20.04.2023

“Arbeitszeitverkürzung wäre wie Aderlass für jemanden mit Blutarmut”

Deloitte präsentierte seinen "Deloitte Radar" zur Lage des Wirtschaftsstandorts. Der Arbeitskräftemangel war dabei zentrales Thema.
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Deloitte Radar 2023
Harald Breit, Elisa Aichinger und Herbert Kovar | (c) Deloitte/feelimage

“Herausforderungen für den Wirtschaftsstandort gab es in den vergangenen Jahren genug. Ruhige Zeiten sehen anders aus”, sagt Deloitte-Österreich-CEO Harald Breit bei der heutigen Präsentation der Studie Deloitte Radar 2023. Diese kombiniert internationale Analysen des Beratungsriesen mit Ergebnissen einer Befragung unter 185 Top-Führungskräften aus der heimischen Wirtschaft.

Österreich “bestenfalls Mittelmaß” im Europa-Vergleich

Trotz Anerkennung der schwierigen Rahmenbedingungen attestiert Breit Österreich zu wenig Ambition: “In internationalen Rankings kommt Österreich seit Jahren nicht vom Fleck. Das Land ist im europäischen Vergleich auch heuer wieder bestenfalls Mittelmaß und bleibt unter seinen Möglichkeiten”.

Ganz vorne im Europa-Ranking (siehe Grafik unten) lägen nämlich nicht die größten Volkswirtschaften, sondern Länder, die in Sachen Größe mit Österreich durchaus vergleichbar seien. “Länder wie die Schweiz, Schweden, Dänemark und Finnland sind Schnellboote. Österreich ist dagegen eher ein gemächliches Ausflugsboot”, so Breit. Dabei sollte der Anspruch des Landes klar eine Top-5-Platzierung sein. “Wir müssen schnell darüber nachdenken, wie das gelingen kann”, meint der CEO.

Deloitte Radar 2023: Stimmung generell wieder besser, aber Pessimismus bei Wirtschaftswachstum

In der Führungskräftebefragung im Rahmen des Deloitte Radar hat sich die allgemeine Stimmung zuletzt wieder spürbar verbessert. 70 Prozent der Manager:innen blicken aktuell optimistisch in die Zukunft. Positiv bewertet werden unter anderem die Resilienz des Standorts, die Stabilität, die Rechtsicherheit und die Zusammenarbeit innerhalb der EU. Negativ gesehen werden dagegen tendenziell die Maßnahmen gegen die Krisensituationen und die Folgen des Ukrainekriegs. Besonders pessimistisch waren die Befragten zuletzt in ihren Erwartungen zum Wirtschaftswachstum: Nur noch 24 Prozent beurteilen diesen Faktor mit “Sehr Gut” oder “Gut” – vergangenes Jahr waren es noch 45 Prozent gewesen.

“Wir sind vollkommen unattraktiv für Arbeitskräfte aus dem Ausland”

Ein besonders problematischer Standortfaktor ist dabei die Arbeitskräftesituation, betont Deloitte Österreich Managing Partner Tax & Legal Herbert Kovar. Dafür nennt er mehrere Gründe: “Wir sind vollkommen unattraktiv für Arbeitskräfte aus dem Ausland. Auch im Inland bleibt zu wenig netto von brutto übrig. Das animiert Arbeitskräfte zur Reduktion von Arbeitsstunden. Und es gibt sogar Abwanderung”. Die Unternehmen sprächen sich daher klar für die Senkung der Lohnnebenkosten und Steuersenkungen auf Einkommen aus.

Der Mangel an Arbeitskräften sei auch ein wichtiger Treiber für die Inflation, weil hohe Recruiting-Kosten auf die Kund:innen abgewälzt würden, so Kovar. Er plädiert daher für Maßnahmen wie einen Steuerfreibetrag für ausländische Arbeitskräfte in Mangelberufen. “Wir müssen wirklich signifikante Anreize schaffen, um Arbeitskräfte nach Österreich zu bringen”.

“Europäische Spitzenposition bei Teilzeitbeschäftigung hat Österreich leider weiter ausgebaut”

“Der Fachkräftemangel wurde in letzten Jahren zu Arbeitskräftemangel und ist die größte Bremse für das Wirtschaftswachstum”, meint auch Deloitte-Österreich-Partnerin Consulting Elisa Aichinger. Dahinter stünden drei Dynamiken: der demografische Wandel, der Rückgang der Migration innerhalb Europas und die hohe Teilzeitquote im Land. “Die goldenen Zeiten, in denen man Leute aus Osteuropa mit höheren Löhnen und besseren Arbeitsbedingungen locken konnte, sind vorbei. Auch dort steigen die Löhne und die Migration wird unattraktiv. Und seine europäische Spitzenposition bei Teilzeitbeschäftigung hat Österreich leider weiter ausgebaut. Bei Frauen hat die Quote 50 Prozent überschritten, bei Männern nimmt sie auch zu”, erläutert Aichinger.

Fünf konkrete Lösungen für Arbeitskräftemangel

Der Arbeitsmarkt stelle das Land vor strukturelle Probleme. Daher brauche es strukturelle Lösungen. Aichinger nennt fünf konkrete Punkte: Maßnahmen zur Qualifizierung, eine Lohnkostensenkung, einen Ausbau der Kinderbetreuung, noch mehr Flexibilisierung bei Arbeitszeit und Arbeitsort sowie die Erleichterung der Zuwanderung von Arbeitskräften.

“Acht von zehn Befragten halten die Erleichterung des Arbeitszugangs für Migranten für wichtig. Sogar 95 Prozent wollen einen erleichterten Zugang zu Rot-Weiß-Rot-Karte”, so die Expertin. Die Befristung der Aufenthaltserlaubnis auf zwei Jahre hält sie für “weder sinnvoll noch zielführend” und plädiert dafür Visa für den Bewerbungsprozess zu ermöglichen, die dann gleich in Arbeitsvisa umgewandelt werden können.

“Flächendeckendene Arbeitszeitverkürzungen wären falsche Maßnahme zur falschen Zeit”

Einer anderen derzeit heiß diskutierten Maßnahme im Bereich Arbeit erteil CEO Herbert Breit eine klare Absage: “Flächendeckendene Arbeitszeitverkürzungen wären genau die falsche Maßnahme zur falschen Zeit. Es wäre, als würde man jemandem mit Blutarmut einen Aderlass verordnen”.

Deloitte Radar 2023: Infrastruktur top, Digitalisierung Flopp

Abgefragt wurde im Deloitte Radar 2023 natürlich noch zahlreiche weitere Aspekte. Während in bestimmten Bereichen wie Verkehrs- und Telekom-Infrastruktur unter den Befragten Zufriedenheit herrscht und es einen breiten Konsens zur Notwendigkeit eines raschen Umbaus des Energiesystems gibt, werden im Digitalisierungsbereich große Defizite wahrgenommen. 80 Prozent bewerten etwa den Faktor “Risikokapital und Startup-Kultur” mit “Befriedigend” bis “Nicht Genügend”. “Da ist einiges zu tun, aber da tut sich nichts”, meint Herbert Kovar. Die Digitalisierung des Bildungssystems wird von 55 Prozent mit “Genügend” oder “Nicht Genügend” bewertet.

Elisa Aichinger sieht auch Probleme beim Standortfaktor Lebensqualität. “Es ist der Faktor, mit dem wir bisher immer ein Ass im Ärmel hatten. Doch es gibt zwei wirklich besorgniserregende Entwicklungen: Sowohl die Bewertung des sozialen Zusammenhalts als auch des Gesundheitssystems sind in den vergangenen Jahren dramatisch schlechter geworden”. Auch im Gesundheitsbereich sieht die Expertin Digitalisierung als wichtige Gegenmaßnahme.

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Das Mining von Bitcoins verbraucht eine enorme Menge an Energie. In der Regel geht ein Großteil davon in Form von Wärme verloren. Anstatt diese Wärme ungenutzt zu lassen, gibt es aber mittlerweile Systeme, die sie auffangen und in Heizanlagen integrieren. In weiterer Folge können damit Wohnräume oder industrielle Gebäude beheizt werden.

Eine Lösung dafür kommt auch aus Österreich. Das Innsbrucker Startup 21energy entwickelt und vertreibt Heizsysteme, die Hochleistungscomputer (Bitcoin-Miner) nutzen, um sowohl Wärme als auch Bitcoin zu erzeugen. Das im Oktober 2022 gegründete Unternehmen hat laut eigenen Angaben bereits über 1.000 Heizsysteme europaweit verkauft.

21energy holt sein erstes Investment

Für die weitere Expansion in Europa konnte 21energy nun seine erste Finanzierungsrunde in Höhe von 1,12 Millionen Euro abschließen. Als Investor beteiligt sich die Soveco GmbH, die in Zirl ansässig ist und sich auf High-Performance-Computing spezialisiert hat. Mit der jüngsten Finanzierungsrunde wird das Unternehmen aktuell mit sieben Millionen Euro bewertet.

“Mit diesen Mitteln können wir unsere geplante Expansion in Europa rechtzeitig für die anstehende Heizperiode fortführen und das Marketing entsprechend ankurbeln sowie unsere rasante Entwicklung neuer Produkte & Features beibehalten”; so Maximilian Obwexer, Co-Founder und CEO der 21energy GmbH.

Im Zuge der Expansion möchte das Unternehmen unter anderem einen Fokus auf nordeuropäische Märkte legen. Skandinavien wird aufgrund seiner kühleren Temperaturen und der günstigeren Strompreise als besonders vielversprechend angesehen. Bislang war das Unternehmen vorwiegend im DACH-Raum aktiv.

Startup verzeichnet Umsatzwachstum

21energy konnte laut eigenen Angaben im 1. Halbjahr 2024 bereits über eine halbe Million Euro Nettoumsatz erwirtschaften. Im Vorjahresvergleich steigerte das Unternehmen seinen Umsatz um das siebenfache. Neben der Entwicklung und dem Verkauf von Heizgeräten verdient das Unternehmen auch mit dem Handel mit Bitcoin-Minern sein Geld.

Die Heizsysteme von 21energy werden vollständig in Tirol assembliert. Die benötigten Bitcoin-Miner-Komponenten werden zum größten Teil aus Asien von entsprechenden Lieferanten bezogen. Zudem kooperiert das Unternehmen mit lokalen Partnern in Tirol, etwa aus der Metallverarbeitung und Ofenproduktion. 21energy selbst verfügt aktuell über acht Mitarbeiter:innen. Derzeit ist das Team auch auf zahlreichen internationalen Veranstaltungen präsent. So war das Startup erst unlängst auf der Bits & Pretzels in München vertreten.


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