24.05.2019

Innovation-Leader Asien: Was China zu einer außergewöhnlichen AI-Nation macht

China hat einen nationalen Aktionsplan aufgestellt, um bis 2030 Weltmarktführer für künstliche Intelligenz zu werden. Brutkasten-Kolumnistin Ting Wasner-Lian erklärt, was das Reich der Mitte zu einer erfolgreichen AI-Nation macht.
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China AI
(c) fotolia / boscorelli

Wenn man nationale KI-Strategien weltweit bewertet, wird man bald feststellen, dass China zu den Top-Ländern gehört, die an der Entwicklung eines starken KI-Ökosystems interessiert sind.

China hofft, bis 2030 eine 150-Milliarden-Dollar-Industrie aufzubauen, die 1,5 Billionen Dollar jährliches Wirtschaftswachstum durch KI-Technologie generiert. Die chinesische Regierung unternimmt alle Anstrengungen, um diesen ehrgeizigen Plan zu erreichen, z.B. in Bezug auf Finanzierung, sektorspezifische Politik, Startup-Anreize und die Anziehung von Fachkräften.

In Bezug auf künstliche Intelligenz hat China daher einen dreistufigen Plan (Next Generation AI Plan):

  1. Bis 2020 will China mit den führenden KI-Technologien und -Anwendungen im Allgemeinen Schritt halten
  2. Bis 2025 will China große Durchbrüche erzielen
  3. Bis 2030 will China die Welt in der KI anzuführen.

Das Geheimnis hinter Chinas nationaler Strategie

Wenn man sich für die chinesische Kultur, die Menschen und die Mentalität interessiert, wird man leicht feststellen, dass “bescheiden sein” der Schlüssel zum Erfolg ist. Warum ist China in Bezug auf KI-Strategien so ehrgeizig? “Leapfrogging” – also das Überspringen einzelner Stufen in einem Entwicklungsprozess – lautet hier das Zauberwort: China ist einer der ersten Anwender für Konzepte einer bargeldlosen Gesellschaft, indem es Mobile Payment und Mobile Banking einsetzt, mit einer wesentlich schnelleren Einführung und Akzeptanz als z.B. Apple Pay.

China hat somit im Grunde genommen die gesamte Kreditkartenphase überholt und dadurch erkannt, dass Leapfrogging der beste Weg ist, auch andere Branchen, insbesondere die KI, anzugehen. Da KI einen großen Einfluss auf alle anderen Branchen hat, wird die Übernahme der weltweiten Führungsrolle in der KI zu einem beschleunigten Wachstum in der gesamten Wirtschaft führen.

Daher wird KI in China nicht als störend empfunden wie im Westen, sondern als eine Technologie, die traditionelle Industrien stärken wird, indem sie effizienter und profitabler werden.

Chinas “Dreijahres-Aktionsplan” (2018-2020)

Werfen wir zunächst einen Blick auf den im Dezember 2017 angekündigten “Dreijahres-Aktionsplan”, um zu sehen, wie China dafür sorgt, dass alles auf Kurs ist, um den “Next Generation AI-Plan” zu erreichen.

Der Aktionsplan legt spezifische Ziele für acht vorrangige Bereiche fest:

  • Autonomes Fahren von Smart Cars
  • Robotik
  • Drohnen
  • Medizinische Diagnosesysteme mit bildgebenden Verfahren
  • Gesichtserkennungssysteme
  • Intelligente Systeme der sprachlichen Interaktion (einschließlich Spracherkennungstechnologie)
  • Intelligente Übersetzungssysteme
  • Smart Home Produkte wie intelligente Beleuchtung/TVs

In dem Plan werden auch die Fortschritte bei den Kerninfrastruktursystemen mit Schwerpunkt auf intelligenter Sensorik, neuronalen Netzwerkchips und Open-Source-Plattformen priorisiert. Die Anwendung der KI-Technologie im Bereich der Fertigung wird ebenfalls als Priorität eingestuft.

Das chinesische KI-Ökosystem

Wir haben uns die chinesischen KI-Strategien und Aktionspläne angesehen. Nun beleuchten wir, wie das chinesische KI-Ökosystem funktioniert.

Beginnen wir mit den Stärken: Dem Top-Down-Ansatz der Regierung, riesigen Datenmengen, riesigen Investitionen und Finanzierungen, sowohl in in- als auch in ausländischen KI-Unternehmen und einem geschlossenen Ökosystem. Die Schwäche des chinesischen KI-Ökosystems: Mangel an Datenschutzrichtlinien, Mangel an einheimischen KI-Talenten, unregelmäßige Verteilung der Mittel auf wichtige Sektoren, sowie starker Wettbewerb im In- und Ausland.

AI in China
(c) Wuzhen Institute

Squirrel AI: Das chinesische KI-Unicorn

Um zu veranschaulichen, wie das Ökosystem funktioniert, werfen wir einen Blick auf die Internet-Giganten und ein KI-Startup. Squirrel AI wurde 2014 gegründet und hat seinen Hauptsitz in Shanghai. Squirrel AI ist das erste K12 EdTech Unternehmen, das sich auf intelligente adaptive Bildung in China spezialisiert hat und Marktführer ist. Squirrel AI verwendet angepasste Ressourcen und Lernaktivitäten, um die individuellen Bedürfnisse jedes Lernenden basierend auf seinen Profilen, seinem Lernstand, seinen Stärken und Schwächen zu identifizieren und anzugehen, was als KI-adaptives Lernen bezeichnet wird.

Squirrel AI hat wichtige Forschungskooperationen mit führenden Forschungseinrichtungen wie SRI international, der Chinese Academy of Sciences, Carnegie Mellon University und UC-Berkeley aufgebaut. Das Unternehmen hat mehr als 1.700 Lehrzentren in mehr als 200 Städten in über 20 Provinzen in ganz China eröffnet und fast 150 Millionen Dollar an Finanzierung eingeholt.

Schnellere Ausführung dank BAT (Baidu, Alibaba und Tencent)

Mehr als die Hälfte der wichtigsten chinesischen KI-Spieler hat Finanzierungsbeziehungen, die auf Baidu, Alibaba und Tencent (BAT) zurückgehen. Als wichtigster Akteur in der inländischen KI-Branche haben die BAT-Unternehmen einen umfassenden Plan in Bezug auf KI-Technologie, Plattform, Anwendungsszenarien und Auslandsinvestitionen erstellt. Die fokussierten Geschäftsfelder von BAT spiegeln auch das Ökosystem der KI-Branche wider. Im Allgemeinen dreht sich Baidu um Plattformen und autonomes Fahren, Alibaba konzentriert sich auf die Anwendung künstlicher Intelligenz im Bereich der Datendienste und der zugrunde liegenden Technologie, Tencent konzentriert sich auf offene Plattformen und Technologien, sowie ein extern ausgewogenes Layout.

Fazit

Ich erwarte, dass wir in Zukunft mehr über chinesische KI lesen werden, sowohl von Forschungs- als auch von Unternehmensseite. Die chinesischen Aktivitäten werden sich vor allem in Sektoren bemerkbar machen, die für Europa wichtig sind (z.B. Smart Manufacturing).


Über die Kolumnistin: Ting Wasner-Lian, MBA

Ting gründete ihre erste Firma, ein Immobilienportal, in China direkt nach ihrem Studienabschluss. Anschließend arbeitete sie im Immobilien- und Architekturgeschäft in vielen Funktionen wie Strategie und Business Development. Im Jahr 2007 wechselte sie zu einer österreichischen Unternehmensberatung und war dort für den Aufbau des asiatischen Geschäftsbetriebs verantwortlich. Sie hat einen MBA-Abschluss in Entrepreneurship & Innovation von der WU Wien und lebt und arbeitet seit 12 Jahren in China, Japan und Österreich. Im Jahr 2018 gründete sie SE Incubator und wurde unabhängige Beraterin mit einem starken Fokus auf chinesische Innovationen und Markttrends. Außerdem ist sie Mitorganisatorin des Asian Innovation Meetup Vienna.

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Cocoon Capital Advisory Sebastian Kurz - Startups und Beteiligungen - Dream Security
Sebastian Kurz | (c) EVP via Wikimedia Commons

Vor gut zwei Jahren co-gründete der österreichische Ex-Bundeskanzler Sebastian Kurz das Cybersecurity-Startup Dream Security. Mit an Bord ist Shalev Hulio, Ex-CEO der Spionagefirma NSO. Bereits zum Start holte sich das Unternehmen 20 Millionen US-Dollar Kapital. Kurz hielt danach ein Drittel der Anteile.

Investment an Gaza-Grenze

Im November 2023 holte sich Dream ein neues Investment in Höhe von 33,6 Millionen US-Dollar. Kurz hielt danach noch rund 20 Prozent der Anteile. Das Kapital kam primär von den Bestandsinvestoren Aleph und Group 11 – beide aus Israel. Kurz darauf bezifferte das Wall Street Journal die Bewertung der Kurz-Startups mit rund 200 Millionen US-Dollar.

“Die heutige Cyberlandschaft erfordert innovative Ansätze, um aktuellen Bedrohungen effektiv und zielgerichtet zu begegnen. Dank dieser Finanzierungsrunde sind wir in der Lage, weiterhin rasch zu wachsen”, kommentierte der Ex-Kanzler in einem Statement, das brutkasten damals erhielt.

Seither zeigt der eskalierte Gaza-Konflikt Auswirkungen auf Dream Security. So war CEO Shalev Hulio zum Zeitpunkt des letztjährigen Investments selbst als Reservist in der israelischen Armee tätig. Unterschrieben wurde der damalige Investment-Vertrag von Hulio in Uniform an der Grenze zu Gaza.

125 Millionen US-Dollar Umsatz

Im November 2023 zählte das Unternehmen noch 70 Mitarbeiter:innen – 60 davon in Israel. Mittlerweile sei die Belegschaft auf 150 Mitarbeitende gewachsen. “Ihr seid der Grund dafür, dass wir heute dort stehen, wo wir sind”, so der Ex-Kanzler in einem seiner jüngsten LinkedIn-Postings. Gedankt wird auch den bisherigen Investor:innen, darunter Dovi Frances, der Group 11 und Michael Eisenberg, Partner bei Aleph. Überdies verkündet Ex-Kanzler Kurz, mit Dream bereits “über 125 Millionen US-Dollar Umsatz in Europa, dem Nahen Osten und Asien” erreicht zu haben.

Party in der Wüste

Darüber hinaus schreibt Kurz auf LinkedIn: “Für uns als Österreicher war es eine neue Erfahrung, eine Party in der Wüste zu feiern, und dazu noch dem Thema entsprechend gekleidet zu sein… das hat auf jeden Fall eine Menge Spaß gemacht!” Gefeiert wurden die genannten Meilensteine laut dem Posting im Rahmen eines “Tribe-Events”.

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