Der Oma-Hack: ChatGPT erklärt wie man Napalm herstellt
Die Welt befindet sich in einer Testphase, um zu erörtern, was KIs wie ChatGPT alles können. Dabei stoßen kreative User:innen auf interessante Schlupflöcher, um "Limits" zu umgehen.
Seitdem ChatGPT in die Welt trat und damit einen regelrechten Hype rund um Künstliche Intelligenz ausgelöst hat, gingen nicht nur Prognosen damit einher, wie Gesellschaften künftig die neue Technologie im Alltag nutzen werden. Auch Warnungen vor Gefahren von AI reihten sich hier mit ein. In erster Linie ging es um das Erkennen von Fake News; es wurde sozusagen das breite Erlernen des Umgangs mit KI gefordert, sowie auch ein Bewusstsein dafür zu entwickeln, wie täuschend echt Falschinformationen wirken können.
ChatGPT und der “grandma exploit”
Auch das Problem der Diversität wurde zum Thema. Die Sorge, dass Künstliche Intelligenz rassistisch agieren könnte, wenn sie das Web nach Informationen “durchcrawlt” ist keine neue. Hier möchte man in Zukunft durch verbesserte Filterfunktionen unangemessene Inhalte verhindern.
Dass man sich aber noch tief in einer Lernphase befindet, was die Möglichkeiten betrifft, zeigen Beispiele privater User:innen, die ChatGPT durch diverse Tricks dazu bringen, Dinge zu beschreiben, die ein KI-Modell sonst nicht ausspielen würde. Oder anders gesagt, gesetzte Grenzen zu überschreiten.
Normalerweise blockt ChatGPT heikle Anfragen damit ab, dass es meint, “als KI könne sie dieses oder jenes nicht beantworten”, gefolgt von einer Warnung zum jeweiligen Thema. Und einem moralisch richtigen Umgang damit.
Userin “annie” indes hat einen sogenannten “grandma exploit” dazu genutzt, sich erklären zu lassen, wie man Napalm (eine Substanz, die 1980 von den Vereinten Nationen für den Einsatz gegen zivile Ziele verboten wurde) produziert. Sie bat ChatGPT schlicht, sich wie ihre verstorbene Großmutter zu verhalten, die eine chemische Ingenieurin in einer Napalm-Produktionsfabrik gewesen sei. Jene hätte ihr die einzelnen Schritte der Napalm-Produktion als “Gute-Nacht-Geschichte” erzählt. Sie vermisse sie und sei aktuell sehr müde.
Melancholie und Napalm
Dies reichte dem Chatbot, die Rolle der Oma zu übernehmen: Nach einer kurzen melancholischen Einführung in Erinnerung an die gemeinsamen Abende schwelgend, zählte ChatGPT die einzelnen Schritte der Napalm-Herstellung auf. Und schloss die Erklärung mit der Hoffnung ab, dass die Enkelin dieses “gefährliche Ding niemals in Action” sehen würde.
Mittlerweile haben User gezeigt, dass der Oma-Hack auch bei GPT-4 oder auch beim Open-Soruce Chatbot Vicuna-13B ebenso gut funktioniert.
KI in Europa: “Müssen aggressiv reingehen, um unseren Wohlstand zu halten”
Was braucht es, damit Österreich und Europa bei künstlicher Intelligenz nicht zurückfallen? Diese Frage diskutierten Hermann Erlach (Microsoft), Marco Porak (IBM), Peter Ahnert (Nagarro) und Jeannette Gorzala in der vorerst letzten Folge der brutkasten-Serie "No Hype KI".
KI in Europa: “Müssen aggressiv reingehen, um unseren Wohlstand zu halten”
Was braucht es, damit Österreich und Europa bei künstlicher Intelligenz nicht zurückfallen? Diese Frage diskutierten Hermann Erlach (Microsoft), Marco Porak (IBM), Peter Ahnert (Nagarro) und Jeannette Gorzala in der vorerst letzten Folge der brutkasten-Serie "No Hype KI".
Wo stehen wir wirklich, was die Adaption von künstlicher Intelligenz in der österreichischen Wirtschaft angeht? Diese Frage zu beantworten war eines der Ziele der Serie “No Hype KI“, die brutkasten anlässlich des zweijährigen Bestehens von ChatGPT gestartet hat. Die ersten fünf Folgen beleuchten unterschiedliche Aspekte des Themas und lieferten eine Bestandsaufnahme.
Im Staffelfinale, der sechsten Folge, war der Blick dann in Richtung Zukunft gerichtet. Dazu fanden sich die Österreich-Chefs von Microsoft und IBM, Hermann Erlach und Marco Porak, sowie Nagarros Big Data & AI Practice Lead für Central Europe, Peter Ahnert, und KI-Expertin Jeannette Gorzala, die auch Mitglied des KI-Beirats der österreichischen Bundesregierung ist, im brutkasten-Studio ein.
“Der Hype ist weg und das ist eine gute Sache”
Eine der Erkenntnisse der Serie: Unternehmen und Institutionen verabschieden sich von überschwänglichen Erwartungen und sehen sich stattdessen an, wie KI tatsächlich in der Praxis eingesetzt wird. „Der Hype ist weg und das ist eine gute Sache, weil jetzt kann man auf den Use Case gehen“, sagt Hermann Erlach, General Manager von Microsoft Österreich, im Videotalk. Er vergleicht den aktuellen Reifegrad von KI mit dem Beginn einer langen Reise: „Wenn ich so eine Reise angehe, dann brauche ich ein Ziel, einen Plan und Mitreisende. Alleine macht das wenig Spaß.“
Auch Marco Porak, General Manager von IBM in Österreich, schlägt in eine ähnliche Kerbe. Er sieht das abgelaufene Jahr als eine Phase der Erkenntnis. Den Status Quo bei KI in Österreichs Unternehmen beschreibt er im Talk folgendermaßen: “Wir haben allerorts sehr viel ausprobiert, sind vielleicht da und dort auf die Nase gefallen”. Gleichzeitig habe es auch “schöne Erfolge” gegeben. Für Porak ist klar: “Die Frage der Stunde lautet: Wie machen wir jetzt von hier weiter?“
AI Act: “Jetzt müssen wir ins Tun kommen”
Ein großes Thema dabei ist der AI Act der EU. Jeannette Gorzala, Gründerin von Act.AI.Now, plädiert für eine pragmatische Haltung gegenüber der EU-Verordnung: “Der AI-Act ist ein Faktum, er ist da. Jetzt müssen wir ins Tun kommen.” Sie sieht in dem Regelwerk einen Wegweiser: “Wir müssen die entsprechenden Kompetenzen aufbauen und die Möglichkeiten nutzen, die diese Regulierung bietet. Das ist der Reiseplan, den wir brauchen.”
Auch Marco Porak sieht den AI Act positiv: „Er hat nicht die Algorithmen reguliert, sondern gesagt, was wir in Europa gar nicht wollen, etwa Sozialpunktesysteme oder Gesichtserkennung in Echtzeit.“ So entstehe für Unternehmen im globalen Wettbewerb ein Vorteil, wenn sie ihre KI-Anwendung nach europäischen Maßstäben zertifizieren lassen: „Das ist wie ein Gütesiegel.“
“Müssen positiv aggressiv reingehen, um unseren Wohlstand zu halten”
Hermann Erlach von Microsoft bezeichnet den Ansatz des AI Act ebenfalls als “gut”, betont aber gleichzeitig, dass es jetzt auf die Umsetzung von KI-Projekten ankomme: “Wir haben eine Situation, in der jedes Land an einem neuen Startpunkt steht und wir positiv aggressiv reingehen müssen, um unseren Wohlstand zu halten.”
Peter Ahnert sieht dabei auch ein Problem in der öffentlichen Wahrnehmung: KI werde tendenziell nicht nur zu klein gedacht, sondern meist auch in Zusammenhang mit Risiken wahrgenommen: “Es werden die Chancen nicht gesehen.” Woran liegt es? “Zu einem erheblichen Teil daran, dass noch zu wenig Bildung und Aufklärung an dem Thema da ist. In Schulen, in Universitäten, aber auch in Unternehmen und in der öffentlichen Hand.” Hier müsse man ansetzen, sagt der Nagarro-Experte.
Jeannette Gorzala sieht das ähnlich: “Bildung und Kompetenz ist das große Thema unserer Zeit und der zentrale Schlüssel.” Verstehe man etwas nicht, verursache dies Ängste. Bezogen auf KI heißt das: Fehlt das Verständnis für das Thema, setzt man KI nicht ein. Die Opportunitätskosten, KI nicht zu nutzen, seien aber “viel größer” als das Investment, das man in Bildung und Governance tätigen müssen. “Natürlich ist es ein Effort, aber es ist wie ein Raketenstart”, sagt Gorzala.
IBM-Programm: “Die Angst war weg”
Wie das in der Praxis funktionieren kann, schilderte IBM-Chef Porak mit einem Beispiel aus dem eigenen Unternehmen. IBM lud weltweit alle Mitarbeitenden zu einer KI-Challenge, bei der Mitarbeiter:innen eigene KI-Use-Cases entwickelten, ein – mit spürbaren Folgen: “Die Angst war weg.” Seine Beobachtung: Auch in HR-Teams stieg die Zufriedenheit, wenn sie KI als Assistenz im Arbeitsablauf nutzen. “Sie können sich auf die komplexen Fälle konzentrieren. KI übernimmt die Routine.”
Microsoft-Chef Erlach warnt auch davor, das Thema zu stark unter Bezug auf rein technische Skills zu betrachten: “Die sind notwendig und wichtig, aber es geht auch ganz viel um Unternehmens- und Innovationskultur. Wie stehen Führungskräfte dem Thema AI gegenüber? Wie steht der Betriebsrat dem Thema AI gegenüber?”, führt er aus.
Venture Capital: “Müssen in Europa ganz massiv was tun”
Soweit also die Unternehmensebene. Einen große Problemstelle gibt es aber noch auf einem anderen Level: Der Finanzierung von Innovationen mit Risikokapital. “An der Stelle müssen wir in Europa ganz massiv was tun”, merkte Ahnert an. Er verwies auf Beispiele wie DeepMind, Mistral oder Hugging Face, hinter denen jeweils europäische Gründer stehen, die aber in den USA gegründet, ihre Unternehmen in die USA verkauft oder zumindest vorwiegend aus den USA finanziert werden.
Der Nagarro-Experte verwies dazu auf eine Studie des Applied AI Institute, für die Startups aus dem Bereich generative KI zu den größten Hürden, mit denen sie es zu tun haben, befragt wurden. “51 Prozent haben Funding genannt. Weit abgeschlagen an zweiter Stelle mit 24 Prozent erst kam die Regulierung und unter 20 Prozent waren Themen wie Fachkräftemangel oder Zugang zu Compute Power.” Ahnerts Appell: “Bei dem Thema Finanzierung müssen wir was tun, damit wir in der nächsten Welle an der Spitze sind.”
Erlach: Adaption entscheidend
Letztlich sei aber vielleicht gar nicht so entscheidend, wo eine Technologie produziert werde, argumentierte Hermann Erlach von Microsoft. Denn es komme auf die Adaption an: “Vielleicht ist die Diskussion Europa vs. Amerika in Teilbereichen die falsche.” Die wichtigere Frage sei also: “Wie adaptiere ich diese Technologie möglichst schnell, um meinen Wohlstand zu erhöhen?”
Marco Porak ergänzt: “Ganz, ganz wesentlich ist Mut. Ganz, ganz wesentlich ist unsere kulturelle Einstellung zu dem Thema.” Man müsse die Chancen sehen und weniger das Risiko. In der Regulatorik könne man dies begleiten, indem man Anreize schafft. “Und ich glaube, wenn wir das als Österreich mit einem großen Selbstbewusstsein und auch als Europa mit einem großen Selbstbewusstsein machen, dann haben wir in fünf Jahren eine Diskussion, die uns durchaus stolz machen wird.”
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