01.10.2024
THEMENPARTNERSCHAFT

Christoph Andexlinger über Shopping-Center: “Ich glaube an die Kraft des Analogen”

Was braucht es, um erfolgreiche Shopping-Center zu betreiben? Und wie bleiben diese auch für junge Unternehmer:innen attraktiv? SES-CEO Christoph Andexlinger verrät es im brutkasten-Talk.
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Christoph Andexlinger, CEO von SES Spar European Shopping Centers (c) Florian Stürzenbaum
Christoph Andexlinger, CEO von SES Spar European Shopping Centers (c) Florian Stürzenbaum

*Diese Themenpartnerschaft erschien zuerst in der neuen Ausgabe unseres Printmagazins. Eine Downloadmöglichkeit findet sich am Ende des Artikels.


Woran denkt man bei einem Shopping-Center? Shops aus unterschiedlichsten Branchen, Gastronomie, vielleicht auch ein Kino. Aber meist ist wenig über die Infrastruktur dahinter und die Betreiber bekannt. So ging es auch Christoph Andexlinger, als er vor 25 Jahren Marketingleiter im Salzburger EUROPARK wurde. Heute ist er CEO der SES Spar European Shopping Centers.

Investor, Entwickler, Betreiber

Insgesamt betreibt das zum Spar-Konzern gehörige Unternehmen 31 Shopping-Center in sechs europäischen Ländern. Statt mit Lebensmitteln beschäftigt sich die SES mit Immobilien: “Wir sind Investor, Entwickler, Betreiber, und mit unseren eigenen Konzernbetrieben auch Pächter. Wenn das Ding rennt, freut es uns an vier Stellen. Wenn es anders wäre, würde es uns an vier Stellen weh tun.” In ihren Verträgen werde die Pacht der Shopbetreiber nach dem Umsatz des Unternehmens berechnet, basierend auf einem Mindestbetrag. Je nach Konzept und Branche werde das abgestimmt. Dadurch sei man umsatzbeteiligt und habe ein starkes Interesse an langfristigen, erfolgreichen Partnerschaften. Lokale Händler:innen und Startups nehmen auch das Feedback des Center-Betreibers als Sparring-Partner gerne an. 

Statt Erfolgszahlen zu nennen, spricht Andexlinger über den “wahren Erfolgsfaktor” der SES: die hundertprozentige Kund:innenfokussierung. ”Wir schaffen pulsierende Lebensräume mit höchster Kundenrelevanz,” sagt er. Heißt: Mit den Centern sollen Räume geschaffen werden, die Kund:innen gerne aufsuchen. Dafür sei es besonders wichtig, in jedem Haus ein lokales Team zu haben, das aus den jeweiligen Regionen kommt und lokal verankert ist. “Wir wollen kein Fremdkörper sein, sondern ein Teil der jeweiligen Stadt.” Man verstehe sich als “moderner Marktplatz”, der neben den Shops auch Raum für Kunst-Ausstellungen, Sport-Events oder Flashmobs bietet.

Handel, aber nicht nur

Der Schwerpunkt sei aber immer noch der Handel. Andexlingers Einschätzung zufolge bleibe das auch die nächsten fünf bis zehn Jahre noch so – auch wenn die Gastronomie immer wichtiger wird. Eine große Veränderung spüre man auch im Gesundheitssektor. Einige Ärzt:innen sind bereits in den Shopping-Centern eingemietet, durch eine neue Kooperation verstärkt die SES diesen Trend. Die gemeinnützige Vinzenz-Gruppe wurde als Partner gewonnen, sie wird ihr Know-how im Gesundheitsbereich für die Schaffung von Gesundheitszentren in den Centern einsetzen.

So macht in der Kultur- und Musikstadt Salzburg auch ein Kulturschwerpunkt Sinn. 2005 habe man dort mit dem OVAL einen der modernst ausgestatteten Konzerträume Europas geschaffen. Ursprünglich als Bühne für Schultheater oder Vereine gedacht, wurde die Idee schnell professionalisiert. Mit Massimiliano Fuksas wurde ein Weltstar-Architekt engagiert und die besten Akustiker setzten sich an das Projekt. Seit 19 Jahren ist Margret Stronegger die Intendantin. Der Saal werde mittlerweile sogar für Veranstaltungen der Internationalen Mozartwoche genutzt.

Auf die Kleinen kommt es an

Wie viel Innovationskraft steckt nun in einem Shopping-Center? “Handel ist Wandel”, sagt Andexlinger. Alle sechs bis acht Jahre müsse sich ein Laden verändern, das Sortiment wechsle mittlerweile nahezu täglich. Ein Shopping-Center ist für ihn die “ideale Plattform für Innovationen, die die breite Masse ansprechen”. Dort, wo jeden Tag zehntausende Menschen zusammenkommen, erhalte man schneller Feedback als irgendwo sonst. Hier lassen sich Dinge ausprobieren, auch wenn manches vielleicht schneller scheitert als anderswo. Aber genau dieses Nah dran sein ist für Andexlinger das Spannende. Das müsse man wohl auch aushalten und mögen, sagt er.

Oft heiße es, Shopping-Center würden überall das gleiche anbieten. Natürlich gebe es die Brands, die man in den meisten Häusern finde, sagt Andexlinger. Diese “Magnetbetriebe” brauche es, damit kreiere man den Traffic. Die Positionierung eines Centers hänge aber stark von den kleineren Shops ab, die es mitunter nur in dieser Stadt gebe. Andexlinger nennt als Beispiel den EUROPARK in Salzburg: Von Beginn an wurden 40 der 80 Shops von lokalen Händler:innen betrieben. Gründer:innen und Innovator:innen sind für Andexlinger “der Sprit für den Motor” des Shopping-Centers. Ohne ihren Input gehe es nicht, dann werde man langweilig für die Kund:innen.

Aus diesem Grund habe man während der Covid-19-Pandemie auch die Plattform yip.at gestartet. Hier können sich innovative Händler:innen, Gastronom:innen oder Handwerker:innen kostenlos anmelden. Potentielle Kund:innen können dort Angebote finden, die es in ihrer unmittelbaren Umgebung gibt. Das führe zur Vernetzung der Händler:innen untereinander, sagt Andexlinger. Aber auch als SES Gruppe lerne man so neue Konzepte kennen und komme mit ihnen in Kontakt.

Kuratiertes Angebot

Wo geht die Reise für Shopping-Center hin? Andexlinger ist überzeugt, dass es in den nächsten Jahren eine Marktbereinigung geben wird. Dadurch würden die erfolgreichen Center noch stärker werden. “Shopping-Center werden sich öffnen müssen”, sagt Andexlinger. Kulturangebote, Gesundheitsparks, das sei die Zukunft. Und: ein kuratiertes Angebot. Damit unterscheide man sich vom Online-Handel. Eine gute Vorauswahl, für die man stehe und auf die man sich verlassen könne, führe zum Erfolg.

Andexlinger betont: “Wir sind ein durch und durch analoger Ort.” In einem Shopping-Center würden Menschen aufeinander treffen, Waren können angeschaut und probiert werden. Man nutze aber alle Formen der Digitalisierung, die auch einen Mehrwert für die Kund:innen bringe und sie unterstütze. Andexlinger wünscht sich mehr Mut fürs Analoge: “Wir erleben die größten Konzerte aller Zeiten, Museen haben Besucherzahlen wie nie zuvor. Ich glaube an die Kraft des Analogen, weil es etwas Besonderes ist.”

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(vlonru.) Everest Carbon, cortEXplore, My Esel und Simventure nutzten und nutzen die umfassenden Möglichkeiten an den TECH HARBOR-Standorten | (c) TECH HARBOR
(vlonru.) Everest Carbon, cortEXplore, My Esel und Simventure nutzten und nutzen die umfassenden Möglichkeiten an den TECH HARBOR-Standorten | (c) TECH HARBOR / tech2b / My Esel / Simventure

Der Begriff “Co-Working-Space” wäre bei TECH HARBOR in Linz eindeutig zu kurz gegriffen. Viel zu kurz gegriffen. Denn hochwertige Büroräume für Startups gibt es an den zwei Standorten TECHCENTER und NEUE WERFT zwar durchaus. In einem üblichen Co-Working-Space würde man aber wohl sehr schnell an die Grenze stoßen, wenn man dort eine Serienproduktion für Fahrräder oder eine Produktionsstätte für hochpräzise chirurgische Geräte aufbauen wollte.

Genau das und noch viel mehr passiert in den TECH HARBOR-Standorten. Sie bieten Hardware-Startups mit komplexen technischen Anforderungen und teilweise viel Platzbedarf eine Heimat. Große Werkstattbereiche, Techlabs für Forschung und Entwicklung und Lagermöglichkeiten machen dabei den entscheidenden Unterschied.

My Esel: Vom Prototypen bis zur Serienproduktion im TECHCENTER

Ein Unterschied, der etwa dem mittlerweile einer breiten Öffentlichkeit bekannten Holzfahrrad-Startup My Esel mehr als nur die ersten Schritte ermöglichte. “In der Zeit im TECHCENTER fand die Entwicklung von den ersten Prototypen hin zur Serienproduktion statt”, erzählt Gründer Christoph Fraundorfer. 2016 sei nach einer erfolgreichen Crowdfunding-Kampagne von dort aus der Markstart erfolgt. “Parallel wurde an der Optimierung der Rahmenkonstruktion und an den My Esel E-Bikes gearbeitet. 2019 konnten noch aus dem TECHCENTER die ersten E-Bikes ausgeliefert werden.”

Im TECHCENTER kam Christoph Fraundorfer mit My Esel vom Prototypen bis zur Serienproduktion | (c) TECH HARBOR
Im TECHCENTER kam Christoph Fraundorfer mit My Esel vom Prototypen bis zur Serienproduktion | (c) My Esel

Ebenfalls im Jahr 2019 Jahr zog My Esel dann um. “In Traun fanden wir in den ehemaligen Produktionsstätten der Carrera-Brillen unseren neuen Standort. Inzwischen nutzen wir hier über 800 Quadratmeter und konnten 2023 mit etwas mehr als 1.000 Bikes zirka 2.7 Millionen Euro Umsatz erwirtschaften”, erzählt Fraundorfer.

Simventure: Im TECH HARBOR-Standort zum Wingsuit-Simulator

Die Räumlichkeiten im TECHCENTER blieben danach freilich nicht leer. Auch aktuell arbeiten viele spannende Startups im TECH HARBOR-Standort und schreiben die Erfolgsgeschichten der Zukunft. Einer der Mieter ist etwa Simventure. Das Startup baut Geräte, mit denen Extremsportarten vollimmersiv simuliert werden können. Das erste dieser Geräte – WingSim – simuliert den Flug in einem Wingsuit – in Realität bekanntlich ein hochriskantes Unterfangen.

“Seit dem Einzug im TECHCENTER Anfang 2023 haben wir die Hard- und Software für unseren Prototypen entwickelt. Wir haben diesen Prototypen im Techlab gebaut und umfangreich getestet. Nun können wir den Demonstrator Kunden und potentiellen Investoren vorführen. Wir haben den Firmenwert seit dem Einzug vervielfacht”, sagt Gründer Norman Eisenköck.

Das Simventure-Team baut im TECHCENTER seine Simulatoren | (c) Simventure

Das TECHCENTER biete die idealen Voraussetzungen für das Startup und seine Wachstumsherausforderungen, so der Simventure-Gründer. “Ein Startup ist während der Unternehmensgründung und dem Unternehmens-Aufbau Schwankungen im Bedarf an Büroflächen und – in unserem Fall – eines Mechatronik Labors unterworfen. Die Flexibilität des TECHCENTER hat uns geholfen, diese Schwankungen sehr gut zu berücksichtigen.” Und die Infrastruktur diene nicht nur dem Team zur Arbeit, sondern biete auch schöne Repräsentationsräume, um Partner und Kunden zu empfangen.

cortEXplore: Von der NEUEN WERFT zu Yale und MIT als Kunden

Absolute HighTech-Produkte sind auch aus dem Standort NEUE WERFT schon vielfach hervorgegangen. Bis 2024 hatte dort etwa das Startup cortEXplore seinen Sitz, das eine Technologie für Gehirn-OPs für Forschungszwecke entwickelt hat. “Wir verkaufen unsere Technologie international in die EU, die USA und China und haben Kunden wie die US-Unis Berkeley, Yale und MIT”, sagt Gründer Stefan Schaffelhofer. Diesen April wurde das Unternehmen mehrheitlich von einem internationalen Medizintechnikkonzern übernommen.

Den Grundstein dafür legte cortEXplore am TECH HARBOR-Standort. “Wir haben in der NEUEN WERFT gestartet. Wir hatten zunächst Platz für die Entwicklung, hatten aber auch später ein Lager dort und Platz für Assemblierungen unserer Produkte”, erinnert sich der Gründer. “Es ist die optimale Location in Linz. Sie ist gut für Anlieferungen und den Versand der Produkte. Und es gibt Räumlichkeiten für Veranstaltungen und die Einladung von Kunden.”

cortEXplore baute in der NEUEN WERFT seine Hightech-Produkte für Gehirn-OPs | (c) tech2b/Andreas Balon
cortEXplore baute in der NEUEN WERFT seine Hightech-Produkte für Gehirn-OPs | (c) tech2b/Andreas Balon

Everest Carbon: “Unser Fortschritt übertrifft unsere Erwartungen”

Und auch in der NEUEN WERFT kamen seitdem viele spannende Unternehmen nach, etwa Everest Carbon, das diesen Sommer eingezogen ist. “Momentan entwickeln wir unser erstes Produkt, einen digitalen Umweltsensor für die Bindung von CO2 in Projekten basierend auf dem Prozess des beschleunigten Verwitterns, und testen es in Feldern hier in der Umgebung”, erklärt Gründer Matthias Ginterseder.

In der NEUEN WERFT baue man seit dem Einzug den primären Forschungs- und Produktionsstandort auf. “Wir sind gerade dabei, unser Team in der NEUEN WERFT zu vervollständigen, um Anfang nächsten Jahres die Produktionszahlen unserer ersten Produktlinie bedeutend erhöhen zu können”, sagt der Everest Carbon-Gründer. “Unser Fortschritt dabei übertrifft unsere Erwartungen, nicht zuletzt wegen der proaktiven Unterstützung durch Georg Spiesberger und sein Team hier im TECH HARBOR.” Und auch die Location selbst sei “hervorragend” für das Startup: “Das flexible Platzangebot sowie die zahlreichen Events, helfen uns sehr dabei, unsere Bedürfnisse in verschiedenen Entwicklungsstadien zu decken”, so Ginterseder.

Everest Carbon baut in der NEUEN WERFT gerade seine Produktion auf | (c) TECH HARBOR

Große Zukunftspläne – vom TECH HARBOR in die ganze Welt

Die Voraussetzungen für große Zukunftspläne und weitere Erfolgsgeschichten, wie die oben genannten, sind damit also perfekt gegeben. Der Everest Carbon-Gründer gibt einen Einblick: “Wir wollen in naher Zukunft unser erstes Produkt am Markt etablieren und unsere Technologie als eine bahnbrechende Lösung für zukunftsträchtige Formen von negativen Emissionen etablieren.”

Auch Simventure will am TECH HARBOR-Standort noch viel erreichen, wie Gründer Norman Eisenköck erklärt: “Wir werden weiterhin sowohl die Büroflächen als auch das Techlab für die Entwicklung weiterer Bewegungsplattformen nutzen. Es ist geplant, das weitere Wachsen des Teams und der Produktlinien im TECHCENTER zu machen.” Der erste WingSim werde aber schon bald ins Ars Electronica Center übersiedelt, um dort – ganz in der Nähe – für Kundenvorführungen zur Verfügung zu stehen. “Im Techlab werden dann neue Produkte entwickelt”, so der Gründer.

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