20.06.2018

Careship: Warum die Wiener Founder Berlin als Standort wählten

Das Geschwisterpaar Antonia und Nikolaus Albert kommt aus Wien. Ihr Startup Careship, mit dem sie kürzlich ein sechs Millionen euro-Investment an Land zogen, gründeten sie in Berlin. Wir haben sie nach den Gründen dafür gefragt.
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Careship
(c) Careship: Das Founder-Geschwisterpaar Nikolaus und Antonia Albert mit einer Kundin

In vielen europäischen Ländern wie Österreich oder Deutschland werden die Menschen immer älter. Und damit absehbar pflegebedürftiger. Die Sozialkassen sind schon jetzt überfordert, es fehlt an Pflegepersonal und an Plätzen in entsprechenden Heimen. Allein in Deutschland wird sich die Anzahl an Menschen, die auf Hilfe angewiesen sind, bis zum Jahr 2050 verdoppeln. Im gleichen Zeitraum sinkt die Zahl der Betreuer, weiß man bei Careship.

Careship ist ein Berliner Startup der Geschwister Antonia und Nikolaus Albert. Die beiden Gründer stammen ursprünglich aus Wien, aber statt eines Launchs im Heimatland starteten die beiden direkt in Deutschland. Eine eher ungewöhnliche Entscheidung, denn die meisten Startups mit österreichischen Gründern rollen ihr Business zunächst im eigenen Land aus, um erst im zweiten Schritt im Nachbarland Deutschland weiter erfolgreich zu werden.

+++ Careshíp: 6 Millionen Euro für Pflegestartup mit österreichischen Gründern +++

Was für Deutschland spricht

Warum also nicht Wien, Linz oder Graz? “Wir haben uns für Berlin entschieden, da es für uns den besten Zugang zu wichtigen ‘Gründer-Ressourcen’ geboten hat – im Sinne von Mitarbeitern, Kapital, Netzwerk und Austausch. Berlin ist in Europa einzigartig und sehr weit diesbezüglich und war deshalb für uns der richtige Ort, um Careship zu gründen”, sagt Antonia Albert.

Zudem hatte die junge Gründerin zuvor bereits in Berlin gelebt und im Business Development bei Rocket Internet gearbeitet. Die familiäre Situation änderte sich, als im Jahr 2014 bei der Großmutter eine beginnende Demenz festgestellt wurde. Eine Diagnose, die die Familie vor eine nie dagewesene Herausforderungen stellte, berichtet Albert. Nie zuvor habe sie ihre sonst so gut organisierten Eltern so überfordert gesehen.

Eine Erfahrung, die ihre Eltern und Angehörigen mit vielen Menschen teilen. Denn: Die meisten Menschen werden von zu Hause gepflegt, oft von den eigenen Kindern. Die Folge: Überforderte Angehörige und verzweifelte Senioren, die ihren Kindern und Enkeln nicht zu Last fallen wollen.

Careship: Pflegebereich noch ineffizient organisiert

Wo Menschen krank und pflegebedürftig werden, stellen sich viele neue Fragen. Auch nach möglicher Entlastung. Vor diesem Hintergrund entstand die Idee zu Careship. Der Ansatz: Jeder nutzt das Internet für Dienstleistungen, der Bereich der Pflege ist jedoch weiterhin ineffizient organisiert.

Auf der Seite des Unternehmens finden sich zum einen Informationen zu Pflegeansprüchen, auf der anderen Seite bringt es Senioren und Angehörige mit persönlichen Betreuern und Pflegern zusammen. Das Unternehmen erhält pro gebuchter Stunde eine Provision von 20 Prozent. Ähnlich wie bei Partnervermittlungs-Websites wird vorher geschaut, dass die Personen zusammenpassen. Neben Berlin ist der Dienst auch in Nordrhein Westfalen, Frankfurt und Hamburg verfügbar.

Business-Modell nicht einfach übertragbar nach Österreich

Noch gibt es Careship nicht in Österreich. “Wir arbeiten derzeit vor allem daran, neue Regionen in Deutschland zu erreichen. Das liegt auch daran, dass das Pflegesystem in Österreich ja ganz anders strukturiert ist und wir unseren Dienst somit auch nicht einfach 1:1 übertragen könnten”, sagt Albert. Pflege ist ein Vertrauensthema, da geht Qualität vor Quantität.

Natürlich sei ein Start in Österreich ein Traum, so Albert weiter. Aber man wolle lieber noch warten, “um es dann richtig zu machen, statt jetzt voreilig und nur halb gut”. Dafür, gibt sie zu, habe man in Sachen “Österreicher im Team” bei den Mitarbeitern tatsächlich die Nase vorn: “Wir haben schon viele Personen aus unserem Heimatnetzwerk für Careship begeistern können”. Derzeit beschäftigen die Geschwister 35 Mitarbeiter und 500 Betreuer im Bundesgebiet.

Investoren sind überzeugt

Die Investoren haben die Geschwister mit ihrem Dienst bereits international überzeugen können. In seiner letzten Finanzierungsrunde Anfang April strich Careship sechs Millionen Euro Kapital ein. Den Lead übernahm dabei der VC Creandum, der auch in Spotify investiert ist. Daneben stieg der auf Impact-Startups spezialisierte VC Ananda Ventures neu ein. Anfang 2017 hatte Careship eine vier Millionen Euro-Runde publik gemacht. Die Investoren dieser A-Runde, u.a. Twitter-Investor Spark Capital, waren auch bei der neuen Runde wieder dabei.

Gibt es Business-Modelle, z.B. wie bei Careship, die in Deutschland vielleicht besser funktionieren, als in Österreich? “Nicht grundlegend”, sagt Albert, “aber sicherlich spielt die unterschiedliche Marktgröße eine gewisse Rolle. Man muss sich das jeweilige Geschäftsmodell speziell ansehen und auswerten”. Für sie fühlt sich Berlin in diesem Moment genau richtig an, dennoch habe sie gelernt, zwischen Schnellschüssen und wirklich Erfolg versprechenden Projekten und den Personen dahinter zu unterscheiden. Zudem gilt in Berlin wie in Wien gleichermaßen: “Man muss sich viel mit anderen Gründern austauschen, von vergleichbaren Geschäftsmodellen lernen und sich nicht vom Weg abbringen lassen”.

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Andreas Buchta-Kadanka, stellvertretender Sektionsleiter in der Sektion III - öffentlicher Dienst und Verwaltungsinnovation, Leitung der Gruppe III/C (c) BMKÖS 2024

Sie ist ein Trainingslager für Innovation. Sie steht für Wertschätzung und Anerkennung und hebt die Arbeit von Innovator:innen ins Rampenlicht. Und sie zeigt, wie gut sich Innovation hands-on umsetzen lässt. Die Rede ist von der Innovate 2024 – der jährlich stattfindenden Innovationskonferenz des öffentlichen Sektors.

Am 28. November 2024 dreht sich auf der Konferenz für Verwaltungsinnovation alles um die nächste Generation: “nextGen – Wer gestaltet die Zukunft der Verwaltung?” ist das Motto, unter dem diskutiert, gebrainstormed, vernetzt und gemeinsam gestaltet wird.

Im Vorfeld dazu haben wir mit Andreas Buchta-Kadanka gesprochen – tätig in der Sektion III – öffentlicher Dienst und Verwaltungsinnovation, Leitung der Gruppe III/C, die sich unter anderem mit dem wirkungsorientierten und innovativen Verwaltungsmanagement befasst.

Im Interview mit brutkasten erwähnt er einige Aspekte, warum die “nextGen” in das Rampenlicht der Verwaltungsinnovation gehört und wie es jungen Menschen gelingen kann, den öffentlichen Sektor zu transformieren.


brutkasten: Sehr geehrter Herr Buchta-Kadanka, letztes Jahr hat die Verwaltungsinnovation ihr 100-jähriges Jubiläum gefeiert. Mit welchen Erkenntnissen startet die Verwaltung nun in das nächste Jahrhundert?

Andreas Buchta-Kadanka: Ich glaube, die vielleicht charakteristischste Entwicklung der letzten 100 Jahre war der Wandel von einem Durchsetzen der Obrigkeit hin zu einer immer stärker bürgerzentrierten Verwaltung. Der Dienstleistungsgedanke hat sich sehr stark durchgesetzt. Die Verwaltung ist Dienstleister der Bevölkerung. Und die Bevölkerung nimmt das Verwaltungshandeln nicht einfach hin, sondern verdient Transparenz, Erklärung und das proaktive Beseitigen von Widersprüchen. Diese Entwicklung ist eine entscheidende in unserer Geschichte.

Welche Herausforderungen muss sich die Verwaltung angesichts dessen stellen?

Ich glaube, eine wesentliche Challenge für die Verwaltung und das Regieren generell ist die schnellere Taktzahl, die höhere Geschwindigkeit unseres Apparates. Das beginnt schon bei der Erwartungshaltung von Bürger:innen: Wir versuchen, Transparenz und Schnelligkeit so gut es geht in unser Handeln zu integrieren. Das optimieren wir auch kontinuierlich, wie internationales Benchmarking zeigt.

Das heißt: Je schneller die Verwaltung reagiert, desto besser?

Jein. Ich würde sagen, so korrekt und schnell wie möglich. Grundsätzlich besteht die mediale Erwartungshaltung, dass zu verwaltungspolitischen Themen sehr schnell Stellung genommen wird. Sei es durch Politiker:innen oder durch die Verwaltung selbst. Diese Schnelligkeit ist zumindest meiner Meinung nach eine der größten Herausforderungen: Schnell und korrekt reagieren und bei all der Schnelligkeit Qualität zu sichern. Gerade dafür wollen wir auf innovative Lösungen der nextGen setzen.

Inwiefern könnte diese Umsetzung aussehen?

Konkret geht es darum, abzuwägen: Wie schnell müssen wir sein, was wollen wir transformieren oder digitalisieren und wie machen wir das richtig. Wir wollen schlechte Prozesse nicht einfach digital machen, sondern digitalisieren und optimieren. Wir wollen “Arbeit” anders denken und technologische Vorteile mitnehmen.

Inwiefern glauben Sie, dass Ihnen die diesjährige Innovate Antworten auf diese Fragen liefert?

Ganz klar ist es der Austausch und die Inspiration voneinander. Das physische Zusammenbringen von Innovator:innen aus Wirtschaft, Wissenschaft, der Zivilgesellschaft und Verwaltung. Das Lernen voneinander, das Bilden eines Netzwerkes. Das sind Dinge, die man nicht rein online oder bilateral macht. Dafür braucht es Veranstaltungen wie die Innovate.

Wie passieren Fortschritt und Innovation?

Ich bin davon überzeugt, Innovation passiert vor allem aufgrund des informellen Austausches. Netzwerken ist etwas Persönliches. Inspiration und das Diskutieren darüber, was funktioniert und was nicht, das hat eine ganz starke zwischenmenschliche Komponente. Und diese Art von Innovation braucht keinen Frontalvortrag und keine Jubelbroschüre, sondern persönlichen Austausch.

Der persönliche Austausch soll dieses Jahr ja vor allem mit der nextGen – also der nächsten Generation – passieren. Was will die diesjährige Innovate damit bewirken?

Für uns ist das ein sehr naheliegendes Thema. Wir stehen vor massiven demografischen Umwälzungen. In den nächsten 13 Jahren werden 44 Prozent des Personals in der Verwaltung in Pension gehen. Fachkräfte am Arbeitsmarkt sind ja ohnehin schon gefragt. Es besteht bei uns großer Rekrutierungsbedarf.

Inwiefern könnte die Verwaltung mit der Pensionswelle umgehen?

Indem wir weiterhin ein attraktiver Arbeitgeber sind und unsere Stellung kontinuierlich verbessern. Auf der Nachfrageseite, aber auch für unser bestehendes Personal. Wir wollen für den Bund begeistern und personalwirtschaftliche Themen sehr stark mit dem Innovationsaspekt verbinden. Wir schauen stark darauf, Innovation nicht nur in klassischen personellen Disziplinen wie Bezahlung, Arbeitszeit und New Work zu verankern. Wir stellen als Arbeitgeber auch sicher, unser Personal aktiv in den Innovationsprozess einzubinden und generationenübergreifende Bedürfnisse zu erfüllen. Und dafür bietet die Innovate eine hervorragende Bühne.

Das heißt, auf der Innovate können Teilnehmende die Verwaltung aktiv mitgestalten?

Ganz richtig. Innovation heißt, wir sind für alle Ideen offen und wollen das auch im Personalkontext fördern. Bei der diesjährigen Innovate geht es deshalb primär um das Thema demografischer Wandel, Wissensmanagement, Recruiting und Führung. Unser Schwerpunkt ist die nextGen – und wir befassen uns intensiv damit, wie man altes Wissen sichern, weitergeben und mit den gegenwärtig verfügbaren Mitteln (Stand der Technik) aufbereiten kann.

Das klingt nach einem sehr universellen Thema.

In der Tat. Wir decken damit nicht nur die Bedürfnisse der Verwaltungscommunity, sondern auch jene der Wissenschaft, Wirtschaft und Zivilgesellschaft. Wir wissen, dass Wissenstransfer und Modernisierung nicht nur Herausforderungen in unserem Feld sind, sondern sektorenübergreifend stattfinden müssen.

Welche Themenbereiche rücken zukünftig noch weiter ins Zentrum?

Ein ganz wichtiges Thema, mit dem wir uns dieses Jahr auch befassen, ist die Sinnhaftigkeit im Arbeiten. Diese Komponente ist gerade für die nextGen besonders wichtig. Junge Menschen wollen in ihrem Wirken die Möglichkeit haben, einen nachhaltigen Beitrag für Österreich und die Gesellschaft leisten zu können- und das tun sie bei der Verwaltung.

Wo braucht es besonderen Innovationsbedarf?

Kompetenzen und Skills ständig ändern. Wir wissen, Kompetenzorientierung ist auch auf europäischer Ebene ein großes Thema. Da gilt es, heute schon die Kompetenzfelder von morgen ausfindig zu machen und Entwicklungen bestmöglich zu antizipieren. Denn wenn wir jetzt falsch ausbilden oder schlecht rekrutieren, sind wir auch schlecht für die Zukunft aufgestellt.

So ganz Hals über Kopf darf man sich allerdings nicht ins Wasser stürzen. Gerade in der Verwaltung ist es uns sehr wichtig, das Vertrauen der Bürger:innen zu halten und nicht durch zu riskante Neuerung zu verspielen. Sei es in puncto Datenschutz, Rechtsstaatlichkeit, Rechtssicherheit, Fairness oder Gleichbehandlung. Wenn man in diesen Bereichen schlechte Produkte produziert, kann das Vertrauen der Bevölkerung erodieren.

Das heißt, lieber langsam und sicher als zu schnell und zu riskant?

Das Vertrauen in Institutionen ist ein derzeit sehr wichtiges Thema. Insofern muss man sich bei innovativen Prozessen als Staat schon etwas vorsichtiger und mit klaren Guidelines – auch aus ethischer Sicht – bewegen. Als konkretes Beispiel der Einsatz von KI: Wenn ich auf meiner Spotify-Playlist einen unpassenden Vorschlag erhalte, ist das etwas anderes, als wenn das bei einem Gerichtsurteil der Fall wäre – das hat eine ganz andere Dramatik.

Welche Highlights bietet die Innovate dieses Jahr?

Die Innovate soll ja nicht nur so heißen, sondern auch so sein, dass wir nicht nur Vorträge halten, sondern auch ein gestaltendes Element einbringen. Wir haben dafür heuer ein neues Format: Den sogenannten Innovate Sprint, einen interaktiven Workshop, der sich mit dem Thema nexGen & Verwaltung befasst.

Und beim Innovate Sprint können Teilnehmende aktiv “mit sprinten”?

Genau. Der Innovate Sprint ist ein Workshop-Format, bei dem Teilnehmer:innen in interdisziplinäre Teams aufgeteilt werden. So kommen viele unterschiedliche Hintergründe und Perspektiven zusammen. Die Teams entwickeln dann je eine Idee, die mit künstlicher Intelligenz visualisiert wird. Über die beste Idee wird dann im Zuge der Innovate und mit unserer Verwaltungs-Community abgestimmt und der Sieger wird prämiert.

Was bekommen die Sieger:innen des Innovate Sprint?

Die Siegergruppe wird die Möglichkeit haben, mit uns nächstes Jahr zum Creative Bureaucracy Festival nach Berlin zu fahren. Das ist eines der weltweit größten Veranstaltungen im Bereich der Verwaltungsinnovation.

Das klingt nach einem tollen Siegerpreis! Und nach einem großen Mehrwert für die Verwaltung Österreichs.

Die Teilnehmer:innen der Innovate Sprint können mit ihren Ideen Einiges bewirken. Wichtig ist uns dabei auch, dass wir als wertbasierte Verwaltung das Vertrauen in staatliche Strukturen aufrechterhalten. Das ist eine unserer Kernfunktionen.

Warum ist gerade die Innovate der richtige Ort, um diesen gemeinsamen Fortschritt zu erzielen?

Die Innovate ist wie ein Trainingslager: Natürlich kann ich meinen Sport alleine betreiben und ich kann darin alleine besser werden. Aber ich finde, es ist das Mindeste, einmal im Jahr gemeinsam zu “trainieren”, sich auszutauschen und sich gemeinsam auf zukünftige Challenges vorzubereiten.

Die Innovate ist also quasi ein Trainingslager für die Zukunft der Verwaltung?

Nicht nur: Die Innovate stellt alle, die über das Jahr an Innovation, Sicherheit und digitalem Fortschritt arbeiten, ins Rampenlicht. Die Innovate ist auch ein Stück weit ein Dankeschön für all die Arbeit, die geleistet wird. Und sie zeigt, dass tolle Konferenzen nicht nur etwas für die Privatwirtschaft sind, sondern dass es innovatives Denken und gemeinsames Schaffen auch im Bundeskontext gibt.

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