07.12.2018

Die Gier nach News und Cat Content: Schattenseiten der Digitalisierung

Alles um uns herum wird digital. Das ist nicht nur praktisch, sondern macht uns auch unselbstständiger, findet unser Redakteur Dennis Reppnack. In einer Polemik wirft er die Frage auf, warum wir so sehr an den Smartphones hängen und so hungrig sind auf Cat Content und News.
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Digital Detox und Achtsamkeit sind zwei große Trends unserer Zeit der Digitalisierung.
(c) BillionPhotos.com / Fotolia.

Das Display des Smartphones leuchtet auf und der menschliche Verstand setzt aus. Hand aufs Herz: Wer kann der Versuchung noch widerstehen, einen ganz kurzen Blick – wirklich nur ganz kurz, versprochen! – darauf zu werfen, um zu schauen, was es gerade Neues gibt? “Oh, schau mal da! Da hat gerade wieder jemand eine neue Instagram-Story gepostet!” Die Digitalisierung hat uns hungrig gemacht, hungrig nach neuen Informationen und positiven Gefühlen. Denn wir verbinden das Smartphone, unseren treuen Begleiter, mit guten Nachrichten, Liebesbekundungen und lustigen Katzenvideos. Und davon wollen wir immer mehr, ganz gleich, ob diese Erwartungshaltung der Realität standhält oder nicht.

+++ Die Nebenwirkungen der Digitalisierung aufs Gehirn und Achtsamkeit als Gegengift +++

Digitalisierung macht alles schneller, einfacher, besser. Oder?

Fun Fact: Bei Apple lief vor einigen Wochen eine Challenge, die regelmäßig meditierende MitarbeiterInnen belohnte. Selbstverständlich sollte fürs Meditieren eine Meditations-App genutzt werden. (Wofür gibt es eigentlich noch keine App?) Spätestens wenn ein Technologiekonzern möchte, dass sich seine Angestellten eine Auszeit vom (teils selbsterzeugten) digitalen Rummel nehmen, dann weißt du: Irgendwas ist da ein bisschen aus dem Ruder gelaufen. Aber Moment mal. Wurde uns nicht immer versprochen, dass mit den neuen Technologien, neuen Devices, neuen Funktionen alles schneller, einfacher, besser gehen soll?

Jede Medaille hat zwei Seiten

Auf viele Bereiche mag das zutreffen. Eine E-Mail ist schneller geschrieben als ein Brief aufgesetzt und zur Post gebracht, ein Navigationsgerät führt einfacher zum Ziel als eine ausfaltbare Karte im A2-Format; ein Tablet hat den Bruchteil des Gewichts einer Bibliothek. Dennoch: Jede Medaille hat zwei Seiten. E-Mails machen Kommunikation inflationär. Ohne Google Maps finden wir uns kaum noch in unserer Stadt zurecht. Und wer nimmt sich heutzutage noch mehrere Stunden in der Woche Zeit, um sich hinter analoge Medien wie Bücher und Zeitungen zu klemmen und über das Weltgeschehen nachzudenken? Es liegt an uns, abzuwägen, welche Seite der Medaille gerade schöner glänzt.

80 Mal pro Tag wird das Smartphone entsperrt

Laut Untersuchungen entsperren NutzerInnen ihr Smartphone 80 Mal am Tag – also alle zwölf Minuten, wenn man täglich acht Stunden schläft. “Digital Detox” heißt die Gegenbewegung hierzu. Vermehrt legt man Wert auf “Achtsamkeit”. Einiges spricht dafür, dass manche Technologien uns Menschen mit ihren schier unendlichen Möglichkeiten überfordern – und man darf gespannt sein, ob der aufkommende Achtsamkeitstrend zur dauerhaften Gewohnheit avanciert oder irgendwann von einer anderen coolen App abgelöst werden wird. So – kritischen Kommentar fertig geschrieben. Jetzt nur noch schnell eine Instagram-Story darüber posten.

Dieser Beitrag erschien in gedruckter Form im brutkasten Magazin #7 “Die Welt in 5 Jahren”.

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Cocoon Capital Advisory Sebastian Kurz - Startups und Beteiligungen - Dream Security
Sebastian Kurz | (c) EVP via Wikimedia Commons

Vor gut zwei Jahren co-gründete der österreichische Ex-Bundeskanzler Sebastian Kurz das Cybersecurity-Startup Dream Security. Mit an Bord ist Shalev Hulio, Ex-CEO der Spionagefirma NSO. Bereits zum Start holte sich das Unternehmen 20 Millionen US-Dollar Kapital. Kurz hielt danach ein Drittel der Anteile.

Investment an Gaza-Grenze

Im November 2023 holte sich Dream ein neues Investment in Höhe von 33,6 Millionen US-Dollar. Kurz hielt danach noch rund 20 Prozent der Anteile. Das Kapital kam primär von den Bestandsinvestoren Aleph und Group 11 – beide aus Israel. Kurz darauf bezifferte das Wall Street Journal die Bewertung der Kurz-Startups mit rund 200 Millionen US-Dollar.

“Die heutige Cyberlandschaft erfordert innovative Ansätze, um aktuellen Bedrohungen effektiv und zielgerichtet zu begegnen. Dank dieser Finanzierungsrunde sind wir in der Lage, weiterhin rasch zu wachsen”, kommentierte der Ex-Kanzler in einem Statement, das brutkasten damals erhielt.

Seither zeigt der eskalierte Gaza-Konflikt Auswirkungen auf Dream Security. So war CEO Shalev Hulio zum Zeitpunkt des letztjährigen Investments selbst als Reservist in der israelischen Armee tätig. Unterschrieben wurde der damalige Investment-Vertrag von Hulio in Uniform an der Grenze zu Gaza.

125 Millionen US-Dollar Umsatz

Im November 2023 zählte das Unternehmen noch 70 Mitarbeiter:innen – 60 davon in Israel. Mittlerweile sei die Belegschaft auf 150 Mitarbeitende gewachsen. “Ihr seid der Grund dafür, dass wir heute dort stehen, wo wir sind”, so der Ex-Kanzler in einem seiner jüngsten LinkedIn-Postings. Gedankt wird auch den bisherigen Investor:innen, darunter Dovi Frances, der Group 11 und Michael Eisenberg, Partner bei Aleph. Überdies verkündet Ex-Kanzler Kurz, mit Dream bereits “über 125 Millionen US-Dollar Umsatz in Europa, dem Nahen Osten und Asien” erreicht zu haben.

Party in der Wüste

Darüber hinaus schreibt Kurz auf LinkedIn: “Für uns als Österreicher war es eine neue Erfahrung, eine Party in der Wüste zu feiern, und dazu noch dem Thema entsprechend gekleidet zu sein… das hat auf jeden Fall eine Menge Spaß gemacht!” Gefeiert wurden die genannten Meilensteine laut dem Posting im Rahmen eines “Tribe-Events”.

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