09.02.2024

Carbon Cleanup: Wie ein Linzer Startup das Recycling von Kohlenstofffasern skaliert

Das 2020 gegründete Linzer Startup Carbon Cleanup hat eine Technologie zum Recycling von Kohlenstofffasern aus Industrieabfällen entwickelt. CEO und Gründer Jörg Radanitsch hat uns mehr über die Skalierung der Technologie erzählt und welchen Nutzen sie künftig für die Industrie haben könnte.
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Gründer Jörg Radanitsch | (c) Carbon Cleanup

Wer heutzutage ein Flugzeug besteigt, ist von ihnen sprichwörtlich umgeben. Die Rede ist von Kohlenstofffasern. Aufgrund ihrer leichten und dennoch robusten Materialeigenschaften kommen sie mittlerweile in verschiednen Industriezweigen zum Einsatz – verstärkt auch in der Automobilbranche. Mit der steigenden Nachfrage geht jedoch auch eine Herausforderung einher – die umweltfreundliche Entsorgung und das Recycling dieses speziellen Materials. Aufgrund der enormen Robustheit ist die Aufbereitung der Kohlenstofffasern mit großen Herausforderungen verbunden. Zudem fallen in Fertigungsverfahren bis zu 30 Prozent Materialabfall an, was im Vergleich zu anderen Stoffen vergleichsweise hoch ist.

Faserverbund-Experte Jörg Radanitsch entwickelte Patent

Eine Lösung dafür entwickelt das Linzer Startup Carbon Cleanup. Das Unternehmen mit Sitz in Linz hat sich zum Ziel gesetzt, Kohlenstofffasern aus Industrieabfällen aufzubereiten und wiederverwendbar zu machen. Das Unternehmen wurde von Jörg Radanitsch mitbebründet, der zuvor im Bereich der Entwicklung von Windkraft-Rotorblättern Erfahrung mit diesem speziellen Material sammelte. Zudem war Radanitsch auch im Maschinenbau für Eisenbahnfahrzeuge aktiv. Beide Fähigkeiten bringt der erfahrene Experte nun bei Carbon Cleanup ein.

Jörg Radanitsch (Mitte) mit seinem Team, das bis Jahresende verdoppelt werden soll | (c) Carbon Cleanup

“Als Faserverbund-Experte bin ich natürlich auch mit dem Müllproblem in Berührung gekommen und habe ein Patent für eine mobile Aufbreitungsanalge verfasst. Das war schlussendlich auch der Startschuss für die Gründung.” Für die Finanzierung griff er auf Unterstützung durch Family, Friends and Fools zurück. Kurz vor dem Ausbruch der Pandemie wurde das Unternehmen am 9. Jänner 2020 gegründet. Die Nachfrage nach einer entsprechenden Recycling-Lösung war damals schon gegeben. “Zum Zeitpunkt der Gründung hatten wir bereits einen großen Luftfahrtzulieferer aus Oberösterreich als ersten Kunden.”

Das Geschäftsmodell umfasst unter anderem den Weiterverkauf der Rezyklate | (c) Carbon Cleanup

700.000 Euro Förderung der Austria Wirtschaftsservice

Das Recyclingsystem besteht aus einem mobilen Carbon Cleanup Truck. Konkret handelt es sich dabei um eine mobile Aufbereitungseinheit. “Unsere Technologie schafft es die Karbon-Fasern direkt vor Ort beim Kunden aufzubereiten. Damit haben wir ein sortenreines Material vom Ursprung weg. Das ist für das Recycling essentiell”, so Radanitsch. Zudem möchte das Unternehmen laut dem Gründer mit Energieeffizienz punkten.

Aktuell hat das Startup eine erste Anlage, die auch für R&D-Zwecke dient, in Betrieb. Sie ist in der Lage 30 Tonnen pro Jahr zu verarbeiten. Für die Produktion von zwei weiteren Anlagen konnte sich Carbon Cleanup eine Förderung der Austria Wirtschaftsservice (aws) in Höhe von 700.000 Euro sichern. “Die beiden Anlagen werden künftig eine Jahresleistung von 100 bis 200 Tonnen pro Jahr haben”, so Radanitsch.

Die mobile Aufbereitungsanlage kann direkt vor Ort bei Industriebetrieben aufgestellt werden | (c) Carbon Cleanup

Carbon Cleanup setzt auf Software

Zum Herzstück der Anlage gehört nicht nur die mechanische Aufbereitung der Kohlenstofffasern. Im Hintergrund läuft auch eine Software, die eine AI-geschützte visuelle Erkennung der zugeführten Rohstoffe ermöglicht. “Bevor wir den Aufbereitungsprozess beginnen, wissen wir bereits, welches Material wirklich in die Anlage kommt.” Die Klassifizierung der zugeführten Stoffe liefert hierfür wichtige Daten. “So können wir im Anschluss ein Materialdatenblatt erstellen, das wir unseren Kunden in der Industrie zur Verfügung stellen”.

Geld möchte das Startup künftig über zwei Wege verdienen. Diese umfassen den Betrieb der mobilen Anlagen und den Verkauf der Rezyklate. Bis Sommer möchte das Startup zudem eine Finanzierungsrunde abschließen, um mit der Technologie europaweit zu expandieren. “Wir wenden uns hierfür in erster Linie an industrielle Partner, die über die nötige Branchenerfahrung verfügen”. Bis spätestens 2026 soll das Geschäftsmodell profitabel sein.


Tipp der Redaktion

In Österreich beschäftigen sich eine Reihe an Startups mit dem Thema Kreislaufwirtschaft. Hier bieten wir für euch einen Überblick:

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Der Venture Day von VERBUND X und xista fand am ISTA in Klosterneuburg statt | © Noah Neumair / VERBUND
Der Venture Day von VERBUND X und xista fand am ISTA in Klosterneuburg statt | © Noah Neumair / VERBUND

Es wird immer wieder konstatiert: Österreich bringt zwar herausragende Forschungsergebnisse hervor. Bei der Umsetzung dieser Ergebnisse in die Wirtschaft gibt es aber Luft nach oben. Ein entscheidender Faktor ist, wie überall im Startup-Bereich, auch hier die Finanzierung. Eine klare Strategie fährt in diesem Bereich Österreichs größter Energieanbieter VERBUND mit seinem Corporate Venture Capital-Arm VERBUND X Ventures. Das wurde nun auch beim von VERBUND X Ventures gemeinsam mit xista, der Risikokapital-Gesellschaft des Institute of Science and Technology Austria (ISTA), veranstalteten Venture Day bekräftigt.

VERBUND setzt auf zukunftsweisende Cleantech-Investments

Cleantech-Startups und -Spin-offs sind zentral in der Investment-Strategie von VERBUND X Ventures verankert. Dieses Engagement ist von großer strategischer Bedeutung für das Unternehmen, erläutert VERBUND-CEO Michael Strugl in der Podiumsdiskussion zum Thema “Europe‘s energy investment engine: The impact of digital business models”: “Unser Ziel ist es, aktiv die Innovationen zu fördern, die den Energiesektor von morgen prägen werden. Mit VERBUND X Ventures positionieren wir uns bewusst als Treiber disruptiver Technologien und setzen gezielt auf Partnerschaften mit visionären Talenten. Auf diese Weise gestalten wir die Energiezukunft proaktiv und bieten innovative Lösungen für die Herausforderungen von morgen.”

VERBUND-CEO Michael Strugl (ganz links) in der Podiumsdiskussion zum Thema “Europe‘s energy investment engine: The impact of digital business models | © Noah Neumair / VERBUND

Stärkung des Cleantech-Ökosystems

Entsprechend standen auch am Venture Day nicht nur die technologischen Entwicklungen im Cleantech-Bereich sondern auch die Möglichkeiten und Herausforderungen in der Finanzierung von Cleantech-Startups und -Spin-offs im Zentrum. Dabei kam auch ein Ziel ganz klar heraus: Die Stärkung des Cleantech-Ökosystems in Österreich, das diese Aspekte vereint. VERBUND und ISTA verbindet bereits eine mehrjährige Zusammenarbeit. 2022 spendete der Energieanbieter fünf Millionen Euro für die Forschung, die in der Widmungsprofessur “VERBUND Professor of Energy Science” am ISTA ihren Ausdruck finden. Es soll aber noch deutlich mehr entstehen.

“Wollen einen Impuls setzen, um das Ökosystem in Österreich zu stärken und als Hub für den CEE-Raum zu etablieren”

“Die europäischen Paradebeispiele dafür sind die TU München und die ETH Zürich, wo es gelungen ist, herausragende Ökosysteme zwischen Forschung und Wirtschaft aufzubauen. Hier am Venture Day wollen wir einen Impuls setzen, um auch das Ökosystem in Österreich zu stärken und als Hub für den gesamten CEE-Raum zu etablieren”, sagt Franz Zöchbauer, Managing Director VERBUND X Ventures. Vertreter:innen von TU München und die ETH Zürich diskutierten ihre Modelle später auch in einer Podiumsdiskussion zu Thema “Unlocking the power of ecosystems: Catalyzing spin-offs across Europe”.

Der Venture Day ließ auch Raum für intensives Networking | © Noah Neumair / VERBUND

“Letztlich geht es darum, Wissen rascher in die Implementierung, die wirtschaftliche Umsetzung und die erfolgreiche Skalierung zu bringen. Wir brauchen mehr Dynamik in der Umsetzung und damit mehr Unternehmertum für die Gestaltung der Energiezukunft. Das stärkt den Innovationsstandort Österreich und die zukünftige Wettbewerbsfähigkeit Europas”, so Zöchbauer.

Interaktive Labs beim Venture Day

Wichtiger Bestandteil des halbtägigen Venture Day waren drei interaktive Labs zu den Themen Stromspeichertechnologien, Investments in Cleantech-Startups und Ökosysteme. “Speichertechnologien sind ein ganz essenzielles Thema in der Energiewende. In den Labs konnten wir aber auch Best Practices im Corporate-Venturing-Bereich aufzeigen, um andere Corporates zu ermutigen, solche Aktivitäten zu setzen”, erklärt Franz Zöchbauer.

Bei den interaktiven Labs wurden Themen in kleinen Gruppen intensiv bearbeitet | © Noah Neumair / VERBUND

Eine ganze Reihe hochkarätiger Speaker:innen diskutierte zudem am Venture Day in Keynotes und Panels Themen wie den europäischen VC-Markt im Cleantech-Bereich, europäische Spin-off-Ökosysteme und digitale Geschäftsmodelle im Energiebereich. Abgerundet wurde das Programm durch Startup-Pitches von Easelink, Ogre.ai, Reduxi, Spine, InfraredCity, ReCatalyst, Rivus und Subdron.

VERBUND CEO Michael Strugl (mitte) und VERBUND X Ventures Managing Partner Franz Zöchbauer (ganz rechts) mit den Gründern der pitchenden Startups | © Noah Neumair / VERBUND
VERBUND CEO Michael Strugl (mitte) und VERBUND X Ventures Managing Partner Franz Zöchbauer (ganz rechts) mit den Gründern aus dem VERBUND X Ventures-Startup-Portfolio | © Noah Neumair / VERBUND
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