20.12.2023

„Die Periode sollte kein Tabu, sondern Teil des Arbeitsalltags sein“

Startups! Sprecht mit euren Teams über die Periode. Rika Mader, Business Lead der erdbeerwoche, verrät, warum.
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Rika Mader, Business Lead der erdbeerwoche (c) Viktoria Waba

Der Artikel erschien zuerst in unserem neuen Printmagazin in der Ausgabe Dez/2023. Mehr darüber könnt ihr hier erfahren.

Rosen sind rot, stachelig und genießen gesellschaftliches Ansehen – dasselbe sollte auch auf die Menstruation zutreffen. Dennoch genießen Rosen eine weitaus höhere gesellschaftliche Akzeptanz als die Monatsblutung menstruierender Personen, und das, obwohl Menstruationsblut meist genauso rot ist wie Rosenblätter, Periodenschmerzen meist viel stärker sind als jene durch stechende Rosendornen und das Auftreten der „Regel“ lediglich ein Hinweis darauf ist, dass der menstruierende Körper genau das tut, was ihm die Evolution in die Wiege gelegt hat.

Wir fragen uns also: Warum wird Menstruationsblut – vor allem am Arbeitsplatz – tabuisiert und Rosen nicht? „Weil wir in einer Gesellschaft leben, in der menstruierende Personen jahrhundertelang ihre Periode versteckt haben“, erklärt Rika Mader, Business Lead der Perioden-Aufklärungsplattform erdbeerwoche.

Nur elf Prozent sprechen über die Periode

Eine Umfrage von erdbeerwoche zeigt: Nur elf Prozent der menstruierenden Arbeitnehmenden sprechen über ihre Periodenschmerzen am Arbeitsplatz. Ganze 43 Prozent der Befragten bleiben wegen Regelschmerzen allerdings zu Hause; zum Großteil unter einem Vorwand. Mehr Perioden-Akzeptanz und -Awareness würde also nicht nur den Arbeitsalltag menstruierender Personen erleichtern und verzerrten Ausreden vorbeugen, sondern auch das Unternehmen selbst auf ein höheres Produktivitätslevel heben, meint Mader. Der Schlüssel dazu sei das sogenannte zyklusorientierte Arbeiten.

„Um im Unternehmen zyklusorientiert zu arbeiten, braucht es vor allem eines: keine Tabus“, sagt Mader. „Startups haben dafür beste Voraussetzungen: Für zyklusorientiertes Arbeiten braucht es nämlich in erster Linie Vertrauen zu Arbeitnehmenden und die Übergabe von Selbstverantwortung.“

Der Perioden-Benefit

Mit ihrer Arbeit richtet sich Mader nicht nur an junge Generationen, sondern auch an Unternehmen – denn mit Menstruationsblut kann man auch dort ziemlich gut (strategisch) arbeiten „Periodenbasiertes Arbeiten öffnet Unternehmen einige Türen, und zwar nicht nur im Hinblick auf Produktivität, Umsatz und den Unternehmenserfolg, sondern auch im Hinblick auf die Positionierung am Arbeitsmarkt.“ Damit ermutigt Mader junge Gründer:innen dazu, ihr Business bereits geschlechter- und periodengerecht zu starten: „Wenn sich Startups gleich im Business-Aufbau geschlechtergerecht und emanzipiert ausrichten, hebt das ihren Wert am jungen Arbeitsmarkt enorm. Die Periode sollte kein Tabu, sondern Teil des Arbeitsalltags sein.“

Der vierphasige Monatszyklus im Unternehmen

Die meist fünf Tage dauernde Blutungsphase – auch bekannt als Periode, Regel oder Menstruation – kommt im Regelfall monatlich. Abweichungen sind dabei genauso normal wie die Norm: „Jede menstruierende Person erlebt ihren Monatszyklus anders. Deshalb gibt es auch kein universelles Regelwerk für zyklusorientiertes Arbeiten“, erklärt Mader. Hinter der Periode stecken vier Zyklusphasen, die sich auf die körperlichen und psychischen Leistungen der Menstruierenden auswirken: die Follikelphase, der Eisprung, die Lutealphase und die Menstruation. „Der Clou an zyklusorientierter Arbeit ist, die eigenen Produktivitätsphasen im Zyklus zu erkennen und Arbeitsabläufe an diese anzupassen“, erklärt Mader.

Zyklusorientiert arbeiten Organisationen also dann, wenn sie menstruierenden Mitarbeitenden die Möglichkeit geben, Arbeitsaufgaben und Abläufe nach ihren Zyklusphasen zu planen. Beispielsweise sind Menstruierende in der Follikelphase, also vom ersten bis zum vierzehnten Zyklustag, am produktivsten und kreativsten – in dieser Phase bieten sich also Präsentationen, kreative Aufgaben und körperliche Arbeiten an.

„Alle anderen Phasen sind sehr individuell“, erklärt die Expertin. Beispielsweise können Menstruierende in der prämenstruellen Phase, also in den Tagen vor ihrer Monatsblutung, über 100 verschiedene Symptome verspüren. „Universell regeln lässt sich da nichts. Ich muss selbst herausfinden, wie und wo Möglichkeiten bestehen, dass ich meinen Arbeitsalltag an meinen Zyklus anpassen kann“, empfiehlt Mader und appelliert an Flexibilität, Verständnis und Offenheit vonseiten der Arbeitgebenden.

„Wenn ihr die Möglichkeit habt, dann gebt euren menstruierenden Mitarbeitenden Flexibilität zur Zyklusorientierung.“ Potenzielle Ergebnisse sind unter anderem mehr Produktivität, mehr Zufriedenheit, weniger Scham am Arbeitsplatz und ein rundum zyklus- und frauenfreundliches Unternehmen. „Und im Endeffekt ein einzigartiges Employer Branding, das junge Arbeitskräfte anziehen und halten kann“, ergänzt Mader.

Dear Diary, I am bleeding

Damit Menstruierende ihren Arbeits- und Monatszyklus tracken können, empfiehlt Mader, das körperliche sowie psychische Befinden in den Zyklusphasen mitzuschreiben, und zwar im klassischen Tagebuchmodus. Auf der Website von erdbeerwoche sind Zykluskalender im Großformat download- und ausdruckbar.

„Um den Zyklus zu tracken, sollten sich Menstruierende den Tag in ihrem Monatszyklus und das jeweilige Befinden notieren“, erklärt Mader. Wie in so vielen Bereichen ist Durchhaltevermögen auch hier der Schlüssel zum Erfolg: „Es bringt nichts, wenn man das nur einen Monat macht. Man braucht drei bis vier Monate, dass man im besten Fall Muster und Tendenzen im körperlichen und psychischen Befinden erkennen kann“, sagt Mader.

„Unsere Umfragen zeigen erhebliche Produktivitätsverluste bei Personen, die während ihrer Periode mit Schmerzmitteln arbeiten“, führt Mader weiter aus. Im selben Atemzug spricht sich die studierte Finanzmanagerin nicht nur für den Menstrual Leave, also für bezahlte freie Tage bei Periodenschmerzen, sondern auch für ein gänzlich zyklusorientiertes, flexibles Werte- und Einstellungssystem in Unternehmen aus.

Rosen sind rot, Menstruationsblut ist es auch

50 Prozent unserer arbeitenden Bevölkerung menstruieren. Das sind 50 Prozent, die einen Impact auf die Wirtschaftsleistung unseres Landes haben, und das sind 50 Prozent all jener, die sich Jahrzehnte lang mit Tampons in den Fäusten und Binden in den Hosentaschen auf Toiletten geschlichen und in Badezimmern vor etwas gefürchtet haben, was heute schon lange zur Normalität gehören sollte: nämlich das Thematisieren und Priorisieren des eigenen körperlichen und psychischen Wohlbefindens.

Dass die Umsetzung von zyklusorientiertem Arbeiten ein Privileg von Akademiker:innen-Bürojobs ist, dessen ist sich Rika Mader bewusst. Die Pionierin fordert deshalb mehr branchen- und berufsgruppenübergreifende Priorisierung, vor allem im Gesundheits- und Pflegewesen.

„Ich kann nur einen Wunsch äußern, nämlich das Hoffen, dass es nicht mehr darum geht, dass Krankenschwestern, die meist sehr soziale Wesen sind, mit extremen Schmerzen arbeiten müssen. Ich hoffe, dass es zyklusorientiertes Arbeiten, oder zumindest mehr Bewusstsein für die Periode, in systemrelevante Branchen wie das Gesundheits- und Pflegewesen schafft. Und ich hoffe, dass es auch in solchen Organisationen Möglichkeiten geben wird, Arbeitsstrukturen flexibel und zyklusorientiert auszurichten – für die Gesundheit der Arbeitenden!“

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Lithoz, Kiefer-Implantat, 3D-Druck, OP, Kiefer OP, Zahnersatz
(c) David Bohmann - Das erste Keramik-Kiefer-Implantat aus dem 3D-Druck.

Es sei “ein echter Meilenstein in der Medizingeschichte und noch dazu Made in Vienna”, vermeldet das Wiener Technologieunternehmen Lithoz: Erstmals wurde einem Patienten erfolgreich ein 3D-gedrucktes Kieferimplantat aus Keramik unter der Knochenhaut eingesetzt. Lithoz hat das im Zuge eines Forschungsbeitrages möglich gemacht: Das in Wien produzierte Implantat könnte künftig die Behandlung von Patienti:nnen grundlegend verändern, etwa nach der Entfernung von Teilen des Kiefers bei Krebserkrankungen oder bei schwerem Kieferknochenschwund infolge von Alterserscheinungen, so die Hoffnung. Bisher waren aufwendige, mehrfache Knochentransplantationen notwendig.

Lithoz: Implantat ermöglicht schonendere Behandlung

Nach dem Verlust von Zähnen oder bei bestimmten Krebserkrankungen bildet sich in einigen Fällen der Kieferknochen zurück. Das macht die Verwendung von herkömmlichem Zahnersatz nahezu unmöglich. Bei starkem Knochenschwund sind bisher noch aufwendige Knochentransplantationen notwendig.

Der Forschungsbeitrag, der im Rahmen der EU-geförderten Initiative INKplant auch in Kooperation mit der Medizinischen Universität Wien stattfand, soll das ändern: “Gerade für ältere Patient:innen sind solche Operationen immens schwierig. Unser neues subperiostales Kieferimplantat aus dem 3D-Drucker ermöglicht nun eine deutlich schonendere Behandlung. Das Implantat hat sich nach 60 Tagen als klinisch stabil erwiesen – das ist ein entscheidender Durchbruch in der Behandlung stark atrophierter Kiefer”, erklärt Johannes Homa, Geschäftsführer der Lithoz GmbH.

Das subperiostale Implantat wird aufgrund der guten Körperverträglichkeit des Materials aus Keramik gefertigt und erfordert gegenüber konventionellen Titanimplantaten nur einen einzigen Eingriff. Die Heilungsdauer soll so um rund 75 Prozent verkürzt und ein übermäßiges Trauma für die Patient:innen vermieden werden.

OP in Linz durchgeführt

“Da das Implantat aus biokompatiblem, hochfestem Zirkoniumdioxid hergestellt wurde, war kein Knochenaufbau notwendig und nur ein einziger chirurgischer Eingriff erforderlich. Diese Entwicklung war dank der guten Zusammenarbeit eines interdisziplinären Teams bestehend aus 19 Partner:innen aus Forschung, Medizin und Technik möglich”, sagt Homa.

Die Operation wurde heuer unter der Leitung von Christoph Staudigl im Kepler Universitätsklinikum in Linz durchgeführt. Eine klinische Studie des Verfahrens soll folgen.

Lithoz
(c) David Bohmann – (v.l.) Alice Elt (Lithoz, PR-Managerin), Norbert Gall (Lithoz, Marketingleiter), der Wiener Wirtschaftsstadtrat Peter Hanke, Johannes Homa (Lithoz, Gründer und Geschäftsführer), Christin Mayer (Lithoz, Campaign Manager Medical)

Ursprünglich als Spin-off der Technischen Universität Wien gegründet, forscht Lithoz bereits seit 2021 an der Verschmelzung verschiedener Biomaterialien für die additive Fertigung von Medizinprodukten und investierte seit der Gründung 2011 über zwei Millionen Euro in die Weiterentwicklung der Technologie.

Seit 2012 unterstützte die Wirtschaftsagentur Wien das Unternehmen in mehreren Förderprogrammen mit rund einer Million Euro. Heute beschäftigt Lithoz mehr als 150 Mitarbeitende an vier Standorten weltweit, davon arbeiten allein 145 Mitarbeitende an zwei Standorten in Wien.

Lithoz: In 13 Jahren vom Startup zum Technologiebetrieb

“In nur wenigen Jahren hat sich Lithoz vom Startup zum erfolgreichen Marktführer in seinem Technologieumfeld entwickelt. Mit dem Kieferimplantat untermauert der Betrieb das enorme Innovationspotenzial des keramischen 3D-Drucks für die Medizin. Mit unserer Expertise und gezielten Förderungen konnten wir das Unternehmen auf dem Weg zum Erfolg begleiten – und die Unterstützung hat sich gelohnt: Heute erwirtschaftet das Wiener Unternehmen einen Jahresumsatz im hohen zweistelligen Millionenbereich und reiht sich damit in die wachstumsstarke Life Science- und Medizintechnologie-Branche ein”, sagt Gerhard Hirczi, Geschäftsführer der Wirtschaftsagentur Wien.

“Der Vorzeigebetrieb Lithoz schreibt mit seinem wegweisenden Kieferimplantat aus dem Keramik-3D-Drucker Medizingeschichte”, sagt auch Wirtschaftsstadtrat Peter Hanke. “Das ist ein weiteres Beispiel für die zahlreichen Wiener Unternehmen, die ebenfalls in ihrer Branche Weltmarktführer sind. Die rasante Entwicklung des Unternehmens ist sensationell und rückt Wien als Hightech-Standort ins internationale Rampenlicht.”

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