24.04.2018

Craftworks und ÖBB: “Ohne Daten bringen die besten Algorithmen nichts”

Interview. Michael Hettegger von Craftworks und Peter Zehetbauer von den ÖBB über eine KI-lastige Kooperation im Güterverkehrsbereich.
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Craftworks und ÖBB
(c) Valerie Voithofer: Peter Zehetbauer (ÖBB) und Michael Hettegger (Craftworks)
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Das Wiener Startup Craftworks setzt KI-Lösungen ein, um aus großen Datenmengen wertvolle Erkenntnisse für seine Kunden zu generieren. Craftworks arbeitet mit Konzernen wie Andritz, T-Mobile, Porsche und der Post zusammen. Mit den ÖBB setzt das Startup ein Projekt im Güterverkehrsbereich um. Im Doppelinterview sprechen Craftworks-Co-Founder Michael Hettegger und Peter Zehetbauer von der ÖBB Open Innovation über die Möglichkeiten, die KI-Lösungen für Logistik und Industrie bieten.

+++ ÖBB Hackathon – was sich durch Blockchain verändern kann +++


Was genau macht Craftworks?

Hettegger: Wir entwickeln individuelle Software- und Künstliche Intelligenzlösungen. Wir gehen in die Unternehmen, führen unterschiedliche Daten zusammen und versuchen mit Algorithmen und Technologien einen Mehrwert daraus zu ziehen. Die neu gewonnenen Informationen helfen dem Kunden, effizienter zu werden und Kosten zu sparen.

Künstliche Intelligenz ist ein breites Feld. In welchem Bereich bewegt ihr euch und ab welchen Datenmengen sind Industrie-Unternehmen für euch interessant?

Hettegger: Wir nähern uns von der zahlenorientierten Seite. Dazu nehmen wir Daten von Maschinen, Sensoren, ERP Systemen, usw. und fokussieren uns statt auf Bilder und Texte auf Zahlen. Mit diesen Daten versuchen wir bestimmte Werte zu berechnen und Vorhersagen zu treffen. Grundsätzlich gilt: Je mehr Daten, desto mehr Information lässt sich eruieren, umso bessere Vorhersagen können getroffen werden. Manchmal reichen auch wenige Daten, um ein Problem zu lösen.

Inwiefern kann die Industrie von KI-Lösungen profitieren?

Hettegger: Ich sehe großes Potenzial, weil Maschinen und Sensoren viele Daten generieren und sich daraus Muster erkennen und Vorhersagen treffen lassen. Einer der größten Benefits ist die Reduktion von Fehlerquoten. KI-Lösungen berechnen, unter welchen Umständen es zu Fehlern kommt und wie sie sich vermeiden lassen. Ausfallszeiten von Maschinen sind teuer. Derzeit sind die meisten unserer Kunden reaktiv und kommen erst zu uns, wenn die Maschinen aussetzen. In Zukunft sollten unsere KI-Lösungen präventiv eingesetzt werden, damit es erst gar nicht zum Ausfall kommt.

Wie kam es zur Zusammenarbeit von ÖBB und Craftworks?

Zehetbauer: Die ÖBB ist eine große Company mit sehr vielen Daten. Uns interessiert, wie wir aus diesen Unmengen an Daten unsere Effizienz steigern können. Craftworks hilft bei konkreten Problemstellungen, etwa im Güterverkehrsbereich beim Thema Preisgestaltung. Der Schienengüterverkehr braucht im Vergleich zu LKW-Spediteuren zu lange, um exakte Preisvorhersagen zu treffen, weil es viele Faktoren gibt, die einberechnet werden müssen. Um konkurrenzfähig zu bleiben, wollen wir schnellere Preisvorhersagen erzielen. In der Zusammenarbeit mit Craftwork haben wir begriffen, dass es nicht notwendig ist, sich selbst den Kopf nach bestimmten Mustern zu zermartern. Da gibt es Algorithmen, die das viel schneller schaffen und Zusammenhänge erkennen, für die man selbst lange benötigen würde, um draufzukommen.

Welche Rolle spielt die ÖBB Open Innovation innerhalb der ÖBB?

Zehetbauer: Wir versuchen eine Art Innovationsagentur innerhalb unseres Unternehmens zu sein. In Parallelität zu den Innovationsstrategien fungieren wir als Schnittstelle zwischen den jeweiligen Fachabteilungen und den Kooperationspartnern.

Wie sah die Kooperation zwischen ÖBB und Craftworks operativ aus?

Hettegger: Gerade bei einem großen Unternehmen wie der ÖBB ist es für ein kleines Startup wichtig, dass es die Möglichkeit hat, sich auf die Kernkompetenz zu fokussieren. Bei der ÖBB hat das gut geklappt. Peter sorgte dafür, dass die richtigen Leute zusammenkamen. Auf diese Weise konnten wir rasch an die Arbeit gehen. Wir haben einen Prototyp entwickelt, der für die Stakeholder greifbar ist und mit dem veranschaulicht wird, wie Künstliche Intelligenz die ÖBB bei der Problemlösung unterstützt.

Zehetbauer: Wichtig ist, dass nicht nur Prototypen entwickelt werden, sondern dass wir sie auch mit unseren Kunden testen. Aus dem heraus kann man sich der Produktentwicklung nähern.

Sind Künstliche Intelligenzlösungen bei der ÖBB auch im Personenverkehr vorstellbar?

Zehetbauer: Insgesamt gibt es bei der ÖBB viele Felder, in denen KI-Lösungen den entscheidenden Wettbewerbsvorteil erzielen können. Auch beim Personenverkehr. In Auslastungsprognosen, kundenindividueller Ansprache, neuen Services, usw., aber all diese geschäftsrelevanten Themen sind top secret.

Craftworks hat zahlreiche renommierte Kunden. Wie lukriert ihr Aufträge?

Hettegger: Die meisten Kunden bekommen wir über Hackathons. Wir machen regelmäßig bei diesen Software- und Hardwareentwicklungsveranstaltungen mit und belegen zumeist sehr gute Plätze. Sponsoren und Veranstalter treten an uns heran und wollen ein Protoytping starten. Künstliche Intelligenz steht bei vielen Unternehmen auf der Agenda. Es ist Gold wert, wenn ein Unternehmen für einen Hackathon Daten zur Verfügung stellt, weil ohne Daten bringen die besten Algorithmen nichts.

Stellt die ÖBB Daten für Hackathons zur Verfügung?

Hettegger: Mit der Herausgabe von brisanten Daten für Hackathons sind wir äußerst vorsichtig. Fürs Prototyping können wir aber auch weniger relevante Daten rausnehmen. Da geht es rein darum zu erkennen, wozu Künstliche Intelligenz fähig wäre. In Zukunft wollen wir mehr Tests in abgegrenzten Schutzräumen umsetzen, mit Tests für Testuser. Funktioniert es bei den Early Adoptern, geht es einen Schritt weiter in die Produktentwicklung.

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Peter Zehetbauer und Michael Hettegger im Video-Interview:

Dieses Interview erschien in gedruckter Form im aktuellen Brutkasten Magazin #6

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OVE, LCM
(c) OVE/Fürthner - (v.l.) Johann Hoffelner, Josef Passenbrunner und Hubert Mitterhofer von LCM.

Seit August des heurigen Jahres hat das LCM mit Johann Hoffelner einen neuen CEO – brutkasten berichtete. Rund drei Monate später darf man sich über den OVE Innovation Award freuen.

Pankl Turbosystems beschäftigt sich mit Brennstoffzellen-Luftversorgungssystemen (FCAS – Fuel Cell Air Supply) sowie mit elektrisch unterstützten Abgasturboladern (EAT – Electrically Assisted Turbocharger) für Kleinserien. Weil aber Turbosysteme technologisch extrem anspruchsvoll sind, setzt die Mannheimer (Deutschland) Firma bei der Optimierung spezieller Komponenten auf externe Entwicklungspartner.

LCM mit Neuauslegung des E-Motors

“Die Elektromotoren für den Antrieb der Verdichterräder sind das Herzstück in FCAS-Systemen. Mit der kompletten Neuauslegung dieses Elektromotors hat LCM einen unentbehrlichen Beitrag zum gelungenen Innovationssprung und Wettbewerbsvorsprung geleistet”, erklärt Pankl Turbosystems-Geschäftsführer Gerhard Krachler.

Konkret hat es neun Monate gedauert, bis das LCM-Team rund um Hubert Mitterhofer und Josef Passenbrunner die ersten Funktionsmuster für den Elektromotor lieferte. Diese erfüllten die Erwartungen von Pankl und liefern Drehzahlen von bis zu 140.000 U/min und eine Nennleistung von 22kW. In diesem Sinne könnte ein FCAS von Pankl Turbosystems, in dem ein von LCM ausgelegter Motor arbeitet, schon bald bei einem Stratosphärenflug an Bord sein, heißt es.

Im Auftrag der britischen Stratospheric Platforms Ltd, eines Herstellers von Bauteilen für die Luft- und Raumfahrt, hat Pankl gemeinsam mit weiteren internationalen Unternehmen an der Entwicklung eines unbemannten Zero-Emission-Flugobjekts gearbeitet: “Selbst wenn dieses Projekt noch in einem sehr frühen Stadium ist, unterstreicht es die enorme Dynamik in der Brennstoffzellen-Technologie”, so Krachler weiter.

“Begrenzter Bauraum”

So unterschiedlich die Einsatzgebiete der FCAS sind, haben sie doch eine Gemeinsamkeit: Der Bauraum ist immer extrem begrenzt. Mithilfe der LCM-Software-Plattform “SyMSpace” konnte aus dieser Not eine Tugend gemacht werden. Damit wurden alle Komponenten – von der Baugröße des Motors über die Materialauswahl bis zur Dimensionierung jedes Bauteils – so aufeinander abgestimmt, dass die errechnete Motorauslegung nicht mehr verbessert werden kann, wie es in einer Aussendung heißt.

“Aus mehreren tausenden Varianten entsteht auf diese Art ein Elektromotor in der geforderten Baugröße, der in der Simulation 97 Prozent Wirkungsgrad erreicht. Es lässt sich kein Parameter weiter verbessern, ohne einen anderen zu verschlechtern”, erklären Passenbrunner und Mitterhofer.

Welches enorme Potential Brennstoffzellen haben, unterstreicht auch das Projekt SkalTABs (skalierbares Thermomanagement und Antriebsstrang für Brennstoffzellen-Nutzfahrzeuge). In dem vom deutschen Bundesministerium für Wirtschaft und Energie geförderten Forschungsprojekt arbeiteten mit der Rheinisch-Westfälischen Technischen Hochschule Aachen (RWTH) neben Infineon, GreenIng, AVL LIST und MACCON auch Pankl Turbosystems zusammen.

Das Ziel war es, für mittelständische Unternehmen und Fahrzeughersteller mit kleineren Stückzahlen einen Baukasten für verschiedene Leistungsstufen eigener Brennstoffzellensysteme zu erforschen: “Selbstverständlich war auch unser gemeinsam mit LCM entwickeltes FCAS mit an Bord”, sagt Krachler. Weitere Förderprojekte für Antriebssysteme im Megawatt-Bereich werden gerade vorbereitet.

Award für LCM mit Signalwirkung

Dass LCM und Pankl Turbosystems für ihr Projekt mit dem OVE Innovation Award ausgezeichnet werden, hat für Hoffelner Signalwirkung. Gerade bei nicht-fossilen Antriebtechnologien sei Reichweite das entscheidende Kriterium: “Reichweite ist immer eine Frage der Effizienz. Je effizienter Antriebsysteme arbeiten, desto mehr Reichweite ist möglich. Mit der Zusammenarbeit am FCAS haben wir die Grenzen des Möglichen gemeinsam ein wenig verschoben”, sagen Hoffelner und Krachler.

Bernhard Jakoby, OVE-Juryvorsitzender und Vorstand des Instituts für Mikroelektronik und Mikrosensorik an der Linzer Johannes Kepler Universität (JKU), begründet die Entscheidung LCM zu prämieren wie folgt: “Das ausgezeichnete Projekt zeigt wieder einmal, dass es in Österreich gelingt, innovative Technologien aus der Forschung in die Praxis zu bringen und am Weltmarkt zu etablieren.”

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