18.10.2021

“Die Höhle der Löwen” mit EduTech, Fleischersatzpulver und Xylit

In dieser Folge der "Höhle der Löwen" sah man ein EduTech-Startup, das unter anderem Schüler mit Nachhilfelehrern verbindet, Seifenstreuer und eine Snus-Konkurrenz. Zudem setzte ein Gründerpaar auf ihre haltbare Fleisch-Alternative.
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Seitan, Höhle der Löwen
RTL / Bernd-Michael Maurer - Nicole und Bernd Sell überzeutten nicht bloß mit ihrem Fleischersatzpulver.
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Die ersten in der „Höhle der Löwen“ – die immer montags um 20.15 Uhr bei VOX sowie jederzeit auf Abruf über TVNOW.at zu sehen ist – waren Patrick Fuchs und Michael Gueth. Ihr Scooper ist ein Energy-Beutelchen für die Mundhöhle.

Für mehr Konzentration

Ob Autofahrer:innen, Student:innen oder Geschäftsleute – das eine Gefühl kennen viele Menschen: Die Konzentration schwindet. Oft greifen jene in solchen Momenten zu koffeinhaltigen Getränken wie Kaffee, Cola oder Energydrinks. “Aber immer dann, wenn ich einen schnellen Wachmacher brauche, ist er nicht griffbereit”, erläuterte Fuchs den Löwen. “Bei Scooper ist das komplett anders: Dose öffnen, einen Scoop entnehmen und dann entweder unter die Oberlippe oder in die Seitentasche der Backe legen. Das Geniale ist, dass man innerhalb kürzester Zeit den Energy-Boost bekommt. Zusätzlich sorgt er für einen frischen Atem und einen guten Geschmack im Mund.”

Höhle der Löwen, Scooper
(c) RTL / Bernd-Michael Maurer – Patrick Fuchs (l.) und Michael Gueth präsentierten mit Scooper ein Energy-Pad für die Mundhöhle.

Ein Scoop enthält 40 Milligramm reines, natürliches Koffein aus echten Kaffeebohnen in Pulverform. Das entspricht etwa einem Espresso, sowie Vitamin B5, Aromen, und den Zuckerersatzstoff Xylit. Durch die Aufnahme über die Mundschleimhäute gelange das Koffein direkt ins Blut und erziele damit eine sofortige Wirkung. Die Gründer bieten Scooper in den vier verschiedenen Geschmacksrichtungen “Cool Grapefruit”, “Iced Cola”, “Iced Caramel Coffee” und “Fresh Mint” an. Die Forderung: 150.000 Euro für 50 Prozent der Firmenanteile.

“Seltsames Erlebnis”

Vor der Kostprobe zeigten sich alle Löwen von den Produkten geruchlich angetan. Danach meinte Konzernchef Nils Glagau allerdings, der bittere Nachgeschmack des Koffeins wäre spürbar. Beauty-Queen Judith Williams sagte, dass es ein “seltsames Erlebnis” sei, den Scoop im Mund zu haben. Es wäre nicht sehr sexy. Sie stieg ohne Angebot aus.

Multi-Investor Carsten Maschmeyer brachte ins Spiel, dass es sehr viele Konkurrenten gebe, während Glagau einwarf, dass Scooper nicht die Energy-Revolution sei. Er kenne überlegenere Produkte. Nach dieser Absage ging auch Maschmeyer, der bereits selbst in drei “Koffein-Startups” investiert ist.

Die Gründer kämpften und argumentierten. Der LEH-Experte Ralf Dümmel lobte danach das Startup, war aber ebenso wie Maschmeyer bei ähnlichen Produkten dabei. Familien-Investorin Dagmar Wöhrl hingegen hatte Ideen, wie man mit Scooper agieren könnte. Sie bot die gewünschte Summe für 50 Prozent. Deal für Scooper.

Haltbare Fleisch-Alternative in der “Höhle der Löwen”

Die nächsten, die sich in die “Höhle der Löwen” wagten, waren Nicole und Bernd Sell. Sie präsentierten mit Early Green eine vegane Fleischalternative. Als Nicole ihre Ernährung auf fleischlos umstellte, testete sie diverse Fleischersatzprodukte. Doch die meisten davon haben die Gründerin nicht überzeugt: “Viele von denen haben keine besonders lange Haltbarkeit. Schon nach einer Woche sind sie verdorben.”

Ihr Mann nahm sich diesem Problem an und der begeisterte Hobbykoch fand in Seitan, bekannt aus der klassischen japanischen Küche, eine Alternative: “Seitan ist in der vegetarischen und veganen Küche sehr beliebt, weil es eine fleischähnliche Konsistenz hat. Aber, zubereitetes Seitan ist kühlungspflichtig, damit es nicht verdirbt.”

RTL / Bernd-Michael Maurer – Nicole und Bernd Sell haben das Fleischersatzpulver Early Green entwickelt.

Um das zu umgehen, hat das Ehepaar eine eigene Fertigmischung entwickelt, die ohne Kühlung auskommt. Die Sorten Burger, Gyros und Steak bestehen aus natürlichen Zutaten und beinhalten keine Konservierungsstoffe, Geschmacksverstärker oder Zusatzstoffe. So geht’s: Die Fertigmischung mit 150 Milliliter kaltem Wasser und zwei Esslöffel Speiseöl vermengen, umrühren und kurz durchkneten, in Form bringen und braten oder grillen. Um den Vertrieb für Early Green auszubauen, benötigten Nicole und Bernd Sell 100.000 Euro und boten dafür 20 Prozent der Firmenanteile an.

Feine Konsistenz

Judith Williams meinte beim Kosten des veganen Burgers, im Vergleich zu anderen Produkten wäre Early Green von der Konsistenz her sehr fein. Auch die Gyros-Variante kam sehr gut weg. Das Alternativ-Steak hingegen wurde größtenteils als gut empfunden, auch wenn es nicht bissfest sei, wie Maschmeyer meinte.

Medien-Investor Georg Kofler kam mit Seitan nicht klar und ging zwar mit Begeisterung für die Gründer, aber dennoch ohne Angebot. Auch Maschmeyer zeigte sich fasziniert von der Präsentation der Sells. Williams reihte sich lobend ein, strich die Saucen hervor, die das Startup ebenfalls im Sortiment führt, hatte aber ebenfalls ein Problem mit Seitan. Die Fertigmischung schmecke zu schwer, sagte sie. Sie riet zu Kichererbsen oder Lupinen und blieb ohne Offerte.

Maschmeyer fehlte das “Fleisch-Mund-Erlebnis”, daher wollte er nicht investieren. Dümmel indes bezeichnete sich als totalen Fleischesser, aber Early Green hätte ihm geschmeckt. Der Vorteil des Pulvers mit der 14-Monate-langen Haltbarkeit wäre “der Wahnsinn”. Er bot 100.000 Euro für 30 Prozent.

Glagau ging in Konkurrenz zu seinem Kollegen, versprach große Unterstützung und bot 100.000 Euro für “nur” 20 Prozent. Die Gründer, die bis dato aufgrund ihrer liebevollen Art zueinander sämtliche Sympathien gewonnen hatten, kehrten nach einem Kuss von der Beratung zurück und boten Dümmel für die 100.000 Euro 25 Prozent an. Deal für Early Green.

Sportwagen oder Baby?

Der nächste in der “Höhle der Löwen” war Nils Freyberg. Der 29-Jährige ist ein begeisterter Autofan und erfüllte sich 2018 den Traum von einem eigenen Sportwagen. Doch seine Freundin stellte ihn kurz darauf vor eine Herausforderung: “Schönes Auto, aber was machen wir, wenn wir ein Kind bekommen? Das muss dann ja wieder weg, weil da gar kein Kinderwagen reinpasst”, meinte sie.

Mit dieser Gefahr im Hinterkopf begab sich der Gründer auf die Suche nach einer Lösung und präsentierte den Löwen gemeinsam mit Partner Tiado Janis Pieperhoff die selbst entwickelte Dachbox unter der Marke Asphaltkind: “Der Fokus liegt auf Aerodynamik, Stabilität, Gewicht und Design”, erklärte er.

RTL / Bernd-Michael Maurer – Nils Freyberg (l.) und Tiado Janis Pieperhoff sind Naturfaser-Experten.

Durch den geringen Luftwiderstand soll der Kraftstoffverbrauch verringert werden. Das Gewicht von unter 20 Kilogramm ermögliche zudem ein unkomplizierteres Montieren sowie mehr Zuladung. Ein elektrisches Schließsystem sorgt per Knopfdruck für das Auf- und Zuschließen.

Problemfall Carbon

Mit dem Credo “leicht spart Energie, aber leicht und CO2-neutral spart Energie und entschleunigt den Klimawandel”, hat Freyberg bei diesem Thema auch den Umweltaspekt im Blick. Denn es werden für die Leichtbau-Dachbox Natur- statt Carbonfasern verwendet. “Flächig verarbeitet wie bei der Asphaltkind-Dachbox, können Flachsfaser-Bauteile ähnliche Eigenschaften wie jene aus Carbon erzielen”, meinten die Gründer. “Der Unterschied liegt bei geringeren Kosten für die Bauteile und keinerlei Kompromisse für unseren Planeten. Denn Carbon ist Sondermüll und unsere Bauteile können überspitzt gesagt auch im Hausmüll entsorgt werden.” Die Forderung: 230.000 Euro für 15 Prozent der Firmenanteile.

Die Löwen lobten die Verarbeitung der Dachbox und erfuhren, dass – ab Sendeaufnahme – der Markteintritt des Produkts in drei bis vier Monaten geplant sei. Kofler und die Löwen bemerkten schnell, dass zwar der Vertrieb der Dachboxen ein Geschäftsfeld des Startups sei, aber der größere Teil des Umsatzes mittelfristig aus der Expertise mit dem Werkstoff kommen würde. Dem stimmten die Founder zu.

“Wette auf Erfahrung”

Maschmeyer und Formel 1 Weltmeister Nico Rosberg trafen sich zum privaten Chat, während Judith Williams ausstieg. Dümmel erklärte darauf, dass b2b nicht sein Feld sei und ging ebenso wie Georg Kofler ohne Deal-Vorschlag.

Rosberg erkannte, dass ein Einstieg eine Wette auf den Erfahrungsvorsprung der beiden Männer wäre. Er sprach alsbald von seinen Netzwerken und bot gemeinsam mit Maschmeyer 230.000 Euro für 25,1 Prozent Anteile. Deal für Asphaltkind.

Die Seifenmühle in der “Höhle der Löwen”

Designer Stefan Hinüber folgte als nächster in der “Höhle der Löwen”. Mit Soapflaker hat er einen nachhaltigen Trockenseifenspender entwickelt. “Noch nie haben wir uns so oft die Hände gewaschen, wie in letzter Zeit. Dabei gibt es vor allem zwei Lager: auf der einen Seite die Flüssigseifen-Verwender und auf der anderen Seite der Festseifen-Nutzer”, erklärte der Gründer.

Aufgrund des unnötigen Verpackungsmülls und des hohen Transportvolumens war und ist die Flüssigseife für den jungen Mann nicht die richtige Alternative. “Durch den Transport der Flüssigseife entstehen 97 Prozent mehr CO2, Abgase und Lieferverkehr, als dies bei fester Seife passieren würde”, fuhr er fort. “Doch das feste Seifenstück kann nach mehrmaligem Benutzen unansehnlich werden und es können sich Rückstände ansammeln. Über diese Problematik habe ich mir als Designer Gedanken gemacht und den Soapflaker entwickelt, der wie eine Pfeffermühle funktioniert. Mit den herausrieselnden Seifenflocken können sie sich dann einfach und hygienisch die Hände waschen.”

RTL / Bernd-Michael Maurer – Stefan Hinüber entwickelte mit Soapflaker eine Alternative für Flüssigseife.

Der feste Seifenkern reicht für rund 500 Handwäschen und besteht aus zertifiziertem Bio-Pflanzenöl. Zudem ist der Soapflaker nachfüllbar. Für den Ausbau seines Unternehmens benötigte Stefan Hinüber 120.000 Euro und bot zehn Prozent seiner Firmenanteile an.

Maschmeyer störte sich am Preis der Nachfüllung von zwölf Euro für zwei Stück Seifenkerne. Und war der erste Löwe, der sich zurückzog. Dümmel erklärte, der “proof of concept” würde fehlen, kein Umsatz wäre da, dafür wäre die Bewertung sehr hoch. Der Gründer argumentierte mit einer gängigen Berechnungsmethode aus den USA.

Kundenanbindung?

Williams erzählte danach vom “Sausebrause” (Schaumseife in Tablettenform), bei dem sie investiert sei und ging ebenso ohne Angebot. Glagau und Wöhrl fanden Soapflaker nicht praktikabel. Wöhrl irritierte danach mit der Aussage: “man müsse ja beim Gründer Nachfüllungen nachkaufen und wäre abhängig”. Dies sah Maschmeyer nicht als Nachteil und sagte sinngemäß, man wolle doch, dass der Käufer zurückkehre.

Dümmel haderte zwar wegen der Bewertung, machte aber schlussendlich ein Angebot. Er wollte mit 120.000 Euro für 30 Prozent einsteigen. Deal für Soapflaker.

EduTech in der “Höhle der Löwen”

Der letzte Auftritt in der “Höhle der Löwen” gebührte Matthias Schadhauser und Philipp Kramer. Ihr Motto: “Aus Old School machen wir New School”. Seit über zehn Jahren gibt Schafhauser Nachhilfe und bereitet mit seinem Institut Schüler:innen auf die Mathe-Matura (Abi) vor. Dabei fiel ihm auf, dass sich ein klarer Trend zu digitalen Mitschrift-Hilfen in Form von Tablets abzeichnet. Auf kurz oder lang kam allerdings immer das gleiche Problem auf: Dokumenten-Chaos.

“Wahnsinnig viele Ordner, etliche unbenannte Dokumente und die auch noch verteilt auf ganz viele verschiedene Apps”, wusste Matthias Schadhauser aus Erfahrung mit seinen Schüler:innen. Mit wryte möchten die Gründer daher das digitale Durcheinander beenden. Die Tablet-App bündelt und automatisiert die Schulmaterialien und soll den klassischen Rucksack langfristig ersetzen.

RTL / Bernd-Michael Maurer – Matthias Schadhauser (r.) und Philipp Kramer erkannten mit Wryte, einer All-In-One Schul-App, den Trend der Zeit.

Im Detail: Zu Beginn eines Schuljahres wird der Stundeplan in der App gespeichert. Automatisch generiert wryte dann für jedes eingetragene Fach einen Ordner auf dem Schreibtisch, in dem fortan in digitalen Heften handschriftlich Mitschriften erstellt oder Arbeitsblätter und Fotos hochgeladen und bearbeitet werden können.

Nachhilfe-Feature

Zudem öffne die smarte App aufgrund des hinterlegten Stundenplans zur richtigen Zeit das richtige Schulheft. Weitere Features sind bereits in Planung. So sollen sich z.B. zukünftig die Schüler:innen bei kurzen Fragen mit einem Nachhilfelehrer verbinden, auch für wenige Minuten, und gleichzeitig mit diesen im eigenen Heft arbeiten können. Für die Weiterentwicklung der App und Marketingaktivtäten benötigten Matthias Schadhauser und Philipp Kramer 300.000 Euro und boten den Löwen zehn Prozent ihrer Firmenanteile an.

Zwei Wochen nach dem Start im App-Store nutzen bereits 200.000 Test-User die App. Williams fiel nach dieser Information mit Regierungskritik auf und meinte, dass man Eltern im “Home Schooling” allein gelassen habe. Dümmel indes fand besonders an dem Nachhilfe-Feature gefallen, könne aber bei diesem Thema nicht unterstützen, wie er meinte.

Lehrer alter Schule?

Rosberg zeigte sich nicht überzeugt, dass das Startup führend in Sachen Schul-Digitalisierung sein könne. Er und auch Wöhrl blieben ohne Angebot. Williams, die vorher sehr vehement das große Problem mangelnder politischer Unterstützung in diesem Bereich angesprochen hatte, meinte zu wissen, dass viele Lehrer für Digitales nicht bereit wären. Zudem würde sie selbst nicht wissen, wie man sich mit der App an Schulen anbinden könne. Und stieg aus.

Nils Glagau glaubte zwar an die Gründer und mochte den rebellischen Ansatz des Startups, den Druck im EduTech-Bereich von unten aufzubauen. Jedoch kenne auch er das Beamtentum, das sich weigern würde, digital zu agieren. Auch der fünfte Löwe blieb ohne Offerte. Kein Deal für wryte.

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Das Gründerteam Christian Hill und Gerhard Prossliner © BRAVE Analytics, Leljak

Das Grazer Spin-off BRAVE Analytics wurde von Christian Hill und Gerhard Prossliner im Jahr 2020 gegründet. Den Gedanken an ein gemeinsames Unternehmen gab es schon einige Zeit davor an der MedUni Graz. Nach erfolgreicher Dissertation und dem FFG Spin-off Fellowship kam es zur Ausgründung, zu ersten Kund:innen und einem Standortwechsel. Und schließlich zur erfolgreichen Einbindung in den Life Science Cluster Human.technology Styria unterstützt von der Steirischen Wirtschaftsförderung SFG.

Mittlerweile zählt BRAVE Analytics ein 14-köpfiges Team und sitzt im ZWT Accelerator in Graz, einem Kooperationsprojekt zwischen SFG und Medizinischen Universität Graz.

Das Team von BRAVE Analytics (c) © BRAVE Analytics, Leljak

Mut in der Geschäftsphilosophie

BRAVE Analytics steht für Mut in der Geschäftsphilosophie der beiden Gründer und des gesamten Teams: Christian Hill und Gerhard Prossliner fühlen sich “zu Entdeckungen hingezogen und lieben es, die Dinge aus einem völlig neuen Blickwinkel zu betrachten. Und genau diesen Spirit leben wir auch im Team.”

Wahrlich hat das Gründerduo mit seinem Spin-off das Forschungsgebiet Life Science in ein neues Licht gerückt: Denn BRAVE Analytics beschäftigt sich mit der automatisierten Qualitätssicherung für Pharma-, BioTech-Produkte, Wasser, Mineralien und Chemikalien. “Und das auf Partikel-Ebene. Das Ganze nennt sich Partikel-Charakterisierung und -Analytik”, erklärt Co-Founder Hill im Gespräch mit brutkasten.

Neu ist die Technologie insofern, als dass die Partikel-Analyse direkt im Herstellungsprozess von Pharmaprodukten passiert. Also integriert, das heißt weder vor- noch nachgelagert, und damit effizient und kostensparend. “Damit machen wir eine sogenannte Prozessanalytik im Nano-Bereich”, erklärt Co-Founder Hill.

Die Lösung für ein Bottleneck

Damit haben die beiden Gründer zusammen mit ihrem Team eine Lösung für ein bis dato bestehendes “Bottleneck in der Industrie” geschaffen. Mit den modularen Messgeräten von BRAVE Analytics kann die Qualität von Produkten im Pharma- und BioTech-Sektor nämlich in Echtzeit gemessen werden. Das Kernstück der Lösung bildet die vom Spin-off eigens entwickelte, mehrfach patentierte OF2i Technologie.

Doch bekannterweise benötigen Life-Science-Lösungen wie diese einen breiten Umfang an Forschungsinfrastruktur, der sich gerade für frisch gegründete Spin-offs schwer stemmen lässt. Und: Es braucht die richtigen Verträge, das richtige Kapital und das richtige Team. Auf der Suche danach gab es für BRAVE Analytics einige Schlüsselmomente, wie Co-Founder Hill im Gespräch mit brutkasten erzählt.

Der Standort für Life Science Startups

Die ersten Hardware-Aufbauten und Experimente fanden an der Medizinischen Universität Graz statt, die von den Anfängen mit Infrastruktur und Forschungspersonal unterstützte, die Universität Graz deckte die Bereiche Theorie und physikalisches Modelling und in Kooperation mit dem FELMI/ZFE der Technischen Universität Graz wird seit 2022 ein Zusatzmodul entwickelt.

Beim Schutz des geistigen Eigentums standen die Medizinische Universität Graz, die Steirische Wirtschaftsförderung SFG und die Forschungsförderungsgesellschaft FFG als helfende Hände zur Seite. Konkret mit Unterstützung für die Erarbeitung von Exklusiv-Lizenzen, Agreements und generell mit dem Know-how, wie man eine Firma aufbaut. Hier waren uns auch das Unicorn der Universität Graz, die Gründungsgarage und der Science Park Graz eine große Hilfe”, so Prossliner.

“Wir sind klassische Science-Preneure”

Die fachspezifische Unterstützung kam im richtigen Moment: “Wir sind die klassischen Science-Preneure. Unser Background ist das Universitäts- und Ingenieurswesen. Für uns war es wichtig zu lernen, wie man in das Unternehmertum reinkommt und den Produkt-Market-Fit findet. Man muss diese Produktverliebtheit, die man als Erfinder meistens hat, loswerden. Und das passiert ganz viel durch Learning by Doing.”

Besonders hilfreich habe sich vor allem das Bootcamp des FFG-Spin-off-Fellowship und das LBG Innovator’s Road Programme erwiesen, welche “eine schrittweise Einführung für den Weg von der Wissenschaft in Richtung Unternehmung” geboten haben, so Hill. Förderungen erhielt das Spin-off außerdem von der Forschungsförderungsgesellschaft FFG, der Austria Wirtschaftsservice aws, der Steirischen Wirtschaftsförderung SFG und auf EU-Ebene.

Die Szene, die “Gold wert” ist

Nicht nur “by doing”, sondern vor allem auch “von anderen, die die gleichen Themen, Probleme und Potenziale haben”, hat das Startup im Aufbau sehr viel an Know-how und Erfahrung gewonnen. “Das Peer-Learning ist für uns einer der wichtigsten Wissensfonds”, so Co-Founder Prossliner im Interview.

Ein dafür zugeschnittenes Netzwerk gibt es in der Grazer Life Science Szene: “Auch abseits institutioneller Veranstaltungen befinden wir uns hier in einem sehr lebendigen Startup-Umfeld. Vieles passiert auf Eigeninitiative von Gründer:innen. Das Startup-Leben hier ist wirklich Gold wert.”

Global Player nur “fünf Rad-Minuten entfernt”

“Wir sind Hardware-Hersteller, wir brauchen Hochpräzisionsfertiger für unsere Prozesstechnologie. Die Steiermark und insbesondere Graz haben sich zu einem Stakeholder-Nest der besonderen Vielfalt entwickelt. Kooperationspartner aus Industrie, Wirtschaft und Forschung sitzen hier in unmittelbarer Nähe. Wir finden Experten, Lieferanten und Fertiger mit extremer Präzision und einer super Verlässlichkeit”, erzählt Prossliner und meint weiter: “Wir arbeiten hier in einem sehr engen Umfeld mit einer sehr schnellen Dynamik. Das ist unglaublich wertvoll.”

Ein ganzes Stakeholder-Feld mit internationaler Spitzenstellung findet sich also im Grazer Becken. Oder, wie es Gründer Prossliner erneut unterstreicht: “Da sind Global Player dabei, die wir in wenigen Rad-Minuten erreichen. Man muss also nicht gleich nach Asien oder in die USA, das Netzwerk gibt es hier auch.” Nicht umsonst spricht man seit geraumer Zeit von der “Medical Science City Graz” – mit Playern wie der Medizinischen Universität und dem Zentrum für Wissens- und Technologietransfer ZWT im Netzwerk.

Gerhard Prossliner (links) und Christian Hill (rechts) mit der Geschäftsführung des ZWT – Anke Dettelbacher (Mitte rechts) und Thomas Mrak (Mitte links) ©ZWT/Lunghammer.

Besenrein eingemietet

Grund genug auch für BRAVE Analytics, sich hier als aufstrebendes Life-Science-Startup niederzulassen. Nach seinen Anfängen in den Räumlichkeiten der MedUni Graz hat sich BRAVE Analytics nämlich im ZWT Accelerator einquartiert: “Wir waren unter den Ersten, die hier eingezogen sind. Als alles noch ziemlich besenrein war.”

Mittlerweile wird auch mit anderen dort sitzenden Startups stockwerkübergreifend genetzwerkt. Sei es im Stiegenhaus, bei Weihnachtsfeiern oder informellen ZWT-Treffen. Manchmal wird auch gemeinsam gefrühstückt und in den Abendstunden philosophiert. Daneben gibt es regelmäßige Get-Together-Formate wie das ZWT-Frühstück. Im Zuge der Startupmark finden auch themenspezifische Kooperationsformate wie der Life Science Pitch Day, ein exklusives Pitchingevent für Startups und Investor:innen aus dem Life Science-Bereich, statt.

Fußläufig flexibel

Thomas Mrak, Geschäftsführer des ZWT, erzählt dazu: “Vernetzung steht bei uns an erster Stelle. Und zwar nicht nur unter Foundern, sondern auch zwischen bereits etablierten Firmen, Unis, Instituten, Professor:innen und Ärzt:innen, die alle flexibel und fast fußläufig zu erreichen sind. Ich würde sagen, das ist die Essenz der Medical Science City Graz und bildet das optimale Umfeld, um als Spin-off Fuß zu fassen.”

Unterstützung gibt es im Grazer ZWT auch mit einer optimalen Infrastruktur und “startup freundlichen” Mietverträgen und Mietkonditionen: “Wir bieten Startups, die bei uns einziehen, ein einzigartiges Preis-Leistungsverhältnis, eine perfekte Ausstattung und sehr flexible Bedingungen. Vor allem hohe Investitionskosten und lange Bindungszeiten sind für Startups schon aufgrund ihrer dynamischen und teils volatilen Entwicklungen sehr kritisch, dabei helfen wir. Je nach Möglichkeit stellen wir nicht nur Büros und Laborinfrastruktur, sondern auch Seminar- und Besprechungsräume zur Verfügung.”

“Wir verstehen uns hier einfach sehr gut”

Unverkennbar gestaltet sich der Life Science Bereich in Graz als multidimensionaler Hub für Startups und Spin-offs – und das nicht nur auf akademischer Ebene: “Wir verstehen uns hier alle untereinander sehr gut. Es gibt kurze Wege, kurze Kommunikationswege und wir arbeiten zusammen auf Augenhöhe. Es klappt einfach zwischenmenschlich”, so Mrak.

BRAVE Analytics-Co-Founder Prossliner empfiehlt dahingehend: “Nutzt das tolle österreichische Förderungssystem. Wir haben hier vonseiten der Forschungsförderungsgesellschaft FFG, des Austria Wirtschaftsservice aws und der Steirischen Wirtschaftsförderung SFG tolle Unterstützung erhalten. Vom ZWT, der MedUni Graz, der Uni Graz und der TU Graz ganz zu schweigen.”

Und: “Bindet schon frühzeitig Kund:innen ein. Nur so ermittelt man die real-life Kundenbedürfnisse potentieller Märkte, und man kann vielleicht auch erste Umsätze generieren, die man wiederum mit Förderungen hebeln kann. Man muss sich schließlich auch finanziell stabilisieren, um für Investor:innen attraktiv zu sein.”

Der Asia Pull für Life Science

Aktuell erarbeitet BRAVE Analytics eine Investitionsrunde. Mittlerweile hält das Spin-off unterschiedliche Produkte und Kunden am Markt. Auch Industriepartner sind vorhanden. Aktuell befinde man sich in der Prescaling-Phase – mit einem starken “Asia Pull”. Interesse kommt nämlich zunehmend von Abnehmern aus Asien, wie Christian Hill erzählt:

“Unsere Technologie eignet sich nicht nur für die Pharmaindustrie, sondern auch für Wasser, Kläranlagen und Mikroplastik – und sogar für die Halbleiterindustrie. Wir bewegen uns hier in einem multidimensionalen Anwendungsfeld, gerade für das Umwelt- und Wassermonitoring. Das zieht viele Kunden aus Übersee an. Jetzt heißt es: die richtigen Schritte setzen und klug skalieren.”

Damit Christian Hill und Gerhard Prossliner ihre Ziele auch weiter verfolgen können, braucht es Menschen, die in den Life Science Sektor investieren: “Life Science ist ein Technologie- und Wissenschaftsfeld, das uns in Zukunft noch viel intensiver begleiten wird. Und auf das wir angewiesen sind”, so Thomas Mrak. Der ZWT-Geschäftsführer appelliert indes: “Es arbeiten so viele tolle Menschen mit persönlicher Motivation in diesem Feld. Diese haben das Potenzial, die Zukunft maßgeblich zu verändern. Doch dafür braucht es finanzielle Unterstützung, fundierte Netzwerke und noch mehr Aufmerksamkeit.”

Mehr Informationen zum steirischen Startup-Ökosystem und der Startupmark sind hier zu finden.

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