03.11.2023

FTX-Gründer Bankman-Fried schuldig – wie es jetzt weitergeht

Crypto Weekly #121. Die Staatsanwaltschaft nannte den Fall der Kryptobörse FTX “eine der größten Finanzbetrügereien in der Geschichte der USA". Nun sprach eine Jury Gründer Sam Bankman-Fried in allen Anklagepunkten schuldig.
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FTX-Gründer Sam Bankman-Fried
FTX-Gründer Sam Bankman-Fried | Foto: Cointelegraph via Wikimedia Commons
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👨‍⚖️ Ein Jahr nach der FTX-Pleite: Das Urteil ist da

Es ist nun fast genau ein Jahr her, als die Kryptobörse FTX in die Pleite schlitterte - und damit die Kryptobranche schockte. Weniger, weil Gründer Sam Bankman-Fried über jeden Zweifel erhaben gewesen wäre. Im Gegenteil. Der besser als SBF bekannte FTX-Gründer war auch vor Bekanntwerden der massiven finanziellen Probleme der Börse eine äußerst kontroverse Figur. Vor allem in der Kryptoszene selbst. 

Allerdings: SBF war stark um Öffentlichkeitsarbeit bemüht. Und positionierte sich als der “good guy” der Kryptoszene. Im Gegensatz zu manchen anderen Akteuren der Szene schien er auch immer um ein gutes Verhältnis zu Politik und Regulierungsbehörden bemüht. Insbesondere in der US-Politik galt Bankman-Fried dann schon als das Gesicht der Kryptobranche.

Mit der Pleite von FTX war das Image dann dahin. Im November 2022 geriet die Börse in massive Liquiditätsprobleme. Es stellte sich heraus: FTX hatte Kund:innengelder im großen Stil an die Schwesterfirma Alameda, ein Trading-Unternehmen, verliehen. Und diese hatte die Gelder, salopp gesagt, verzockt.

Bankman-Fried war allerdings nicht sehr einsichtig. In den Wochen nach Bekanntwerden der Pleite war er äußerst kommunikativ (siehe Crypto Weekly #80). Er trat sogar als - virtuell zugeschalteter - Redner auf einer Konferenz der New York Times auf. Er gab mehrere Interviews. Und er bestritt dabei natürlich sämtliche Vorwürfe. 

🤦 Wie “The Big Short”-Autor Michael Lewis gute Stimmung für SBF machte

Vor wenigen Wochen erschien nun auch noch ein Buch des Finanzjournalisten Michael Lewis. Der hatte zuvor Bücher wie “The Big Short” oder “Moneyball” geschrieben, die jeweils von Hollywood erfolgreich verfilmt worden waren. Lewis hatte für das Buch bereits vor dem Niedergang von FTX zu recherchieren begonnen - und war dazu auch in engem Kontakt mit SBF selbst gewesen.

Lewis’ Buch “Going Infinite: The Rise and Fall of a New Tycoon” erschien in den USA am 3. Oktober - dem selben Tag, an dem auch der Prozess gegen SBF in Manhattan begann. Es stellte sich heraus: Das Buch fiel für SBF sehr freundlich aus. Lewis schien SBF tatsächlich zu glauben, dass es sich bei der FTX-Pleite um keinen Betrug - sondern um eine Art Versehen handelte.

Die Krypto-Szene schäumte. SBF habe in den Medien immer eine bevorzugte Behandlung erhalten, sie seien immer auf seine PR-Aussagen hereingefallen. So lautete im Wesentlichen der Vorwurf. Und er nährte einen Verdacht: Würde es SBF tatsächlich erneut gelingen, alle in die Irre zu führen - und schließlich vielleicht sogar freigesprochen zu werden?

Beobachter:innen hatten dies schon immer für unwahrscheinlich gehalten. Und noch mehr, nachdem der Prozess begonnen hatte - und wesentliche Zeugen eindeutig gegen Bankman-Fried aussagten. SBF selbst hatte sich nicht schuldig bekannt. Er gab zu, Fehler gemacht zu haben und sprach auch davon, gewisse Dinge bei FTX nicht ausreichend beaufsichtigt zu haben - bestritt aber jeglichen Betrug. 

🧐 Wie es nach dem Urteil jetzt weitergeht

Seit heute wissen wir: Es ist Bankman-Fried nicht gelungen, seinen Kopf noch einmal aus der metaphorischen Schlinge zu ziehen. Die Geschworenen sprachen SBF einstimmig schuldig - in allen sieben Anklagepunkten. Sie betrachteten es als erwiesen, dass Bankman-Fried wissentlich Kund:innen, Investor:innen und Gläubiger:innen betrogen hat. 

Wie es jetzt weitergeht: Über die Höhe der Strafe wird das Gericht am 28. März 2024 entscheiden. Bankman-Fried drohen bis zu 115 Jahre im Gefängnis. 

Bankman-Fried wird wohl versuchen, Rechtsmittel gegen das Urteil einzulegen. Sein Anwalt Mark Cohen sagte in einer ersten Stellungnahme: "Wir respektieren die Entscheidung der Jury. Aber wir sind sehr enttäuscht über das Ergebnis. Herr Bankman-Fried beteuert seine Unschuld und wird die Anschuldigungen gegen ihn weiterhin energisch bekämpfen.”

Ob eine Berufung aber wirklich Aussicht auf Erfolg hat, darf bezweifelt werden: Samson Enzer, Partner bei der US-Kanzlei Cahill, Gordon & Reindel und früherer Staatsanwalt, der einige Fälle im Krypto-Bereich behandelt hatte, sagte gegenüber dem Branchenmedium “The Block”: “Ich glaube nicht, dass sie sich durchsetzen werden.” Er denke, dass die Anklage die Berufung gewinnen würde. Enzer geht aber davon aus, dass SBFs Verteidigung jedenfalls Rechtsmittel einlegen wird.

Und was bedeutet das Urteil für die Kryptoszene? Natürlich kann es für die Branche nur positiv sein, wenn betrügerische Akteure aus dem Verkehr gezogen werden und Konsequenzen zu spüren bekommen. Die ersten Reaktionen aus der Szene - etwa auf Twitter - waren daher auch nahezu durchgehend positiv. 

Was auch nicht überraschend ist: SBF hat der gesamten Branche immensen Schaden zugefügt. Während in Mainstream-Medien gelegentlich noch erstaunlich verständnisvolle Artikel über SBF erschienen sind, hatte er innerhalb der Kryptoszene praktisch keine Fürsprecher:innen mehr. 

Der Investor und Krypto-Researcher Eric Wall fasste den Prozess auf Twitter bereits vor dem Urteil folgendermaßen zusammen - und dürfte damit die Einschätzung vieler auf den Punkt gebracht haben:

“Es war zwar ziemlich klar, dass SBF und andere beim FTX-Kollaps wissentlich Kundengelder [mit Geldern von Alameda] vermischt hatten. Aber es war nicht klar, wann dies begonnen hatte und wie viel davon einfach ‘irgendwie passiert’ ist.  Wenn man diesen Fall und die Zeugenaussagen aber verfolgt, ist es einfach vollkommen klar, dass es sich hier um Turbo-Giga-Ultra-Betrug auf höchstem Niveau handelt, und zwar buchstäblich vom ersten Tag an. Es wurde nie auch nur versucht, dieses Geschäft ehrlich zu führen.”


Disclaimer: Dieser Text sowie die Hinweise und Informationen stellen keine Steuerberatung, Anlageberatung oder Empfehlung zum Kauf oder Verkauf von Wertpapieren dar. Sie dienen lediglich der persönlichen Information. Es wird keine Empfehlung für eine bestimmte Anlagestrategie abgegeben. Die Inhalte von brutkasten.com richten sich ausschließlich an natürliche Personen.

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Die Verwendung von Kohlefaser in der Industrie hat in den letzten Jahren stark zugenommen – insbesondere in Bereichen wie der Luft- und Raumfahrt, dem Automobilbau und der Windenergie. Kohlefaser überzeugt durch ihre hohe Festigkeit bei geringem Gewicht, doch ihre Herstellung ist ressourcenintensiv und teuer. Ein großes Problem stellt der hohe Verschnitt bei der Produktion dar: In der Industrie landen im Durschnitt bis zu 30 Prozent der Rohstoffe im Abfall. Diese Materialverluste sind nicht nur ökonomisch ineffizient, sondern auch aus ökologischer Sicht problematisch, da Kohlefaser biologisch nur schwer abbaubar ist.

Carbon Cleanup setzt auf KI

Das 2020 gegründete Linzer Startup Carbon Cleanup rund um Gründer Jörg Radanitsch hat sich diesem Problem angenommen und zum Ziel gesetzt, Kohlenstofffasern aus Industrieabfällen aufzubereiten und wiederverwendbar zu machen. Konkret hat das Startup eine mobile Aufbereitungsanlage entwickelt, um Carbonfasern direkt vor Ort beim Kunden aufzubereiten. 

Zum Herzstück der Anlage gehört nicht nur die mechanische Aufbereitung der Kohlenstofffasern. Im Hintergrund läuft auch eine Software, die eine KI-gestützte visuelle Erkennung der zugeführten Rohstoffe ermöglicht.

“Wir haben ein KI-generiertes Datenblatt entwickelt, das automatisch die Charakteristika von eingehendem Material erkennt und den Wert des Rezyklats bestimmt“, so Radanitsch. “Bevor das Material in unsere Anlage kommt, wissen wir schon, welche mechanischen Eigenschaften es haben wird. Das ist entscheidend für die Qualität und den Marktwert des Endprodukts.”

Gründer Jörg Radanitsch | (c) Carbon Cleanup

Entwicklung der zweiten Generation an Anlagen

Während die erste Anlage des Unternehmens für R&D-Zwecke dient und über eine Kapazität von 30 Tonnen pro Jahr verfügt, konnte das Unternehmen über den Sommer eine zweite Anlage in Betrieb nehmen. „Unsere zweite Anlagengeneration ist im August fertiggestellt worden. Die Produktionskapazität ist dreimal so hoch wie bei unserer ersten Anlage. Damit sind wir jetzt in der Lage, deutlich mehr und auch verschiedene Kompositabfälle zu verarbeiten.“

Besonders stolz ist Radanitsch auf die gestiegene Materialqualität: „Das neue Aggregat ist viel stärker, was uns mehr Flexibilität bei der Verarbeitung der Materialien gibt. Wir können jetzt eine Vielzahl an Abfällen effizienter recyceln, was die Qualität der Produkte erheblich verbessert.“

Ein wichtiger Baustein für den Erfolg von Carbon Cleanup war die Unterstützung durch die Austria Wirtschaftsservice (aws). “Das Seed-Financing der Austria Wirtschaftsservice hat uns erlaubt, nicht nur unsere Forschung und Entwicklung voranzutreiben, sondern auch in Marketingaktivitäten zu investieren, die für uns als Hardware-Startup besonders wichtig sind“, erklärt Radanitsch.

Luftfahrtindustrie und Kooperation mit KTM Technologies

Eine der spannendsten Entwicklungen bei Carbon Cleanup ist der Einsatz ihrer recycelten Materialien im 3D-Druck, besonders in der Luftfahrtindustrie. “Wir liefern im Tonnenmaßstab Kunststoffgranulate, die mit unserer Rezyklatfaser verstärkt sind. Diese werden in großen 3D-Druckern verwendet, um Formen zu bauen, die dann für die Produktion von Flugzeugteilen genutzt werden”, so der Gründer.

Zudem arbeitet Carbon Cleanup mit dem österreichischen Motorradhersteller KTM zusammen. Gemeinsam arbeiten beide Unternehmen an einem geschlossenen Materialkreislauf, bei dem Post-Consumer- und Post-Industrial-Abfälle von KTM Technologies recycelt und für die Herstellung neuer Bauteile genutzt werden. Spezifisch handelt es sich um das Recycling der Teile des Rennmodells “X-Bow GT2”, dessen Rahmen zu 100 % aus Carbonfasern besteht. Durch Unfälle entsteht eine große Menge an beschädigtem Material, das normalerweise als Abfall betrachtet wird. Mit der Partnerschaft von KTM und Carbon Cleanup wird dieses Material zurück in den Kreislauf gebracht. 

(c) Carbon Cleanup

“KTM Technologies war von Anfang an ein Vorreiter. Sie testen unsere recycelten Materialien bereits erfolgreich in ihren Motorrädern“, betont Radanitsch.

Das Besondere an dieser Kooperation ist das sogenannte Closed-Loop-Material, das zu 100 Prozent aus dem Abfallstrom von KTM Technologies besteht. „Die Herausforderung ist, die Materialien zirkulär zu sammeln und in die Produktion zurückzuführen. Das Sammeln und die Qualität sind dabei entscheidend. Aber wir haben gezeigt, dass wir sogar leistungsfähigere Materialien aus Abfall herstellen können”, so der Gründer.

(c) Carbon Cleanup

Die nächsten Schritte von Carbon Cleanup

Das Geschäftsmodell von Carbon Cleanup basiert derzeit auf zwei Einnahmequellen: Zum einen bietet das Unternehmen Kunden einen Recycling-Service an, bei dem diese für die umweltgerechte Entsorgung des Materials bezahlen. Dafür wurde eine eigene Logistikstruktur aufgebaut. Zum anderen werden die Faserverbundkunststoffe an weitere Abnehmer verkauft. Derzeit liefert das Startup 98 Prozent der aufbereiteten Granulate ins Ausland. “Für eingehendes Material sind die Hauptmärkte neben Österreich vor allem Deutschland und Italien. Der Materialzufluss ist für uns derzeit jedoch kein Engpass, sodass wir gezielt das für uns passende Material auswählen können”, so der Gründer abschließend.


*Disclaimer: Das Startup-Porträt erscheint in Kooperation mit Austria Wirtschaftsservice (aws)

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