22.08.2018

Checklist: Wann zahlt sich eine Startup-TV-Show-Teilnahme aus?

Die Bewerbungsphase für die kommende Staffel 2 Minuten 2 Millionen neigt sich dem Ende zu. Die Höhle der Löwen geht ab 4. September auf VOX in die nächste Runde. Wenn dein Startup diese Kriterien erfüllt, solltest du eine Bewerbung bei einer Startup-TV-Show erwägen.
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Wann zahlt sich eine Teilnahme in der Startup-TV-Show aus?
V.l.: Carsten Maschmeyer, Judith Williams, Frank Thelen, Dagmar Wöhrl und Ralf Dümmel, Rudolf Wild

“2 Minuten 2 Millionen spiegelt nicht die Tech- oder B2B-Startup-Szene wider, aber den österreichischen Erfindergeist und die österreichische Gründermentalität”, sagte Puls4-Chef Markus Breitenecker vor einigen Monaten im Brutkasten-Interview. Die Aussage fasst schon ziemlich gut zusammen, worauf es bei einer Teilnahme in einer Startup-TV-Show (nicht) ankommt. Denn ein Produkt bzw. ein Geschäftsmodell mag noch so gut sein – es ist dadurch nicht automatisch TV-tauglich. Passt man ins Schema, kann man dagegen von der Sendung auch profitieren, wenn man kein Investment einstreift.

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Unterschiedliche Ziele

“Man kann mit unterschiedlichen Zielen in die Show gehen”, sagt Camilla Sievers. Mit ihrem Startup treats. nahm sie 2016 bei 2 Minuten 2 Millionen teil. Als Leiterin der Unit3 von IP Österreich arbeitet sie inzwischen mit den Machern von Die Höhle der Löwen zusammen. “Es ist nicht nur der offensichtliche Zweck: Die direkte Investorensuche. Vor allem kann die Show auch Markenbekanntheit schaffen. Man kann einen Auftritt auch nutzen, um einfach Kontakte zu knüpfen, oder sich Feedback zu holen”, erklärt Sievers.

Investment vs. Publicity

Mit den Investments ist es ja ohnehin so eine Sache. In der Sendung – sei es nun das österreichische Format 2 Minuten 2 Millionen oder das deutsche Format Die Höhle der Löwen – trifft die InvestorInnen-Jury nach wenigen Minuten Pitch und einer anschließenden Fragerunde eine Impuls-Entscheidung. Der klassische Due Dilligence-Prozess folgt im Nachgang. Dadurch platzen immer wieder Deals – oder werden letztlich zu ganz anderen Konditionen ausverhandelt, als in der Sendung. Was den teilnehmenden Startups nicht mehr weggenommen werden kann, ist die Publicity.


Die Checklist auf dem Weg zur Startup-TV-Show

Aber braucht dein Startup zum Zeitpunkt der Ausstrahlung überhaupt Publicity, oder ist es vielleicht noch zu früh dafür? Und hast du wirklich gute Chancen auf Erfolg? Denn zu den “leider nein”-Beiträgen zu zählen, kann sich – je nach den Gründen der Jury und dem Schnitt der Regie – auch negativ auf das Fortkommen deines Unternehmens auswirken. Wenn dein Startup mehrere der folgenden Kriterien erfüllt, solltest du eine Anmeldung erwägen:

Das Non Plus Ultra: Ein B2C-Modell

Es mag Kriterien in dieser kurzen Checklist geben, die optional sind. Aber an diesem kommt man nicht vorbei: Das Business muss die ZuseherInnen der Sendung direkt ansprechen. Ein Auftritt in einer TV-Show mit einem reinen Geschäftskunden-Modell ist witzlos – man kommt damit ohnehin nicht bis auf die Bühne. Ein Jammer, bewegen sich doch laut der Plattform Startablish 44 Prozent der österreichischen Startups ausschließlich im B2B-Bereich. Dabei braucht man für Die Höhle der Löwen oder 2 Minuten 2 Millionen selbstverständlich kein reines B2C-Modell. Auch zweiseitige Konzepte oder klassische B2B2C-Modelle können erfolgreich sein. Camilla Sievers fasst zusammen: “Am Ende spricht man den Endkonsumenten an”.

Der Joker: Das Produkt für potenziell jeden

Gegenbeispiele aus den Sendungen gibt es zwar – auch mit Special Interest-Produkten kann man erfolgreich sein. Dennoch, bei 2 Minuten 2 Millionen und Die Höhle der Löwen gilt: Je größer die Zielgruppe, desto besser. In einem Land wie Österreich, das so viele “Hidden Champions” in allerlei Nischen hervorgebracht hat, ist das schon außergewöhnlich. In der Logik einer Startup-TV-Show liegt dieses Kriterium aber auf der Hand. Da ist dann auch einmal eine halbe Million Euro Investment für “Rösti-Rollen” drinnen. Bei 2 Minuten 2 Millionen kann auch die Teleshopping-Connection durch Katharina Schneider zum großen Durchbruch verhelfen – vorausgesetzt das Produkt spricht eben diese Zielgruppe an.

Der Spezialfall: Der gute Zweck

Gutes zu tun ist nicht nur gut fürs Karma, es kommt auch beim Publikum gut an. Das “Problem” vieler Social Startups ist freilich: Ihre Geschäftsmodelle sind oft nicht ganz so skalierbar, wie InvestorInnen es gerne hätten. Auch im Social-Bereich übliche Modelle, bei denen große Teile des Gewinns einem guten Zweck gewidmet sind, sind für KapitalgeberInnen aus monetärer Sicht nicht wirklich “investable”. Doch im Fernsehen gelten etwas andere Regeln. Das alte Sprichwort, “tu Gutes und rede darüber” lässt sich hier besonders gut umsetzen. Es ist nicht erst einmal passiert, dass ein Social Startup mit de facto gespendetem Kapital aus einer Startup-TV-Show herausgegangen ist.

Camilla Sievers im Video-Interview u.a. über Die Höhle der Löwen (ab Min. 6:45)

Die Kernfrage: Passt das Timing?

“Im Nachhinein wussten wir: Wir waren ein Jahr zu früh dran”, erzählt Camilla Sievers über ihren Auftritt bei 2 Minuten 2 Millionen mit treats. Das Team hatte den Platz in der Show bei einem Contest gewonnen und wollte die Chance natürlich nicht verstreichen lassen. Für jeden, der eine Bewerbung in Erwägung zieht, gilt: Es gibt ein “Window of Opportunity”, in dem sich eine Teilnahme auszahlt. Das wichtigste Kriterium ist dabei, dass das Produkt bereits funktionstüchtig und vorführbar ist. Wenn die Sendung einige Monate nach der Aufzeichnung ausgestrahlt wird, muss das Produkt auch lieferbar sein, bzw., bei digitalen Produkten, über die Beta-Phase hinaus sein. Allzu sehr am Markt etabliert sollte man dann aber doch nicht sein. Schließlich wollen die Frühphasen-InvestorInnen in der Jury einen guten Deal abschließen.

Die goldene Regel: Vorbereitung ist alles

Wenn die oben genannten Kriterien soweit zutreffen und die Bewerbung angenommen wird, startet ein durchaus aufwändiger Prozess. Denn wenn man seine “Air Time” in der Startup-TV-Show bekommt, sollte man die Chance optimal nutzen – sowohl die österreichische als auch die deutsche Version haben hervorragende Einschaltquoten. “Wir haben uns damals vor unserem Auftritt einen Trainer geholt”, erzählt Camilla Sievers, “man muss, wie ein Politiker, auf alle Fragen vorbereitet sein. Es geht darum, alle Fragen auf das eigene Produkt zurückzuführen und seine Vorzüge möglichst oft anzubringen. Die Regie schneidet zwar nachher zusammen, was sie für spannend hält. Aber auf diese Art hat man die Storyline stärker in der eigenen Hand”.

Wichtig ist auch die technische Vorbereitung – vor allem bei digitalen Produkten. Nicht erst ein Server ist durch die Masse an Zugriffen während der Ausstrahlung einer Startup-TV-Show zusammengebrochen. “Auch das User Experience-Design muss sitzen. Die Click-Wege müssen ausreichend getestet sein. Kosten müssen zum Beispiel klar angeführt sein und es darf keine versteckten Kosten für die User geben”, ergänzt Sievers. Wer also keine Extra-Kapazitäten für intensive Vorbereitung hat, sollte es lieber sein lassen.

⇒ Zur Page von Die Höhle der Löwen (Staffel-Start auf  VOX am 4. September)

⇒ Zur Page von 2 Minuten 2 Millionen (Anmeldephase aktuell noch bis 31. August)

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Staatssekretärin Elisabeth Zehetner | (c) BMAW
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Seit der Angelobung der ÖVP-SPÖ-NEOS-Bundesregierung Anfang März hat Österreich erstmals eine Startup-Staatssekretärin. Elisabeth Zehetner war von 2007 bis 2022 Bundesgeschäftsführerin der Jungen Wirtschaft. Danach widmete sie sich als Gründerin und Chefin des Vereins Oecolution dem Spannungsfeld zwischen Klimaschutz und Wirtschaftswachstum – mit starkem Schwerpunkt auf Energie-Politik. Seit 3. März ist sie nun für die ÖVP Staatssekretärin für Energie, Startups und Tourismus im Wirtschaftsministerium.

Dachfonds und Co: Zehetner muss eng mit anderen Ministerien zusammenarbeiten

Sie ist damit innerhalb der Regierung – zusammen mit Wirtschaftsminister Wolfgang Hattmannsdorfer (ebenfalls ÖVP), auf dessen Befugnisse als Minister sie angewiesen ist – hauptverantwortlich für die im Arbeitsprogramm geplanten startuppolitischen Maßnahmen. Für Aufsehen in der Startup-Community sorgte hier vor allem das Vorhaben, einen Dachfonds nach dem “Fund of Funds”-Modell einzurichten – eine langjährige Kern-Forderung der Szene. Bei diesem, wie auch bei anderen Punkten, wird Zehetner auch eng mit anderen – teils SPÖ-geführten – Ministerien zusammenarbeiten müssen.

Mit welchen Zielen geht Zehetner den Job an? Wie sieht der Zeitplan aus? Was kann sich die Startup-Community erwarten? Wir stellten der neuen Startup-Staatssekretärin ein paar Fragen, die sie schriftlich im Q&A-Format beantwortete:


brutkasten: Erstmals hat mit dir ein Regierungsmitglied Startups im Job-Titel. Kann man das als Aufwertung des Themas verstehen und steht da die ganze Regierung dahinter?

Elisabeth Zehetner: Absolut, das ist eine echte Premiere für Österreich – und ein starkes Zeichen! Ich freue mich riesig, dass ich dieses Thema jetzt in der Regierung vertreten darf. Startups sind essenziell für Innovation und wirtschaftlichen Fortschritt. Ich setze mich seit über 20 Jahren für innovative Unternehmen ein und werde auch in der Bundesregierung eine starke Stimme für sie sein. Dass das Thema an Bedeutung gewinnt, sieht man nicht nur in Österreich – auch auf EU-Ebene gibt es jetzt erstmals einen eigenen Startups-Kommissar. Und unser Regierungsprogramm? Da sind klare Schwerpunkte gesetzt, und die gesamte Bundesregierung steht dahinter. Denn eines ist klar: Ohne Innovation lösen wir die Herausforderungen unserer Zeit nicht. Deshalb verdienen Startups volle Aufmerksamkeit – und einen Platz im Titel.

Wieso bist Du aus deiner Sicht die Richtige für den Job und welche Priorität haben die Startup-Agenden für dich? Mit Oecolution warst du zuletzt ja nicht direkt in dem Feld unterwegs.

Ich bin seit vielen Jahren tief in der Gründungsszene verwurzelt und habe in einer meiner früheren Rollen bereits entscheidende Maßnahmen gesetzt und Verbesserungen erreicht. Startups sind für mich kein Trend, sondern eine essenzielle Säule für Fortschritt und Wettbewerbsfähigkeit. Und auch in meiner Zeit bei oecolution habe ich das weiter verfolgt, “Fortschritt durch Innovation” war und ist ein essentielles Leitmotto des Vereins.

Startups sind nicht nur Teil der Lösung, sie sind das Salz in der Suppe.

Denn wer sind die wahren Treiber von Innovation? Genau – Startups! Sie bringen mit ihren Ideen Lösungen, die unser Leben einfacher machen, sei es beim Klimaschutz, der Energiewende oder im Alltag. Gerade jetzt, in Zeiten geopolitischer Umbrüche, braucht es mutige Unternehmerinnen und Unternehmer, die neue Wege gehen. Energie ist dabei ein Schlüsselfaktor für unsere Wirtschaft – und Startups sind nicht nur Teil der Lösung, sie sind das Salz in der Suppe. Deshalb werde ich dieses Thema mit voller Leidenschaft vorantreiben!

Welche startuprelevanten Punkte im Regierungsprogramm haben für dich oberste Priorität?

Die Finanzierung von Startups hat für mich oberste Priorität. Es gibt genug privates Kapital, wir müssen es nur klug mobilisieren. Investieren in Innovation soll attraktiver werden! Ein wichtiger Hebel ist hier der geplante Dachfonds, der mehr Venture Capital nach Österreich bringen und gleichzeitig den Standort für Fondsmanager interessanter machen kann.

Aber wir müssen auch über die nationalen Grenzen hinausdenken. Die Vertiefung der Kapitalmarktunion auf EU-Ebene ist entscheidend, wenn wir wollen, dass Startups nicht nur hier gegründet, sondern auch hier erfolgreich skaliert werden. Das ist ein zentrales Thema im Regierungsprogramm, und ich werde mich mit voller Kraft dafür einsetzen.

Mein Anspruch ist, zügig zu liefern. Gleichzeitig geht es mir aber auch um nachhaltige, belastbare Lösungen, sodass nicht innerhalb kürzester Zeit Dinge repariert werden müssen.

Ein weiteres Herzensthema ist für mich Female Entrepreneurship. Diverse Teams sind nachweislich erfolgreicher – und Österreich hat hier bereits eine solide Basis, die wir weiter ausbauen müssen. Mehr Gründerinnen bedeuten mehr Innovation und mehr wirtschaftliche Power.

Und last but not least: Bildung! Unternehmerisches Denken muss in allen Ausbildungsstufen gestärkt werden. Wir müssen schon früh vermitteln, dass Gründen eine echte Karriereoption ist – mit all den Chancen, die es mit sich bringt.

Einige Angaben im Regierungsprogramm sind eher vage – wann ist aus deiner Sicht tatsächlich mit einer Umsetzung des Dachfonds zu rechnen? Wie sieht es bei anderen Maßnahmen wie der beschleunigten Gründung aus?

Mein Anspruch ist, zügig zu liefern. Gleichzeitig geht es mir aber auch um nachhaltige, belastbare Lösungen, sodass nicht innerhalb kürzester Zeit Dinge repariert werden müssen. Daher werden wir auch für den Dachfonds etwa einen ordentlichen Stakeholderprozess aufsetzen. Tempo ist das Gebot der Stunde, aber nicht zu Lasten von Qualität.

Als Staatssekretärin hast Du selbst einen begrenzten Handlungsspielraum. Wie kann man sich konkret vorstellen, dass du Startup-Themen durchbringst? Welche Wege musst du gehen?

Das Startup-Thema ist immer ein Querschnittsthema, ich kann einiges selbst umsetzen, bei anderen Dingen brauche ich das Finanzministerium. Bei der digitalen Gründung etwa die Justizministerin. Wir sind in der Regierung als Team für Österreich angetreten, um etwas zu bewirken. Daher bin ich davon überzeugt, dass uns gute Dinge für eine florierende Startup-Szene gelingen werden. Ich werde jedenfalls nicht müde werden, maßgebliche Verbesserungen voranzutreiben – so viel kann ich versprechen.

Bei einigen Themen – etwa bei weiteren Vereinfachungen bei der FlexCo – führt der Weg, wie von Dir angesprochen, über andere – teils SPÖ-geführte – Ministerien. Welche Rolle willst du in diesen Prozessen einnehmen?

Wir beginnen ja nicht auf der grünen Wiese. Es ist schon einiges in Vorbereitung, wie etwa bei den steuerlichen Erleichterungen von Mitarbeiterbeteiligungen. Und zusätzlich haben wir mit dem Startup-Rat ein wesentliches Experten-Gremium, das Wegbereiter sein kann. Wie bereits erwähnt: Wir sind als Team angetreten und ich gehe davon aus, dass wir das Regierungsprogramm auch als Team abarbeiten. Das sind auch die Erwartungen der Menschen.

Auch das NEOS-geführte Staatssekretariat für Deregulierung könnte in der Startup-Politik relevant werden. Welche Anknüpfungspunkte siehst Du da?

Ich freue mich über jede starke Stimme innerhalb der Regierung, die für Entbürokratisierung und Erleichterungen eintritt. Und mit Sepp Schellhorn gibt es hier eine besonders laute, daher ist er mit Sicherheit ein Verbündeter. Der Gründungsprozess soll vereinfacht werden, das ist ein Wunsch aus der Branche. Vor allem international gibt es hier Vorbilder, die das besser machen als wir. Und wir wollen die Förderprozesse entschlacken – gerade auf Startups wirkt Bürokratie wie Gift.

Zuletzt ein kurzer Ausblick: Was kann sich die Startup-Community bis Ende 2025 von der Regierung erwarten?

Einen wirtschaftsfreundlichen und damit startup-freundlichen Kurs, der Unternehmertum fördert, Leistung belohnt und das Wohl der Menschen in Österreich im Auge behält. Diese Regierung ist angetreten, das Richtige für Österreich zu tun und ich freue mich sehr, dass ich einen Beitrag dazu leisten kann.

18.03.2025

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Dachfonds und Co: Zehetner muss eng mit anderen Ministerien zusammenarbeiten

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Mit welchen Zielen geht Zehetner den Job an? Wie sieht der Zeitplan aus? Was kann sich die Startup-Community erwarten? Wir stellten der neuen Startup-Staatssekretärin ein paar Fragen, die sie schriftlich im Q&A-Format beantwortete:


brutkasten: Erstmals hat mit dir ein Regierungsmitglied Startups im Job-Titel. Kann man das als Aufwertung des Themas verstehen und steht da die ganze Regierung dahinter?

Elisabeth Zehetner: Absolut, das ist eine echte Premiere für Österreich – und ein starkes Zeichen! Ich freue mich riesig, dass ich dieses Thema jetzt in der Regierung vertreten darf. Startups sind essenziell für Innovation und wirtschaftlichen Fortschritt. Ich setze mich seit über 20 Jahren für innovative Unternehmen ein und werde auch in der Bundesregierung eine starke Stimme für sie sein. Dass das Thema an Bedeutung gewinnt, sieht man nicht nur in Österreich – auch auf EU-Ebene gibt es jetzt erstmals einen eigenen Startups-Kommissar. Und unser Regierungsprogramm? Da sind klare Schwerpunkte gesetzt, und die gesamte Bundesregierung steht dahinter. Denn eines ist klar: Ohne Innovation lösen wir die Herausforderungen unserer Zeit nicht. Deshalb verdienen Startups volle Aufmerksamkeit – und einen Platz im Titel.

Wieso bist Du aus deiner Sicht die Richtige für den Job und welche Priorität haben die Startup-Agenden für dich? Mit Oecolution warst du zuletzt ja nicht direkt in dem Feld unterwegs.

Ich bin seit vielen Jahren tief in der Gründungsszene verwurzelt und habe in einer meiner früheren Rollen bereits entscheidende Maßnahmen gesetzt und Verbesserungen erreicht. Startups sind für mich kein Trend, sondern eine essenzielle Säule für Fortschritt und Wettbewerbsfähigkeit. Und auch in meiner Zeit bei oecolution habe ich das weiter verfolgt, “Fortschritt durch Innovation” war und ist ein essentielles Leitmotto des Vereins.

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Einige Angaben im Regierungsprogramm sind eher vage – wann ist aus deiner Sicht tatsächlich mit einer Umsetzung des Dachfonds zu rechnen? Wie sieht es bei anderen Maßnahmen wie der beschleunigten Gründung aus?

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Das Startup-Thema ist immer ein Querschnittsthema, ich kann einiges selbst umsetzen, bei anderen Dingen brauche ich das Finanzministerium. Bei der digitalen Gründung etwa die Justizministerin. Wir sind in der Regierung als Team für Österreich angetreten, um etwas zu bewirken. Daher bin ich davon überzeugt, dass uns gute Dinge für eine florierende Startup-Szene gelingen werden. Ich werde jedenfalls nicht müde werden, maßgebliche Verbesserungen voranzutreiben – so viel kann ich versprechen.

Bei einigen Themen – etwa bei weiteren Vereinfachungen bei der FlexCo – führt der Weg, wie von Dir angesprochen, über andere – teils SPÖ-geführte – Ministerien. Welche Rolle willst du in diesen Prozessen einnehmen?

Wir beginnen ja nicht auf der grünen Wiese. Es ist schon einiges in Vorbereitung, wie etwa bei den steuerlichen Erleichterungen von Mitarbeiterbeteiligungen. Und zusätzlich haben wir mit dem Startup-Rat ein wesentliches Experten-Gremium, das Wegbereiter sein kann. Wie bereits erwähnt: Wir sind als Team angetreten und ich gehe davon aus, dass wir das Regierungsprogramm auch als Team abarbeiten. Das sind auch die Erwartungen der Menschen.

Auch das NEOS-geführte Staatssekretariat für Deregulierung könnte in der Startup-Politik relevant werden. Welche Anknüpfungspunkte siehst Du da?

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