17.06.2019

CEE Unlimited: Hai-abweisender Schiffbruch-Onesy gewinnt Pitch in Zagreb

Die aaia-Roadshow CEE Unlimited gastierte vergangene Woche in der kroatischen Hauptstadt Zagreb. Den Pitch-Sieg holte sich Juraj Wagner mit seinem Startup Res Maritimae, das einen Ganzkörper-Rettungsanzug für Schiffbrüchige entwickelt hat.
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Res Maritimae siegte mit seinem Schiffbruch-Onesy beim CEE Unlimited-Pitch in Zagreb
(c) Res Maritimae: Der Prototyp des Onesies in Aktion

Nach Events in Rumäniens Hauptstadt Bukarest und Bulgariens Hauptstadt Sofia gastierte die aaia-Roadshow CEE Unlimited vergangene Woche in Kroatiens Hauptstadt Zagreb. Neben einem umfassenden Networking-Programm zeigten auch einige vielversprechende kroatische Startups ihre Ideen im Pitch. Und die Szene hat einiges zu bieten.

+++ Startups statt Strand: Kroatien als Hotspot für Gründer, Investoren und Recruiter +++

“Ausreichend Zugriff auf Investoren-Kapital” in Kroatien

“Die Startup-Investment-Community in Kroatien entwickelt sich gerade stark. Nun haben die Kreativen des Landes tatsächlich ausreichend Zugriff auf Investoren-Kapital. Die kommenden Jahre sind also sehr vielversprechend”, sagt Davorin Štetner, Präsident des Croatian Business Angel Network (CRANE), im Gespräch mit dem brutkasten am Rande des Events. Potenziellen ausländischen Investoren verspricht er: “Sie werden hier Kreativität finden”. Denn das Land sei in zwei Dingen stark: Sport und Innovation. “Der Fallschirm, Torpedos oder der Kugelschreiber sind alles kroatische Erfindungen. Ausländische Investoren finden ein freundliches, sicheres und stabiles Land vor”.

Res Maritimae: All-in-One(sy)-Lösung bei Schiffbrunch

Eine vielleicht bahnbrechende Erfindung konnte auch den Pitch beim CEE Unlimited-Event für sich entscheiden. Das Startup Res Maritimae hat einen Anzug entwickelt, der im Falle eines Schiffbruchs, etwa auf Passagier-Fähren, eine Rundum-Versorgung bieten soll. Ganze 72 Stunden soll der schnell anlegbare Onesy vor dem Ertrinken und vor Unterkühlung bzw. Erfrierung schützen. Dabei sondert er zusätzlich einen Geruch ab, der Haie abschreckt.

“Ein Deal-Breaker”

Das Produkt überzeugte die CEE Unlimited-Jury sichtlich. “Es ist wirklich sehr speziell und die Show des Startups beim Pitch war großartig”, sagt Georg Ioannidis von Uniqa Ventures. “Es macht einfach so viel Sinn. Wenn es wirklich funktioniert, ist es ein Deal-Breaker”, kommentiert Camilla Sievers von IP Österreich. Res Maritimae-Gründer Juraj Wagner sieht aber nicht nur sein Produkt als Grund für den Pitch-Sieg. “Wir glauben als Team wirklich an unser Produkt und das zeigen wir. Es ist aber auch die Denkweise: Wenn man der Menschheit etwas gutes tun will, kann eigentlich nichts schiefgehen”. Denn geht es nach Wagner, soll der Anzug “viele, viele Leben retten”.

Mit dem Pitch-Sieg in Zagreb holte sich Wagner auch das Ticket für den Pitch am CEE Unlimited Investors Day in Wien, der im Herbst das große Finale der Roadshow bildet. “Dort wollen wir uns auf die beste Weise präsentieren und der ganzen Welt unser Produkt zeigen”, sagt der Res Maritimae-Gründer.

CEE Unlimited: “Diversität im größeren Maßstab”

Noch geht es bei der Event-Reihe nicht um die ganze Welt, sondern um den zentral- und osteuropäischen Raum. Und in den setzen die an der Roadshow Beteiligten große Erwartungen. “Die Länder verbindet ihre Geschichte und vor allem eine Freundschaft. Und das ist die beste Grundlage für gute Geschäfte”, sagt Davorin Štetner. Und Camilla Sievers präzisiert: “Es ist wichtig, ein grenzüberschreitendes Ökosystem aufzubauen. Wenn wir zusammenarbeiten, können wir voneinander lernen, uns gegenseitig beschleunigen und damit letztlich Ideen schneller umsetzen. Für Jeden Investor ist Diversität im Team wichtig. Warum sollten wir dieses Prinzip nicht auf einen größeren Maßstab umsetzen?”

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Die Verwendung von Kohlefaser in der Industrie hat in den letzten Jahren stark zugenommen – insbesondere in Bereichen wie der Luft- und Raumfahrt, dem Automobilbau und der Windenergie. Kohlefaser überzeugt durch ihre hohe Festigkeit bei geringem Gewicht, doch ihre Herstellung ist ressourcenintensiv und teuer. Ein großes Problem stellt der hohe Verschnitt bei der Produktion dar: In der Industrie landen im Durschnitt bis zu 30 Prozent der Rohstoffe im Abfall. Diese Materialverluste sind nicht nur ökonomisch ineffizient, sondern auch aus ökologischer Sicht problematisch, da Kohlefaser biologisch nur schwer abbaubar ist.

Carbon Cleanup setzt auf KI

Das 2020 gegründete Linzer Startup Carbon Cleanup rund um Gründer Jörg Radanitsch hat sich diesem Problem angenommen und zum Ziel gesetzt, Kohlenstofffasern aus Industrieabfällen aufzubereiten und wiederverwendbar zu machen. Konkret hat das Startup eine mobile Aufbereitungsanlage entwickelt, um Carbonfasern direkt vor Ort beim Kunden aufzubereiten. 

Zum Herzstück der Anlage gehört nicht nur die mechanische Aufbereitung der Kohlenstofffasern. Im Hintergrund läuft auch eine Software, die eine KI-gestützte visuelle Erkennung der zugeführten Rohstoffe ermöglicht.

“Wir haben ein KI-generiertes Datenblatt entwickelt, das automatisch die Charakteristika von eingehendem Material erkennt und den Wert des Rezyklats bestimmt“, so Radanitsch. “Bevor das Material in unsere Anlage kommt, wissen wir schon, welche mechanischen Eigenschaften es haben wird. Das ist entscheidend für die Qualität und den Marktwert des Endprodukts.”

Gründer Jörg Radanitsch | (c) Carbon Cleanup

Entwicklung der zweiten Generation an Anlagen

Während die erste Anlage des Unternehmens für R&D-Zwecke dient und über eine Kapazität von 30 Tonnen pro Jahr verfügt, konnte das Unternehmen über den Sommer eine zweite Anlage in Betrieb nehmen. „Unsere zweite Anlagengeneration ist im August fertiggestellt worden. Die Produktionskapazität ist dreimal so hoch wie bei unserer ersten Anlage. Damit sind wir jetzt in der Lage, deutlich mehr und auch verschiedene Kompositabfälle zu verarbeiten.“

Besonders stolz ist Radanitsch auf die gestiegene Materialqualität: „Das neue Aggregat ist viel stärker, was uns mehr Flexibilität bei der Verarbeitung der Materialien gibt. Wir können jetzt eine Vielzahl an Abfällen effizienter recyceln, was die Qualität der Produkte erheblich verbessert.“

Ein wichtiger Baustein für den Erfolg von Carbon Cleanup war die Unterstützung durch die Austria Wirtschaftsservice (aws). “Das Seed-Financing der Austria Wirtschaftsservice hat uns erlaubt, nicht nur unsere Forschung und Entwicklung voranzutreiben, sondern auch in Marketingaktivitäten zu investieren, die für uns als Hardware-Startup besonders wichtig sind“, erklärt Radanitsch.

Luftfahrtindustrie und Kooperation mit KTM Technologies

Eine der spannendsten Entwicklungen bei Carbon Cleanup ist der Einsatz ihrer recycelten Materialien im 3D-Druck, besonders in der Luftfahrtindustrie. “Wir liefern im Tonnenmaßstab Kunststoffgranulate, die mit unserer Rezyklatfaser verstärkt sind. Diese werden in großen 3D-Druckern verwendet, um Formen zu bauen, die dann für die Produktion von Flugzeugteilen genutzt werden”, so der Gründer.

Zudem arbeitet Carbon Cleanup mit dem österreichischen Motorradhersteller KTM zusammen. Gemeinsam arbeiten beide Unternehmen an einem geschlossenen Materialkreislauf, bei dem Post-Consumer- und Post-Industrial-Abfälle von KTM Technologies recycelt und für die Herstellung neuer Bauteile genutzt werden. Spezifisch handelt es sich um das Recycling der Teile des Rennmodells “X-Bow GT2”, dessen Rahmen zu 100 % aus Carbonfasern besteht. Durch Unfälle entsteht eine große Menge an beschädigtem Material, das normalerweise als Abfall betrachtet wird. Mit der Partnerschaft von KTM und Carbon Cleanup wird dieses Material zurück in den Kreislauf gebracht. 

(c) Carbon Cleanup

“KTM Technologies war von Anfang an ein Vorreiter. Sie testen unsere recycelten Materialien bereits erfolgreich in ihren Motorrädern“, betont Radanitsch.

Das Besondere an dieser Kooperation ist das sogenannte Closed-Loop-Material, das zu 100 Prozent aus dem Abfallstrom von KTM Technologies besteht. „Die Herausforderung ist, die Materialien zirkulär zu sammeln und in die Produktion zurückzuführen. Das Sammeln und die Qualität sind dabei entscheidend. Aber wir haben gezeigt, dass wir sogar leistungsfähigere Materialien aus Abfall herstellen können”, so der Gründer.

(c) Carbon Cleanup

Die nächsten Schritte von Carbon Cleanup

Das Geschäftsmodell von Carbon Cleanup basiert derzeit auf zwei Einnahmequellen: Zum einen bietet das Unternehmen Kunden einen Recycling-Service an, bei dem diese für die umweltgerechte Entsorgung des Materials bezahlen. Dafür wurde eine eigene Logistikstruktur aufgebaut. Zum anderen werden die Faserverbundkunststoffe an weitere Abnehmer verkauft. Derzeit liefert das Startup 98 Prozent der aufbereiteten Granulate ins Ausland. “Für eingehendes Material sind die Hauptmärkte neben Österreich vor allem Deutschland und Italien. Der Materialzufluss ist für uns derzeit jedoch kein Engpass, sodass wir gezielt das für uns passende Material auswählen können”, so der Gründer abschließend.


*Disclaimer: Das Startup-Porträt erscheint in Kooperation mit Austria Wirtschaftsservice (aws)

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