01.08.2024
KOMMENTAR

Das nachhaltigste Auto, das ich kenne, ist ein Benziner

Am heutigen Earth Overshoot Day wird viel über Nachhaltigkeit geschrieben. Mein 90-jähriger Onkel hält nicht viel von dem Begriff - und lebt ihn dafür.
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brutkasten-Redaktuer Dominik Perlaki | (c) brutkasten / Hintergrund (c) Marek Studzinski via Unsplash
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Das nachhaltigste Auto, das ich kenne, ist ein Benziner. Der war einmal “nichts besonderes”. Ein kleiner weißer Nissan Micra. Nicht leistungsstark, nicht geräumig, nicht ästhetisch. Heute ist er etwas besonderes. Irgendwann Ende der 1980er-Jahre erstzugelassen, trägt er ein rotes Oldtimer-“Pickerl”. Wie viele seines Typs noch auf Österreichs Straßen unterwegs sind? Vielleicht ein paar, vielleicht auch nur ein einziger.

Der eine, den ich kenne, gehört meinem 90-jährigen Onkel in Wien. Er hat ihn Anfang der 1990er-Jahre gebraucht gekauft – nicht teuer. Einen Garagenplatz hatte das Auto nie. In seine Pflege ist auch nicht viel Zeit und Geld geflossen – mein Onkel ist alles andere als ein “Autonarr”. Der Nissan wurde bloß nur wenn notwendig gefahren und immer, wenn nötig, repariert. Über mittlerweile mehr als 30 Jahre hinweg.

Vergleicht man das mit dem Ressourcenverbrauch, der bei den meisten anderen Autofahrer:innen im Laufe von mehr als 30 Jahren mit einer Abfolge zahlreicher Autos entsteht, muss man keine komplexen Rechnungen durchführen: Der kleine alte Nissan, der als Kompaktwagen mit unter 60 PS auch keinen hohen Verbrauch hat, ist verdammt nachhaltig.

Keiner, der sich mit dem Begriff “Nachhaltigkeit” schmückt

Dabei ist mein 90-jähriger Onkel keiner, der sich mit dem Begriff “Nachhaltigkeit” schmückt. Im Gegenteil: Er mag das Wort nicht. Er macht dazu lieber zynische Bemerkungen. Er mag nämlich die Grünen, die “letzte Generation” und all die nicht. Und all das Blabla über die Klimakrise.

Was mein Onkel aber auch nicht mag, ist es, Dinge, die noch funktionieren, wegzuwerfen oder zu ersetzen. Unnötig brennende Lichter mag er auch gar nicht. Und Essen wegwerfen, das mag er schon überhaupt nicht. Meine Tante erzählt gerne Anekdoten, wie er schimpfend angeschimmelte Kohlköpfe aus dem Mist hervorholt, um den Schimmel wegzuschneiden und den Kohl zu einer geschmacklich fragwürdigen Suppe zu verarbeiten. Ungesund? Nun, er ist 90 und fährt mit seinem eigenen E-Scooter (ja, wirklich) durch die Stadt. Aber es soll ja auch 100-jährige Kettenraucher:innen geben.

So viel er auch über die “letzte Generation” und Konsorten schimpft, mein Onkel ist ein wahrer Champion in Sachen Nachhaltigkeit. Deswegen fühlt er sich wohl auch berechtigt, zu schimpfen. Er ist eben in einer Welt aufgewachsen, in der die Knappheit von Ressourcen tatsächlich für den Einzelnen spürbar war. Deswegen haben Dinge für ihn eine andere Wertigkeit, als das heute normal ist.

Gutes Tun mit dem Karton-Strohhalm

Heute normal ist es, das funktionierende Produkt durch eine neue, “nachhaltigere” Version zu ersetzen. Und das funktionierende Auto durch ein neues, “nachhaltigeres” E-Auto. Völlig sinnlose Produkte, die ausschließlich Ressourcen verbrauchen und keinen rationalen Nutzen stiften, werden dadurch geadelt, dass sie in einer “nachhaltigen” Verpackung daherkommen. Wegwerfstrohhalme aus Karton sind sowieso super “nachhaltig”. Und vom “nachhaltigen” Bio-Kohlkopf landet leider schon wieder die Hälfte im Müll.

Ja, im Marketing geht nichts mehr ohne die “Nachhaltigkeit”. Was tatsächlich nachhaltig ist? Egal. Am heutigen Earth Overshoot Day können wir jedenfalls sagen: “Wir tun ja eh so viel.” Doch dass man den Ressourcenverbrauch reduzieren kann, indem mehr produziert, weil das Produkt “nachhaltig” ist – das muss mir erst jemand überzeugend vorrechnen.

Was ist unsere Priorität?

Klar: Wenn alle so leben würden, wie mein Onkel, hätten wir zwar keinen Earth Overshoot Day, aber auch kein Wirtschaftswachstum. Bloß, solange “Nachhaltigkeit” primär ein Marketing-Begriff ist, wird es das vielbeschworene “grüne Wachstum” nicht geben. Irgendwann – besser früher als später – müssen wir uns doch fragen, was eigentlich unsere Priorität ist: Die Menschheit retten, oder uns mit Pseudo-Nachhaltigkeit mehr Wachstum erlügen.

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vlnr.: Verena Handler-Kunze. Peter Buchroithner, David Pflügl und Thomas Schranz | (c) Waffle
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Viele haben es versucht und nur die Allerwenigsten haben es geschafft: Ein neues soziales Medium zu etablieren ist wohl so etwas wie die Königsklasse im Startup-Bereich. Und das, obwohl das Lamento über die Riesen am Markt allgegenwärtig ist. Auch Peter Buchroithner, Thomas Schranz, David Pflügl und Verena Handler-Kunze sind mit dem bestehenden Angebot nicht zufrieden. Mit Rakun, das eine App für neurodivergente Menschen betreibt, haben die vier erst dieses Jahr ein neues Startup gegründet, wie brutkasten berichtete. Nun kommt mit Waffle ein weiteres dazu.

Waffle: “Back to the roots der sozialen Medien”

“Bei Waffle geht es sozusagen back to the roots der sozialen Medien. In den letzten Jahren habe ich das Gefühl, dass die Verbindung zu den Menschen, mit denen ich eigentlich Kontakt haben will, bei den gängigen Social-Media-Plattformen verloren gegangen ist. Facebook ist voller Werbung und Memes, auf Instagram sieht man Gelegentlich eine Hochzeit, aber es ist dominiert von Influencern, die dir etwas verkaufen wollen, und auf TikTok sind Leute, die tanzen und dich unterhalten”, sagt Peter Buchroithner im Gespräch mit brutkasten.

Auch auf Messaging-Apps wie WhatsApp und Telegram sei man zusehends mit Werbung konfrontiert und private und berufliche Kontakte würden sich mischen. “Jeder, der irgendwann einmal deine Nummer gehabt hat, kann dir einfach schreiben”, sagt Buchroithner. Das Team habe aber einen Ort schaffen wollen, wo man wirklich nur mit seinen besten Freund:innen kommuniziert.

Kein “Geschwafel” bei Waffle

Beziehungsweise “von ihnen hört”. Denn Waffle setzt auf Voice-Messages. “Man hat nicht immer Zeit, mit seinen Freunden zu telefonieren, aber es ist schön und man fühlt sich mehr verbunden, wenn man ihre Stimme hört. So sind wir auf das Thema Voicenotes gekommen”, sagt Buchroithner. Nicht nur im Namen setzt das Startup beim Social-Media-Trend “Wednesday Waffle” an, bei dem User:innen einer ausgewählten Gruppe an Leuten einmal in der Woche ein Update über sich geben.

(c) Waffle

Wer bei der Kombination aus “Social” und “Audio” also an die ebenso schnell aufgestiegene wie untergegangene “Social-Audio-App” Clubhouse gedacht hat, kann beruhigt sein – das Konzept ist ein völlig anderes. Bei Waffle sind die Voice-Messages auf eine Minute beschränkt und User:innen sind dazu aufgefordert, dazu jeweils ein Bild hochzuladen. Maximal drei dieser Nachrichten können pro Tag gesendet werden, um “Geschwafel” zu verhindern, wie man es aus überlangen WhatsApp-Voice-Messages kennt. Und nach 24 Stunden verschwinden diese wieder von selbst.

Ungefilterte Kommunikation mit Filtern

Doch das ist nicht die einzige bewusste Einschränkung. Wer sich bei der App, die aktuell nur für iOS verfügbar ist, registriert, kann genau acht Kontakte auswählen, um seine Messages mit diesen zu teilen. Weil man auch von anderen Menschen ausgewählt werden kann, kann man dennoch in mehreren solchen Neun-Personen-Kreisen sein. “Es geht darum, nur den Leuten Updates zu geben, denen man wirklich alles erzählen kann. Es geht um ungefilterte Kommunikation”, so Peter Buchroithner.

(c) Waffle

Wobei: Filter sind bei Waffle durchaus geplant, erzählt der Gründer. “So, wie man bei Snapchat Filter über Fotos und Videos legen kann, wird man das bei uns mit dem Ton machen können – also etwa mit Darth-Vader-Stimme sprechen.” Generell wolle man im Thema Voice noch “sehr, sehr vieles dazubauen”.

“Ich denke, das Produkt hat das Potenzial, dass es von 100 Millionen Menschen verwendet wird”

Neben der Produktentwicklung geht es in den kommenden Monaten aber natürlich vor allem auch darum, viele User:innen in die App zu bekommen. Eine Android-Version soll daher bald folgen und die Plattform Product Hunt soll für Aufmerksamkeit sorgen. Firmenseitig befindet sich Waffle gerade als GmbH in Wien in Gründung. “Und wir planen auch eine Investment-Runde”, verrät Buchroithner.

In Sachen Monetarisierung werde man, wie andere soziale Medien, auf Werbung setzen. “Das ist in diesem Fall natürlich ein sehr sensibles Thema. Die Leute werden bei Waffle wohl nicht so tolerant sein wie etwa auf Facebook. Wir werden also mit ausgewählten Marken über eine Zusammenarbeit sprechen”, räumt der Gründer ein. Das sei aber “aktuell nicht wirklich hoch in der Priorität”. Denn zuerst gelte es, viele User:innen zu bekommen. “Ich denke, das Produkt hat das Potenzial, dass es von 100 Millionen Menschen verwendet wird. Und wenn man sowas schafft, dann ist die Monetarisierung nie ein Problem.”

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