02.12.2022

Crypto Weekly #82: Woche 4 nach der FTX-Pleite – so stark hat sie sich am Markt wirklich ausgewirkt

Diese Woche: FTX-Gründer Sam Bankman-Fried ist weiter sehr gesprächig - und diese Woche sogar auf einer Konferenz der "New York Times" aufgetreten. Anstatt seine Aussagen zu interpretieren, sehen wir uns in dieser Ausgabe lieber an, wie stark sich die Pleite der Kryptobörse wirklich in den Kursen niedergeschlagen hat.
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FTX
Foto: © AdobeStock/ Maurice Norbert

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Die Kurstafel:

  • Bitcoin (BTC): 17.000 US-Dollar (+3 % gegenüber Freitagnachmittag der Vorwoche)
  • Ethereum (ETH): 1.200 Dollar (+7 %)
  • Polkadot (DOT): 5,62 Dollar (+4 %)
  • Solana (SOL): 13 Dollar (-6 %)

? FTX-Gründer SBF plaudert weiter viel…

Über drei Wochen ist es mittlerweile her, seit die finanzielle Schieflage der Kryptobörse FTX öffentlich wurde. Und finanzielle Schieflage heißt hier, wie wenige Tage danach dann auch klar wurde: Pleite. Dass schnell Gras über die Sache wachsen würde, konnte niemand ernsthaft annehmen. Zu stark hat die Angelegenheit die Szene getroffen. 

Dass die Auswirkungen enorm sein würden, war rasch klar: Denn auch wenn FTX und Gründer Sam Bankman-Fried (SBF) keineswegs unumstritten waren, galt die Börse fälschlicherweise als grundsätzlich seriös. Und SBF war eines der Gesichter der Branche gegenüber der US-Politik. Der Schaden ist angerichtet. Aber das führt nicht dazu, dass SBF sich jetzt zurückhält. Im Gegenteil: Er ist weiter überraschend kommunikativ.

Das fing schon kurz vor Bekanntwerden des Fiaskos an und setzte sich danach fort. Einige seiner auf Twitter getätigten Aussagen erwiesen sich rasch als falsch – weshalb er auch manches wieder löschte. Doch es blieb nicht nur bei Tweets. Wie schon in Crypto Weekly #80 thematisiert, gab SBF einer Journalistin von Vox.com offenbar spontan ein Interview, in dem er frühere Forderungen nach “guter” Kryptoregulierung als reine PR bezeichnete – und seine Aussagen zu ethischem Handeln als “dumme Scheiße”, die “nicht wahr” sei. 

Und jetzt trat SBF auch auch noch bei einer Konferenz der New York Times auf. Beim “Dealbook Summit” wurde er aus den Bahamas per Videocall zugeschaltet – und von Andrew Ross Sorkin interviewt. Der US-Journalist ist nicht nur Times-Kolumnist und Moderator beim Finanzsender CNBC, er hat auch ein Buch über den berüchtigten Kollaps der Investmentbank Lehman Brothers im Jahr 2008 geschrieben. Durchaus passend also.

Sorkin fragte Bankman-Fried dabei auch ironisch, ob seine Anwälte solche Auftritte tatsächlich für eine gute Idee hielten. “No. They are very much not”, antwortete SBF. Allerdings fühle er sich verpflichtet, sich zu der Angelegenheit zu äußern. 

?‍♂️ …warum sollten wir zuhören?

Um die Sache abzukürzen: Bankman-Fried argumentierte im Wesentlichen, dass das Risikomanagement versagt habe: Das wahre Risiko bestimmter Positionen seien ihm und FTX generell nicht bewusst gewesen. 

Was sich aber nicht lohnt: Auf die Details seiner Aussagen einzugehen. SBF hat jegliche Glaubwürdigkeit verloren. Belastet wird SBF in dieser Hinsicht ja auch von ihm selbst: Wenn er jetzt frühere Aussagen als “reine PR” und “dumme Scheiße” wiederruft – wer soll ihm glauben, dass er jetzt die Wahrheit sagt?

Dazu kommt: Bei Unternehmensskandalen dieser Größenordnung gibt es für einen CEO keinen wirklich guten Ausweg. Betrug will wohl keiner eingestehen – aber die Alternative ist nicht viel besser: Wenn es keinen Betrug gab, sondern alles nur blöde Fehler waren, ist der CEO zumindest inkompetent. Und wenn andere im Unternehmen in großem Stil betrogen haben, der CEO aber alles nicht mitbekommen haben will, ist er wohl auch nicht geeignet, um einen Milliardenkonzern zu führen. 

SBF, der von einem Umfeld häufig als supersmarter Typ dargestellt wurde, scheint sich für die Option Inkompetenz entschieden zu haben. Er habe nie bewusst Kundengelder mit jenen Geldern vermischt, mit denen die FTX-Schwesterfirma Alameda an den Märkten gezockt hat, sagt SBF im Interview auf der “Dealbook”-Konferenz. Die beiden Firmen seien aber stärker verknüpft gewesen, als er es je gewollt habe. Und so weiter und so fort. In einem anderen Interview verwendete er die Phrase “I don’t remember” so häufig, wie es sonst nur bei Untersuchungsausschüssen im österreichischen Parlament vorkommt.

Im Grunde ist das aber alles nicht relevant. SBFs aktuelle Aussagen zu verfolgen, mag aus einer psychologischen Perspektive oder auch für juristische interessierte Personen interessant sein. Aber zur Wahrheitsfindung tragen sie nichts bei. Bloomberg-Kolumnist Matt Levine hat dies so auf den Punkt gebracht: Entweder Bankman-Fried weiß, wo das Geld hingekommen ist – dann wird er aber wohl lügen. Oder er weiß es wirklich nicht, dann wird niemand einen großartigen Erkenntnisgewinn aus seinen Aussagen ziehen.

? Die Auswirkungen der FTX-Pleite auf die Kursentwicklung: eine erste Bilanz

Anstatt unsere Zeit mit Interpretationen von SBFs Aussagen zu verschwenden, wenden wir uns doch einem anderen Aspekt des Themas zu: der Marktentwicklung. Nun ist es ja so, dass größere Ereignisse an den Finanzmärkten kurzfristig häufig zu starken Kursausschlägen führen. Und erst wenn sich dann der metaphorische Staub wieder gelegt hat, ergibt sich ein klares Bild. Beim FTX-Debakel sind wir mittlerweile in Woche 4.

Am 8. November, als die missliche Lage von FTX öffentlich wurde, rasselte der Kryptomarkt nach unten. Dann folgte rasch ein Erholungsversuch – ausgelöst durch die mögliche Übernahme von FTX durch Binance. Die zerschlug sich schnell wieder. Mit der Markterholung war es damit auch vorbei. Die Kurse fielen wieder. Allerdings nicht unter die zuvor erreichten Tiefs der ersten Marktreaktion. Soweit die Kursentwicklung in den ersten Tagen.

Aber wie ging es seither weiter? Erstaunlich unspektakulär. Nehmen wir Bitcoin. Der Kurs sank nach dem FTX-Fiasko von etwas über 20.000 Dollar auf unter 16.000 Dollar. Unter dieser Marke war Bitcoin zuletzt im Jahr 2020 gehandelt worden – also vor dem großen Bullenmarkt im Jahr 2021. 

Wer aber einen Absturz des Kurses in Richtung 10.000 Dollar oder tiefer erwartet hatte, wurde enttäuscht: In den folgenden Wochen bis Ende November schaffte es der BTC-Kurs zwar nicht mehr zurück über die 18.000-Dollar-Schwelle. Er fiel jedoch auch nicht unter die 15.500 Dollar. 

Ein ähnliches Bild bei Ethereum: Auch beim Ether-Kurs schlug sich die Unsicherheit rund um das FTX-Fiasko zunächst deutlich nieder und drückte den Kurs bis auf etwas unter 1.100 Dollar. Trotz einiger Schwankungen in der Folge hielt sich der ETH-Kurs immer deutlich über der 1.000-Dollar-Schwelle. 

Das heißt übrigens auch: Trotz des prekären Marktumfelds unterschritt sein bisheriges Jahrestief nicht: Denn in den Wochen nach dem Terra-LUNA-Zusammenbruch war ETH zwischenzeitlich in die Dreistelligkeit abgerutscht. 

Die aktuelle Ein-Monats-Performance liegt

  • bei Bitcoin bei minus 17 Prozent
  • und bei Ethereum bei bei minus 18 Prozent

Sind das gute Performances? Natürlich nicht. Insbesondere nicht, wenn man sie in Relation zum US-Aktienmarkt sieht. Dort weisen die wichtigsten Aktienindizes jeweils eine positive Monatsperformance von rund 5 Prozent auf. Und der starke Gleichklang zwischen US-Aktienmarkt und Kryptokursen war eines der dominierenden Themen in diesem Jahr. Jetzt geht es an der Wall Street aufwärts – und Kryptowährungen fallen trotzdem.

Aber trotz allem: Wir reden wir von Kursverlusten im Bereich von unter 20 Prozent. Am notorisch volatilen Kryptomarkt. Nach einem Ereignis, das manche als den Lehman-Moment von Krypto bezeichnet haben. Seit dem vergangenen Jahr haben wir mitunter stärkere Abverkäufe wegen weit weniger schwerwiegenden Gründen erlebt.

Auch bei einigen der anderen großen Coins sieht die Kursperformance nicht so viel anders aus: 

  • Polkadot (DOT) liegt auf Monatssicht etwa 13 Prozent im Minus 
  • und die durchaus umstrittenen Cardano (minus 21 Prozent) 
  • sowie XRP (minus 16 Prozent) haben ebenfalls ähnlich performt wie BTC und ETH.

Wen es dagegen richtig stark getroffen hat: Den SOL-Token von Solana mit einem Minus von knapp 60 Prozent im vergangenen Monat. Der Grund ist klar: Die Verbindung zu Bankman-Fried, der bereits früh in das Projekt investiert hatte und der vor allem über Alameda entsprechend große SOL-Bestände hält (hielt?). 

Noch einmal stärker abwärts ging es dann noch für FTX’ eigenen FTT-Token: Der liegt auf Monatssicht 95 Prozent im Minus. Überraschend daran könnte höchstens noch sein, dass er überhaupt noch einen Marktpreis von über einem Dollar aufweist.

In Woche 4 des FTX-Debakels zeigt sich also: Die Auswirkungen auf den Markt waren deutlich. Das kann niemand ernsthaft bestreiten. Die richtig starken Verluste verzeichneten aber vor allem Token mit direktem Bezug zu SBF und FTX. Bei den “Großen” stabilisierte sich die Kursentwicklung nach einem kurzen Schock dagegen wieder. Zumindest vorerst.

Denn das heißt natürlich nicht, dass es so weitergehen muss. Der Markt ist angeschlagen, die Stimmung schlecht. Noch ist unklar, welche weiteren Krypto-Unternehmen von der FTX-Pleite mit nach unten gerissen werden könnten. In diesem Umfeld muss man jederzeit auf negative Nachrichten mit entsprechenden Auswirkungen auf die Kurse eingestellt sein. 

Das muss nicht einmal die nächste Krypto-Pleite sein. Es kann auch jederzeit wieder neuer Gegenwind von der Makro-Ebene kommen. Oder von Regulierungsseite, insbesondere in den USA. Und was passieren würde, wenn beispielsweise bei Tether oder Binance gröbere Probleme auftreten würden, lässt sich nur erahnen. Aber Stand heute gilt: Die Marktreaktion war nicht so katastrophal wie man angesichts der Stimmung – oder auch der medialen Berichterstattung – vermuten könnte.


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Christopher Helf und Constantin Dißelkamp | Bild: pagent.ai

Christopher Helf war CTO und CO-Founder beim Wiener Krypto-Trading-Startup Trality. Im August des Vorjahres musste dieses Konkurs anmelden. Bereits ein Monat zuvor musste die Trading-Plattform ihren Service einstellen. Damals sei es dem Startup “aufgrund des aktuellen Marktumfelds nicht möglich gewesen, die Plattform und Dienstleistungen weiterhin anzubieten” – brutkasten berichtete.

Mit Januar 2024 startete Helf eine neue Challenge als CTO und Co-Founder des in Bonn sitzenden AI-Startups pagent.ai – gemeinsam mit CEO und Co-Founder Constantin Dißelkamp. Am gestrigen Montag vermeldete das Startup positive Nachrichten: Nämlich den Abschluss einer Pre-Seed-Finanzierungsrunde in Höhe von 900.000 US-Dollar – umgerechnet etwa 857.000 Euro.

AI-basierte Hyperpersonalisierung

Pagent.ai befasst sich mit der “AI-basierten Hyperpersonalisierung von Websites”. Das nun frische Kapital stammt vom teilstaatlichen High-Tech Gründerfonds (HTGF) – einem der größten deutschen Seed-Investoren, ebenfalls mit Sitz in Bonn.

Mit der generativen KI von pagent.ai können personalisierte Webinhalte erstellt und damit eine bessere Nutzeransprache ermöglicht werden. Wie das deutsche Medium startbase.de berichtet, soll pagent.ai “Webseiten automatisch auf die Bedürfnisse und Vorlieben bestimmter Zielgruppen abstimmen”, wodurch diese Marketingziele effizienter erreichen können.

Die Lösung von pagent.ai eigne sich insofern für Unternehmen, als dass diese keine A/B-Testungen mehr durchführen bräuchten, so das Startup. Das AI-System des Startups soll “automatisch die effektivste Variante der Website” identifizieren und “sie den Nutzern ausspielen, was zu einer verbesserten Nutzererfahrung führt”, heißt es auf starbase.de. Die Lösung soll überdies auf die “Verbesserung von Text- und Bildelementen” setzen.

Telekom und E-Commerce im Fokus

Für das kommende Geschäftsjahr plane das Startup, die Funktionalitäten seiner Technologie auf Struktur, Design und Video-Inhalte auszudehnen. Aktuell würden Testungen mit Pilotkunden durchgeführt, wobei sie die sogenannten “pagents” von pagent.ai testen. Diese “pagents” ermöglichen es, Website-Elemente automatisiert zu optimieren und die beste Version für Nutzer:innen auszuspielen, heißt es.

“Unser langfristiges Ziel ist es, das führende AI-Modell für personalisierte Kommunikation zu entwickeln und Online-Erfahrungen völlig neu zu gestalten”, wird Co-Founder Dißelkamp von startbase.de zitiert.

Die Lösung zeige sich bislang – nach Angaben des Startups – besonders für Unternehmen aus den Bereichen der Telekom und des Mode-Online-Handels interessant. Co-Founder Helf bestätigt: “Besonders Telekommunikations- und Fashion-E-Commerce-Unternehmen zeigen großes Interesse für die Automatisierungslösung. Für jede Organisation mit Onlinepräsenz liegt großes Potenzial in der Marketingautomatisierung mit AI, um ihre Ziele besser zu erreichen.”

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