04.09.2024
ERBEN 2.0

Charonium: Innsbrucker Startup verwaltet digitale Assets auch nach dem Tod

Für Nachlassverwalter waren digitale Vermögenswerte bisher eine Blackbox. Das Innsbrucker Startup Charonium will das ändern. Künftig sollen NFTs, Depots bei Neobrokern oder Konten bei Neobanken nach dem Tod von Notar:innen und Anwält:innen verwaltet werden.
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Nikolaus Stickler und Daniel Gosterxeier Charonium Krypto vererben Erben
Charonium-Founder Nikolaus Stickler und Daniel Gosterxeier (v.l.) (c) Charonium

Wenn ein Angehöriger stirbt, steht für die Familie auch die Nachlassverwaltung an. Geht es um die Verteilung des Erbes, prüften Notar:innen in der Vergangenheit vor allem klassische Konten bei Banken und Versicherungen. Immer mehr Menschen besitzen heute aber auch digitale Vermögenswerte, die in traditionellen Verzeichnissen nicht auftauchen.

Hier kommt Charonium von den beiden Foundern Nikolaus Stickler und Daniel Gosterxeier ins Spiel: Das Innsbrucker Startup mit einem Faible für griechische Mythologie – Charon ist dort der Fährmann, der die Toten für einen Obolus in das Reich des Hades befördert – bietet dafür eine Lösung. Digitale Vermögenswerte in Onlinekonten bei Neobanken (z.B. N26), Depots bei Neobrokern (z.B. Trade Republic) oder Kryptowährungen, NFTs und Tokens können überprüft werden. Dadurch könne auch “digitales Erbe” gerecht verteilt werden, wie das Startup verspricht.

Alle digitalen Assets an einem Ort

Gedacht ist Charonium sowohl für Privatkund:innen, als auch für Anwält:innen und Notar:innen. Sie verwalten die Charonium Fragmente, hochsichere Aufbewahrungslösungen für private Schlüssel. Diese werden zusammen mit einem digitalen Collectible in Form eines NFTs geliefert und gewährleisten die sichere Verwaltung digitaler Werte. Anwält:innen und Notar:innen können diese Fragmente im Todesfall dazu verwenden, digitale Assets zu rekonstruieren und eine Übersicht der digitalen Vermögenswerte des Verstorbenen oder der Verstorbenen zu erstellen – auch ohne Krypto-Kenntnisse.

Zusätzlich werden auch “Obolusse” angeboten, die als physische Stücke in Kupfer, Silber oder Gold und als NFTs erhältlich sind. Sie bieten zusätzliche Dienstleistungen und Angebote. Wer seine digitalen Assets an einem Ort verwalten will, kann dafür die Charonium Legacy-Software nutzen. Diese All-in-One-Lösung dient der Verwaltung digitaler Assets über verschiedene Blockchains und integriert Finanzdienstleister wie Neo-Banken und Kryptobroker. Die Software ist derzeit noch in der Beta-Phase.

Abonnements und Token-Verkäufe

Das Finanzierungsmodell von Charonium beruht einerseits auf der Erhebung von Abonnementgebühren bei Notar:innen und Anwält:innen, die das Charonium Legacy-System benutzen. Anderseits werden die Charonium Fragmente, Obolusse und ein Styx Token zum Verkauf angeboten. Mit letzerem haben Käufer:innen auch ein Mitspracherecht über Entwicklungen im Netzwerk von Charonium und “Zugang zu virtuellen Erlebnissen im Underverse”, wie das Startup in einer Aussendung schreibt.

Der Token wird derzeit im Pre-Sale verkauft und soll innerhalb des Charonium-Ökosystems als Währung gelten. Das Unternehmen plant derzeit auch ein NFT-Spiel namens “Hades Key” und will sein Angebot um umweltfreundliche Bestattungsoptionen erweitern.

Erfahrung in Software und Blockchain

Gegründet wurde das Startup 2022 von Nikolaus Stickler und Daniel Gosterxeier. Im selben Jahr wurden sie auch mit dem Austrian Blockchain Award ausgezeichnet. Stickler arbeitet seit über 25 Jahren in der Softwareentwicklung und beschäftigt sich mittlerweile vor allem mit innovativen Technologien wie Blockchain, künstlicher Intelligenz und Automatisierung. Gosterxeier ist seit Jahren im Web3-Sektor aktiv und hat sich auf sogenannte digitale Identitäten spezialisiert. Er forscht auch am Austrian Blockchain Center an innovativen Geschäftsmodellen.

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Analyser, CSRD, EU-Taxonomie
(c) - PwC Österreich -Das Konsortium des Projekts "Analyser" beim Kick-Off.

Die Regeln der Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD), die in den kommenden Jahren sukzessive schlagend werden, bedeuten für zahlreiche österreichische Unternehmen eine Verpflichtung zur Nachhaltigkeitsberichterstattung. Bei vielen von diesen – auch jene, die freiwillig schon früher als erforderlich mit der Umsetzung starten – werden Schwierigkeiten erwartet, die Anforderungen zu erfüllen, da insbesondere KMU nicht über ausreichend Kapazitäten für interne Nachhaltigkeitsabteilungen verfügen würden.

CSRD und Taxonomie

Dies gilt im Besonderen für die EU-Taxonomie, die ergänzend zur CSRD anzuwenden ist. Gemäß ihr müssen die wirtschaftlichen Aktivitäten eines Unternehmens als nachhaltig oder nicht-nachhaltig deklariert werden.

Die Verordnung umfasst umfangreiche und detaillierte Kriterien, die für Ungeübte nicht leicht zu verstehen sind. Deshalb will in einem kürzlich gestarteten Forschungsprojekt namens “AI Enabled Sustainability Jurisdiction Demonstrator” (Analyser) ein Forschungskonsortium KI-basierte Module entwickeln. Die sollen es auch ungeschulten Anwenderinnen und Anwendern ermöglichen, die gesetzlichen Meldepflichten zu erfüllen. So soll eine Erleichterung für Unternehmen erzielt werden.

“Das oberste Ziel unseres Projekts ist es, die Zahl der KMU zu erhöhen, die selbstständig in der Lage sind, die EU-Taxonomie in guter Qualität zu berichten”, erklärt Maximilian Nowak, der das Projekt bei Fraunhofer Austria leitet.

Das Konsortium

Das Konsortium, bestehend aus Fraunhofer Austria, Universität Innsbruck, Technischer Universität (TU) Wien, Leiwand AI, PwC Wirtschaftsprüfgesellschaft, der Wirtschaftsagentur Niederösterreich ecoplus, Murexin und Lithoz wird dafür Teile des Prozesses mithilfe von Künstlicher Intelligenz automatisieren. Ein Chatbot, der auf einem eigens kreierten Sprachmodell beruht, soll mit den Anwenderinnen und Anwendern im Dialog stehen und sicherstellen, dass alle benötigten Dokumente vorliegen.

Es sind nämlich viele Fragen im Rahmen der Nachhaltigkeitsberichterstattung zu klären: Welche wirtschaftlichen Aktivitäten gibt es im Unternehmen? Wie umfangreich sind diese? Welche davon sind taxonomiefähig, können also überhaupt nach den Kriterien bewertet werden?

Josef Baumüller, der von Seiten der TU Wien an dem Projekt beteiligt ist, sagt: “Es ist vielen noch nicht bewusst, wie komplex die Anforderungen zunächst an die Datenerhebung und anschließend an die Klassifizierung sind. Die Prozesslandschaft im Unternehmen muss erfasst und auf die Vorgaben der EU-Taxonomie übergeleitet werden, darüber hinaus gilt es, relevante Datenbedarfe zu identifizieren und im Sinne der Effizienz v.a. bereits vorhandene Datenbestände zu nützen.”

CSRD-Berichterstattung eine Herausforderung

Dass eine Unterstützung der Unternehmen unumgänglich ist, sagt auch Stefan Merl von der PwC Österreich GmbH Wirtschaftsprüfungsgesellschaft: “Wir spüren bereits jetzt eine massive Zunahme in den Anfragen von Unternehmen, insbesondere von KMU, die sehen, dass die Erfüllung der CSRD-Berichterstattungspflichten eine große Herausforderung ist. Es führt kein Weg daran vorbei, eine automatisierte Lösung zu entwickeln, die weit über den Automatisierungsgrad bestehender Tools hinausgeht. Genau das wollen wir im Projekt ‘Analyser’ verwirklichen.”

Dabei ist essenziell, dass die im Tool eingesetzte KI fair, nachvollziehbar und korrekt arbeitet. Dafür soll Leiwand AI GmbH die nötige Expertise in das Projekt einbringen.

“In einer so kritischen Angelegenheit wie der Nachhaltigkeitsberichterstattung ist es besonders wichtig, dass auch Maßnahmen hinsichtlich einer zuverlässigen und fairen KI-Lösung getroffen werden. Durch den Einsatz verschiedener Methoden rund um nachhaltige und vertrauenswürdige KI werden wir dazu beitragen, dass der ‘Analyser’ gesicherte Informationen liefert, fair in Bezug auf Bias und Diskriminierung ist und im Einklang mit dem EU AI Act steht”, sagt Mira Reisinger, Data Scientist bei Leiwand AI.

Das Projekt ist im Herbst 2024 gestartet, läuft über drei Jahre und wird durch die FFG aus Mitteln des Bundesministeriums für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie gefördert.

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