02.02.2021

Die gebrannten Kinder der “Gamestop-Revolution”

Schnell reich werden klappt eigentlich nie. Das werden auch die Fußtruppen der "Gamestop-Revolution" merken. Eine tragische Story.
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Gamestop
Nikolaus Jilch | Hintergrund (c) AdobeStock

War es das wert?

Seit rund einer Woche kämpft eine Koalition an Kleinanlegern, die sich via Reddit absprechen, gegen “die Hedgefonds”. Das Mittel ihrer Wahl: Gamestop, AMC, Blackberry, Nokia – und Silber. Vier heruntergekommene Firmen, die von den Hedgefonds geshortet wurden. Und ein Rohstoff. Die Story ist vielversprechend: Volk gegen Elite, Main Street gegen Wall Street, Millennials gegen Boomer. An Drama mangelt es nicht. Hier haben wir das Verhalten des “Neobrokers” Robinhood beschrieben, der seine User fallen lies, als es heiß wurde.

Und ja, die “Redditors” haben einen Punkt. Sie wenden sich gegen Finanzsstars, die Interviews auf CNBC bekommen, um Aktien schlecht zu machen, gegen die sie selbst wetten. Sie tun sich zusammen und werden so zum “größten Hedgefonds der Welt”, wie ein Beobachter anmerkte. Die Kleinanleger testen ihre Macht. Gut so. Aber das alleine ist es nicht. Die Aktion hat auch Schattenseiten. Und man muss sich schon fragen: War es das wert?

Diese Kolumne soll jungen Menschen die Finanzmärkte näher bringen und entmystifizieren. Phänomene wie “Reddit gegen Hedgefonds” können in kurzer Zeit mehr erreichen als Kolumnen, Vorträge und Bücher. Sie können aber auch mehr ruinieren. Viel mehr. Wir haben im Laufe der vergangenen Tage einige Postings auf Reddit gesehen, die von den Medien immer und immer wieder zitiert wurden. Ernsthafte Beteuerungen von Kleinanlegern, die sich an den Wall-Street-Spekulanten rächen wollten für den Schaden den die 2008 angerichtet haben. Herzzerreißende Familiengeschichten. Ernstzunehmende Schicksale. Aber das Ziel der Rache, die Hedgefonds, die gegen Gamestop gewettet hatten, war eher zufällig gewählt. Eine direkte Verbindung der betroffenen Hedgefonds zu 2008 bestand nicht.

Wer kurz nachdenkt, wird auch sofort sehen, dass nicht jeder einzelne der inzwischen sieben Millionen User auf r/Wallstreetbets aus persönlichen Gründen gegen die Hedgefonds wetten kann. Sondern aus denselben Gründen, aus denen ebendiese gegen Gamestop spekuliert haben. Gier. Oder zumindest: Hoffnung. Hoffnung auf Gewinne. Das ist an sich kein Problem, aber es ist weit entfernt von dem edlen Kampf, den manche zu kämpfen glauben. Und es ist eine brandgefährliche Motivation.

Die allermeisten werden verlieren

Das zeigt sich auch an der Ausdehnung der Front. Hätte es wirklich eine Bewegung gegeben, ein paar übermütige Hedgefonds zu bestrafen, dann hätte sich diese auf Gamestop konzentriert, statt in viele Richtungen auszufransen. Stattdessen haben tausende Kleinanleger ihr hart erarbeitetes Geld in die Aktien anderer kaputter Firmen gesteckt oder in Silber, in der Hoffnung auf rasche Profite. Silber hatte gestern einen kleinen Spike. Das wars aber auch schon. Die allermeisten Reddit-Anleger werden leider verlieren. Und wer so leichtsinnig war, wirklich sein ganzes Geld hineinzustecken, wird so rasch nicht zurückkehren an den Finanzmarkt. Gebrannte Kinder.

Das ist traurig. Denn wenn es eine Botschaft gibt, dann jene, dass Anlegen ein Marathon ist. Kein Sprint. Ja, es gibt solche, die Glück haben. Die binnen kurzer Zeit viel Geld mit einer riskanten Wette machen. Und es gibt solche, die große asymetrische Chancen sehen und für ihr Risiko belohnt werden. Frühe Bitcoin-Investoren etwa. Oder der User u/deepfuckingvalue, der seit 2019(!) an der Gamestop-Sache dran war. In beiden Fällen hat es Jahre und harte Nerven gebraucht.

Aber Tausende Gamestop-Käufer haben erst vergangene Woche eingekauft, um binnen weniger Tage viel Geld zu verdienen. Das war die Annahme. Aber wenn etwas zum Massenphänomen wird, dann ist man per Definition nicht mehr “früh dran” und “smart money”. Man ist spät. Und dumm.

Die großen Spekulanten tragen maximal einen Schreck davon

So hart das klingt: Was wir gerade erleben, ist keine Revolution. Ja, die Wut ist echt. Der Wille, etwas zu verändern. Aber die Waffen sind die falschen. Wenn überhaupt, sollten viele Kleinanleger sich jetzt Sorgen machen. Euphorie jeglicher Art ist an den Börsen immer heikel und solche Phänomene entstehen meist, wenn zu viele Menschen im Markt sind, die nicht wissen, was sie da eigentlich tun.

Nun sind die Events der vergangenen Tage freilich kein sicherer Hinweis auf einen Crash oder auch nur eine Korrektur. Aber wenn so etwas kommt, sollte das niemanden überraschen. Die kleinen Spekulanten, die mit GME/AMC/Nokia/Blackberry oder Silber das System stürzen oder wenigstens Kohle machen wollten, sind dann entweder reich (die Allerwenigsten) oder pleite (leider die Meisten).

Nein, das war es nicht wert

Die großen Spekulanten haben maximal einen Schreck davongetragen – aber viele der kleinen Leute, egal ob sie beteiligt waren oder nur zugesehen haben, werden sich angewidert von diesem Finanzmarkt abwenden.

Ausgerechnet in einer Zeit, in der die Kleinanleger erstmals die notwendigen Tools haben, um unter einigermaßen fairen Bedingungen mitzumachen. Ausgerechnet nach Monaten, in denen viele Kleinanleger tatsächlich die institutionellen Investoren schlagen konnten, weil sie nach dem März-Crash furchtlos in den Markt eingestiegen sind. Ausgerechnet in einer Phase von Geldflut und Nullzinsen, in denen Aktien eigentlich alternativlos sind, selbst für Sparer, in der jeder den Kapitalmarkt für sich erobern sollte, aber langsam und mit Plan.

War es das wert? Nein, das war es nicht.


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Die Kurstafel:

🔨 US-Börsenaufsicht genehmigt Ethereum-ETFs endgültig

Es war letztlich nur mehr eine Formalität: Denn dass die US-Börsenaufsicht Ethereum-Spot-ETFs zulassen würde, war schon im Mai klar (siehe Crypto Weekly #141). Damals war die Entscheidung eine Überraschung, denn die meisten Beobachter:innen hatten frühestens mit einer Zulassung im Herbst gerechnet. Bitcoin-Spot-ETFs hatte die Börsenaufsicht einige Monate zuvor, Anfang Jänner, erstmals zum Handel zugelassen.

Im Mai folgte dann die Entscheidung zu den Ethereum-ETFs. Rein formal betrachtet, hatte die Behörde aber “nur” Änderungen von den Antragstellern auf diese ETFs verlangt. Die endgültige Zulassung war noch ausständig. Es hatte aber niemand mehr Zweifel, dass dies geschehen würde.

Diese Woche war es nun so weit. Am Montag erteilte die Börsenaufsicht die entsprechenden Genehmigungen. Und damit waren die Fonds, wie in den USA üblich, bereits am folgenden Handelstag verfügbar und konnten an der Börse gehandelt werden. Eine ganze Reihe an Ethereum-Fonds starteten dann am Dienstag in den Handel - und zwar von BlackRock, Grayscale, 21Shares, Fidelity, VanEck, Franklin Templeton, Bitwise und von Invesco/Galaxy Digital.

📈 Ethereum-Spot-ETFs starten in den Handel

Mit Dienstag waren somit erstmals ETFs in den USA handelbar, die direkt in Ether-Token investieren. Bisher mussten Anleger:innen auf sogenannte Ethereum-Futures-ETFs ausweichen. Diese investieren indirekt in Ether - indem sie Finanzprodukte (Futures) kaufen, die den Ether-Kurs nachbilden. Von den im Jänner zugelassenen Bitcoin-ETFs gab es schon gewisse Erfahrungswerte: Sie werden gemeinhin als sehr erfolgreich betrachtet. 

Unmittelbare Rückschlüsse auf die Ethereum-ETFs lassen sich dadurch aber nicht notwendigerweise ziehen. Allerdings: Dass die großen Vermögensverwalter, die im Jänner ihre Bitcoin-ETFs gestartet hatten, nun auch bei den Ethereum-ETFs dabei waren, lässt schon einmal vermuten, dass sie auch hier eine entsprechende Nachfrage wahrnehmen.

Der erste Handelstag verlief dann auch tatsächlich gut: Abzüglich Abflüssen wurden 107 Mio. US-Dollar in Ethereum-ETFs investiert. “Ein sehr solider erster Tag”, kommentierte Bloomberg-ETF-Analyst James Seyffart in einem Posting auf X. Am meisten Kapital floss dabei in die ETFs von BlackRock (rund 266 Mio. Dollar) und Bitwise (204 Mio. Dollar).

🧐 Der Grayscale-Effekt - jetzt auch bei Ethereum

Bei der Gesamtsumme zu berücksichtigen ist aber der Sonderfall Grayscale: Der Vermögensverwalter unterhielt bisher einen “Ethereum Trust”, den er nun in einen ETF umwandelte. Dadurch wurde es für Anleger:innen viel einfacher, Geld abzuziehen: Ein ETF kann jederzeit an der Börse verkauft werden, beim Grayscale Ethereum Trust war es deutlich komplexer, das eingesetzte Kapital wieder herauszunehmen. 

Gerade solche Anleger:innen, die bereits länger investiert waren, hatten somit einen Anreiz, nach dem Handelsstart der ETFs zu verkaufen. Daher verzeichnete der Grayscale-ETF tatsächlich Abflüsse in Höhe von 484 Mio. Dollar und lastete somit auch auf der Gesamt-Statistik. Überraschend ist dies nicht. Ganz ähnlich war es auch zu Jahresbeginn gelaufen, als Grayscale seinen Bitcoin-Trust in einen ETF umgewandelt hatte.

🤔 Was die ersten Zahlen bedeuten 

Was bedeuten diese ersten Zahlen nun? Sie sind sicherlich ein positives Signal. Gleichzeitig sollte man sie jedoch nicht überbewerten. Über den Erfolg der Ethereum-ETFs entscheiden nicht die ersten paar Tage. Ein klares Bild wird man erst über die nächsten Monate erhalten. 

Wie schon bei den Bitcoin-ETFs hoffen in der Krypto-Branche auch hier viele, dass die Ethereum-ETFs es professionellen Großanlegern einfacher machen, in Ether zu investieren. Deren Kapital, so die Hoffnung, treibt dann langfristig auch den Kurs an. Ob und in welchem Ausmaß dies eintreten wird, wird sich aber erst in Monaten und vielleicht sogar Jahren zeigen. 

Und der Ether-Kurs? Unmittelbar auf die Zulassungen oder auch auf den Handelsstart reagierte er kaum. Was durchaus Sinn ergibt, da die Genehmigungen eben nur mehr eine Formalität waren. Im weiteren Wochenverlauf ging es dann sogar abwärts, weshalb Ether mit einem Minus von fünf Prozent gegenüber den anderen großen Krypto-Assets eine Underperformance aufweist. 

Gut möglich, dass die Investor:innen vermuten, dass nach der Genehmigung der Ethereum-ETFs beim Ether-Kurs nun vorerst die Luft draußen ist - und ein nächster Impuls noch nicht erkennbar ist. Doch auch hier gilt: Dies bezieht sich hauptsächlich auf die Marktbewegungen in der eher kurzen Frist. Über die langfristigen Erfolgsaussichten der Ethereum-ETFs sagt es dagegen nichts aus.


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