10.08.2018

Digitalisierung: Fünf Ratschläge für den Übergang ins neue Zeitalter

Laut dem Kreditschutzverband (KSV1870) hinken Österreichs Unternehmen bei der Digitalisierung von Produkten und Services deutlich hinterher. Für acht von zehn Betrieben hat die Modernisierung ihrer Produkt- und Serviceportfolios aktuell keine Priorität. Diese fünf Tipps von UBIT sollen KMUs die Transformation ins digitale Zeitalter erleichtern.
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(C) Fotolia/beeboys - Die Wiener Fachgruppe UBIT hat für KMUs hilfreiche Tipps den digitalen Wandel einfach zu vollziehen.

Die vom KSV1870 durchgeführte „Austrian Business Check“-Umfrage zeigt, dass die Gestaltung von digitalen Produkt- und Servicelösungen hierzulande kaum im Fokus steht. Für die Zukunft plane zudem nur etwa jedes fünfte befragte Unternehmen, demnächst damit durchzustarten. Auch UBIT hat in Befragung von 900 mittelständischen Unternehmen im März 2018 festgestellt, dass viele KMUs noch immer viel zu zögerlich mit dem Thema Digitalisierung umgehen.

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Durch Digitalisierung Geschäftsmodell überdenken

“Dabei genügen schon ein paar grundlegende Dinge, die gar nicht viel kosten müssen, um eine digitale Vertriebsstrategie in die Wege zu leiten”, wie Martin Puaschitz, Obmann der Wiener Fachgruppe UBIT erklärt. Auch Unternehmensberaterin und Berufsgruppensprecherin Claudia Strohmaier schlägt in die selbe Kerbe, wenn sie die Digitalisierung zur Chance erklärt, das eigene Geschäftsmodell zu überdenken.

“Meiner Erfahrung nach sind es oft kleine, familiengeführte Gewerbebetriebe, wie etwa Bäcker, Installateure oder Fliesenleger, die sich der Möglichkeiten der Digitalisierung noch nicht voll bewusst sind“, sagt Dieter Puganigg, Unternehmensberater und Gründer von DigitEcon, der ebenfalls Teil der UBIT-Fachgruppe ist. Diese hat fünf Maßnahmen formuliert, die besonders KMUs helfen sollen, im digitalen Zeitalter anzukommen.

An digitale Vertriebsstrategien anpassen

Die eigene Webseite, Facebook oder Google – all das seien im Grunde nichts anderes als Kommunikationskanäle, die ins Geschäftsmodell eingebettet gehören. “Eine Änderung der Vertriebsstrategie ist daher oft eine gute Gelegenheit, um das Geschäftsmodell und alle Prozesse eines Unternehmens auf den Prüfstand zu stellen und gegebenenfalls anzupassen“, sagt Strohmaier.

Dabei sei es wichtig, das Geschäftsmodell niederzuschreiben, um es konkreter zu machen. Hilfreich sei auch eine grafische Aufbereitung. Hierzu gibt es einige digitale Tools, wie etwa das Business Model Canvas. Mit diesem gratis im Internet erhältlichen Hilfsmittel lassen sich Geschäftsmodelle visualisieren, um eine erste Einschätzung zu bekommen, ob eine Idee überhaupt realistisch ist. Eine detaillierte Analyse bei einem Unternehmensberater könne im Anschluss wertvollen Input liefern, um eingefahrene Denkmuster aufzubrechen.

Ältere Mitarbeiter überzeugen

Für ältere Mitarbeiter sollte der Nutzen der Digitalisierung erkennbar sein und diese nicht als Gefahr gelten. “Nehmen Sie ihnen die Angst, dass ihnen der PC den Job wegnimmt”, sagt Puganigg, “schließlich mache ein Computer die Arbeit ja nicht alleine”. Die Unternehmen sollten die Möglichkeiten herausstreichen, dass die MitarbeiterInnen künftig spannendere Tätigkeiten verrichten könnten.

Kostengünstige Umsetzung einfacher Lösungen

Kostenlose Content Management Systeme wie etwa WordPress können dafür sorgen, dass das eigene Unternehmen im Internet präsent wird. Die Kosten für eine Domain und das Webhosting seien ebenfalls überschaubar. “Am Schlimmsten ist es heutzutage, wenn ein Unternehmen über Google und andere Suchmaschinen nicht gefunden wird“, sagt Puganigg, “Für den Anfang kann aber auch eine hübsche Facebookseite alles bieten, was es braucht, inklusive Shop.”

Allerdings müsse man vor der Entscheidung ein wenig recherchieren. Je nachdem, ob das Gros der eigenen Kunden eher auf Facebook, Instagram, YouTube oder anderen Kanälen zu finden ist, sollte auch die eigene Strategie adaptiert werden. Für die Konzepterstellung und Umsetzung empfiehlt UBIT einmalig rund zehn oder 15 Stunden an Planung. Für Postings, Beantwortung von Kommentaren und Wartung seien folglich meist nicht mehr als 30 Minuten pro Tag nötig.

Kundendaten datenschutzkonform in die Vertriebsstrategie integrieren

“Ist einmal ein Social Media-Auftritt, eine Website oder ein Newsletter-Tool eingerichtet, fallen jede Menge Kundendaten an, die datenschutzkonform in die eigene Marketing- und Vertriebsstrategie einzubinden sind“, sagt Obmann Puaschitz. Ein-Personen-Unternehmen hätten zuweilen zwar via externer Festplatten ein Backup eingerichtet, bei Diebstahl, Feuer oder Wasserschäden könnten diese Daten aber verloren gehen. Eine Remote-Desktop-Architektur könne hier Abhilfe schaffen, zumal danach keine teuren, leistungsstarken PCs mehr nötig seien, weil diese nur mehr die Verbindung zum Server herstellen müssten.

Mit Kooperationen die Schlagkraft erhöhen

Einer der essentiellen Ratschläge des UBIT-Arbeitskreises ist es, durch Kooperationen die eigene Schlagkraft zu erhöhen. Unternehmensberater und Einzelunternehmer Dieter Puganigg etwa arbeitet projektbezogen mit IT-Experten, Textern und Lieferanten von visuellem Content zusammen. Passend dazu gibt es die Möglichkeit für Unternehmen den “Status-Check-Vertrieb” machen zu lassen. Hierbei handelt es sich um eine standardisierte Beratungsleistung, die vom Arbeitskreis Vertriebsberatung der UBIT Wien entwickelt wurde. Sie wird von der Wirtschaftskammer Wien im Rahmen des aktuellen Förderprogramms unterstützt. Der Zuschuss beträgt für maximal vier Stunden für Jungunternehmer 60 Euro pro Stunde und für Unternehmen ab dem vierten Jahr 40 Euro. Damit ließen sich Potenziale erkennen, um die Leistungsfähigkeit der Absatzorganisation zu erhöhen.


⇒ Fachgruppe UBIT Wien

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04.11.2024

Carbon Cleanup: Wie ein Linzer Startup die Kohlefaserindustrie revolutionieren möchte

Das Linzer Startup Carbon Cleanup hat sich auf das Recycling von Kohlenstofffasern aus Industrieabfällen spezialisiert. Wir haben mit Gründer und CEO Jörg Radanitsch über die weiteren Wachstumsschritte und eine neue Kooperation mit KTM Technologies gesprochen. 
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Die Verwendung von Kohlefaser in der Industrie hat in den letzten Jahren stark zugenommen – insbesondere in Bereichen wie der Luft- und Raumfahrt, dem Automobilbau und der Windenergie. Kohlefaser überzeugt durch ihre hohe Festigkeit bei geringem Gewicht, doch ihre Herstellung ist ressourcenintensiv und teuer. Ein großes Problem stellt der hohe Verschnitt bei der Produktion dar: In der Industrie landen im Durschnitt bis zu 30 Prozent der Rohstoffe im Abfall. Diese Materialverluste sind nicht nur ökonomisch ineffizient, sondern auch aus ökologischer Sicht problematisch, da Kohlefaser biologisch nur schwer abbaubar ist.

Carbon Cleanup setzt auf KI

Das 2020 gegründete Linzer Startup Carbon Cleanup rund um Gründer Jörg Radanitsch hat sich diesem Problem angenommen und zum Ziel gesetzt, Kohlenstofffasern aus Industrieabfällen aufzubereiten und wiederverwendbar zu machen. Konkret hat das Startup eine mobile Aufbereitungsanlage entwickelt, um Carbonfasern direkt vor Ort beim Kunden aufzubereiten. 

Zum Herzstück der Anlage gehört nicht nur die mechanische Aufbereitung der Kohlenstofffasern. Im Hintergrund läuft auch eine Software, die eine KI-gestützte visuelle Erkennung der zugeführten Rohstoffe ermöglicht.

“Wir haben ein KI-generiertes Datenblatt entwickelt, das automatisch die Charakteristika von eingehendem Material erkennt und den Wert des Rezyklats bestimmt“, so Radanitsch. “Bevor das Material in unsere Anlage kommt, wissen wir schon, welche mechanischen Eigenschaften es haben wird. Das ist entscheidend für die Qualität und den Marktwert des Endprodukts.”

Gründer Jörg Radanitsch | (c) Carbon Cleanup

Entwicklung der zweiten Generation an Anlagen

Während die erste Anlage des Unternehmens für R&D-Zwecke dient und über eine Kapazität von 30 Tonnen pro Jahr verfügt, konnte das Unternehmen über den Sommer eine zweite Anlage in Betrieb nehmen. „Unsere zweite Anlagengeneration ist im August fertiggestellt worden. Die Produktionskapazität ist dreimal so hoch wie bei unserer ersten Anlage. Damit sind wir jetzt in der Lage, deutlich mehr und auch verschiedene Kompositabfälle zu verarbeiten.“

Besonders stolz ist Radanitsch auf die gestiegene Materialqualität: „Das neue Aggregat ist viel stärker, was uns mehr Flexibilität bei der Verarbeitung der Materialien gibt. Wir können jetzt eine Vielzahl an Abfällen effizienter recyceln, was die Qualität der Produkte erheblich verbessert.“

Ein wichtiger Baustein für den Erfolg von Carbon Cleanup war die Unterstützung durch die Austria Wirtschaftsservice (aws). “Das Seed-Financing der Austria Wirtschaftsservice hat uns erlaubt, nicht nur unsere Forschung und Entwicklung voranzutreiben, sondern auch in Marketingaktivitäten zu investieren, die für uns als Hardware-Startup besonders wichtig sind“, erklärt Radanitsch.

Luftfahrtindustrie und Kooperation mit KTM Technologies

Eine der spannendsten Entwicklungen bei Carbon Cleanup ist der Einsatz ihrer recycelten Materialien im 3D-Druck, besonders in der Luftfahrtindustrie. “Wir liefern im Tonnenmaßstab Kunststoffgranulate, die mit unserer Rezyklatfaser verstärkt sind. Diese werden in großen 3D-Druckern verwendet, um Formen zu bauen, die dann für die Produktion von Flugzeugteilen genutzt werden”, so der Gründer.

Zudem arbeitet Carbon Cleanup mit dem österreichischen Motorradhersteller KTM zusammen. Gemeinsam arbeiten beide Unternehmen an einem geschlossenen Materialkreislauf, bei dem Post-Consumer- und Post-Industrial-Abfälle von KTM Technologies recycelt und für die Herstellung neuer Bauteile genutzt werden. Spezifisch handelt es sich um das Recycling der Teile des Rennmodells “X-Bow GT2”, dessen Rahmen zu 100 % aus Carbonfasern besteht. Durch Unfälle entsteht eine große Menge an beschädigtem Material, das normalerweise als Abfall betrachtet wird. Mit der Partnerschaft von KTM und Carbon Cleanup wird dieses Material zurück in den Kreislauf gebracht. 

(c) Carbon Cleanup

“KTM Technologies war von Anfang an ein Vorreiter. Sie testen unsere recycelten Materialien bereits erfolgreich in ihren Motorrädern“, betont Radanitsch.

Das Besondere an dieser Kooperation ist das sogenannte Closed-Loop-Material, das zu 100 Prozent aus dem Abfallstrom von KTM Technologies besteht. „Die Herausforderung ist, die Materialien zirkulär zu sammeln und in die Produktion zurückzuführen. Das Sammeln und die Qualität sind dabei entscheidend. Aber wir haben gezeigt, dass wir sogar leistungsfähigere Materialien aus Abfall herstellen können”, so der Gründer.

(c) Carbon Cleanup

Die nächsten Schritte von Carbon Cleanup

Das Geschäftsmodell von Carbon Cleanup basiert derzeit auf zwei Einnahmequellen: Zum einen bietet das Unternehmen Kunden einen Recycling-Service an, bei dem diese für die umweltgerechte Entsorgung des Materials bezahlen. Dafür wurde eine eigene Logistikstruktur aufgebaut. Zum anderen werden die Faserverbundkunststoffe an weitere Abnehmer verkauft. Derzeit liefert das Startup 98 Prozent der aufbereiteten Granulate ins Ausland. “Für eingehendes Material sind die Hauptmärkte neben Österreich vor allem Deutschland und Italien. Der Materialzufluss ist für uns derzeit jedoch kein Engpass, sodass wir gezielt das für uns passende Material auswählen können”, so der Gründer abschließend.


*Disclaimer: Das Startup-Porträt erscheint in Kooperation mit Austria Wirtschaftsservice (aws)

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