08.03.2023

Von Teilzeitdebatten bis Blumen zum Weltfrauentag: Desiree Jonek-Lustyk über eine inklusive Arbeitswelt

Die WoMentor-Gründerin Desiree Jonek-Lustyk gibt fünf Tipps, wie Führungskräfte eine inklusive Arbeitskultur schaffen.
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Désirée Jonek-Lustyk ist die Gründerin von WoMentor © Jana Mack
Desiree Jonek-Lustyk ist die Gründerin von WoMentor © Jana Mack

Mit WoMentor hat Desiree Jonek-Lustyk ein Social Business gegründet, das sich eine faire Teilhabe am Arbeitsmarkt zur Mission macht. Dort werden seit der Gründung 2019 Mentoring- und Coaching-Programme angeboten, die Frauen auf ihrem Karriereweg begleiten. Allerdings sind Mentoring-Programme für Jonek-Lustyk nicht der einzige Weg um mehr Frauen in Führungspositionen zu bringen bzw. eine inklusivere Arbeitswelt im Allgemeinen zu erreichen. Daher fasst sie für Führungskräfte fünf HR-Maßnahmen zusammen, die es für eine inklusive Organisationskultur benötigt. Im brutkasten-Interview spricht die DEI-Beraterin (Diversity, Equity and Inclusion) über ihre Eindrücke zu aktuellen Debatten – von Teilzeit bis Blumen zum Weltfrauentag.


Ereignisse wie die Coronakrise haben Frauen auf dem Arbeitsmarkt auf besondere Art getroffen. Gibt es in der heutigen Zeit Faktoren, die berufstätige Frauen zusätzlich benachteiligen?

Natürlich, und sie sind leider nichts Neues: 

  • Mangelnde Kinderbetreuung und Infrastruktur, die dazu führen, dass viele Frauen Teilzeit oder nur geringfügig arbeiten (können),
  • sehr traditionelle Rollenbilder in Österreich, die eine Mutter ganz klar daheim bei den Kindern vorsehen,
  • teilweise diskriminierende oder unaufgeklärte Arbeitskulturen,
  • fehlende Möglichkeiten eines Aufstiegs,
  • mangelnde Repräsentanz – bspw. von weiblichen Vorbildern in Führungspositionen,
  • der Gender Pay Gap, der (bereinigt) immer noch bei 13 Prozent liegt. 

Was sind deine Gedanken zur aktuellen Teilzeit-Debatte?

Abgesehen von der Tatsache, dass die vorgeschlagenen Kürzungen vor allem Frauen treffen, da in Österreich aktuell fast jede zweite Frau in Teilzeit arbeitet, zeigt die Debatte das große Dilemma unseres aktuellen Wirtschaftssystems auf: Wir messen Arbeit bzw. Leistung immer noch in Stunden, wie in Zeiten der Industrialisierung.

Eines der Ergebnisse meines aktuellen White Papers ist, dass Flexibilität bzw. wie und wann Arbeit geleistet wird, einer der fünf wichtigsten Faktoren für eine gesunde und inklusive Arbeitskultur ist. Das bestätigen übrigens auch Berichte des World Economic Forums. Modelle wie die Vier-Tage-Woche sind Vorreiter, die dazu führen, dass wir auch Care-Arbeit gerecht aufteilen können – und das bei gleicher Arbeitsleistung.

Welche Faktoren bzw. Überschneidungen werden bei berufstätigen Frauen häufig übersehen?

Der Begriff Intersektionalität bedeutet, dass man aufgrund von mehreren Faktoren seiner Person diskriminiert werden kann. Eine schwarze Frau, oder eine Person of Color, erfährt Diskriminierung also nicht nur aufgrund ihres Geschlechts, sondern beispielsweise auch aufgrund ihrer Hautfarbe. Es ist wichtig, sich dessen bewusst zu sein. Das geht Hand in Hand mit der Anerkennung unserer eigenen Privilegien, die vielen von uns ‘in die Wiege’ gelegt werden und die wir uns nicht erarbeiten mussten – wie z.B. unsere Hautfarbe, oder wo wir geboren wurden.

Du plädierst für “mehr Weiterbildung für Führungskräfte, anstelle von Mentoring für Frauen”. Heißt das, du kritisierst Mentoring-Angebote speziell für Frauen?

Nein, ich kritisiere nicht Mentoringprogramme per se. Es ist aber nur eine mögliche Maßnahme von vielen. Sie alleine wird nicht reichen, um wirkliche Veränderung zu bewirken. Die Frage ist, was können wir alle tun, um zu einer gerechteren, inklusiveren Welt beizutragen? Das fängt mit der persönlichen Weiterbildung über Diskriminierung, Privilegien an – und der Frage, was das alles für mich und auch für mein Unternehmen bedeutet.

Was können Unternehmen aktiv tun, damit Gender Equality mehr als nur ein Lippenbekenntnis ist?

Es freut mich sehr, dass viele Geschäftsführer:innen aktuell auf uns zukommen und wissen möchten, was sie machen können, um eine inklusivere Unternehmenskultur zu schaffen – sowohl in der Belegschaft als auch in der Führung. Ich unterscheide zwischen strategischen und operativen sowie zwischen Führungs- vs. Mitarbeiter-getriebenen Maßnahmen. Dabei einen Mix aus allem.

Natürlich kann man als Unternehmen ein Mentoringprogramm für Frauen umsetzen. Wenn in der Führung aber die gleiche, homogene Unternehmenskultur mit beispielsweise 100 Prozent weißen Männern desselben Alters bleibt, fehlt es wahrscheinlich an Bewusstsein und Sensibilisierung in der Führung.

Dafür können Führungskräfte bspw. Trainings wahrnehmen, wie sie einen inklusiven Führungsstil entwickeln können. Weitere mögliche Maßnahmen könnte man zum Beispiel konkret im Recruiting, in der Außenwirkung und Kommunikation oder in der Art und Weise, wie Gehälter und Beförderungen vergeben werden setzen. Es gibt keine allgemeingültige Lösung für jedes Unternehmen. Das muss individuell für jedes Unternehmen strategisch erhoben und entschieden werden.

Désirée Jonek-Lustyk fasst 5 Maßnahmen für eine inklusive Unternehmenskultur zusammen

Was sagst du zu Unternehmen, die ihren Mitarbeiterinnen am Weltfrauentag Blumen schenken?

Toll – ich liebe Blumen! Dazu würde ich mir noch eine Karte wünschen. Mit der Info, was in diesem Jahr umgesetzt werden soll, um eine inklusivere Kultur zu schaffen, oder um Frauen und Minderheiten im Unternehmen stärker zu fördern und einzubeziehen. Dann wird die wertschätzende Botschaft nämlich glaubwürdig und ernstzunehmend.

Dass divers aufgestellte oder geführte Teams nachweislich wirtschaftlich erfolgreicher sind, ist inzwischen relativ weit bekannt. Stimmst du dem zu? Woran hapert es noch, wenn nicht an der Aufklärung?

Tatsächlich sind heterogene Teams nur dann erfolgreicher, wenn sie auch gut gemanagt sind. Nur wenn die Führungskraft versteht,

  • was die Besonderheiten von heterogenen/diversen Teams sind, 
  • sich selbst mit den eigenen Vorurteilen – die wir schließlich alle haben – auseinandergesetzt hat, 
  • dass es sehr wohl einen Unterschied macht, ob man eine Frau, eine Frau mit Kopftuch, einen homosexuellen Mann, eine Person mit Migrationsgeschichte oder mit Behinderung im Team hat, 
  • dass diese Menschen alle unterschiedliche Lebensrealitäten und Bedürfnisse haben, und was man machen kann, um das zu berücksichtigen
  • dann geht die Performance durch die Decke und übersteigt die eines homogenen Teams.

Welche Rolle spielen Männer in eurer Arbeit?

Wir laden alle Gender dazu ein, sich mit dem Thema Diskriminierung und Chancengleichheit auseinanderzusetzen. Allyship – also solidarisch für Andere einzutreten – ist ein wichtiger Faktor, ohne den unsere Arbeit nicht funktioniert. Tatsächlich gibt es nur eine Situation, in der ich es völlig in Ordnung finde, die einzige Frau (und oftmals die Jüngste) in einem Meetingraum zu sein: Wenn ich beauftragt werde zu schulen und aufzuklären zum Thema Chancengleichheit und inklusive Arbeitskultur.

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Tractive, Hauster Versicherung, Insurance, Pet Cover
(c) Tractive - Michael Hurnaus, CEO von Tractive.

Er hat es bereits im Mai angekündigt und nun erreicht. Beim Pet-Tracking-Scaleup Tractive stehen aktuell 100 Millionen Euro jährlich wiederkehrender Umsatz zu Buche. Gründer Michael Hurnaus sieht mehrere Aspekte, die dem Erfolg zugrundeliegen.

Tractive: “Mitarbeiterwachstum kein Indikator”

“Wir hatten immer schon 40 bis 50 Prozent Wachstum, haben aber dabei immer im Vordergrund gehabt, nicht das Mitarbeiterwachstum als Indikator zu sehen, sondern nachhaltig zu wachsen”, sagt er. “Wir bewegen uns mit dem Haustiermarkt in einem dankbaren Markt, ja. Aber unsere gute Arbeitsleistung kommt nun zurück. Da hat uns die 4-Tage-Woche sehr geholfen. Wir haben nicht die faulen Mitarbeiter bekommen, die nur vier Tage arbeiten wollen, sondern gute Leute, die sich mit der Firma identifizieren.”

Das Paschinger Startup wagte erst vor rund dreieinhalb Jahren den Sprung in die USA, der auch gut vorbereitet war. “Wir haben acht Jahre lang gewartet, diesen Schritt zu gehen”, erklärt Hurnaus. “Wir wussten, wenn wir ‘in Europa gewinnen’, dann wird es leichter für uns, als für einen US-Amerikaner, der nach Europa will. Wir haben hier verschiedenen Länder, mehr Sprachen und unterschiedliche Währungen. Für uns war es die richtige Entscheidung.”

USA überholt Deutschland

Mittlerweile hat der US-Markt den bisherigen Spitzenreiter Deutschland überholt. Schätzungsweise 66 Prozent der US-Haushalte oder etwa 86,9 Millionen Familien besitzen in den Vereinigten Staaten ein Haustier. Dies geht aus der National Pet Owners Survey 2023–2024 der American Pet Products Association (APPA) hervor.

“Unsere Marktpenetration ist wesentlich geringer als in Deutschland”, sagt Hurnaus. “Wir werden im ersten Quartal 2025 auch in Mexiko launchen, in den nächsten beiden Jahren aber keine weitere Erweiterung anstreben. Der Fokus bleibt auf diesen Märkten.”

Tractive bald in Mexiko

Tractive hat in der Zeit seines Bestehens eine Wandlung erfahren. Jedes zweite Jahr hat man bisher ein Produkt für Hund und Katze herausgebracht – vor wenige Wochen den neusten Tracker. Dabei aber “sehr stark eine Transformation durchlaufen”, wie der Founder erklärt. Weg vom einfachen GPS-Tracker hin zum Gesundheitstracker.

“Es ist ein Frühwarnsystem und soll nicht den Tierarzt ersetzen. Wir sagen nur, dass wir etwas bemerkt haben, eine Veränderung im Verhalten oder bei der Bewegung, etc…”, erklärt Hurnaus. “Da steckt viel Potential darin. Denn wir haben erkannt, dass Leute den Bedarf haben, zu wissen, wie es dem eigenen Haustier wirklich geht.”

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