschaftlichen Auswirkungen hat der Inhalt dieses Artikels?

Leider hat die AI für diese Frage in diesem Artikel keine Antwort …

E-Mobility: Ein Gegenwartsthema mit großer Zukunft

AI Kontextualisierung

Welche Relevanz hat der Inhalt dieses Artikels für mich als Innovationsmanager:in?

Leider hat die AI für diese Frage in diesem Artikel keine Antwort …

E-Mobility: Ein Gegenwartsthema mit großer Zukunft

AI Kontextualisierung

Welche Relevanz hat der Inhalt dieses Artikels für mich als Investor:in?

Leider hat die AI für diese Frage in diesem Artikel keine Antwort …

E-Mobility: Ein Gegenwartsthema mit großer Zukunft

AI Kontextualisierung

Welche Relevanz hat der Inhalt dieses Artikels für mich als Politiker:in?

Leider hat die AI für diese Frage in diesem Artikel keine Antwort …

E-Mobility: Ein Gegenwartsthema mit großer Zukunft

AI Kontextualisierung

Was könnte das Bigger Picture von den Inhalten dieses Artikels sein?

Leider hat die AI für diese Frage in diesem Artikel keine Antwort …

E-Mobility: Ein Gegenwartsthema mit großer Zukunft

AI Kontextualisierung

Wer sind die relevantesten Personen in diesem Artikel?

Leider hat die AI für diese Frage in diesem Artikel keine Antwort …

E-Mobility: Ein Gegenwartsthema mit großer Zukunft

AI Kontextualisierung

Wer sind die relevantesten Organisationen in diesem Artikel?

Leider hat die AI für diese Frage in diesem Artikel keine Antwort …

E-Mobility: Ein Gegenwartsthema mit großer Zukunft