06.05.2022

Crypto Weekly #55: Kurseinbruch am Kryptomarkt – wie geht es jetzt weiter?

Nach der dieswöchigen Zinserhöhung der US-Notenbank fiel Bitcoin auf den tiefsten Stand seit Februar. Außerdem diese Woche: Warum das Solana-Netzwerk erneut offline ging und wieso die Transaktionsgebühren dank der "Bored Ape Yacht Club"-Macher auf der Ethereum-Blockchain am vergangenen Wochenende massiv angestiegen sind.
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Bitcoin price falling
Foto: Adobe Stock

Im brutkasten Crypto Weekly, das hier per Mail abonniert werden kann, blicken wir jeden Freitag auf die wichtigsten Kursbewegungen und Nachrichten der Krypto-Woche zurück. Wie immer starten wir dabei mit einem Blick auf…


Die Kurstafel:

  • Bitcoin (BTC): 35.800 US-Dollar (-8 % gegenüber Freitagnachmittag der Vorwoche)
  • Ethereum (ETH): 2.680 Dollar (-6 %)
  • Solana (SOL): 81 Dollar (-15 %)
  • Avalanche (AVAX): 56 Dollar (-13 %)
  • Polkadot (DOT): 14 Dollar (-13 %)

Bitcoin fällt auf tiefsten Stand seit Anfang Februar

Die Lage: Schon länger ist die Stimmung am Kryptomarkt angespannt. Daran änderte sich auch diese Woche nichts, im Gegenteil: Nach einem durchwachsenen Wochenstart legten die Kurse am Mittwoch zwar noch zu. Doch lange währte dies nicht. Am Donnerstag kamen sie richtig unter Druck. In Zahlen heißt das etwa bei Bitcoin: Der Kurs fiel von 39.500 Dollar auf unter 36.000 Dollar – erstmals seit Februar.

Der Hintergrund: Das bestimmende Thema der Woche war ganz klar die Federal Reserve (Fed). Die US-Notenbank hielt diese Woche ihre erste Zinssitzung seit März ab. Und dass sie indirekt immer wieder auch am Kryptomarkt für Bewegung sorgt, ist nicht neu. Die hohe Inflation von über 8 Prozent hat die Fed unter Druck gebracht – und sie muss gegensteuern, indem sie die Zinsen erhöht. Was sie im März erstmals seit 2018 getan hatte.

Höhere Zinsen gelten als ungünstig für riskantere Assets, weil sicherere Anlageformen wie Anleihen dann wieder attraktiver werden. Die klassischen “Risk Assets” sind Aktien – aber auch Kryptowährungen werden von den Investoren in diese Kategorie eingeordnet. Daher bewegt sich der Kryptomarkt seit Monaten im Gleichklang mit dem US-Aktienmarkt: Stehen die Zeichen auf “risk off”, gehörten Krypto-Assets ebenso wie beispielsweise Tech-Aktien zu den größten Verlierern.

Genau das ist auch der Grund, warum Krypto-Trader diese Woche mit Spannung auf die US-Zinssitzung gewartet haben. Klar, die Geldpolitik wird weiter gestrafft, die Zinsen erhöht – aber wie stark und in welchem Tempo?

US-Zinssitzung: Zunächst Kursanstieg, dann starke Abwärtsbewegung

Die Fakten: Am Mittwochabend wurden die Ergebnisse des zweitägigen Treffens veröffentlicht: Der Leitzins wird um 0,50 Prozentpunkte erhöht. Damit liegt er nun in einer Spanne zwischen 0,75 und 1,00 Prozent. 

Es war der stärkste Zinsschritt seit dem Jahr 2000 – seither waren Zinserhöhungen nur im Ausmaß von 0,25 Prozent vorgenommen worden. Vor allem in den 2010er-Jahren hatte die Fed auch immer wieder ihr behutsames Vorgehen bei Zinserhöhungen betont. Die vergleichsweise starke Erhöhung zeigt, dass die Notenbank nun wirklich unter Druck steht.

Die Reaktion an den Märkten: Am US-Aktienmarkt ging es nach der Entscheidung dennoch aufwärts – und auch die Kurse am Kryptomarkt legten zu. Hintergrund: Zuletzt hatten manche sogar eine noch stärkere Zinserhöhung erwartet. Fed-Chef Jerome Powell schloss in seiner Pressekonferenz nun aber auch für das nächste Treffen im Juni eine Erhöhung von 0,75 Prozent aus. Und auch sonst betonte die Fed in ihrer Stellungnahme einige Risiken für die Konjunktur – was für ein vorsichtiges Vorgehen spricht. Die wichtigsten US-Aktienindizes stiegen daraufhin zwischen 2 und 3 Prozent.

Wem die positive Reaktion an den Märkten trotzdem nicht ganz geheuer war, wurde am nächsten Tag vollauf bestätigt: Am Donnerstag ging es am US-Aktienmarkt so richtig abwärts. Der breite Index S&P-500 verlor über 3,5 Prozent. Der Tech-Index Nasdaq-100 fiel sogar um 5 Prozent. Und auch am Kryptomarkt purzelten die Kurse. 

Die Aussichten: Nach Börsenschluss in den USA stabilisierten sich in der Nacht auf Freitag die Kryptokurse zunächst. Am Freitagnachmittag ging es aber neuerlich abwärts. Klar ist jedenfalls: Die Unsicherheit ist weiterhin sehr hoch. Der “Crypto Fear & Greed Index” steht aktuell wenig überraschend auf “Extreme Fear”. 

Die Gründe sind klar, auf der Makro-Ebene bleibt die Situation weiterhin schwierig: Neben der US-Geldpolitik wäre da etwa auch noch der Krieg in der Ukraine und mögliche weitere Sanktionen. Zudem ist die Covid-Situation in China mit ihren Auswirkungen auf die globalen Lieferketten (und damit auch auf die Inflation) noch nicht durchgestanden. Es gibt also eine ganze Reihe von möglichen Risiken für die Marktentwicklung – und ein Szenario, in dem sich der Kryptomarkt davon abkopplen kann, zeichnet sich nicht ab.

Solana-Netzwerk fällt aus… schon wieder

Unter den größen Coins gehörte der SOL-Token mit einem Minus von 15 Prozent in den vergangenen sieben Tagen zu den größten Verlierern. Auch die Token anderer großer Smart-Contract-Plattformen wie Avalance (AVAX) und Polkadot (DOT) verloren zwar stark – jeweils rund 13 Prozent. Bei Solana kam aber neben der allgemein schwachen Marktstimmung noch etwas anderes dazu: Das Netzwerk war am vergangenen Wochenende in der Nacht auf Sonntag für mehr als sechs Stunden offline.

Das NFT-Projekt Metaplex übernahm teilweise die Verantwortung dafür: Dessen Anwendung Candy Machine ermöglicht das Minten von NFTs – und dürfte von Bots überlastet worden sein. Diese Bots sollen mehr als 4 Mio. Transaktionen pro Sekunde veranlasst haben. Später meldete sich auch Solana-Kommunikationschef Austin Federa zu Wort und bestätigte den Ausfall. Das Solana-Mainnet sei aber nicht “pausiert” oder “angehalten” worden, es es sei “gecrasht”, schrieb er auf Twitter.

Der Kontext: Dass der Solana-Kommunikationschef dies so formuliert, ist natürlich kein Zufall. Zwar gab es in der zweiten Jahreshälfte 2021 einen massiven Hype rund um Solana. Gleichzeitig geriet das Projekt aber auch immer wieder stark in die Kritik – und hier vor allem beim Aspekt der Dezentralität. Solana gilt als klassische VC-Chain – also als ein Projekt, das von großen Venture-Capital-Gesellschaften gepusht und kontrolliert wird, denen aber ein wirklich dezentrales Netzwerk kein großes Anliegen ist.

Und vor allem durch einen Vorfall sahen sich Kritikerinnen und Kritiker bestätigt: Im vergangenen September ging das Solana-Netzwerk, wie berichtet, für fast 18 Stunden offline. Auch damals wurden übrigens Bots, die das Netzwerk geflutet haben, als Grund angeführt. Das aber nur am Rande. Entscheidender ist, dass beide Vorfälle natürlich eine Frage aufwerfen: Wie dezentral kann eine Blockchain wirklich sein, wenn sie für mehrere Stunden ausfallen kann? 

Vor diesem Hintergrund ist wohl auch die Aussage von Solana-Kommunikationschef Federa zu sehen: Dass das Netzwerk offline ging, lässt sich ja nicht leugnen – aber es immerhin ist es nicht aktiv abgeschaltet worden, scheint er durchklingen zu lassen. Bei einem wirklich dezentralen Netzwerk sollte eigentlich ausgeschlossen sein, dass es offline geht. Fällt ein Netzwerk trotzdem aus, ist es aber noch besser, wenn dies aus technischen Gründen geschieht als wenn eine zentrale Entität existiert, die das Netzwerk offline nehmen kann – so scheint zumindest der Gedankengang hinter der Stellungnahme zu sein. 

NFT-Mint von “Bored Apes”-Machern lässt Ethereum-Transaktionsgebühren nach oben schießen

Nicht ganz optimal fiel es diese Woche auch bei Ethereum. Wobei, das sei fairerweise angemerkt, das Problem in eine andere Kategorie fällt als bei Solana. Konkret ging es um einen zwischenzeitlich massiven Anstieg der Transaktionsgebühren, den sogenannten Gas Fees. Hintergrund war der Verkauf von virtuellem Land in Yuga Labs Metaverse-Projekt Otherside.

Yuga Labs ist das Unternehmen hinter dem NFT-Projekts “Bored Ape Yacht Club” (BAYC) und der dazugehörigen NFT-Kollektion. Seit einigen Wochen existiert mit ApeCoin (APE) auch ein eigener Token. Dessen Kurskapriolen im Vorfeld Landverkäufe wurden an dieser Stelle bereits in Crypto Weekly #54 und Crypto Weekly #53 thematisiert. Yuga Labs hatte bereits zum Start von ApeCoin angekündigt, den Token für alle neuen Produkte und Dienstleistungen einzusetzen – so auch für Otherside.

Die Zahlen: Am vergangenen Samstag verkaufte Yuga Labs 55.000 sogenannte Otherdeed-NFTs, die mit virtuellem Land im Otherside-Metaverse verbunden waren. Der Fixpreis für einen NFT lag bei 305 APE. Eingenommen wurden damit 16,7 Mio. APE, was zu dem Zeitpunkt über 315 Mio. US-Dollar entsprachen. Dies war ein neuer Rekord für einen NFT-Mint (also dem Verkauf von neuen NFTs). 

Das Problem: Die massive Nachfrage infolge des NFT-Mints wirkte sich stark auf die Transaktionskosten aus. Das ist kein Bug, sondern folgt den Prinzipien von Angebot und Nachfrage: Will man eine Transaktion auf der Ethereum-Blockchain schneller abgearbeitet haben, kann man den Prozess über einer Zusatzgebühr, einem “Trinkgeld”, an die Miner beschleunigen. Machen das sehr viele Leute gleichzeitig und überbieten sich gegenseitig, steigt der zusätzliche Betrag, der nötig wird, an. Dies wird häufig als “Gas War” bezeichnet.

Genau eine solche Situation entstand am Samstag: Nach Angaben von The Block, die sich direkt auf Blockchain-Daten stützen, sind dabei über 172 Mio. Dollar an zusätzlichen Transaktionsgebühren gezahlt worden. Für einzelne Transaktionen zogen die Gebühren demnach mitunter auf umgerechnet 4.000 bis 10.000 Dollar an. Teilweise wurden Gebühren für Transaktionen gezahlt, die dann scheiterten – was natürlich zu einem entsprechenden Aufruhr führte.

Die Folgen: Yuga Labs meldete sich nach dem Mint zu Wort und hielt fest, dass ApeCoin zur notwendigen Skalierung wohl auf eine eigene Blockchain migrieren müsse. Da APE zumindest offiziell nicht von Yuga Labs, sondern von einem eigenen DAO (Decentralized Autonomous Organisation) herausgegeben wird, hieß es in dem Tweet, Yuga werde den DAO ermutigen, in diese Richtung zu denken. Von Ethereum-Entwicklern kam dazu starke Kritik, weil Yuga es verabsäumt hätte, seine Smart Contracts für solche “Gas Wars” zu optimieren. Und der Fehler somit bei Yuga liege und nicht bei der Ethereum-Blockchain.

Yua kündigte außerdem an, dass all jenen, die Gebühren für gescheiterte Transaktionen bezahlt haben, diese ersetzt würden. Später in der Woche meldete das Unternehmen, dafür umgerechnet rund 265.500 Dollar in ETH ausgegeben zu haben.

Den Apecoin-Kurs pushten die Otherdeeds-NFT-Verkäufe bis auf fast 27 Dollar – Mitte April war APE noch mit 11 Dollar gehandelt worden. Nach dem Wochenende ging es dann aber erwartungemäß schon wieder rasch abwärts. Seit vergangenem Samstag halbierte sich der Kurs auf rund 13 Dollar.


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Headhunter - Finders & Company-Gründer Joseph Kap-herr | (c) Karo Pernegger
Finders & Company-Gründer Joseph Kap-herr | (c) Karo Pernegger
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Im Fachkräftemangel spielen Headhunter eine immer wichtigere Rolle in der Besetzung von Schlüsselpositionen – nun auch bei Young Professionals. Dabei ist die Branche der “Headhunter” umstritten. Joseph Kap-herr nennt sich trotzdem bewusst so, und möchte den Begriff mit Finders & Company aufwerten. Im Interview erzählte er uns, was er anders macht und wie das in die großen Entwicklungen am Arbeitsmarkt hineinpasst.


Headhunter ist ein Begriff, der bei vielen keinen guten Ruf genießt. Ihr nennt euch trotzdem so. Warum?

Ja, genau, der Begriff ist irrsinnig polarisierend und seine Aufladung ist überwiegend negativ. Wir sind aber gleichzeitig davon überzeugt, dass man dieses Geschäft nicht negativ leben muss. Jeder Schritt, den wir menschlicher, qualitätvoller, sensitiver und geschützter machen, gibt uns einen großen Hebel, den Begriff aufzuwerten und damit aus der Menge herauszustechen.

Ihr macht das jetzt erst seit relativ kurzer Zeit, das Unternehmen ist sehr jung. Bis jetzt ist es sehr gut gelaufen.

Es ist sehr gut gelaufen. Es gibt eine große Zahlungsbereitschaft auf der Kundenseite und einen großen Need, junge Arbeitskräfte mit starken Qualitäten zu finden. Auf der anderen Seite gibt es auch eine große Nachfrage von jungen Leuten, die gerne qualitätsvoll angesprochen werden wollen. Eben nicht über LinkedIn oder irgendeinen Algorithmus, sondern von jemandem, der sich Zeit nimmt, gemeinsam einen Kaffee trinken geht, mehrfach mit einem spricht und einen ausführlichen, ehrlichen Bericht erstellt.

Das heißt, die Nachfrage ist auf beiden Seiten sehr groß, was dazu führt, dass wir unsere Jahresziele im Juni schon erfüllt haben. Das ist sehr, sehr erfreulich und gleichzeitig für mich ein Signal, dass wir aufpassen müssen, nicht zu schnell zu viel zu machen. Weil wir wollen mehr Qualität in dieses Geschäfts reinbringen und nicht einfach nur mehr Umsatz machen.

Das bedeutet, wir achten bei jedem neuen Mandat darauf, was wir wirklich versprechen können, und wo wir ehrlich sagen müssen: Da können wir nicht so performen. Das wird in den kommenden Jahren für uns extrem wichtig bleiben, uns nicht triggern zu lassen von noch einem Mandat und noch mehr Umsatz, sondern uns zu zwingen, langsam zu wachsen.

Der Arbeitskräftemangel ist ja aktuell sehr umfassend. Euren Qualitätsanspruch kann man aber wohl nicht überall umsetzen. Was ist eure konkrete Zielgruppe?

Die Zielgruppe der Kandidat:innen, die wir vermitteln, ist sehr klar. Das sind Young Professionals. Es geht für gewöhnlich um deren zweiten oder dritten Job. Und es ist meistens der erste gut bezahlte. Für die haben wir uns entschieden, weil es für sie kein Angebot gibt. Die einen Headhunting-Firmen arbeiten gut auf C-Level und die anderen mit Uni-Fokus arbeiten gut bis 25, maximal 30 Jahre. Dazwischen gibt es ein Delta von Menschen, die sehr gut und sehr motiviert sind, die wissen, was sie können und die eben nicht in hoher Qualität abgeholt werden.

Die Kundenzielgruppe auf der anderen Seite ist keine Branche, sondern ein Typ Kunde. Das sind Menschen, die meistens in Letztverantwortung sind, die verstehen, was der Mehrwert ist, zu investieren, damit sich jemand viel Zeit nimmt und genau den kulturellen Fit abholt und jemanden findet, der oder die nicht nur fachlich passt, sondern vor allem auch menschlich passt. Und diese Kundengruppe gibt es in allen Branchen, allen Altersstufen und allen Ländern.

Eines eurer Versprechen ist: Wenn es dann trotzdem vom Kandidaten bzw. der Kandidatin aus nicht klappt, sucht ihr ohne weitere Kosten jemanden neuen. Wie funktioniert das genau und ist das schon passiert?

Wenn aus Gründen, die bei den von uns vermittelten Kandidat:innen liegen, der Arbeitsvertrag in den ersten Monaten beendet wird, suchen wir einmalig ohne Kosten nach. Das ist bis jetzt noch nicht passiert. Und das wird auch sehr selten passieren, weil wir extrem viel Aufwand betreiben, bis wir jemanden finden. Es ist ein ausführlicher Prozess, in dem wir von 30 bis 40 Kandidat:innen, die wir alle persönlich sprechen, auf zwei bis vier Finalist:innen kommen. Und von denen wird es dann einer oder eine. Dass diese eine Person relativ schnell wieder aufhört, wird es selten geben.

Für diese Fälle müssen wir aber garantieren. Unsere Dienstleistung ist nicht billig und in der Regel eine gut überlegte Entscheidung unserer Klient:innen. Dafür nehmen wir uns viel Zeit und versprechen eine gewisse Qualität. Das Prinzip bzw. so eine Klausel ist im C-Level-Search üblich. In den unteren Gehaltsstufen gibt es das selten und das führt dazu, dass die Qualität oftmals schlecht ist, wenn man junge Leute sucht.

Ein wichtiger Teil eurer Herangehensweise ist, dass ihr sehr analog arbeitet. Innovation wird heute meist mit digital in Verbindung gebracht. Was macht euer Modell innovativ?

Ich glaube, dass analog, das neue innovativ ist. In den vergangenen zwei Jahrzehnten hat man keine Förderung, keine Accelerator-Teilnahme oder Ähnliches bekommen, wenn man nicht irgendeine digitale Komponente hatte. Ich glaube, das wird sich umdrehen. Und zwar aus einem ganz einfachen Grund: Der Markt ist eine Reaktion auf die Bedürfnisse der Gesellschaft. Und diese Bedürfnisse drehen sich wieder zurück in Richtung analoger Leistungen. Das heißt zu Leistungen, wo du jemanden sehen kannst, jemanden riechen kannst, jemanden spüren kannst.

Es gibt vermehrt ein Verständnis dafür, dass das zu einer ganz anderen Qualität führt, als eine rein digitale Arbeit. Ich sage nicht zu einer besseren oder schlechteren – ich bin kein Digitalverweigerer. Das ist durchaus wichtig und gut. Aber in unserem Fall, wenn du einen Menschen suchst, der einen Job sucht, dann ist das ein extrem intimer Rahmen und eine unglaublich wichtige Entscheidung. Wenn du da wirklich im Gespräch bist und jemandem gegenüber sitzt, kannst du doch zu einer tieferen Einschätzung kommen, als wenn du das über Algorithmen und Plattformen machst.

Du betonst das Persönliche. Was sind denn die Merkmale bzw. die Eigenschaften der Talents, die von den Kund:innen besonders stark nachgefragt werden?

Das ist ehrlich gesagt recht unromantisch. Die höchste Priorität hat immer noch der Leistungswille. Natürlich gibt es im Hintergrund einen Katalog, der erfüllt werden muss, um an einen reizvollen Job zu kommen. Man braucht fachliche Expertise, um eine bestimmte Problemstellung überhaupt erst bearbeiten zu können. Aber dann zählt die Leistungsbereitschaft. Ist das jemand, der nach 30 Stunden sagt: “Ich kann nicht mehr”, oder jemand, der so lange arbeitet, bis die Aufgabe erfüllt ist. Ich möchte das jetzt gar nicht bewerten, aber das wird extrem stark nachgefragt.

Dann kommt der kulturelle Fit dazu. Ist es eine Person, die versteht, wie das Unternehmen tickt? Eine, die weiß, wann sie pushy sein sollte und wann sie sich zurückhalten muss? Diese soziale und kulturelle Intelligenz ist extrem wichtig.

Also ganz einfach gesagt: Jemand, der wirklich Bock hat und der versteht, wie man seinem Gegenüber begegnet, kann heutzutage fast jeden Job machen. Auch weil man dank Digitalisierung und KI nur mehr in den wenigsten Jobs ein Fachexperte sein muss. Und wer versteht, wann er abliefern muss, kann sich auch leisten, ein anderes Mal zu sagen: Ich gehe jetzt ins Freibad. Das ist durchaus auch drin, aber man muss wissen, wann es geht.

Stichwort: Freibad. Die Young Professionals gehören ja zum Teil schon der Gen-Z an, zu der es gewisse Klischees bezüglich Arbeitsbereitschaft gibt. Was sind denn die Entscheidungskriterien der Young Professionals, mit denen ihr arbeitet?

Die sind mindestens genauso unromantisch. Ich muss aber dazu sagen, dass unser Blick natürlich nicht repräsentativ ist. Die Firmen, die mit uns suchen, sind bereit, viel Geld für eine meistens sehr spezielle Position auszugeben, wo hohe Performance gefragt ist. Das heißt, wir suchen auch am ehesten nach diesen Leuten. Trotzdem ist unser Feld sehr bunt und wir bemühen uns auch, eine superbunte Community aufzubauen.

Mein Bauchgefühl sagt mir: Geld ist für Young Professionals immer noch Nummer eins. Auch für einen Scheiß-Job, der richtig gut bezahlt ist, findest du locker Kandidat:innen. Umgekehrt ist es viel schwieriger. Das hatten wir aber auch schon, dass wir richtig coole Jobs hatten, die mittelmäßig oder schlecht bezahlt sind. Einen von beiden Faktoren braucht es auf jeden Fall ganz stark. Also entweder ist es ein extrem geiler, anspruchsvoller Job, wo man sich weiterentwickeln kann, oder einer, der wirklich gut bezahlt ist.

Und dann ist es natürlich wichtig, wie das Team drauf ist, wie man dort behandelt wird. Aber zu der Frage kommt es im Prozess erst, wenn eines der beiden genannten Kriterien erfüllt ist. Am schwierigsten sind sehr beliebige Jobs, die man auch auf Job-Seiten hundertfach findet, wo man mittelmäßig bezahlt wird und die Arbeit “ganz okay” ist. Ich glaube, das ist das Thema, wo die Gen-Z sagt: “Das reicht mir nicht. Für irgendeinen beliebigen Job brenne ich mich nicht aus.”

Du hast Job-Seiten angesprochen. Die kann jeder bedienen. Aber wie kommt man in Kontakt zu euch?

Es ist im Prinzip genauso einfach. Es gibt ein Interface auf unserer Website, über das Kandidat:innen Kontakt mit uns aufnehmen können. Wir nehmen uns dann Zeit für einen gemeinsamen Kaffee oder zumindest für einen Google Call. Es gibt auch viele Fälle, in denen nichts dabei herauskommt. Aber wir sehen das als unsere Aufgabe. Wir sind keine Headhunter, die Leute nur verwurschten.

Und die Klient:innen  kommen bislang alle über Empfehlungen. Wir haben bis jetzt 17 Mandate bearbeitet und diese 17 Klient:innen haben alle von uns über Mundpropaganda gehört.

Ihr kommt an die Talents aber nicht nur über euer Online-Interface. Oft gibt es wohl sehr konkrete Anforderungen seitens der Kund:innen…

Genau, wir arbeiten sehr eng mit Menschen  zusammen, die wir “Leuchttürme” nennen. Die gehen mit uns gemeinsam etwa auf Events oder in Sparrings, stehen jedenfalls laufend in Kontakt mit uns. Das sind Expert:innen in ihren Branchen, die sozial hochkompetent sind. Wenn wir jemanden suchen oder eine Einschätzung zu einer Rolle brauchen, nehmen sie sich Zeit dafür und nennen uns auch Personen, die dafür passen könnten, bzw. Orte, an denen wir am besten suchen sollten. Und umgekehrt sind wir für diese Leuchttürme der personalisierte Headhunter für ihre Karriere und stehen ihnen für alles zur Verfügung, was sie brauchen.

Dieses Modell vermenschlicht den ganzen Prozess sehr stark. Wir bekommen nicht nur Namen, sondern eine Einschätzung – fachlich, aber auch, ob die Person zu den Unternehmenswerten passt. Dann haben wir schon einen ganz anderen Start ins erste Gespräch und wissen, worauf wir Schwerpunkte legen müssen.

Ich hätte von dir gerne noch eine Einschätzung. Wie wird sich der Arbeitsmarkt in der aktuellen Umbruchssituation weiterentwickeln?

Das ist eine sehr politische Frage, aber es gibt ein paar Fakten, die nicht von der Hand zu weisen sind. Erstens gibt es eine demografische Veränderung. Es gehen in den kommenden Jahren viel mehr Leute in Pension, als junge Leute nachkommen. Das führt dazu, dass es eine Verknappung am Arbeitskräftemarkt gibt. Und die wird überhaupt erst in zehn bis 20 Jahren ihren Peak erreichen, ist aber schon jetzt deutlich spürbar. Zeitgleich wird die internationale Konkurrenz immer größer werden. Die Leute arbeiten immer digitaler und Österreich ist aktuell nicht das interessanteste Land am Arbeitsmarkt.

Das heißt, insgesamt wird sich der Arbeitskräftemangel noch deutlich verschärfen. Es braucht darauf eine Antwort im Sinne von Mitbestimmungsmöglichkeit und Sinnmöglichkeit oder Gehalt, die die österreichischen Unternehmen geben müssen. Und viele tun das schon. Ich erlebe keine Schockstarre. Einige Unternehmen führen eine Vier-Tage-Woche ein, andere heben die Gehälter wesentlich. Und man sieht es auch daran, dass sie bereit sind, Suchhonorare freizugeben, für Leute, die 30, 35 Jahre alt sind. Das war vor zehn, 20 Jahren anders und nur in einem kleineren Ausmaß denkbar. Damals hat man gesagt: “Die Leute sollen froh sein, wenn sie einen Job bei uns haben.”

Auf der anderen Seite erwarte ich, dass sich die hohen Ansprüche der Arbeitnehmer:innen mit einer ökonomisch zunehmend schwierigen Situation auch wieder relativieren werden. Sonst werden wir  gesamtgesellschaftlich schon bald vor einem großen Problem stehen.

Zuletzt: Welche Rolle soll Finders & Company in diesem skizzierten Szenario spielen?

Wir wollen kein Startup sein, sondern ein langfristig bestehendes Unternehmen, das gute Qualität bringt und langsam wächst. Eines, das für beide Seiten bereichernd ist, also sowohl für Kund:innen als auch für Kandidat:innen. Das reicht schon für eine kleine Revolution am Headhunter-Markt. Wir wollen bescheiden und demütig bleiben und ein stabiles, sinnstiftendes und qualitätsstiftendes Unternehmen sein.

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