13.10.2017

Chatbot Steckbrief: Der Seestadt.city-Bot versorgt sein Grätzel mit Infos

In unserer Artikelreihe "Chatbot Steckbrief" berichten wir jeden Freitag über einen Bot. Dieses Mal stellen wir den "Seestadt.city" Facebook Messenger und Telegram-Bot vor, der die Seestadt-Community mit wichtigen Infos rund um das dortige Leben beliefert. Das Chatbot-Projekt von Entwickler Philipp Naderer-Puiu könnte durchaus auch für andere "Staadtgrätzln" interessant sein.
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(c) Luiza Puiu: Ein Chatbot versorgt die Bewohner der Aspern Seestadt mit Informationen rund ums Leben vor Ort.

Bis 2028 soll im Nordosten Wiens eine Stadt in der Stadt entstehen. Die Seestadt in Aspern ist ein zukunftsorientiertes Entwicklungsprojekt, das als “Grätzel” und Wirtschaftsstandort eine moderne Art zu Leben ermöglichen soll. 2,4 Millionen Quadratmeter stehen dafür zur Verfügung und neben Wohnungen, sollen auch Arbeitsplätze für über 20.000 Menschen geschaffen werden. Aktuell wohnen dort bereits rund 6.000 Menschen.

Seestadt.City-Bot kennt sein Grätzel

Ob “Grätzel”, Gemeinde oder Bezirk, die Fragen der Menschen drehen sich, wenn es um ihr Umfeld geht, immer wieder um die gleichen Fragen: “Ab wann hat der Bäcker offen?”, “Wann fährt die nächste U-Bahn?”, “Wo ist der nächstgelegene Arzt?”. Um der Community zu helfen, hat der Entwickler Philipp Naderer-Puiu einen Chatbot rund um diese Fragen gestartet.

Der Seestadt.city Bot kennt wichtige Orte oder Öffnungszeiten von Lebensmittelgeschäften oder etwa Arztpraxen- und ist natürlich immer erreichbar. Aber er kennt auch die Adressen von kleineren Unternehmen und Geschäften, die wenige Leute kennen. Die Daten aus dem Bot als Schnittstelle zum User sind daher kostbar. Ein Projekt, das wahrscheinlich auch für andere “Grätzln” interessant sein könnte.

Dem Brutkasten beantwortet Philipp Naderer-Puiu, der als Software-Entwickler beim ORF arbeitet, was er mit dem Bot vorhat, und wieso die Daten des Chatbots so wertvoll sind.

Wieso hast du den Chatbot gestartet?

In der Seestadt gibt es zahlreiche Facebook-Gruppen zum Austausch mit Nachbarn. Die größte davon hat fast 3.500 Mitglieder. Gerade Anfangs wurde tagtäglich gefragt, wann denn der Arzt offen hat und wie lange man sich eine Pizza beim Italiener ums Eck holen kann. Das müssen nicht mehrere tausend Leute beantworten. Also habe ich einmal die wichtigsten Daten gesammelt und über eine Webseite und eben via Bot zur Verfügung gestellt. Anfangs nur auf Telegram, da Facebook noch gar keine Bot-API zu der Zeit hatte. Seit dem sind diese nervigen Postings in den Gruppen fast völlig vorbei. Und wenn jemand noch fragt, wo der Hundefriseursalon ist, verweisen wir nun direkt auf den Bot. Mittlerweile habe ich 200 Unternehmen, Initiativen und lokale Einrichtungen aus der Seestadt in der Datenbank. Das ist mehr Wissen über diese kleinteiligen Strukturen als Google Business, Herold und die Stadt Wien derzeit kennen. Der Bot ist zwar ein nettes Service um auf diese Daten schnell unterwegs zuzugreifen, aber der große Wert vom Projekt liegt in der zugrundeliegenden Datenbank.

Seit wann gibt es deinen Bot nun schon und welche Plattform funktioniert am Besten?

Den allersten Bot für Seestädter habe ich im September 2015 auf Telegram gestartet. Der war allerdings nur für unser eigenes Wohnprojekt gedacht. Den heutigen Seestadt.city-Bot gibt es auf Telegram seit März 2016 und auf Facebook folgte er gut einen Monat später Mitte April. Für Chatbots also schon echte Urgesteine. Pro Monat gibt es knapp 500 Zugriffe auf den Bot und weitere gut 500 auf die Webseite. Da Bot und Webseite die gleichen Informationen bieten, zeigt sich auch, dass er gut angenommen wird. Sowohl Facebook Messenger, als auch Telegram bieten sehr individuelle Möglichkeiten. Da aber 88 Prozent der Botnutzer via Telegram auf ihn zugreifen, denke ich Telegram. Aber es gibt auf beiden Plattformen noch viele Features, die der Bot in Zukunft noch können sollte.

Wie bist du an das Marketing herangegangen und hast du Tipps für andere, die du teilen kannst?

Bisher habe ich den Bot nicht wirklich aktiv beworben, das wird sich aber in den nächsten Monaten ändern. Aus einem anderen Bot-Projekt weiß ich aber: Facebook-Postings mit einem Link auf den Messenger-Bot erzeugt spürbar mehr Traffic. Wer auf Facebook Messenger ist, der sollte auch die zugehörige Facebook-Seite gut pflegen und so die Nutzung des Bots dahinter unterstützen. Auf Telegram sind Gruppen ein gutes Mittel und haben schnell einmal über 100 Mitglieder. Einmal dort den Bot subtil anteasern und schon aktiviere ich neue oder auch ehemalige User. Ich kann nur raten beim Marketing wirklich auf die Plattformen einzugehen und je nach Plattform die jeweiligen „nativen“ Mittel verwenden.

Was waren die größten Hürden und welche Learnings hast du bisher gemacht?

Die größte Hürde ist die weitere Finanzierung vom Projekt. Bisher war es mir möglich, vieles in meiner Freizeit zu entwickeln. Das hat immer seine Grenzen und es ist nun ein Punkt erreicht, wo eine Weiterentwicklung ganz einfach finanziert werden muss. Gelernt hab ich, dass selbst eher nicht-versierte User die bot-spezifischen Kommandos schnell verstehen können. Text-Shortcuts wie beispielsweise ein „B“ bzw. „U“ für die Abfahrtszeiten vom Bus und U2 wurden häufiger genutzt als gedacht. Mittlerweile gibt es auf den Plattformen auch Buttons, aber davor war das der schnellste Weg. Und fast alle haben ihn verstanden.

Gibt es inzwischen ein Team? Und welche Ziele möchtet ihr als nächstes erreichen?

Derzeit entwickle nur ich den Bot, allerdings würde ich gerne mit dem Stadtteilmanagement der Seestadt enger zusammenarbeiten. Sie haben enorm viel Wissen über das Grätzel, kennen so viele lokale Initiativen und das sollte auch im Bot landen. Größtes Ziel ist die Finanzierung der Entwicklung für die kommenden 18 Monate. Danach kommt das weitere Bekanntmachen vom Bot unter den Seestädtern. Bei aktuell 6.000 Bewohnern gibt es noch viele potentielle neue User. Die Seestadt wächst ja fast monatlich, da ist Wachstum der Nutzungszahlen schon vorprogrammiert!

Hast du den Bot selbst programmiert oder vielleicht sogar einen Bot-Creator verwendet? Wie ist es dir dabei ergangen?

Der Bot ist komplett selbst in serverseitigem JavaScript programmiert, ganz ohne Bot-Creator. Zur Kommunikation mit den Schnittstellen von Facebook und Telegram verwende ich die Open Source Libraries von ORF.at – zu finden unter https://github.com/orfon – die dort im Zuge vom Wahlbot entwickelt wurden. Das alles läuft auf Basis von RingoJS, einer Node.js-Alternative auf Java-Basis. Ich verwende aber für die erweiterte Textanalyse die Google Natural Language API. Wenn der eigentlich Bot nicht weiter weiß, dann versuche ich so doch noch eine sinnvolle Antwort für den User zu finden.

Wie bist du an das Charakterdesign herangegangen? Was war dir besonders wichtig?

Bis hierher noch sehr wenig, da der Bot anfangs stark kommandozentriert funktionierte. Mittlerweile muss ich aber sagen, dass es für eine breitere Nutzerbasis einfach Character-Design braucht. Der Bot soll auf Dauer kein reiner Kommandoempfänger bleiben. Er soll ein netter Helfer für den Alltag in der Seestadt sein und muss wohl auch ein bisschen Seestädter werden. Im Rahmen vom Besiedlungsmonitoring entstand eine umfassende Sozialstudie von Cornelia Dlabaja. Diese beinhaltet viel Wissen über die Bewohnerinnen und Bewohner, die sicher in den künftigen Charakter vom Seestadt-Bot einfließen werden.

Weiterführende Links: Seestadt.city-Bot auf Facebook Messenger und Telegram

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Georg Kopetz, Co-Founder und CEO von TTTech | (c) Robert Fritz

Die Meldung des Verkaufs von TTTech Auto an den niederländischen Chip-Hersteller NXP sorgte am Dienstag für großes Aufsehen in der heimischen Tech- und Wirtschaftslandschaft. Mit einem Jahresumsatz von 13,28 Milliarden US-Dollar zählt das Unternehmen zu den größten Chipherstellern weltweit.

“Die All-Cash Transaktion wird mit 625 Millionen US-Dollar bewertet”, hieß es am Dienstag in einer Aussendung von TTTech. Das Unternehmen TTTech Auto wurde 2018 von TTTech gemeinsam mit Audi ausgegründet und hat sich auf die Softwareentwicklung für Autos im Bereich Safety und Security spezialisiert. Zu den Leitkunden zählt beispielsweise der Volkswagen-Konzern.

Doch was waren die Gründe für den Verkauf? Antworten darauf lieferte Georg Kopetz, Mitgründer und CEO von TTTech, in einem Pressegespräch gemeinsam mit Vertretern von NXP. Unter anderem gab er einen Einblick zur Bewertung des Unternehmens und warum ein Gang an die Börse eine Option war, die schlussendlich nicht gewählt wurde.

Warum kein Börsengang gewählt wurde

“Ursprünglich dachten wir, dass TTTech Auto auch an die Börse gehen können, haben uns aber jetzt entschieden, dass die beste strategische Zukunft in einer starken Technologie liegt”, so Kopetz. Unter anderem argumentiert Kopetz die Entscheidung mit der schwierigen Kapitalmarktsituation.

Zudem führt der CEO und Mitgründer von TTTech an: “Aus meiner Sicht ist es essenziell, in einer aktiven Entscheidungsrolle zu sein, anstatt als Zuschauer passiv eine Finanzbeteiligung zu verwalten.”. Der Verkauf an NXP ermögliche es, in der Zukunft “klare Entscheidungen” zu treffen. “Die finanziellen Ressourcen, um bestehende Aktionäre auszukaufen, hatten wir nicht, daher war die Übergabe der Führung an NXP der sinnvollste Weg, um das volle Potenzial im Bereich Safety und Security für softwaredefinierte Fahrzeuge auszuschöpfen”, so Kopetz.

Warum fiel die Wahl auf NXP? Beide Unternehmen haben bereits in der Vergangenheit eng zusammengearbeitet – insbesondere im Bereich der Chip-Entwicklung und Systemintegration. “Die beste Zukunft für TTTech Auto liegt in einem starken Technologiekonzern wie NXP. Die Kombination aus NXPs Halbleiterkompetenz und TTTech Autos Expertise in Safety und Security für softwaredefinierte Fahrzeuge schafft enorme Synergien”, so der CEO.

Die Bewertung: Wie kam sie zustande?

“Die Bewertung eines Unternehmens hängt immer davon ab, wie der Net-Cash berücksichtigt wird“, erklärt Georg Kopetz. „Der entscheidende Equity-Value ergibt sich aus dem Enterprise-Value plus Net-Cash. TTTech Auto hatte durch eine starke Eigenkapitalbasis und zahlreiche Finanzierungsrunden stets einen hohen Net-Cash-Wert. Wir waren finanziell immer gut aufgestellt und hatten keine Cash-Probleme. Das führte dazu, dass wir im Unternehmen viel Liquidität halten konnten.”

Zur aktuellen Bewertung fügt er hinzu: „Der Ansatz von 625 Millionen Dollar Enterprise-Value plus Net-Cash liegt über dem, was bei der letzten Finanzierungsrunde pre-Money investiert wurde. Wir haben damals den Unicorn-Status nicht aktiv kommuniziert, aber der hohe Net-Cash hat diesen Status ermöglicht. Dennoch ist die aktuelle Bewertung über dem Niveau der letzten Runde, auch wenn sie sich in den letzten zwei Jahren nicht wesentlich erhöht hat.“

Kopetz betont die Bedeutung externer Faktoren: “Natürlich spielen auch äußere Einflüsse wie das Zinsniveau und Währungsschwankungen eine Rolle. Ein starker Dollar und ein schwächerer Euro beeinflussen die Bewertung erheblich. Vor zwei Jahren war der Euro 20 Prozent stärker gegenüber dem Dollar – das hat natürlich auch Auswirkungen.“

“Insgesamt haben wir etwa 325 Millionen Euro in TTTech Auto investiert, gemeinsam mit externen Kapitalgebern“, so Kopetz weiter. „Heute können wir mehr als 750 Millionen Dollar an die Kapitalgeber zurückgeben. Das ist eine exzellente Rendite und darauf sind wir stolz. Es ist nicht nur ein finanziell erfolgreicher Exit, sondern auch ein strategisch bedeutender Schritt.“

Kopetz reagiert auch auf kritische Stimmen: “Ich habe gelesen, dass jemand behauptet hat, der Verkauf sei zu billig erfolgt. Das halte ich für Unsinn. Es geht hier nicht nur um den finanziellen Aspekt, sondern auch um den strategischen Wert. Der Wert, den wir durch diese Partnerschaft für die gesamte Gruppe schaffen, ist enorm und wurde in der Diskussion oft nicht ausreichend beleuchtet.”

Wie es nun mit TTTech Auto weitergeht

Die Integration von TTTech Auto in die NXP-Struktur wird laut Jan-Philipp Gehrmann, Vice President Marketing bei NXP, schrittweise erfolgen. “In den kommenden sechs bis neun Monaten bleiben beide Unternehmen eigenständig“, so Gehrmann. Nach dem Closing soll TTTech Auto sukzessive in den Markennamen NXP übergehen – ein “natürlicher Teil des Übergangsprozesses”.

NXP betreibt in Österreich einen Standort in Gratkorn bei Graz, an dem über 700 Mitarbeiter tätig sind. Der Schwerpunkt liegt hier auf kontaktloser Kommunikation und der Entwicklung sicherer Lösungen für den Automotive-Sektor. Erst im letzten Jahr wurde ein neues Kompetenzzentrum eröffnet, das 400 Quadratmeter Laborfläche umfasst und durch eine Investition von zwölf Millionen Euro über 250 neue Arbeitsplätze geschaffen hat. Zudem ist Gratkorn ein R&D-Zentrum von NXP. Ergänzt wird dies durch ein Competence Center für Krypto- und Sicherheitslösungen, die sowohl in Hardware als auch Software für den Automobilsektor integriert sind – ein Bereich in dem Kopetz für Europa trotz der aktuell angespannten wirtschaftlichen Lage große Chancen sieht.

Ein wesentlicher Teil der Erlöse aus dem Verkauf der Aktien soll bei TTTech in bestehende und neue Marktsegmente reinvestiert werden, wie es bereits am Dienstag hieß. Dazu zählen unter anderem die Märkte Luft- und Raumfahrt, industrielle Robotik und der Energiesektor. “Unsere Vision war immer, höchste Zuverlässigkeitsstandards aus der Aerospace-Industrie in Massenmärkte zu bringen”, so Kopetz. Darüber hinaus besteht das Ziel, die anderen Geschäftsbereiche der TTTech-Gruppe eigenständig weiter auszubauen. Ein Börsengang für Teile des Unternehmens bleibt weiterhin eine Option für die Zukunft.


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