16.09.2022

Crypto Weekly #71: Warum der Ethereum-Kurs nach dem “Merge” gefallen ist

Diese Woche: Ethereums Umstieg auf den "Proof of Stake"-Konsensmechanismus ist Realität geworden. Warum hat der Kurs zunächst nicht reagiert - und ist dann gefallen? Außerdem: Was haben die Miner gemacht? Und will die US-Börsenaufsicht demnächst gegen Staking-Anbieter vorgehen?
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Ethereum
Ethereum | Foto: © Adobe Stock

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Die Kurstafel:

  • Bitcoin (BTC): 19.800 US-Dollar (+2 % gegenüber Freitagnachmittag der Vorwoche)
  • Ethereum (ETH): 1.460 Dollar (-11 %)
  • Solana (SOL): 32 Dollar (-3 %)
  • Polkadot (DOT): 7 Dollar (-7 %)
  • Avalanche (AVAX): 18 Dollar (-7 %)

“Merge” umgesetzt: Ethereum läuft jetzt auf “Proof of Stake”

Seit Jahren ist er diskutiert worden. Viele wollten es nicht glauben, dass er wirklich noch kommt. Und jetzt ist er Realität: Ethereums Umstieg auf den “Proof of Stake”-Konsensmechanismus, der das Mining für die Blockchain obsolet gemacht hat. Anfang August war bekannt geworden, dass der “Merge” genannte Schritt rund um den 15. September stattfinden soll. Und der Zeitplan hat gehalten: Am Donnerstag gegen 8.45 Uhr mitteleuropäischer Zeit ging er über die Bühne. Ethereum wurde damit zu einer “Proof of Stake”-Blockchain. 

Das Wichtigste zuerst: Der “Merge” verlief technisch weitgehend reibungslos. Klar, der Umstieg wurde in den vergangenen Monaten auf mehreren Test-Netzwerken geprobt, insofern war genau dies auch das wahrscheinlichste Szenario. Aber: Tests in der Softwareentwicklung sind das eine, der Realbetrieb das andere. Immerhin wurde hier der Konsensmechanismus einer Blockchain geändert, auf der tausende Anwendungen laufen, in denen Milliarden Dollar stecken – ohne dass diese offline genommen wurde. 

Danny Ryan, ein Researcher der Ethereum Foundation, zog in einem Podcast-Interview daher auch folgenden Vergleich: Es sei als hätte man ein neues Flugzeug gebaut, das neben dem alten “Proof of Work”-Flugzeug fliege – und während des Flugs würde man nun alle Inhalte des Flugzeugs in das neue übersiedeln müssen.

Mit dem “Merge” ist Mining auf der Ethereum-Blockchain nun Geschichte. Der Energieverbrauch der Blockchain soll damit um mehr als 99 Prozent sinken. Befürworter des “Proof of Stake”-Ansatzes sehen außerdem noch eine ganze Reihe an weiteren Pluspunkten – so sei es etwa einfacher, gegen bösartige Validatoren vorzugehen. Kritische Stimmen befürchten dagegen die Gefahr einer Zentralisierung – indem einige wenige große Validatoren das Netzwerk kontrollieren könnten. All diese Punkte werden seit Jahren diskutiert, einen ausführlicheren Überblick dazu gab es auch in der letztwöchigen Ausgabe des Crypto Weekly. Daher belassen wir es an dieser Stelle dabei.

Wie sich der “Merge” auf den Ethereum-Kurs ausgewirkt hat

Gut, nun ist der “Merge” also technisch reibungslos über die Bühne gegangen. Aber wie hat der Markt reagiert? Darüber wurde im Vorfeld durchaus unterschiedlich gemutmaßt. Ein erfolgreicher “Merge” könnte der im aktuellen Bärenmarkt dringend benötigte Kurstreiber werden, hofften einige. 

Andere widersprachen: Der “Merge” sei ein “Sell the news”-Event. Die alte Börsenweisheit “Buy the rumor, sell the news” kennt man beispielsweise von Firmenübernahmen: Kommt das Gerücht auf, dass die große Firma A die kleinere Firma B kaufen will, steigt der Kurs von B. Wenn dann später die offizielle Bestätigung kommt, legt der Kurs nicht weiter zu, sondern fällt sogar wieder zurück – weil die Trader kein weiteres Kurspotenzial mehr sehen und ihre Gewinne mitnehmen.

Wie war es nun aber beim “Merge”? Was die unmittelbare Kursreaktion angeht, lautet die Antwort: Weder noch. Der Ether-Kurs reagierte zunächst kaum. Während die Ethereum-Community auf Social Media jubelte, zeigte sich der Markt unbeeindruckt. Der ETH-Kurs hob sich dabei auch kaum von den Kursbewegungen anderer großer Krypto-Assets ab. Wer also bloß auf die Kurse blickte, konnte kaum erahnen, dass hier eines der wichtigsten Ereignisse in der Geschichte Ethereums über die Bühne gegangen war.

Am Nachmittag kam dann doch noch Bewegung in den Markt: Es ging abwärts, und zwar nicht nur für Ether, sondern für den gesamten Kryptomarkt. 

Was der Kursrückgang nach dem “Merge” zu bedeuten hat

In diese Bewegung sollte man aber nicht allzu viel hinein interpretieren. Der Kursrückgang am Nachmittag begann ungefähr zu dem Zeitpunkt, an dem die Trader in den USA typischerweise am Markt aktiv werden. 

Und wie schon so oft im vergangenen Jahr beschränkte er sich nicht auf Krypto-Assets, sondern betraf den gesamten Finanzmarkt. Es war also einfach wieder einmal ein “Risk off”-Umfeld, in dem riskantere Assets nicht gefragt waren. Dass sich die Marktstimmung am Nachmittag europäischer Zeit dreht, weil die kurz aufgewachten US-Akteure einen Impuls liefern, ist ein völlig übliches Muster am Finanzmarkt.

Bei Ethereum fiel das Minus tatsächlich ein bisschen stärker aus als bei anderen Krypto-Assets. Allerdings war der “Merge Trade” in den vergangenen Monaten wohl einer der populärsten am Kryptomarkt. Mit jedem erfolgreichen Probelauf auf einem der Test-Netzwerke zog der Ether-Kurs ordentlich an. Auch andere Token mit Bezug zum Ethereum-Ökosystem wie Lido oder Ethereum Classic profitierten davon. 

An den Finanzmärkten wird eben die Zukunft gehandelt – und der “Merge” wurde durch die Kursanstiege der vergangenen Wochen bei Ethereum schon eingepreist. Jetzt gilt es neue Impulse abzuwarten.

Geht US-Börsenaufsicht demnächst gegen Staking-Anbieter vor? 

Gegenwind könnte von regulatorischer Seite kommen. Wenige Stunden nach dem “Merge” meldete sich auch der Chef der US-Börsenaufsicht Securities and Exchange Commission  (SEC), Gary Gensler, zu Wort. Nicht zum “Merge” selbst. Er nahm nicht einmal direkt auf Ethereum Bezug. Und auch auf keine andere Blockchain.

Allerdings äußerte er sich zum Thema Staking, das mit dem Umstieg auf “Proof of Stake” nun eben auch bei Ethereum eingesetzt wird. Wenn Kryptobörsen ihren Kundinnen und Kunden Staking ermöglichen, dann würde das sehr ähnlich aussehen wie Krypto-Lending, sagte Gensler einem Bericht des Wall Street Journals zufolge vor einem Hearing im US-Kongress.

Klingt noch nicht so spektakulär. Aber: Es ist bekannt, dass die SEC Lending-Angebote, also den Verleih von Kryptowährungen gegen bestimmte Erträge, als registrierungspflichtige Wertpapiergeschäfte ansieht. Im Vorjahr musste Coinbase daher am US-Markt ein geplantes Lending-Produkt auf Druck der SEC noch vor dem Start zurückziehen. Die Lending-Plattform BlockFi wiederum musste ebenfalls aus diesem Grund Anfang des Jahres eine Rekordstrafe zahlen.

Das heißt also: Gensler deutet an, dass das Anbieten von Staking in den USA ebenfalls als registrierungspflichtiges Wertpapiergeschäft eingeschätzt werden könnte. Mit entsprechenden Folgen für die jeweiligen Anbieter. Die großen US-Kryptobörsen Coinbase und Kraken gehören etwa auch zu den größten Anbietern von Ethereum-Staking – und wären somit betroffen. 

Anders als teilweise in der medialen Berichterstattung impliziert scheinen sich Genslers Aussagen aber nicht auf den generellen Status von Proof-of-Stake-Assets zu beziehen – also auf die Frage, ob beispielsweise Ether selbst (in den USA) als unregistriertes Wertpapier einzustufen wäre, sondern eben auf das entsprechenden Staking-Angebot von Unternehmen wie eben Kryptobörsen. 

Nach den vor wenigen Wochen beschlossenen Sanktionen des US-Finanzministeriums gegen des Krypto-Anonymisierungs-Protokoll Tornado Cash zeigt sich aber ein weiteres Mal, dass die Kryptobranche in den nächsten Monaten (und Jahren) jederzeit mit regulatorischen Gegenwind aus den USA rechnen muss.

Ethereum Classic, ETHPoW: Wie die Ethereum-Miner auf den “Merge” reagiert haben

Apropos Staking. Ethereums Umstieg auf den “Proof of Stake”-Konsensmechanimus hat nun ja auch dazu geführt, dass die Miner bei Ethereum schlagartig nicht mehr gebraucht – was im Vorfeld zu einigen Spekulationen geführt hatte, wie diese damit umgehen würden.

Einige Miner hatten angekündigt, mittels eines Hard Forks die “Proof of Work”-Blockchain weiterzuführen. Dies geschah nun auch tatsächlich, allerdings wurde der Start dieses “EthereumPoW”-Mainnets von einigen technischen Schwierigkeiten überschattet. Der dazugehörige Token, der unter dem Kürzel ETHPoW auf einigen Börsen gehandelt wird, schoss rund um den “Merge” von etwa 45 auf über 60 Dollar nach oben, brach dann innerhalb der nächsten Stunden wieder auf unter 10 Dollar ein.

Dass aus diesem Fork eine ernstzunehmende Ethereum-Alternative entstehen könnte, hatte schon vor dem “Merge” niemand erwartet. Der Rückhalt in der Ethereum-Community war de facto gleich null. Nun dürfte sich das Projekt tatsächlich als Rohrkrepierer erwiesen haben.

Ebenfalls aus einem Hard Fork hervorgegangen ist Ethereum Classic – allerdings geschah dies bereits 2016, nach dem berühmt-berüchtigten DAO-Hack. Technisch gesehen ist Ethereum Classic die ursprüngliche Ethereum-Blockchain – und in den vergangenen Wochen ist dem Projekt wieder stärkere Aufmerksamkeit zuteil geworden: Nach dem “Merge” könnten Miner auf Ethereum Classic umsteigen und dort minen, war häufig vermutet worden.

Das dürften nun einige Miner tatsächlich gemacht haben: Die Hashrate stieg deutlich von rund 70 Terahashes pro Sekunde auf zwischenzeitlich über 300 Terahashes pro Sekunde, wie Daten von 2Miners.com zeigen. Der Kurs des Tokens ETC verlor diese Woche dagegen nach einigen starken Wochen nun rund 10 Prozent. Unabhängig davon gilt aber auch hier: Dass Ethereum Classic in nächster Zeit aus seinem Nischendasein entfliehen wird können, darf stark bezweifelt werden.


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Das Wiener Startup PowerBot automatisiert den physischen Stromhandel an Strombörsen. Damit leistet es einen Beitrag zur Energiewende. CEO Helmut Spindler hat uns vergangenen April mehr über die Technologie erzählt.

Das SaaS-Unternehmen wurde im Jahr 2020 von Felix Diwok, Manuel Giselbrecht und Helmut Spindler gegründet. Mit dem Ziel, Handelsabläufe an den europäischen Strombörsen zu automatisieren und zu verbessern. Und damit die Energiewende voranzutreiben. CEO Spindler war jahrelang als Berater für Energiemarktfragen tätig. Als Spin-off der Energiemarktberatung Inercomp GmbH entstand dann 2020 PowerBot.

Exit an norwegischen Tech-Konzern

Am gestrigen Mittwoch verkündete das Wiener Startup, vom “europäischen Marktführer für Energiesoftware, Volue, offiziell übernommen” worden zu sein. Eine konkrete Summe wird nicht genannt. Gemeinsam habe man sich das Ziel gesetzt, den Markt “im algorithmischen kurzfristigen Stromhandel” anzuführen.

Das Käufer-Unternehmen Volue positioniert sich als Technologielieferant grüner Energie. Das norwegische Unternehmen arbeitet an Lösungen zur Optimierung von Produktion, Handel, Verteilung und Verbrauch von Energie.

Co-Founder Diwok hielt bislang 37,5 Prozent, Spindler und Giselbrecht je 18,74 Prozent. Auch das Partnerunternehmen der Armstrong Consulting GmbH unter Geschäftsführer Roger Armstrong hielt bislang 25,01 Prozent der Firmenanteile.

Schrittweise Integration

Mit dem Kauf des Wiener Energy-Startups soll das bestehende Portfolio von Volue erweitert werden. Die Integration soll Schrittweise erfolgen, ab Jänner 2025 sei die PowerBot-Lösung vollständig in das Volue-Portfolio integriert.

Volue-CEO Trond Straume wird in einem LinkedIn-Post von PowerBot zitiert: „Diese Übernahme ist ein entscheidender Schritt auf unserem Weg, bis 2030 der führende SaaS-Anbieter für das globale Energiesystem zu werden. Die hochmoderne Plattform von PowerBot ergänzt den Volue Algo Trader perfekt, indem sie Quants befähigt und unsere Expansion über Westeuropa hinaus beschleunigt.“

Das Wiener Energy-Startup soll fortan die bestehende Lösung des Käufers – namentlich “Volue Algo Trader Power” ergänzen. Dabei handelt es sich um eine SaaS-Lösungen für den kurzfristigen Stromhandel, kurz für “Intraday”-Stromhandel.

“Keinen besseren Partner”

Wie PowerBot weiter vermeldet, soll die Integration die Entwicklung von traderfreundlichen Benutzeroberflächen und Lösungen für Unternehmen begünstigen. PowerBot wird dabei eng mit dem Team rund um die SaaS-Lösung Volue Algo Trader Power zusammenarbeiten.

Für das PowerBot-Team sei der Exit “nur der nächste wichtige Schritt auf dem Weg des Wachstums”, heißt es. Auch weiterhin soll das bestehende PowerBot-Team, darunter Helmut Spindler, Maximilian Kiessler und Jakob Ahrer, “die Entwicklung des Produkts weiter vorantreiben und für Kontinuität und Innovation sorgen”. Das Startup will indes bereits baldige neue Produkte auf dem Markt verkünden.

Helmut Spindler, CEO von PowerBot, kommentiert: „Wir haben in den letzten Jahren ein unglaubliches Wachstum erlebt, und um weiter zu skalieren und zu internationalisieren, brauchten wir einen starken Partner. Volue ist aufgrund seiner umfassenden Branchenkenntnisse und seiner gemeinsamen Vision die perfekte Wahl. Ich könnte mir keinen besseren Partner vorstellen“.

Stärken kombinieren

Mittlerweile soll das Wiener Energy-Startup über 85 Kunden in 26 Ländern vorweisen. Handeln soll es derzeit an neun Börsen. Das Team sei 25-köpfig und in Wien sitzend. Auch die Zertifizierungen ISO 27001 und SOC2 Typ 2 – beides Zertifizierungen für Cybersicherheit und Datenschutz – weise man vor.

Roland Peetz, SVP von Volue Energy Software, fügt hinzu: „Indem wir unsere Stärken kombinieren, schaffen wir ein unübertroffenes Angebot, das den Anforderungen des sich schnell verändernden Stromhandelsmarktes gerecht wird.“

Aus dem Archiv: PowerBot-CEO Helmut Spindler im Studio

Der PowerBot-CEO und Mitgründer Helmut Spindler war zu Gast im brutkasten Studio.

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