07.05.2021

Rettungs-Millionen für Krisengewinner: Der Startup-Hilfsfonds hat sein Ziel verfehlt

Kommentar. Einige der größten Covid-Startup-Hilfsfonds-Bezieher sind ausgewiesene Krisengewinner. Sie zu fördern ist richtig und wichtig, aber die Hilfsfonds-Millionen hätten andere mehr gebraucht.
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Die Transparenzdatenbank der EU zeigt 26 Covid-Startup-Hilfsfonds-Bezieher, die mehr als 500.000 Euro erhielten
brutkasten-Redakteur Dominik Perlaki | Hintergrund: Die Transparenzdatenbank der EU zeigt 26 Covid-Startup-Hilfsfonds-Bezieher, die mehr als 500.000 Euro erhielten
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In der gesamten Startup-Szene herrscht seit Monaten zu einer Sache weitgehend Konsens: dem Wunsch nach einer Neuauflage des Covid-Startup-Hilfsfonds. Das anfangs kritisierte Instrument, mit dem Startup-Investments bis zu 800.000 Euro unter bestimmten Bedingungen verdoppelt wurden, stellte sich als ausgesprochen beliebt heraus. Doch bereits nach wenigen Monaten waren die 50 Millionen Euro Budget aufgebraucht. Und eine neuerliche Aufstockung wurde seitens der Regierung seitdem kategorisch abgelehnt.

Zu spät dran für den Covid-Startup-Hilfsfonds

Als im August 2020 klar wurde, dass der Fonds ausgeschöpft ist, meldeten sich umgehend Gründer beim brutkasten, die knapp vor Abschluss ihrer Finazierungsrunde standen und nun die Fördermittel nicht mehr beantragen konnten – mit der Gefahr, dass die Investoren unter den geänderten Bedingungen wieder abspringen könnten. Einer dieser Gründer – er wollte nicht namentlich genannt werden – formulierte damals: “Unternehmen, die wirklich im März wegen der Corona-Krise begonnen haben, Investoren zu suchen, sind erst jetzt dabei, ihre Runden abzuschließen, weil das einfach meistens rund ein halbes Jahr dauert. Es wirkt, als hätten sich vorwiegend jene beim Fonds bedient, die bereits vor der Krise in Verhandlungen waren. Die, die wirklich wegen Corona zu suchen begonnen haben, schauen jetzt durch die Finger”.


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Dem brutkasten sind einige Fälle von Startups bekannt, die durch die Coronakrise in finanzielle Turbulenzen gelangten, dann aber mit dem Aufstellen von Investments zu lange brauchten, um noch Covid-Startup-Hilfsfonds-Gelder zu bekommen.

“Gerettete” Krisengewinner

Ein weiteres Schlaglicht auf diese Thematik wirft nun eine Liste aus der öffentlichen Transparenz-Datenbank der EU, die wir gestern im brutkasten zeigten. Sie enthält jene österreichischen Startups, die mehr als 500.000 Euro Fördergelder aus dem Covid-Startup-Hilfsfonds bekamen. Einige dieser 26 Startups kommen aus krisengeschüttelten Branchen. Auffällig ist jedoch, dass sich mehrere Unternehmen in der Tabelle befinden, die in der medialen und auch in der Selbstdarstellung der vergangenen Monate ausgewiesene Krisengewinner sind. Startups, die dem brutkasten gegenüber explizit von enormen Umsatz-Zuwächsen in der Coronakrise gesprochen haben.

Es sind Krisengewinner, denen wir hier beim brutkasten gerne eine Bühne geben, weil sie hervorragende Arbeit leisten, viele Arbeitsplätze schaffen und der Volkswirtschaft in einer turbulenten Zeit einen großen Nutzen bescheren. Sie zu fördern ist richtig und wichtig – das investierte Geld kommt mit großer Wahrscheinlichkeit vervielfacht zurück.

Die Startups haben richtig gehandelt…

Und diesen Startups kann in keiner Weise ein Vorwurf gemacht werden, dass sie sich mit dem Covid-Startup-Hilfsfonds fördern ließen. Warum sollte ein Unternehmen auch auf dieses Geld verzichten, wenn es die Kriterien erfüllt? Tatsächlich mussten sehr klare Bedingungen erfüllt werden, um den Antrag durchzubringen. Unter anderem musste ein Steuerberater oder Wirtschaftsprüfer eine negative Beeinträchtigung des Unternehmens durch Covid-19 darlegen. Eine solche lag also nachgewiesen bei allen Hilfsfonds-Beziehern vor. Zudem handelt es sich um einen Zuschuss, der bei Geschäftserfolg (unter definierten Bedingungen) zurückzuzahlen ist. Das bedeutet, das Geld fließt auch in die Staatskasse zurück und ist keineswegs verloren.

Eine unnötige Aufregung also. Oder doch nicht? Zu hinterfragen ist nicht das Verhalten der mit Millionen Euros geförderten Krisengewinner. Sie erfüllten die Bedingungen und man kann von ihnen als profitorientierte Unternehmen nicht erwarten, dass sie zugunsten eines unbekannten Dritten auf sinnvoll einsetzbares Kapital zu hervorragenden Konditionen verzichten.

…und doch verfehlte der Covid-Startup-Hilfsfonds sein Ziel

Wohl gefragt werden muss jedoch, ob der Covid-Startup-Hilfsfonds unter den gegebenen Umständen sein Ziel verfehlt hat. Denn auch ohne genauen Einblick in die Finanzen der Unternehmen auf der Liste zu haben, liegt auf der Hand, dass einige von ihnen definitiv nicht gerettet werden mussten. Dass sie auch ohne Hilfsfonds-Geld nicht nur durchgekommen, sondern als Gewinner aus der Krise hervorgegangen wären. Und auf der anderen Seite prangen Startups, die ihre krisenbedingte finanzielle Schieflage noch immer nicht in den Griff bekommen haben, oder sogar daran zugrunde gegangen sind, aber mit ihren Investment-Verhandlungen ein paar Tage oder Wochen zu lange gebraucht haben, um noch in den Genuss des Hilfsfonds zu kommen.


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Eine sehr konkrete Frage lautet also: Waren die Kriterien für den Nachweis einer negativen Beeinträchtigung durch die Krise zu locker? Davon ausgehend, dass zumindest einige der Krisengewinner auf der Transparenzdatenbank-Liste es auch ohne Fonds-Gelder locker geschafft hätten, muss diese Frage mit ja beantwortet werden. Nicht, weil etwas dagegen spricht, auch leicht oder nur kurzfristig von der Krise betroffene Startups zu unterstützen. Sondern weil das Budget mit 50 Millionen Euro begrenzt war und der Hilfsfonds für einige Unternehmen, die unbedingt Hilfe gebraucht hätten, die einzige Chance auf ausreichend Kapital gewesen wäre.

Am Ende steht die bekannte Forderung

Es gäbe also eine Möglichkeit für die Regierung, diese schiefe Optik auf relativ simple und elegante Weise wieder auszubügeln. Sie könnte dafür sorgen, dass wirklich alle Startups (Anm. laut der von der EU vorgegebenen Kriterien), die Kapital zur Bewältigung der Krise brauchen, eine Chance auf Hilfsfonds-Gelder bekommen. Damit sei die bekannte Forderung einmal mehr erneuert: Es braucht eine Neuauflage des Covid-Startup-Hilfsfonds.

PS: Macht aus dem Hilfsfonds den Zukunftsfonds!

Und noch etwas. Es sei noch einmal ausdrücklich erwähnt, dass die Förderung auch und gerade der Krisengewinner – sofern sie langfristig in Österreich bleiben – einen großen volkswirtschaftlichen Nutzen hat und potenziell vervielfacht zurückkommt. Weil frühphasige Startup-Investments generell das Potenzial haben, einen besonders hohen Return on Investment zu erbringen, wäre es sinnvoll, das Hilfsfonds-Modell als Standard-Förderung zu etablieren – auch das wurde schon von vielen Playern der Szene gefordert. Macht aus dem Hilfsfonds den Zukunftsfonds!

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Seitens der Politik gab es bereits die Zusage für rasche finanzielle Hilfe für die Opfer der Hochwasserkatastrophe der vergangenen Tage, unter anderem über die Aufstockung des Katastrophenfonds auf eine Milliarde Euro. Auch Wirtschaftskammer und SVS haben sofort eine Hilfsaktion für betroffene Betriebe gestartet, im Rahmen derer zehn Prozent des entstandenen Schadens (gedeckelt mit 200.000 Euro) übernommen werden.

Auch die Austria Wirtschaftsservice GmbH (aws) ergreift Hilfsmaßnahmen: Konkret beteiligt sich der ERP-Fonds am Sonderprogramm Betriebliche Hochwasserhilfe mit einem Kreditvolumen von bis zu 100 Millionen Euro für Investitionen und Aufwendungen zur Wiederherstellung der betrieblichen Produktionsbedingungen.

Storebox bietet Gratis-Lagerplatz für Betroffene

Doch auch heimische Startups und Scaleups tun, was im Rahmen ihrer Möglichkeiten geht, um Hochwasseropfern und Einsatzkräften zu helfen – so etwa das Lagerplatz- und Logistik-Scaleup Storebox und das Süßigkeiten-Scaleup Neoh aus Wien. So bietet Storebox Gratis-Lagerplatz für vom Hochwasser betroffene in Niederösterreich und Wien an. “Solltet ihr oder jemand aus eurem Umfeld vorübergehend einen trockenen Platz für eure Sachen benötigen, meldet euch direkt bei [email protected]“, schreibt Co-Founder und CEO Johannes Braith auf LinkedIn.

“Dort helfen, wo es uns möglich ist”

Gegenüber brutkasten ergänzt Braith: “In herausfordernden Zeiten für unsere Gesellschaft ist es wichtig, dass wir als Unternehmen Verantwortung übernehmen und dort helfen, wo es uns möglich ist. Und wir mit Storebox können als Experten im Storage-Bereich den Menschen natürlich dabei helfen, ihre Sachen unterzustellen, während sie ihre Häuser und Wohnungen sanieren müssen.” Er würde sich wünschen, dass viele andere Unternehmen dem Beispiel folgen, meint der Gründer.

Neoh schickt “Versorgungspakete” an Einsatzkräfte

Beim Zuckerfreie-Süßigkeiten-Scaleup Neoh richtet man sich an die Einsatzkräfte. Co-Founder und CEO Manuel Zeller verweist auf seine eigenen Erfahrungen: “Ich selbst war mit dem Bundesheer im Assistenzeinsatz 2002, die Bilder und die Anstrengungen werde ich nie vergessen. Damals haben uns die lokalen Wirtshäuser, die Leute vor Ort immer wieder toll versorgt, und uns mit ihrer Dankbarkeit durch diese Wochen getragen”, schreibt er auf LinkedIn. “Falls wer selbst im Einsatz ist, und seine Truppe mit NEOH versorgen will, bitte kurzes mail an [email protected]. Wir kümmern uns um ein kleines Versorgungspaket der Dankbarkeit”, so Zeller.

CEO Zeller: “Ich hab das 2002 selbst erlebt”

“Ich hab das 2002 selbst erlebt, und wir waren damals zum einen froh, weil wir vor Ort immer gut verköstigt wurden. Aber noch viel wichtiger war, die Wertschätzung der Menschen zu spüren”, ergänzt der Gründer gegenüber brutkasten. “Natürlich macht ein Schokoriegel selbst auch große Freude, aber es ist noch wichtiger zu spüren, wie dankbar die Menschen/Unternehmen sind, dass die Einsatzkräfte hier alles geben um diese Katastrophe so schnell wie möglich in den Griff zu bekommen”, so Zeller.

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