23.07.2018

Das Boep: Eine Ärztin, zwei Kinder und ein Startup

Das Münchner Startup Das Boep vertreibt seine Öko-Baby-Produkte, die nicht wie solche aussehen, unter anderem über alle Filialen der Kette DM in Deutschland und Österreich. Während Gründerin Michaela Hagemann das Business aufbaute, schloss sie ihr Studium ab und bekam ihr zweites Kind. Wir sprachen mit ihr.
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Das Boep: Gründerin Michaela Hagemann
(c) Das Boep: Gründerin Michaela Hagemann

Wenn nach den Gründen dafür gesucht wird, warum es weniger weibliche als männliche Startup-Founder gibt, dann wird einer sehr häufig ins Treffen geführt: Babies. Denn es mag Ausnahmen geben, aber die (intensive) Kinderbetreuung, insbesondere in den Monaten direkt nach der Geburt, obliegt in unserer Gesellschaft nach wie vor meist den Müttern. Und die Aussicht darauf, das und die Führung eines Unternehmens vereinbaren zu müssen, ist ein Unsicherheitsfaktor. Bei Michaela Hagemann, studierte Ärztin und Gründerin des Münchner Startups das Boep, kam es jedoch umgekehrt.

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Innen öko, außen konventionell

Sie wurde von ihrem Baby erst auf ihre Geschäftsidee gebracht. “Ich wollte für meine Tochter eine Pflegeserie, die zwar Ökö ist, aber nicht so riecht oder aussieht”, erzählt Hagemann im Gespräch mit dem Brutkasten. Den hohen Anteil an ätherischen Ölen in gängigen Öko-Produkten habe sie nach der Schwangerschaft “einfach nicht ausgehalten”. Auf der anderen Seite stünden die etablierten Standard-Produkte. “Die Traditionsunternehmen haben einen großen Vorsprung. Die KundInnen vertrauen auf die Inhaltsstoffe. Sie glauben, sie tun ihren Kindern damit etwas gutes. Dabei wird man schon ziemlich stutzig, wenn man sich ansieht, welche Stoffe man seinem Baby da eigentlich auf die Haut aufträgt”, sagt sie.

Das Boep: Gründerin Michaela Hagemann mit ihrer Ideengeberin.
(c) Das Boep: Gründerin Michaela Hagemann mit ihrer Ideengeberin.

“Verkürzt könnte ich sagen: Wir können so existieren, weil es Instagram gibt”

Mandelöl statt Erdöl

Ein kurzer Blick auf die Inhaltsstoff-Liste, die einer der bekanntesten Baby-Produkt-Anbieter auf seiner Page ausweist, zeigt dann auch: Synthetische Arzneistoffe, Duftstoffe, Farbstoffe und Konservierungsmittel – teilweise auf Erdöl-Basis – zählen zum Standard-Repertoire. Das Boep – der Name steht übrigens für “Das Baby-Öl Projekt” –  kommt ausschließlich mit natürlichen Stoffen wie etwa Mandelöl und Kakaobutter aus. Geruch und Produktdesign passen dabei aber tatsächlich nicht ins Öko-Klischee.

Marketing ohne Budget dank “Mama-Bloggerinnen”

Entsprechend sieht Hagemann auch die Zielgruppe für die von ihr entwickelten Produkte. “Die extreme Ökoszene sprechen wir nicht an. Viele unserer KundInnen kommen von den Traditionsmarken”, sagt sie. Um an diese KundInnen zu kommen, setzte die Gründerin zunächst gänzlich auf Influencer Marketing. “Verkürzt könnte ich sagen: Wir können so existieren, weil es Instagram gibt”. Dahinter stehe natürlich viel mehr. Man arbeite intensiv mit “Mama-Bloggerinnen”, deren es immer mehr gebe. Sie bekommen die Produkte zum Test geschickt. “Auf diese Art haben wir uns innerhalb kurzer Zeit ohne Budget eine große Community aufgebaut”, erzählt Hagemann.

“Die Herausforderung ist, gelistet zu bleiben.”

Doch der selbstgebaute Online-Shop ist nicht der einzige Vertriebskanal. Seit September 2017 sind die Produkte von Das Boep in allen rund 1800 Filialen der Drogerie-Kette DM in Deutschland erhältlich. Im Juni 2018 kamen auch die knapp unter 400 DM-Filialen in Österreich dazu. Dabei gelte: “Es ist nicht so schwer, gelistet zu werden. Die Herausforderung ist, gelistet zu bleiben. Das muss man aus eigener Kraft schaffen”, sagt Hagemann. Trotz der geringeren Größe sieht Hagemann, die zum Zeitpunkt des Gesprächs gerade auf PR-Tour in Österreich unterwegs ist, den heimischen Markt mit besonderer Priorität. “Die Affinität zu ökologischen Produkten ist in Österreich noch größer als in Deutschland. Der Markt hat für uns also im Verhältnis ein sehr großes Potenzial”.

Crowdfunding-Kampagne für Das Boep-Sonnencreme

Für einen großen Rollout stehe als nächstes die Schweiz auf dem Programm. Mit kleineren Shops arbeite man bereits in vielen Ländern zusammen. Auch eine Erweiterung der Produktpalette ist im Gange. Derzeit läuft auf der Plattform Startnext eine Crowdfunding-Kampagne für eine Sonnencreme von Das Boep. Mit der Kampagne will man – klassisch – das neue Produkt vorfinanzieren. “Ansonsten sind wir bislang mit zwei kleinen Business Angel-Investments ausgekommen, um uns zu finanzieren”, erzählt die Gründerin. Nicht zuletzt durch DM als Vertriebspartner komme bei den Umsätzen bereits “einiges zusammen”. Man arbeite kostendeckend, reinvestiere aber derzeit alles, um die Markenbekanntheit auszubauen.

Hochschwanger zu den DM-Verhandlungen

Beachtlich: Während der Entwicklung des Unternehmens – das Boep wurde 2015 gegründet – schloss Hagemann ihr Medizinstudium ab und bekam noch ein zweites Kind. “Ich bin damals hochschwanger zu den Verhandlungen mit DM nach Karlsruhe gefahren”, erzählt sie. Dabei hätte sie eigentlich nie geplant gehabt, zu gründen. Unterstützt wird sie von ihrem wachsenden Team, allen voran ihrem Bruder, einem studierten Betriebswirt, den sie gleich zu Beginn als Co-Founder gewinnen konnte. Er hängte dafür einen Job bei der Bank an den Nagel.

“Als Ärztin hätte ich niemals die gleiche Flexibilität”

Bei allem sieht Hagemann die Vereinbarkeit von Selbstständigkeit und Familie für sich selbst gut. “Als Ärztin hätte ich niemals die gleiche Flexibilität. Und als Teilzeitkraft wird man dort auch nicht für voll genommen. Andererseits will man seine Kinder nicht 14 Stunden am Tag betreuen lassen”, sagt sie. Wichtig wäre dennoch die Unterstützung zuhause. Hagemanns Mann ging zwecks Kinderbetreuung in Teilzeit.

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Analyser, CSRD, EU-Taxonomie
(c) - PwC Österreich -Das Konsortium des Projekts "Analyser" beim Kick-Off.

Die Regeln der Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD), die in den kommenden Jahren sukzessive schlagend werden, bedeuten für zahlreiche österreichische Unternehmen eine Verpflichtung zur Nachhaltigkeitsberichterstattung. Bei vielen von diesen – auch jene, die freiwillig schon früher als erforderlich mit der Umsetzung starten – werden Schwierigkeiten erwartet, die Anforderungen zu erfüllen, da insbesondere KMU nicht über ausreichend Kapazitäten für interne Nachhaltigkeitsabteilungen verfügen würden.

CSRD und Taxonomie

Dies gilt im Besonderen für die EU-Taxonomie, die ergänzend zur CSRD anzuwenden ist. Gemäß ihr müssen die wirtschaftlichen Aktivitäten eines Unternehmens als nachhaltig oder nicht-nachhaltig deklariert werden.

Die Verordnung umfasst umfangreiche und detaillierte Kriterien, die für Ungeübte nicht leicht zu verstehen sind. Deshalb will in einem kürzlich gestarteten Forschungsprojekt namens “AI Enabled Sustainability Jurisdiction Demonstrator” (Analyser) ein Forschungskonsortium KI-basierte Module entwickeln. Die sollen es auch ungeschulten Anwenderinnen und Anwendern ermöglichen, die gesetzlichen Meldepflichten zu erfüllen. So soll eine Erleichterung für Unternehmen erzielt werden.

“Das oberste Ziel unseres Projekts ist es, die Zahl der KMU zu erhöhen, die selbstständig in der Lage sind, die EU-Taxonomie in guter Qualität zu berichten”, erklärt Maximilian Nowak, der das Projekt bei Fraunhofer Austria leitet.

Das Konsortium

Das Konsortium, bestehend aus Fraunhofer Austria, Universität Innsbruck, Technischer Universität (TU) Wien, Leiwand AI, PwC Wirtschaftsprüfgesellschaft, der Wirtschaftsagentur Niederösterreich ecoplus, Murexin und Lithoz wird dafür Teile des Prozesses mithilfe von Künstlicher Intelligenz automatisieren. Ein Chatbot, der auf einem eigens kreierten Sprachmodell beruht, soll mit den Anwenderinnen und Anwendern im Dialog stehen und sicherstellen, dass alle benötigten Dokumente vorliegen.

Es sind nämlich viele Fragen im Rahmen der Nachhaltigkeitsberichterstattung zu klären: Welche wirtschaftlichen Aktivitäten gibt es im Unternehmen? Wie umfangreich sind diese? Welche davon sind taxonomiefähig, können also überhaupt nach den Kriterien bewertet werden?

Josef Baumüller, der von Seiten der TU Wien an dem Projekt beteiligt ist, sagt: “Es ist vielen noch nicht bewusst, wie komplex die Anforderungen zunächst an die Datenerhebung und anschließend an die Klassifizierung sind. Die Prozesslandschaft im Unternehmen muss erfasst und auf die Vorgaben der EU-Taxonomie übergeleitet werden, darüber hinaus gilt es, relevante Datenbedarfe zu identifizieren und im Sinne der Effizienz v.a. bereits vorhandene Datenbestände zu nützen.”

CSRD-Berichterstattung eine Herausforderung

Dass eine Unterstützung der Unternehmen unumgänglich ist, sagt auch Stefan Merl von der PwC Österreich GmbH Wirtschaftsprüfungsgesellschaft: “Wir spüren bereits jetzt eine massive Zunahme in den Anfragen von Unternehmen, insbesondere von KMU, die sehen, dass die Erfüllung der CSRD-Berichterstattungspflichten eine große Herausforderung ist. Es führt kein Weg daran vorbei, eine automatisierte Lösung zu entwickeln, die weit über den Automatisierungsgrad bestehender Tools hinausgeht. Genau das wollen wir im Projekt ‘Analyser’ verwirklichen.”

Dabei ist essenziell, dass die im Tool eingesetzte KI fair, nachvollziehbar und korrekt arbeitet. Dafür soll Leiwand AI GmbH die nötige Expertise in das Projekt einbringen.

“In einer so kritischen Angelegenheit wie der Nachhaltigkeitsberichterstattung ist es besonders wichtig, dass auch Maßnahmen hinsichtlich einer zuverlässigen und fairen KI-Lösung getroffen werden. Durch den Einsatz verschiedener Methoden rund um nachhaltige und vertrauenswürdige KI werden wir dazu beitragen, dass der ‘Analyser’ gesicherte Informationen liefert, fair in Bezug auf Bias und Diskriminierung ist und im Einklang mit dem EU AI Act steht”, sagt Mira Reisinger, Data Scientist bei Leiwand AI.

Das Projekt ist im Herbst 2024 gestartet, läuft über drei Jahre und wird durch die FFG aus Mitteln des Bundesministeriums für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie gefördert.

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