16.10.2015

Durchblicker: „Versicherungen sind Innovations-Nachzügler“

In der aktuellen #disrupting Brutkasten-Serie werden Herausforderungen, Innovationen, Chancen und Risiken etablierter Branchen in einer digitalen Welt beleuchtet und analysiert. Die Digitalisierung lässt keinen Wirtschaftszweig aus – auch nicht die Versicherungsbranche. Reinhold Baudisch, der Gründer vom Online-Vergleichsportal "Durchblicker" hat dazu eine klare Meinung: Versicherungsunternehmen seien Innovationsnachzügler.
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Junge Startups mischen den Versicherungsmarkt auf.

400.000 Visits pro Monat, 22 verschiedene Vergleichsrechner, 13 davon für Versicherungen. Das Online-Portal „Durchblicker“ ist eines der wenigen (fast schon nicht mehr-) Start-ups, die mit einem innovativen Konzept in die statische Versicherungsbranche hineingefahren sind. Allerdings operiert Durchblicker quasi aus der Vogelperspektive. Denn als Vergleichsplattform ist das Unternehmen mit 37 Mitarbeitern genaugenommen nicht Teil der Branche – weil ja keine eigenen Versicherungsprodukte angeboten werden, sondern nur ein Überblick über das bestehende Angebot geschaffen wird.

Aber natürlich ist der Gründer und Chef der Plattform, Reinhold Baudisch, über die Entwicklungen am Markt bestens im Bilde. „Die Versicherungssbranche ist hierzulande ein Innovationsnachzügler“, sagt Baudisch. Während andere Branchen, wie die Reisebranche oder Finanzdienstleister, vertriebsorientierte Prozesse längst ins Digitale gehoben hätten, seien die Versicherungen noch vollauf damit beschäftigt, interne Prozesse zu digitalisieren. „Bei Versicherungen wird noch sehr viel mit Papier und mit Gesprächen zwischen Menschen gearbeitet“, sagt Baudisch. „Jetzt liegt der Fokus darauf, diese Prozesse zu automatisieren – die Bearbeitung von Anträgen zum Beispiel“. Gerade dort, wo der Kunde in Berührung mit dem Produkt komme, würde die Branche aber auf der Innovationsbremse stehen.

„Bei Versicherungen wird noch sehr viel mit Papier und mit Gesprächen zwischen Menschen gearbeitet“, sagt Durchblicker-Gründer Baudisch.

Die Bemühungen, den Vertrieb zu digitalisieren, würden dadurch gebremst, dass die Versicherungen gewohnt seien, Produktgeber zu sein, den Vertrieb aber meist an beratende Organisationen auslagern würden. “Und die wollen natürlich nicht abgeschafft werden.“

Dabei würden viele Kunden dem klassischen Berater skeptisch gegenüber stehen. Laut einer Umfrage von Durchblicker würden 30 Prozent der Kunden ihre Versicherungsangelegenheiten lieber selbstständig online erledigen. Für den sehr konzentrierten österreichischen Markt, den sich eine Handvoll Versicherungen untereinander aufteilen, fehle außerdem der Innovationsdruck aus dem Ausland. „Wir sind ein sehr kleiner Markt und werden deshalb von den großen internationalen Spielern gern übersehen“, sagt Baudisch. In anderen Ländern sehe es da schon ganz anders aus. In Deutschland, Großbritannien oder Polen zum Beispiel. Und in den USA sowieso.

In Sachen Onlinevetrieb gebe es in Österreich bis dato nur ein paar Testballone in Nischenbereichen wie Handyversicherugen (z.B. Schutzklick.at). Ansonsten klaffe bei Direktversicherungen noch gähnende Leere. Vereinzelte Angebote der Etablierten, wie Allianz now, einem Online-Prämienrechner für Autoversicherungen, würden die Kunden relativ schnell wieder auf einen klassischen Vetriebskanal (Berater) umleiten. Ganz anders in Deutschland, wo die Direkentversicherungen schon eine Million Kunden in ihren Beständen hätten.

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© Durchblicker: Gründer Reinhold Baudisch

Vergleichsrechner wie Durchblicker profitieren von diesem Vakuum, indem sie den Kunden zumindest den ersten Schritt in Richtung Versicherung (bis hin zum Abschluss) online ermöglichen. Für die Vermittlung von Verträgen kassiert die Plattform eine Provision von den Versicherungen. Für die Kunden ist der Service gratis. Gerade der „beratungsaverse“ Kunde – also der mit der Allergie gegen Versicherungsmakler, gehöre zur Zielgruppe, sagt Baudisch. Eine Zielgruppe, die in Österreich noch viel zu wenig bedient werde.

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Tractive
(c) Tractive - (v.l.) Wolfgang Reisinger, COO/CFO bei Tractive und Founder Michael Hurnaus.

Was im Mai 2024 – siehe hier – angekündigt wurde, ist nun wahr geworden. Damals hatte Tractive CEO Michael Hurnaus gesagt, man bewege sich noch heuer auf über 100 Millionen Euro ARR (Annual Recurring Revenue – eine wichtige Kennzahl für Startups mit Abo-Modellen) zu. Nun ist dieser Milestone geschafft.

Tractive erreicht Ziel, das nur wenigen Abonnementunternehmen gelingt

Wie der Gründer auf Linkedin beschreibt, haben er und sein Team nach zwölf Jahren harter Arbeit, Hingabe und der Verbesserung des Lebens von Millionen von Haustiereltern ein lang angestrebtes Ziel erreicht: “100 Mio. € ARR bei Tractive – etwas, das nur sehr wenige Abonnementunternehmen jemals erreichen”.

Er sagt: “Wir sind besonders stolz darauf, dass wir dieses Niveau erreicht haben, während wir Hunde- und Katzenbesitzern helfen, indem wir Produkte entwickeln, die das Leben unserer Kunden wirklich zum Besseren verändern – und das mit viel Spaß.”

Das Abo-Modell

Damit Abo-Modelle wie jene von Tractive funktionieren, müsse man, laut Hurnaus Worten aus dem Spätfrühling, “dem Kunden zuerst erklären, dass es Sinn macht, ein Abo abzuschließen, und dass das nicht reine Abzocke ist”. Nach Erfahrungswerten bot das Scaleup schließlich ein Monats-, Jahres- und Zweijahres-Abo an – jeweils in einer Basic- und Premium-Variante.

Damit, so hieß es damals, gewinne man deutlich mehr Nutzer:innen für das Jahresabo – konkret um 20 Prozent mehr. Schließlich falle der Monatspreis mit der Abo-Dauer. Bezahlt wir das Abo im Voraus.

“Unser ständiges Bemühen, Produkte zu entwickeln, die in ihrer Kategorie führend sind, zahlt sich aus”, so Hurnaus auf Linkedin weiter. “Wir haben das Unternehmen fast aus dem Nichts aufgebaut und benötigten im Laufe der Jahre nur sehr wenige Finanzmittel.”

Tractive: USA als Erfolgstreiber – das Valley aber nicht als Vorbild

Das Tractive-Team hat während seiner gesamten Reise jeden einzelnen Euro in die Verbesserung ihrer Produkte, in die Einstellung von Mitarbeiter:innen aus der ganzen Welt und in den Aufbau der Unternehmenskultur investiert.

“Unser Team besteht aus rund 270 talentierten Mitarbeiter:innen und wir wachsen weiter. Wir sind auch weiterhin auf der Suche nach den besten Talenten und werden noch selektiver vorgehen, um nur die außergewöhnlichsten Mitarbeiter einzustellen, die wir finden können”, so Hurnaus weiter.

Seit knapp dreieinhalb Jahren ist das Pet-Tech auch in den USA vertreten. Im Vorjahr konnten die Staaten sogar Deutschland bei der Anzahl der Tractive-Kunden überholen. Hurnaus dazu: “Die USA sind nach wie vor unser am schnellsten wachsender Markt, und wir werden dieses Wachstum weiter vorantreiben.”

Nach zwölf Jahren erwartet Tractive, dass sich diese Dynamik fortsetzt, und prognostiziert ein Wachstum von rund 40 Prozent im Jahr 2025. “Ein gesundes Wachstum, das heißt: nachhaltig, ohne Massenkündigungen oder übermäßige ineffiziente Marketingausgaben”, erklärt Hurnaus abschließend. “Das ist der österreichische Weg, im Gegensatz zum Silicon-Valley-Ansatz (der für viele Unternehmen funktioniert, aber nicht unser Stil ist)”.

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