23.09.2022

Crypto Weekly #72: Wie zwei alte Männer für schlechte Stimmung am Kryptomarkt sorgen

Diese Woche: Nach dem Hype um den "Merge" bei Ethereum bleibt das Umfeld für den Kryptomarkt schwierig. Dazu tragen auch US-Notenbank-Chef Jerome Powell und Börsenaufsichts-Boss Gary Gensler bei. Außerdem: XRP steigt um mehr als 50 % - aber ist das gerechtfertigt?
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Stock crisis red price drop down chart fall on screen
Foto: Adobe Stock

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Die Kurstafel:

  • Bitcoin (BTC): 19.000 US-Dollar (-3 % gegenüber Freitagnachmittag der Vorwoche)
  • Ethereum (ETH): 1.300 Dollar (-11 %)
  • Solana (SOL): 32 Dollar (-3 %)
  • Avalanche (AVAX): 17 Dollar (-4 %)
  • XRP: 0,50 Dollar (+53 %)

Wie die US-Notenbank den Kryptomarkt nach dem “Merge”-Hype auf den Boden der Realität zurückgeholt hat

Die vergangenen Wochen schien es, als hätte es in der Kryptobranche nur ein Thema gegeben: Den “Merge” bei Ethereum, also den Umstieg der Blockchain auf den “Proof of Stake”-Konsensmechanismus und den damit einhergehenden Abschied vom Mining. Klar, die Aufmerksamkeit war durchaus berechtigt: Immerhin war seit Jahren auf den “Merge” hingearbeitet worden – und der Umstieg ist technisch ein gewaltiges Projekt. Letztlich ist aber alles reibungslos gelaufen. Auch gut eine Woche später sind keine nennenswerten Probleme aufgetaucht.

So weit, so gut. Aber: Der Hype um den “Merge” ändert nichts an einer Tatsache, die zuletzt etwas in den Hintergrund gerückt ist. Und zwar, dass das Marktumfeld weiterhin extrem schwierig ist. Der Gegenwind auf der Makroebene – Krieg, Zinsen, Inflation – ist weiterhin stark. Und der betrifft nicht nur Krypto, sondern den gesamten Finanzmarkt.

Im Sommer schien es an der Wall Street kurz so, als sei das Schlimmste vielleicht schon überstanden. Die US-Inflationsrate sank im Juli, der Aktienmarkt reagierte positiv – auch die Kurse von Krypto-Assets legten zu. Würde die Inflationsrate nun weiter sinken, könnte die Notenbank Federal Reserve (Fed) das Tempo ihrer Zinserhöhungen zurückfahren – oder sie gar stoppen, so die Hoffnung vieler Trader.

Mittlerweile ist aber klar: Da war ein bisschen zu viel Wunschdenken dabei. Die in der Vorwoche veröffentlichten US-Inflationsdaten für August zeigten zwar einen weiteren Rückgang. Er fiel aber nicht so stark aus wie erwartet. Nach Veröffentlichung der Daten fielen die Kurse.

Diese Woche kam nun die nächste Zinsentscheidung der Fed dazu: Die Notenbank erhöhte ihren Leitzins erneut um 0,75 Prozentpunkte. Damit liegt er nun in einer Bandbreite von 3,00 bis 3,25 Prozent. 

Und Fed-Chef Jerome Powell machte in seiner Pressekonferenz deutlich: Die Priorität der Fed liegt ganz klar darauf, die Inflationsrate zu senken. Und wenn das die Konjunktur abwürgt, dann ist es eben so. Am Aktienmarkt ging es daraufhin wieder abwärts, am Kryptomarkt ebenfalls. 

An den Finanzmärkten hatten eben viele darauf gesetzt, dass die Fed ihre Zinserhöhungen nicht allzu lange fortsetzen würde. Wenn der Aktienmarkt zu stark einbricht, wird die Fed einlenken. Das war die Annahme. 

Langsam dämmert es nun vielen, dass dies doch nicht der Fall sein wird. Jerome Powell will nicht als Arthur Burns in die Geschichte eingehen – der US-Notenbankchef der 1970er-Jahre, der die Inflation unterschätzte und ihr dann jahrelang nichts entgegensetzen konnte. Die Zinsen von 10-jährigen US-Staatsanleihen sind mittlerweile auf rund 4 Prozent gestiegen. Damit sind Anleihen für viele wieder eine attraktive Alternative. Aktien sind dementsprechend weniger gefragt. Und für Krypto-Assets gilt aufgrund der anhaltend hohen Korrelation zum traditionellen Finanzmarkt wieder einmal: Mitgehangen mitgefangen.

US-Börsenaufsicht beansprucht Zuständigkeit für alles, was auf Ethereum läuft

Es war aber nicht nur Jerome Powell (69), der diese Woche die Stimmung gedämpft hat. Auch ein anderer älterer Herr aus den USA lässt sich nicht locker: Gary Gensler (64). Oder besser gesagt, seine Behörde, die US-Börsenaufsicht Securities and Exchange Commission (SEC). Gensler hat seit seinem Amtsantritt im April 2021 klar gemacht, dass seiner Ansicht nach in der Kryptobranche einiges im Argen liegt. Der SEC-Chef dürfte die meisten Krypto-Assets rechtlich gesehen für Wertpapiere halten, die einen entsprechenden Registrierungsprozess bei seiner Behörde durchlaufen müssten, damit sie in den USA angeboten werden dürfen.

In der Vorwoche deutete er an, dass die SEC auch das Anbieten von Staking am US-Markt als registrierungspflichtiges Wertpapiergeschäft eingeschätzt werden könnte. Diese Aussagen haben wir in der vorigen Ausgabe des Crypto Weekly bereits beleuchtet. Sie scheinen sich (vorerst?) auf Staking-Anbieter wie die Börsen Coinbase oder Kraken zu beziehen und nicht unmittelbar darauf, ob die gestakten Assets selbst (also beispielsweise ETH oder AVAX) per se einen Prozess zur Registrierung von Wertpapieren durchlaufen müssten.

Diese Woche kam aber nun ein weiterer Aspekt dazu. Diesmal waren es nicht Äußerungen von Gensler selbst, sondern eine Klage seiner Behörde. Eine solche gegen den Krypto-Influencer Ian Balina wurde am Montag öffentlich. Dieser hat 2018 einen Token, von dem die meisten noch nie etwas gehört haben dürften, beworben und verkauft. 

Bei diesem Token namens SPRK handelte es sich um einen sogenannten ERC-20-Token, der auf der Ethereum-Blockchain läuft. Die SEC wirft Balina nun vor, dass SPRK rechtlich in den USA ein registrierungspflichtiges Wertpapier dargestellt hätte. Bis hierhin ist das alles noch relativ unspektakulär. 

Aber: Interessant ist an der Klage ein anderer Aspekt. Und zwar wie die SEC ihre Zuständigkeit begründet. Balina verkaufte seine SPRK-Token gegen Ether-Token (ETH). Damit entstanden Transaktionen auf der Ethereum-Blockchain. Und die Ethereum-Nodes, die diese Transaktionen validiert haben, seien zu einem größeren Teil in den USA als in anderen Ländern angesiedelt gewesen. “Daher haben diese Transaktionen in den USA stattgefunden”, heißt es in der Klage.

Das bedeutet: Basierend auf dieser Argumentation kann die SEC letztlich jede Ethereum-Transaktion als in den USA stattgefundene Transaktionen betrachten – und damit als Transaktion, die US-Gesetzen unterliegt. Das betrifft praktisch sehr große Teile des gesamten NFT- und DeFi-Bereich, der großteils ebenfalls auf Ethereum läuft. In weiterer Folge könnte man diese Logik auch auf die meisten anderen Blockchains anwenden.

Unmittelbare rechtliche Implikationen hat dies zwar nicht. Diese Annahme der SEC ist zunächst einmal nur eine solche. Es ist unklar, ob sie tatsächlich vor einem Gericht halten würde. Aber gleichzeitig sollte man die Bedeutung nicht unterschätzen: Die SEC macht damit ihre Sichtweise auf ihre Zuständigkeit deutlich. 

Es ist auch ein weiterer Schritt, der stärkeren regulatorischen Druck aus den USA signalisiert. Erst im August hatte das US-Finanzministerium erstmals Sanktionen gegen ein Krypto-Protokoll verhängt – und zwar gegen das ebenfalls auf Ethereum laufende Anonymisierungsprotokoll Tornado Cash. Was eine ganze Reihe weiterer Fragen über die Widerstandsfähigkeit der Ethereum-Blockchain gegenüber staatlichem Druck aufgeworfen hatte.

Warum XRP diese Woche um 55 % gestiegen ist

Wir bleiben gleich beim Thema. Die Frage, ob und welche Krypto-Assets in den USA als Wertpapiere registriert werden müssten, ist ja keine neue. Und der vielleicht prominenteste Fall zieht sich schon ziemlich lange dahin: Es geht um das Unternehmen Ripple und dessen Kryptowährung XRP. Die SEC klagte die Ripple-Gründer bereits im Dezember 2020, also deutlich bevor der heutige SEC-Chef Gensler sein Amt antrat.

Der Vorwurf der Börsenaufsicht lautet im Wesentlichen, dass Ripple und seine Gründer mit dem Verkauf von XRP in den USA unerlaubte Wertpapierverkäufe getätigt hätten. Ripple wiederum bestreitet dies.

Diese Woche ist der XRP-Kurs nun ordentlich angezogen – um mehr als 50 Prozent. Abgesehen von den Stablecoins Tether und USDC liegt XRP gemessen an der Marktkapitalisierung übrigens mittlerweile nur mehr hinter Bitcoin, Ethereum und BNB. Angesichts der Umstände und der niedrigen Popularität von XRP in der Krypto-Szene ist das durchaus etwas überraschend.

Der Hintergrund des Kursanstiegs: Sowohl die SEC als auch Ripple selbst haben diese Woche einen Antrag auf ein rasches Urteil des Gerichts eingebracht. Es würden nun ausreichend Informationen für ein Urteil vorliegen, wird von beiden Seiten argumentiert. 

Trader spekulieren offenbar auf einen für Ripple günstigen Ausgang des Rechtsstreit mit der SEC. Auf welcher Basis? Das ist völlig unklar. Eindeutige Hinweise auf ein günstiges Urteil von Ripple sind zumindest öffentlich keine bekannt. Und klar ist auch: Geht die Sache gegen Ripple aus, wird es ganz schnell wieder in die andere Richtung gehen.

Der größere Kontext: Ripple und XRP erfreuen sich innerhalb der Krypto-Szene nicht unbedingt der allergrößten Beliebtheit. Aber der Fall hat natürlich Implikationen über XRP hinaus – und zwar gerade wegen der mangelnden Dezentralität, die Ripple häufig vorgeworfen wird. 

Denn: Würde das Gericht feststellen, dass XRP tatsächlich nicht als Wertpapier einzustufen sei, würde das wohl bedeuten, dass dies auch für die allermeisten der übrigen großen Krypto-Assets gelten müsste. Umgekehrt könnte ein Erfolg der SEC die Behörde wohl bestärken, auch gegen andere große Krypto-Assets vorzugehen.

P.S. Jerome Powell ist 69 Jahre alt, Gary Gensler 64. Alt ist das selbstverständlich nur verglichen mit Bitcoin (13) oder Ethereum (7).


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Disclaimer: Dieser Text sowie die Hinweise und Informationen stellen keine Steuerberatung, Anlageberatung oder Empfehlung zum Kauf oder Verkauf von Wertpapieren dar. Sie dienen lediglich der persönlichen Information. Es wird keine Empfehlung für eine bestimmte Anlagestrategie abgegeben. Die Inhalte von brutkasten.com richten sich ausschließlich an natürliche Personen.

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Lalamu, Konkurs
(c) Lalamu

Zuerst eine Tonspur, dann das Video eines Gesichts (etwa auch auf einem Foto oder nicht allzu abstrakten Gemälde oder sogar auf einer Statue) aufnehmen – fertig. Die Aufnahmen werden vom Server mittels KI-basiertem Tool verarbeitet. Das Lip Sync-Video kommt nach ein paar Sekunden zurück und kann auf TikTok und Co gepostet werden. Das konnte das Produkt des Wiener Startups Lalamu.

Lalamu: Neben Lip-Sync auch B2B-Angebot

Die B2C-App, die in der Basis-Version kostenlos war und für die es mehrere Packages mit längerer Video-Dauer und ohne Werbung zu kaufen gab, war jedoch nicht der einzige Geschäftszweig. Lalamu wollte auch mit einem B2B-Angebot durchstarten. Konkret wandte man sich an Filmindustrie, Museen und Agenturen, die das AI-Algorithmus-basierte Tool des Startups für ihre Zwecke einsetzen sollten.

Mit diesen Vorhaben konnte man ein Investment ergattern: Das Wiener Unternehmen holte sich insgesamt 245.000 Euro von Investor:innen. Es wurde auch ins Microsoft for Startups-Programm aufgenommen, schaffte es mit der Lalamu Studio App in den Canva App Store mit mehr als 400.000 Usern und entwickelte schlussendlich die unabhängige Web-Platform lipsyncer.ai. Nun aber berichtet der Alpenländische Kreditorenverband (AKV) vom Konkurs des KI-Startups.

Konkurs eröffnet

“Die LaLaMu EntertAInment GmbH kann ihren laufenden Zahlungsverpflichtungen nicht mehr nachkommen. Vom zuständigen Handelsgericht Wien wurde ein Konkursverfahren eröffnet”, heißt es dort.

Das sagt der Founder

Auf Anfrage erklärt Founder Matthias Spitzer, dass es in einer Zeit, in der das Startup Unterstützung gebraucht hätte, etwa für neue Developer, keine gegeben habe. Die Konkurrenz aus den USA (Runway und Sync Labs) hätten dagegen über die letzten Jahre mehrere Millionen US-Dollar an Investment erhalten.

“Das ist ein Genickbruch”, sagt Spitzer. “Da kommst du nicht mehr weiter.” Lalamu habe noch versucht mit Lipsyncer.ai “die Kurve zu kratzen”, habe die Videoqualität verbessert und optimiert, damit sie etwa bei Werbevideo-Vorproduktionen oder Erklärvideos zum Einsatz kommen kann. Doch leider hätten die vielen User:innen bloß den Free Modus-Bereich genutzt, wie der Founder erwähnt.

“Unser Umsatz hat es einfach nicht erlaubt, zu wachsen”, ergänzt Spitzer. “Wir wurden links und rechts überholt. Eigentlich waren wir ja eine Zeit lang im Sektor weltweit bekannt bzw. namhaft und spürten eine klare Bewegung nach vorne. Wir haben uns sehr erhofft mehr gesehen zu werden und eine großzügige Finanzspritze zu erhalten. Aber, was wirklich schade ist, keiner in Österreich hat sich getraut im großen Stil zu investieren.”

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