30.08.2017

Die Wurzeln von Bitcoin (Teil I): Geeks, Punks und Rebellen

Bitcoin ist nicht im luftleeren Raum entstanden. Kryptowährungen sind das Produkt einer Subkultur von digitalen Rebellen, die sich schon vor Jahrzehnten formiert hat.
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(c) Foto: Fotolia/ arrow

Wer ist Satoshi Nakamoto? Eine befriedigende Antwort auf diese Frage ist immer noch ausständig. Der Erfinder von Bitcoin bleibt ein Mysterium. Ist Satoshi ein Mann oder eine Frau? Ist es eine Person – oder sind es mehrere? Steckt gar die NSA dahinter? Ist es alles nur ein grausamer Scherz? Und was passiert mit einer Million Bitcoin, die angeblich auf Wallets liegen, die man diesem Satoshi zuordnen kann?
Es ist gut möglich, dass wir nie Antworten auf diese Frage bekommen werden. Satoshi Nakamoto hat seine Identität mit Sorgfalt geschützt. Das alleine erzählt aber auch eine Geschichte. Jene von Menschen, die viele der Herausforderungen des digitalen Zeitalters früh haben kommen sehen: Der Schutz von Privatssphäre ist eine dieser Herausforderungen. Die Schaffung eines stabilen Geldsystems eine andere. Die Wurzeln von Bitcoin haben zwei Hauptstränge: Den technischen und den ökonomischen. Beide eint eine Philosophie der persönlichen Freiheit und der Unabhängigkeit von staatlichen oder anderweitig zentralistischen Strukturen.

Das erste Whitepaper der Kryptogeschichte

Das Gründungsdokument von Bitcoin ist ein achtseitiges PDF, das Nakamoto im Jahr 2008 auf einem Onlineforum gepostet hat. Das war das erste Whitepaper der Kryptogeschichte. Nakamoto skizziert darin die Grundlagen von Bitcoin: „A Peer-to-Peer Electronic Cash System“ lautet der Titel. Die Idee: So wie Bittorrent es ermöglicht hat, Dateien direkt auszutauschen ohne die Verwendung zentraler Server, sollte Bitcoin die Übertragung von Geld ermöglichen – ohne die Notwendigkeit, Banken oder Zentralbanken einzubeziehen.

Zuerst kam das Misstrauen

Die Implikationen der Idee sind gewaltig. In der entwickelten Welt sollte Bitcoin eine Alternative zum krisenanfälligen Geldsystem der Zentralbanken bieten – und in weniger entwickelten Staaten Menschen Zugang zu Geldgeschäften geben, die kein Bankkonto besitzen. Die Technologie dahinter, die Blockchain, soll für Vertrauen zwischen Marktteilnehmern sorgen, die sich nicht kennen – ohne eine zentrale Clearingstelle zu benötigen. Das Magazin „Economist“ nannte die Blockchain in einer Cover-Story eine „Vertrauens-Maschine“. Ironischerweise ist es aber das Misstrauen, das diese Innovation überhaupt erst ermöglicht hat. Die philosophischen Wurzeln von Bitcoin lassen sich auf das Cypherpunk-Movement zurückverfolgen. Hier landet auch jede ernstgemeinte Suche nach der wahren Identität von Satoshi Nakamoto. Bitcoin ist nicht im luftleeren Raum entstanden und war der erste Versuch, eine neue Währung im Internet zu schaffen. Die Wurzeln der Cypherpunks lassen sich bis in die 1980er-Jahre zurückverfolgen. Das Wort ist eine künstliche Zusammenführung von „Cypher“ und „Punk“, wobei Cypher für einen Verschlüsselungsalgorithmus steht.

Sorge um Privatsphäre

Die Bewegung gab es schon vor der weiten Verbreitung des Internets – aber ihre Inhalte wurden durch das Netz erst mit Bedeutung aufgeladen. In einem Satz: Die Cypherpunks haben sich schon extrem früh um die Wahrung der Privatsshäre im Netz und darüber hinaus gesorgt – und sich mit den Möglichkeiten von Verschlüsselung (Kryptographie) beschäftigt. Wikileaks-Gründer Julian Assange der Bewegung mit einem Buch ein Denkmal gesetzt.

Wir wissen nur wenig über Satoshi Nakamoto, Bitcoins Nummer eins. Aber wir können die Nummer zwei klar diesem Cypherpunk-Movement zuordnen. Der im August 2014 verstorbene Informatiker Hal Finney hatte im Jänner 2009 von Nakamoto die allererste Bitcoin-Transaktion erhalten. Finney hat aber bis zu seinem Tod abgestritten, dass er selbst hinter dem Pseudonym stehen könnte.

Ursprungsland New Jersey

Von acht Fußnoten in Nakamotos Whitepaper sind drei den Wissenschaftlern Stuart Haber und Scott Stornetta gewidmet. In den berühmten Bell-Labs in New Jersey haben diese beiden bereits 1991 die theoretischen Grundlagen einer Blockchain entwickelt. Sie haben sich damals die Frage gestellt, wie man die Änderungen eines digitalen Dokuments oder einer Datei zweifelsfrei dokumentieren und nachvollziehen könnte. Sie konnten bereits ahnen, dass wir in nicht allzuferner Zukunft immer mehr bisher physisch vorhandene Güter nur noch digital handeln werden: Musik etwa.

Redaktionstipps

Der Widerhall dieser Arbeit nach fast drei Jahrzehnten ist erstaunlich. Jetzt, da Bitcoin sich etabliert hat, wird die Blockchain-Technologie bereits in unzähligen Bereichen getestet. So ist zum Beispiel die Luxusindustrie sehr daran interessiert, die Herkunft und die Lieferketten ihrer Produkte lückenlos zu dokumentieren um gegen Fälschungen vorzugehen. Und das ist nur eines von hunderten Beispielen. Landwirtschaft, Diamanten, Energie, Grundbuch, etc. Die Liste an möglichen oder bereits getesteten Einsatzbereichen für diese dezentral verwaltete Datenbank namens Blockchain scheinen fast unendlich.

8 Jahre ohne erfolgreichen Hack

Haber und Stornetta waren freilich keine Cypherpunks im klassischen Sinne, sie waren Wissenschaftler, vielleicht würde man sie heute Geeks nennen. Aber ihre Arbeit bildet auch die Basis für die Blockchain hinter Bitcoin und anderen Kryptowährungen. Und sie hat sich bewiesen, sagt der amerikanische Wissenschaftler David Yermack von der NYU in einem Vortrag: „Bitcoin operiert jetzt seit mehr als acht Jahren, ohne einen erfolgreichen Hack oder Angriff erlebt zu haben. Es ist tatsächlich überraschend wie resistent sich Bitcoin in einer Welt gezeigt hat, in der Finanzsstrukturen ständig kom­pro­mit­tie­rt werden. Mir wurden erst vor einer Woche zwei Kreditkarten gehacked.“

Grundlage des Cypherpunk-Movements

Zurück zum Whitepaper: Nakamoto bezieht sich in der Folge auch auf frühe Versuche, privates Geld im Internet zu etablieren. Einer der wichtigsten Wegbegleiter von dem, was später Bitcoin wurde, war der US-amerikanische Computerwissenschaftler David Chaum. Er hatte bereits Anfang der 1980er-Jahre ein Paper verfasst, das ein „sicheres digitales Cash-System“ versprach. Anfang der 1990er-Jahre gründete er das Unternehmen DigiCash und versuchte, seine Idee am Markt zu etablieren.Seine Arbeit gilt als grundlegend für die Entwicklung des Cypherpunk-Movements und auch für die Etablierung weiterer Vorläufer von Bitcoin. Einer davon war „B-Money“ vom Entwickler Wei Dai. Auch er wird von Nakamoto direkt zitiert. Erstaunlicherweise abwesend in dem Whitepaper zu Bitcoin ist aber Nick Szabo, der ebenfalls schon mehrfach bestreiten musste, hinter dem Pseudonym Satoshi Nakamoto zu stehen. Der Amerikaner mit ungarischen Wurtzeln Szabo hat im Jahr 1998 einen Mechanismus für eine dezentrale digitale Währung entwickelt. Ihr Name: „Bit Gold“.

Bitcoin und Gold: Brüder im Geiste

Szabos Idee wurde nicht implementiert, „Bit Gold“ hat es nie gegeben. Aber die Ähnlichkeiten zwischen „Bit Gold“ und Bitcoin sind sehr auffällig – nicht zuletzt weil Szabo sich sehr stark an den Charakteristika des echten Edelmetalls Gold orientiert hatte: „Ich habe veruscht die Sicherheit und Vertrauenseigenschaften von Gold so gut wie möglich im Cyberspace zu imitieren. Die wichtigste darunter war, dass Gold keine zentrale Autiorität für die Abwicklung von Transaktionen benötigt“, sagte Szabo dazu im Jahr 2012.

Das neue Gold

Wer jetzt vorspult und im Jahr 2017 CNBC oder Bloomberg anschaltet, wenn es um Bitcoin geht, wird sich an diese Zeilen erinnert fühlen. „Bitcoin ist das neue Gold“ – so wird die Digitalwährung gerne beschrieben und vermarktet. Und tatsächlich sind die Ähnlichkeiten zwischen Bitcoin und dem Edelmetall auffällig. Beide sind nur sehr begrenzt vorhanden. Beide werden (inzwischen) von einem großen Markt als wertvoll akzeptiert. Beide kommen durch „Abbau“ (Mining) in die Welt – nur dass das im Fall von Bitcoin von Computern durchgeführt wird, die Rechenaufgaben lösen. Es ist evident, dass Nakamoto genau wie Szabo vor ihm versucht hat, die ökonomischen Eigenschaften von Gold zu imitieren – und technische Vorteile wie weltweite Übertragung in Sekundenschnelle hinzuzufügen. Das ist auch der Grund dafür, warum die vorherrschenden Ökonomen sich bis heute schwer tun, Bitcoin einzuordnen. Gold selbst spielt in den Lehrbüchern der Universitäten schon lange keine Rolle mehr, obwohl es aktuell so teuer und beliebt ist wie nie zuvor in der Geschichte. Folgerichtig ist auch die Vorstellung einer Währung, die ohne Zentralbank auskommt, aus der Sicht der modernen Ökonomie fast ein Sakrileg. Dadurch ist eine amüsante Situation entstanden: Die frühen Bitcoin User sind den Ökonomen in Sachen Theorie um vieles voraus, wenn es um Kryptowährungen geht. In Sachen Praxis sowieso.

Im Archiv graben

Als die Experten der Europäischen Zentralbank EZB sich 2012 erstmals mit Bitcoin beschäftigt haben, konnten sie in den vorherrschenden Denkrichtungen schlicht und einfach keine befriedigende ökonomische Erklärung für die Grundlagen und den Erfolg von Bitcoin finden. Sie mussten in den Archiven graben und landeten dabei ausgerechnet im Wien der vorletzten Jahrhundertwende. Dorthin werden wir in Teil II vorstoßen, wenn wir die Frage klären, was Bitcoins ökonomische Wurzeln mit Wien und Österreich zu tun haben.

Disclaimer: Dieser Beitrag entstand in redaktioneller Unabhängigkeit mit finanzieller Unterstützung des Bundesministeriums für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft (BMWFW) der Republik Österreich. 

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OVE, LCM
(c) OVE/Fürthner - (v.l.) Johann Hoffelner, Josef Passenbrunner und Hubert Mitterhofer von LCM.

Seit August des heurigen Jahres hat das LCM mit Johann Hoffelner einen neuen CEO – brutkasten berichtete. Rund drei Monate später darf man sich über den OVE Innovation Award freuen.

Pankl Turbosystems beschäftigt sich mit Brennstoffzellen-Luftversorgungssystemen (FCAS – Fuel Cell Air Supply) sowie mit elektrisch unterstützten Abgasturboladern (EAT – Electrically Assisted Turbocharger) für Kleinserien. Weil aber Turbosysteme technologisch extrem anspruchsvoll sind, setzt die Mannheimer (Deutschland) Firma bei der Optimierung spezieller Komponenten auf externe Entwicklungspartner.

LCM mit Neuauslegung des E-Motors

“Die Elektromotoren für den Antrieb der Verdichterräder sind das Herzstück in FCAS-Systemen. Mit der kompletten Neuauslegung dieses Elektromotors hat LCM einen unentbehrlichen Beitrag zum gelungenen Innovationssprung und Wettbewerbsvorsprung geleistet”, erklärt Pankl Turbosystems-Geschäftsführer Gerhard Krachler.

Konkret hat es neun Monate gedauert, bis das LCM-Team rund um Hubert Mitterhofer und Josef Passenbrunner die ersten Funktionsmuster für den Elektromotor lieferte. Diese erfüllten die Erwartungen von Pankl und liefern Drehzahlen von bis zu 140.000 U/min und eine Nennleistung von 22kW. In diesem Sinne könnte ein FCAS von Pankl Turbosystems, in dem ein von LCM ausgelegter Motor arbeitet, schon bald bei einem Stratosphärenflug an Bord sein, heißt es.

Im Auftrag der britischen Stratospheric Platforms Ltd, eines Herstellers von Bauteilen für die Luft- und Raumfahrt, hat Pankl gemeinsam mit weiteren internationalen Unternehmen an der Entwicklung eines unbemannten Zero-Emission-Flugobjekts gearbeitet: “Selbst wenn dieses Projekt noch in einem sehr frühen Stadium ist, unterstreicht es die enorme Dynamik in der Brennstoffzellen-Technologie”, so Krachler weiter.

“Begrenzter Bauraum”

So unterschiedlich die Einsatzgebiete der FCAS sind, haben sie doch eine Gemeinsamkeit: Der Bauraum ist immer extrem begrenzt. Mithilfe der LCM-Software-Plattform “SyMSpace” konnte aus dieser Not eine Tugend gemacht werden. Damit wurden alle Komponenten – von der Baugröße des Motors über die Materialauswahl bis zur Dimensionierung jedes Bauteils – so aufeinander abgestimmt, dass die errechnete Motorauslegung nicht mehr verbessert werden kann, wie es in einer Aussendung heißt.

“Aus mehreren tausenden Varianten entsteht auf diese Art ein Elektromotor in der geforderten Baugröße, der in der Simulation 97 Prozent Wirkungsgrad erreicht. Es lässt sich kein Parameter weiter verbessern, ohne einen anderen zu verschlechtern”, erklären Passenbrunner und Mitterhofer.

Welches enorme Potential Brennstoffzellen haben, unterstreicht auch das Projekt SkalTABs (skalierbares Thermomanagement und Antriebsstrang für Brennstoffzellen-Nutzfahrzeuge). In dem vom deutschen Bundesministerium für Wirtschaft und Energie geförderten Forschungsprojekt arbeiteten mit der Rheinisch-Westfälischen Technischen Hochschule Aachen (RWTH) neben Infineon, GreenIng, AVL LIST und MACCON auch Pankl Turbosystems zusammen.

Das Ziel war es, für mittelständische Unternehmen und Fahrzeughersteller mit kleineren Stückzahlen einen Baukasten für verschiedene Leistungsstufen eigener Brennstoffzellensysteme zu erforschen: “Selbstverständlich war auch unser gemeinsam mit LCM entwickeltes FCAS mit an Bord”, sagt Krachler. Weitere Förderprojekte für Antriebssysteme im Megawatt-Bereich werden gerade vorbereitet.

Award für LCM mit Signalwirkung

Dass LCM und Pankl Turbosystems für ihr Projekt mit dem OVE Innovation Award ausgezeichnet werden, hat für Hoffelner Signalwirkung. Gerade bei nicht-fossilen Antriebtechnologien sei Reichweite das entscheidende Kriterium: “Reichweite ist immer eine Frage der Effizienz. Je effizienter Antriebsysteme arbeiten, desto mehr Reichweite ist möglich. Mit der Zusammenarbeit am FCAS haben wir die Grenzen des Möglichen gemeinsam ein wenig verschoben”, sagen Hoffelner und Krachler.

Bernhard Jakoby, OVE-Juryvorsitzender und Vorstand des Instituts für Mikroelektronik und Mikrosensorik an der Linzer Johannes Kepler Universität (JKU), begründet die Entscheidung LCM zu prämieren wie folgt: “Das ausgezeichnete Projekt zeigt wieder einmal, dass es in Österreich gelingt, innovative Technologien aus der Forschung in die Praxis zu bringen und am Weltmarkt zu etablieren.”

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