08.09.2017

Chatbot Steckbrief: Flux meldet Störungen der Wiener Linien

In unserer Artikelreihe "Chatbot Steckbrief" berichten wir jeden Freitag über einen Chatbot. Dieses Mal stellen wir "Flux" vor, den Chatbot der UX-Designerin Carina Pfann. Der Bot warnt vor Störungen bei Fahrten mit Bim, Bus oder U-Bahn der Wiener Linien. Dem Brutkasten beantwortet die Entwicklerin ein paar Fragen.
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(c) Lemmings: Im Bild ist Carina Pfann, die Entwicklerin von "Flux".

Die Wiener Linien betreiben aktuell 179 Linien. Rund 954 Millionen Fahrgäste wurden bereits zur Zielstation gefahren. Wer auf öffentliche Verkehrsmittel in Wien angewiesen ist, weiß allerdings auch, wie ärgerlich Störungen im Fahrbetrieb sein können. Der Chatbot “Flux” der Entwicklerin Carina Pfann informiert User in Echtzeit über Probleme- und auf welchen Linien Öffi-Nutzer “freie Fahrt” haben. Mit pseudonym hat Pfann eine Agentur für Konzept, Design und UX-Design mit einem Schwerpunkt auf interaktiven Anwendungen gegründet, Flux ist eines ihrer Projekte.

Teilnahme bei Lemmings.io

Sie war ebenfalls Teil des ersten Batch des Wiener Artificial Intelligence- und Chatbot Inkubatorprogramms Lemmings.io. Dieses wurde im Jahr 2016 von Thomas Schranz und Allan Berger gestartet. Der dritte im Bunde, David Pflügl, kam kurz darauf ebenfalls an Board. Lemmings.io unterstützt junge, innovative Menschen, ihre (Startup-) Projekte im Chatbot-Bereich umzusetzen.

Kein User-Tracking

(c) Lemmings: Pfann war im ersten Batch des A.I.-Inkubator Lemmings.io.

Carina Pfanns Chatbot gibt es nun seit Sommer 2016. “Er läuft auf Facebook Messenger und Telegram. User Tracking mache ich im Moment bewusst nicht”, meint Pfann. “Ich möchte ein Service anbieten, kein Business daraus machen und achte die Privatsphäre der Benutzer.” Administratoren können nämlich sehen, was Bot User schreiben. Mit ihrer Herangehensweise möchte sie ihren Usern jenen Schutz bieten, den sie auch für sich selbst beansprucht.

“Der Punkt, dass Botbetreiber sehen können, was ich schreibe – und das durch das Profil auf sehr persönlicher Ebene – hält mich davon ab, gewisse Bots zu nutzen. Und was ich selber nicht mag, tu ich anderen nicht an”, so Pfann. Dem Brutkasten beantwortet die Designerin, wieso sie Flux überhaupt entwickelt hat und welche Probleme sie bei der Entwicklung lösen musste. Der Chatbot ist auf Facebook Messenger und Telegram aktiv.

Wieso hast du den Chatbot gestartet?

Begonnen hat alles mit diesem Gedanken: “Hoffentlich hat die U4 nicht wieder eine Störung, weil sonst sollten wir mit der Straßenbahn fahren!” Als ich damals dann zur U4 gekommen bin, hat es tatsächlich eine Störung gegeben, aber keine Information darüber, was passiert ist oder wie lange die Störung dauert. Hätte ich das vorher gewusst, hätte ich die andere Route gewählt. Eine schnelle, unkomplizierte Abfrage für meine Linie(n)- das wär’s doch! Da ist mir die Idee für Flux gekommen: Ohne App, ohne auf einer Website zu navigieren- einfach per Chat mit dem Linienkürzel die Information bekommen, ob alles störungsfrei ist.

Wie bist du an das Marketing herangegangen und hast du Tipps für andere, die du teilen kannst?

Flux ist hauptsächlich durch Artikel in Zeitschriften und Mundpropaganda bekannt geworden. Spezielle Marketingaktionen gab es nicht, weil der Bot eher als Nebenprojekt gestartet wurde.

Was waren die größten Hürden und welche Learnings hast du bisher gemacht?

Die Wiener Linien API ist etwas eigenwillig und die Dokumentation karg. Darum gab es am Anfang oft Probleme mit unvorhergesehen und unvollständigen Daten, womit der Bot Probleme hatte. Learning daraus: externe Daten sind nicht immer zuverlässig, darum ausreichend Testzeit einplanen, um Sonderfälle abzufangen.
“Externe Daten sind nicht immer zuverlässig, darum ausreichend Testzeit einplanen, um Sonderfälle abzufangen”, Carina Pfann.

Gibt es ein Team? Und was ist das nächste Ziel, das du mit “Flux” anstrebst?

Flux wird nur von mir betreut. Bots sollten meiner Meinung nach einen spezifischen Use Case sehr gut erfüllen und nicht zu umfangreich werden, weshalb sich die geplanten Erweiterungen in Grenzen halten. Aber eine Abomöglichkeit von Störungsmeldungen zu bestimmten Linien und Zeiten kann ich mir in Zukunft vorstellen.

Hast du den Bot selbst programmiert oder einen Bot-Creator verwendet? Würdest du es so noch einmal wieder machen?

Der Bot ist in Python selbst geschrieben. Ich habe gerne Einfluss auf alle Details meines Bots und meinen Code, und möchte nicht von externen Plattformen oder Tools abhängig sein. Ich tue mir dann wesentlich leichter, spezielle Anpassungen zu machen. Darum ja, ich würde weitere Bots wieder selbst entwickeln.

Was war dir beim Charakter-Design besonders wichtig?

Flux sollte etwas Wienerisch wirken, aber mir war und ist wichtig, dass er trotzdem klar als Bot verstanden wird. Es sollen keine falschen Erwartungen geweckt werden! Die Benutzer sollen ihn als charmante Serviceleistung sehen- und nicht in Versuchung kommen, mit ihm zu Chatten.

Vielen Dank!

 

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(c) Anyline vlnr.: David Dengg, Entwickler, Daniel Albertini, CTO, Lukas Kinigadner, CEO, und Jakob Hofer, CMO
(c) Anyline vlnr.: David Dengg, Entwickler, Daniel Albertini, CTO, Lukas Kinigadner, CEO, und Jakob Hofer, CMO

Schon Jahre vor dem aktuellen KI-Hype konnte das Wiener Scaleup Anyline mit seiner Bilderfassungs-Lösung via Smartphone große Erfolge erzielen. In den Jahren 2016 bis 2021 kam das Unternehmen auf ein Wachstum von durchschnittlich 200 Prozent pro Jahr. Platzierte man die Lösung zunächst in unterschiedlichsten Branchen, wurden die Autoindustrie und im Speziellen das Erfassen von Daten zu Autoreifen immer mehr zum Fokus.

“Als wir uns entschieden haben, uns auf weniger Branchen zu konzentrieren, wurde klar, dass wir die neue Ausrichtung so schnell wie möglich im Team verfestigen mussten”, erzählt Co-Founder und CEO Lukas Kinigadner. Wie viele Wachstumsunternehmen setzte auch Anyline daraufhin auf OKRs (Objectives and Key Results), um Strategie, Ziele und Organisation zu strukturieren.

OKRs “zu strukturiert für ein Scaleup”

Doch erfolgreich war die Einführung der Methode im Rückblick nicht, wie Natasha Sotomayor, Head of Growth Strategy, erklärt: “OKRs waren dazu gedacht, uns zu verbinden, aber sie haben einfach nicht funktioniert. Sie waren zu strukturiert für ein Scaleup. Für mich waren OKRs zu starr und zu sehr top-down ausgerichtet. Und sie haben sich nicht gut mit den übergeordneten Zielen verbunden.”

Fehlendes “why”

Auch mit anderen Methoden wie “North Star” sei das “why” nicht ausreichend bei den Mitarbeiter:innen angekommen und es nicht gelungen, die Motivation zu steigern. “In einem Startup oder Scaleup sind die Dinge immer in Bewegung. Man lernt ständig dazu. Deshalb ist es wichtig, dass man als Mitarbeiter:in versteht: Worauf arbeite ich hin?”, so Sotomayor.

Umstieg auf AOA bei Anyline

Seit einiger Zeit nutzt Anyline mit Art of Acceleration (AOA) von GrowthSquare (brutkasten berichtete bereits) eine neue Methode. Davon versprach man sich eine schnelle und klare Kommunikation von Zielen und Erwartungen, einen flexiblen Bottom-up-Ansatz und einen Fokus auf den Weg selbst, nicht nur auf die Endergebnisse. “Wir brauchten einen schnellen Weg, um Zielsetzungen, Erwartungen und Grenzen zu kommunizieren, um den Mitarbeiter:innen von Anyline Kontext und Ziele zu geben”, sagt CEO Kinigadner. Einer der zentralen Vorteile der AOA-Methode sei, dass sie schnell Orientierung gebe, wo das Unternehmen gerade steht und welche Überzeugungen darin herrschen.

“Wenn man glaubt, dass eine neue Methode von Anfang an auf Gegenliebe stößt, ist man zum Scheitern verurteilt”

Doch natürlich wurde – nach mehreren gescheiterten Versuchen mit anderen Methoden – auch AOA von den Anyline-Mitarbeiter:innen nicht einfach mit offenen Armen empfangen. “Wenn man glaubt, dass eine neue Methode von Anfang an auf Gegenliebe stößt, ist man zum Scheitern verurteilt. Als Führungskraft war für mich klar: ‘Wenn sie mich nicht hassen, dann bin ich schon auf dem richtigen Weg'”, sagt Kinigadner. Vor allem auch seitens des Management-Teams habe es ein klares Commitment zur neuen Methode und die Bereitschaft, selbst Hand anzulegen, gebraucht.

Canvas, Retros und vierteljährliche Workshops

Generell setzt die AOA-Methode auf einen Bottom-up-Ansatz, legt einen Fokus auf das “why” und den Prozess auf dem Weg zum Ziel und soll eine größere Flexibilität im Vergleich zu anderen Methoden wie OKRs bieten. Konkret umgesetzt wird das unter anderem mit dem sogenannten “AOA Canvas” in den zwei Formaten “Company” und “Team”, wo Insights zum Status Quo, zu Überzeugungen, Herausforderungen, Vision, Zielen und einigem mehr geboten werden. Damit sollen Mitarbeiter:innen die Ziele im Auge behalten, während sie gleichzeitig viel Selbstbestimmung am Weg dorthin haben.

Monatlich gibt es “Retros” und quartalsmäßig Workshops, in denen die Teams über das Zurückliegende reflektieren und gemeinsam das weitere Vorgehen definieren. “Die Teams schätzen es sehr, wenn sie die Möglichkeit haben, zu reflektieren, einen Schritt zurückzutreten, ein wenig kreativ zu sein und darüber nachzudenken, was sie als Team in diesem Quartal erreichen möchte. Wenn man immer nur umsetzt, geht im Bereich Ideen nichts weiter”, meint Natasha Sotomayor. In diesen Diskussionen spielen Hierarchien keine Rolle, wodurch die Kommunikation zwischen Führungsebene und Mitarbeiter:innen an vorderster Front verbessert werden soll.

Hohe Zufriedenheit im Anyline-Team

Und was kam dabei bislang heraus? Nach drei Quartalen mit monatlichen Retros und vierteljährlichen Workshops gaben jeweils mehr als 80 Prozent der Anyline-Mitarbeiter:innen in einer internen Befragung an, dass sie die Zeit zur Reflexion schätzten, sich in ihren Teams wohlfühlten, ihre Stimme gehört wurde und sie wussten, worauf das Unternehmen hinarbeitete. “Sagen wir mal, von den 22 Teams sind 20 begeistert und die anderen beiden mögen es. Wohingegen ich glaube, dass im Großen und Ganzen niemand die OKRs mochte”, so Sotomayor.

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