23.07.2020

Linzer Startup cortEXplore entwickelt “Navi” für komplexeste Operationen am Gehirn

Das in Linz ansässige Startup cortEXplore hat ein neurochirurgisches Navigationssystem entwickelt, mit dem Chirurgen Eingriffe am Gehirn präzise planen, simulieren und durchführen können. Der brutkasten hat mit dem Gründer und Neurowissenschaftler Stefan Schaffelhofer über die technologische Entwicklung und die Zukunftspläne des Startups gesprochen.
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cortEXplore
Die Gründer Stefan Schaffelhofer (l.) und Robert Prückl (r.)| tech2b/Andreas Balon
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Operationen am Gehirn sind für die Patienten besonders risikoreich. Aufgrund der hohen Dichte an funktionalem Gewebe und Blutgefäßen kann bei einer ungenauen Platzierung und Führung von Instrumenten das hochkomplexe Gehirngewebe irreversibel geschädigt werden. Im schlimmsten Fall kann eine derartige Verletzung zum Tod des Patienten führen.

Eine neuartige Soft- und Hardware-Lösung des Linzer Startups cortEXplore, das 2018 gegründet wurde, kann hier Abhilfe schaffen. Das Startup rund um den oberösterreichischen Neurowissenschaftler Stefan Schaffelhofer entwickelte ein chirurgisches Navigationssystem, um Eingriffe am Gehirn sicher und effizient durchführen zu können. 

Wie Schaffelhofer gegenüber dem brutkasten erläutert, soll so die Planung, Simulation und schlussendlich die Durchführung von komplexen Operationen für Chirurgen erleichtert werden. Mit Hilfe des Systems lassen sich beispielsweise bereits vor der Operationen eines Gehirntumors, die einzelnen Schritte bis ins kleinste Detail planen, um möglichst effizient zur betroffenen Stelle vordringen zu können.

3D-Modell des Gehirns für Planung und Simulation

cortEXplore hat dafür eine Software entwickelt, die Patientenbilder aus verschiedenen bildgebenden Verfahren zusammenführt. Als Bilddaten werden hierfür Informationen herangezogen, die im Rahmen von Computertomografie und Magnetresonanztomografie-Verfahren gewonnen werden. Nach der Zusammenführung der unterschiedlichen Bilder können Ärzte so ein detailliertes Modell  des Schädels, Gehirngewebes und der Gefäße errechnen. Das hochauflösende Computermodell dient in weiterer Folge zur virtuellen Planung der Operation. Doch nicht nur das: Mit den virtuellen 3D-Daten kann mit Hilfe eines 3D-Druckers ein plastisches Modell erstellt werden, das den Ärzten zur Vorbereitung dient. Zudem können auch Studierende oder Forscher mit Hilfe des Modells komplexe Eingriffe erlernen und üben.

(c) tech2b

Darstellung von Gehirn und Instrumenten in Echtzeit

Die Technologie und die entsprechenden Computermodelle von cortEXplore kommen nicht nur vor einer Operation, sondern auch während des neurochirurgischen Eingriffs zum Einsatz. Schaffelhofer erläutert, dass sich durch die Kombination der Software mit Hardware-Komponenten die Position der chirurgischen Werkzeuge im Gehirn im Submillimeterbereich bestimmen lässt. Schaffelhofer setzt hierfür mit seinem Team auf Kameras und Sensoren, die im Operationssaal angebracht werden. Das Startup aus Linz wählte hierfür einen komplett neuen Ansatz, der den derzeitigen State-of-the-Art-Ansatz von Operationen künftig disruptiv verändern könnte. “Derzeit kommt bei Gehirnoperationen ein mechanischer Rahmen zum Einsatz auf dem die Instrumente über Gelenke vorab eingestellt werden. Bei unserem System fällt das komplexe Einstellen des mechanischen Rahmens komplett weg, da die chirurgischen Instrumente mit Hilfe der optischen Kameras erkannt werden. Anschließend werden die Instrumente in die anatomischen Bilder der MRT- und CT-Aufnahmen in Echtzeit projiziert”, so Schaffelhofer. 

Zum Einsatz kommen hierfür  Algorithmen, die die Relation der Instrumente zum Gehirn errechnen. Die Darstellung der Anatomie und Gehirnareale kann zudem über eine HoloLense-Brille erfolgen. Anhand einer Mixed-Reality-Darstellung wird dem Chirurgen so angezeigt, in welchem Winkel er die Instrumente ansetzen muss.

cortEXplore: Entwicklung des Prototypen 

Die Idee für diese bahnbrechende Operationsmethode kam Schaffelhofer im Zuge eines Post-Doc-Aufenthalts an der New Yorker “Rockefeller University”. “Während meiner Forschungstätigkeit hatte ich das Problem, dass ich sehr kleine Areale im Gehirn erreichen musste. Aus der Not heraus habe ich einen Prototypen gebaut, der vor Ort sehr gut angekommen ist und schlussendlich im eigenen Labor und benachbarten Laboren zur Anwendung kam”, so Schaffelhofer. Schlussendlich entschloss sich Schaffelhofer gemeinsam mit drei weiteren Partnern zur Unternehmensgründung, um das Produkt marktreif zu machen. Im Zuge der Entwicklung erhielt das Startup neben einer Preseed-Förderung eine sechsstellige Seed-Förderung der aws. “Die Förderung der aws gab uns ausreichend Spielraum, um die ersten Schritte Richtung Marktreife zu setzen”, so Schaffelhofer.

Die Zukunftspläne von cortEXplore

Derzeit befindet sich das Team um Schaffelhofer, das neben einem Radiologen auch Spezialisten für Software- und Hardware-Entwicklung umfasst, im Abschluss der Prototypen-Phase. Mittlerweile kommt der Prototyp in mehreren Universitäten in den USA und Kanada zur Anwendung. 

Wie Schaffelhofer abschließend erläutert, zählen die USA auch zum künftigen Kernmarkt von cortEXplore. Die Zulassung als Medizinprodukt wird allerdings noch zwei bis drei Jahre dauern. Hierfür arbeitet das Startup aktuell mit dem Neuromed-Campus des Kepler Universitätsklinikums und dem RISC-Institut der JKU zusammen. Erste Auszeichnungen konnte das Startup allerdings jetzt schon für sich verbuchen: Neben dem tech2b Gründerpreis EDISON in Gold in der Kategorie “beste Technologie” wurde das Startup im Rahmen des  i2b Businessplan-Wettbewerbs für den besten Businessplan des Jahres 2019 ausgezeichnet.


Disclaimer: Der Beitrag über cortEXplore entstand in Kooperation mit der aws

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Das "Expedition Zukunft"-Team, Annamaria Andres (erste links) | (c) FFG

In Zeiten großer gesellschaftlicher, wirtschaftlicher und ökologischer Herausforderungen braucht es mutige Ideen, die nicht nur schrittweise verbessern, sondern bestehende Systeme grundlegend neu denken. Genau hier setzt das Förderprogramm „Expedition Zukunft“ der Österreichischen Forschungsförderungsgesellschaft (FFG) an. Annamaria Andres, die das Programm maßgeblich mitentwickelt hat, betont: “Die EU und auch Österreich sind sehr gut in inkrementellen Innovationen und Grundlagenforschung, doch es braucht auch disruptive Ansätze, um die Welt zu einem besseren, gerechteren und nachhaltigeren Ort zu verändern.”

Mehr als inkrementelle Verbesserungen

Das Ziel von “Expedition Zukunft” ist es, Projekte zu unterstützen, die einen echten Paradigmenwechsel bewirken können. Während traditionelle Innovationsprogramme oft auf Verbesserungen bestehender Technologien und Prozesse abzielen, sucht „Expedition Zukunft“ nach bahnbrechenden Ideen. Es geht darum, mit komplett neuen Ansätzen die jetzigen Herausforderungen anzugehen. Diese Herausforderungen könnten technologischer, gesellschaftlicher oder ökologischer Natur sein.

+++ Jetzt bewerben und von Expedition Zukunft profitieren +++

Zwei Wege in die Zukunft: #START – Business Edition und #INNOVATION

Das Programm gliedert sich in mehrere Ausschreibungsschienen. Hier ein Überblick zu zwei Förderschienen, die sich besonders für Gründer:innen von Startups und KMU eignen:

  • #START – Business Edition: Hier können Gründer:innen und KMU einreichen, die ganz am Anfang stehen. Sie haben eine visionäre Idee, aber noch kein ausgearbeitetes Konzept. Es geht darum, die Durchführbarkeit zu testen – nicht nur aus technischer Sicht, sondern auch in Bezug auf soziale Aspekte, strategische und rechtliche Rahmenbedingungen. Für diesen Schritt stellt die FFG bis zu 80.000 Euro zur Verfügung.
  • #INNOVATION: In dieser Schiene wurde ein Problem bereits klar definiert, die Lösung ist jedoch noch offen. Mit einer Förderung von bis zu 150.000 Euro bei einer Förderquote von 50 Prozent unterstützt das Programm die Lösungsfindung in Zusammenarbeit mit relevanten Stakeholdern. Hier geht es um iterative Innovationsprozesse, wie zum Beispiel Open Innovation und Design Thinking, um eine optimale Lösung für eine Zielgruppe oder ein disruptives Geschäftsmodell zu entwickeln.

Weitere Ausschreibungsschienen findet ihr auf der Programm-Website.

Mut zum Risiko und zur Veränderung

Disruptive Innovationen sind riskanter als schrittweise Verbesserungen. Sie bewegen sich oft in unklaren rechtlichen Rahmenbedingungen, müssen neue Märkte erschließen und kulturelle Veränderungen anstoßen. Diese bahnbrechenden Ideen haben ein höheres Umsetzungsrisiko. Deshalb bietet das Programm neben finanzieller Unterstützung auch umfassende Beratungsservices und Expeditionsguides.

Die Expeditionsguides sind Expert:innen, die die geförderten Projekte begleiten. Neben der individuellen Begleitung bietet das Programm auch Netzwerktreffen, bei denen sich die Fördernehmer:innen untereinander austauschen können.

Von der Vision zur Umsetzung

Ein zentrales Kriterium für die Förderung ist der Mut zur großen Vision. Dahingehend werden Fördernehmer:innen gesucht, die größer denken und bereit sind, neue Wege zu gehen. Diese Vision muss auch einen gesellschaftlichen oder ökologischen Mehrwert bieten. Es geht nicht nur um Profit, sondern um Impact – sei es in der Umwelt, der Gesellschaft oder der Wirtschaft.

Ein Beispiel für solche visionären Projekte sind Innovationen in der Raumfahrt, der Krebsbekämpfung, sozialen Inklusion oder Pflegekonzepte für eine alternde Gesellschaft.

Solche Ideen stoßen jedoch oft auf große gesellschaftliche Herausforderungen. So stellt beispielsweise die Bereitschaft der Menschen, eingefahrene Verhaltensmuster zu ändern, eine Hürde dar. Genau hier setzt das Programm an, um den notwendigen Wandel zu unterstützen und den Weg für zukunftsweisende Innovationen zu ebnen.

Unterstützung, die über Geld hinausgeht

Neben der finanziellen Förderung bietet „Expedition Zukunft“ auch umfangreiche Beratungsleistungen. Dazu gehören Workshops zu Geschäftsmodellen, Strategieberatung oder Hilfe bei IP-Fragen. So soll sichergestellt werden, dass die Projekte nicht nur technisch funktionieren, sondern auch erfolgreich umgesetzt werden können.

Das Programm „Expedition Zukunft“ vernetzt die Teilnehmenden gezielt mit relevanten Partner:innen aus Wirtschaft, Forschung und öffentlichem Sektor. Ein starkes Netzwerk aus Wirtschaftsagenturen, Ministerien und internationalen Partnern unterstützt dabei, die richtigen Kontakte zur richtigen Zeit zu knüpfen – oft der Schlüssel zum Erfolg eines Projekts.

Bewerbungsfrist und Kriterien

Die Einreichfrist für die #START Business Edition endet am 28. Januar um 12:00 Uhr. Die Schiene #INNOVATION ist als laufende Ausschreibung angelegt. Bewerber:innen müssen neben einer bahnbrechenden Idee auch den Willen mitbringen, Risiken einzugehen und groß zu denken. Diversität, gesellschaftlicher Impact und die Bereitschaft zur Veränderung sind entscheidend.

Abschließend merkt Andres an: “Wir suchen Visionär:innen, die bereit sind, die Welt zu verändern. Die Expedition Zukunft ist für diejenigen, die über den Tellerrand hinaus denken, die mutig sind und größer denken. Wer bereit ist, sich dieser Herausforderung zu stellen, findet in dieser Initiative der FFG nicht nur einen Förderer, sondern einen Partner auf dem Weg in die Zukunft.”

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