23.07.2021

CancerCase-Gründer Knabl: “Daten liegen auf lokalen Servern und sind nicht auswertbar”

Erfahrungsaustausch unter Ärzten und Fallberichte sind das "Um und Auf" in der Medizin. Laut CancerCase-Mitgründer Alexander Knabl liegen Unmengen an hilfreichen Daten auf heimischen Servern herum. Und verstauben.
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CancerCase, Knabl, Nirtl, Krebs, Onkologie, Lungenkrebs, Daten
(c) CancerCase - Die CancerCase Geschäftsführer Katharina Nirtl und Alexander Knabl streben einen besseren Medizindaten-Austausch an.

Die Gründungsmitglieder und Eigentümer von Digital BioScience Katharina Nirtl, Thorsten Peske, Anton Grünberg, Matthias Cerha und Alexander Knabl haben mit CancerCase eine Web-Applikation erschaffen, mit dem Ziel, den Erfahrungsaustausch zwischen Medizinern zu verbessern. “Unser Ziel ist es, individuellen Erfahrungen in Form von standardisierten ‘Case Reports’ zu erfassen und als kollektives Wissen den Klinikern bereitzustellen”, erklärt Knabl. “Die neuesten Daten müssen für diejenigen frei verfügbar sein, die täglich Therapieentscheidungen treffen. Damit ist CancerCase eine digitale Publikations- und Recherche-Plattform für medizinische Fallberichte. Frei verwendbar für alle registrierten Ärzte.”

Knabl, selbst Biologe, weiß, dass die Entwicklungen sowohl in der Pharmaindustrie, als auch in der Diagnostik in den letzten zehn Jahren rasant zugenommen haben und immer mehr therapeutische und diagnostische Optionen den Ärzten zur Verfügung stehen. Das Problem dabei von der Ärzte-Seite: Mangelnde Erfahrung mit den neuesten Therapeutika.

CancerCase-Gründer: “Es hapert am Erfahrungsaustausch”

“Viele Medikamente werden für immer kleinere Patientengruppen entwickelt. Abseits von den großen Universitätskliniken haben Onkologen oft keine Erfahrung in der Anwendung bzw. dem Nebenwirkungsprofil dieser potenten Medikamente”, sagt er. “Nun ist es so, dass es genügend Erfahrung innerhalb der Ärzteschaft gibt, nur hapert es mit dem Erfahrungsaustausch. Genau da wollten wir ansetzen. Das beste Vehikel für den Job ist, der in der Medizin bestens bewerte Fallbericht. Unser Ansatz war, ‘das Ding’ fit für das 21. Jahrhundert zu machen – digital, standardisiert, automatisiert und unbürokratisch. Anders gesagt, ‘Real World’-Daten innerhalb der Medical Community in eine frei verfügbaren Ressource zu verwandeln.”

Früher war, so der Mediziner weiter, personalisierte Medizin bzw. Onkologie ein guter Slogan um Produkte zu bewerben. Mittlerweile sei die personalisierte Onkologie klinische Praxis. Heute herrscht es eine Unzahl von Biomarkern und Tests, um herauszufinden, welches Behandlungsregime für den jeweiligen Patienten am besten geeignet ist: “Das ist ein Segen, allerdings braucht es auch viel Wissen und Experten, die diese Werkzeuge richtig anwenden. Es braucht ‘Tools’ wie CancerCase, die eine Orientierungshilfe darstellen und bei heiklen Fragestellungen zusätzliche Information liefern, die nicht in dicken Büchern stehen, sondern in jenen ‘Real World’-Daten stecken”, erklärt Knabl seine Intention.

Lungenkrebs nicht gleich Lungenkrebs

Wenn der Gründer von einer rasanten Entwicklung spricht, dann meint er im Grunde die Ausdifferenzierung von Krankheiten in der Medical-Community. Was zum Beispiel früher der Einfachheit halber als Lungenkrebs bezeichnet wurde, ist heute in zehn bis 15 separaten Krankheiten zerlegt worden, die alle für sich eigene Therapieansätze brauchen. Solche Beispiele gebe es auch von anderen Tumoren.

Knabl dazu: “Es gibt es nicht nur Monotherapien mit einem Medikament, sondern Kombinationen von Medikamenten, ‘Doublets’, ‘Triplets’. Die Möglichkeiten wachsen exponentiell, die Erfahrung des einzelnen Arztes bzw. des Systems allerdings nur linear. Das ist ein Problem, das es zu lösen gilt.”

“Liberaler Zugang wünschenswert”

Momentan liegen laut dem Biologen enorme Datensätze auf lokalen Servern im ganzen Land herum, die nicht auswertbar sind, weil entweder die Daten nicht ausgelesen werden können, viele unterschiedliche Systeme und Insellösungen laufen oder der Datenschutz die Nutzung erschwert. “Ein liberalerer Zugang wäre wünschenswert, ich denke die Erfahrung mit Covid-19 hat das Denken in eine positive Richtung gelenkt. Die Daten existieren, sollten allerdings auch einfacher zugänglich sein”, wünscht er sich.

Exkurs: Datenschutz ist beim CancerCase-Team oberstes Gebot, wie Knabl betont. “Unser erster Weg noch vor der Gründung war tatsächlich zu dem österreichischen Experten, wenn es um das Arzneimittelgesetz und den Datenschutz geht (Anm.: Cerha). Der wurde dann auch ein Gründungsmitglied bei uns. Konkret gesagt, alle unsere Fälle sind streng anonymisiert und werden vor der Veröffentlichung auch dahingehend geprüft.”

CancerCase soll “oldschool” ablösen

Das Team ist eigenen Worten nach mit CancerCase noch “oldschool” unterwegs. Die Fall- und Erfahrungsberichte werden aktuell noch von den eigenen Klinikärzten und Studienassistenten erstellt. “Unser Schritt aber muss in Richtung Automatisierung gehen”, wünscht sich Knabl.

Das Feedback für die CancerCase-App ist laut dem Founder-Team gut und man hat schon die Teilnahme der Ärzteschaft und sogar Aufträge von der Industrie an Land gezogen – alles aus eigenen Kräften. Allerdings sei man jetzt an einem Punkt, an dem man aus eigener Kraft nicht den nächsten Schritt setzen könne. Knabl dazu: “An diesem Punkt brauchen wir Partner und Finanzierung. Unser Fokus für die nächsten Monate geht ganz klar in diese Richtung.”

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Markus Fuhrmann von Gropyus (rechts oben), Prewave (rechts unten), Storyblok (mitte), enspired (links unten), Marcus Bauer von CycloTech (links oben)

Mit mindestens einer halben Milliarde Euro an Investments ist es auch für 2024 zum Jahresende wieder Zeit für den brutkasten-Investmentrückblick. Insgesamt konnten wir 104 Investments verzeichnen.

Disclaimer: Die Darstellung zählt die Investments, die der brutkasten-Redaktion bekannt sind. Sie erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Die Redaktion bemüht sich darum, Investments in österreichische Startups zu verfolgen, darüber zu berichten und diese aufzubereiten.

Knapp die Hälfte der von uns verzeichneten Investments wurden jedoch ohne exakten Betrag kommuniziert. Ausgehend von den jeweils angegebenen Untergrenzen ("siebenstelliges Investment" = 1 Mio.) ergibt sich die halbe Milliarde Euro als Mindest-Gesamtvolumen.

Gropyus: mit 100 Mio. Euro wieder Nr.1

Mit 100 Mio. Euro, konnte sich das Proptech-Startup Gropyus wie bereits im Vorjahr erneut das größte Investment sichern (brutkasten berichtete 2023). Daneben konnten aber viele weitere heimische Start- und Scaleups größere Investmentrunden abschließen. So freute sich Storyblok bereits im Mai über eine Finanzierung über 80 Mio. US-Dollar (entspricht etwa 75 Mio. Euro), im Juni dieses Jahres wurden 63 Mio. Euro in Prewave investiert.

Bei den aktivsten Investoren gibt es keine große Überraschung. Insgesamt viermal wurde die Wiener Venture-Capital-Gesellschaft Speedinvest als Geldgeber der heimischen Startups genannt. Auch Business Angel-Legende Hansi Hansmann ist mit seiner Hans(wo)mengroup zumindest viermal als Investor erwähnt worden.

Die Branche mit der insgesamt größten Investmentsumme bleibt der Software-Bereich. Rund 160 Mio. Euro erhielten heimische Software-Startups, gefolgt von den Proptech-Startups mit 101 Mio. Euro - der Betrag ist jedoch fast zur Gänze auf Gropyus zurückzuführen.

Investitionen: Unbekannte Beträge

Bei insgesamt 55 der 104 vermerkten Investments wurde keine exakte Summe genannt, wodurch nur eine Annäherung an das tatsächliche Volumen möglich ist. Bei 14 Startups wurde überhaupt Stillschweigen über die Summe vereinbart.

Unsere Auswertung zeigt, dass sich die meisten heimischen Investments im siebenstelligen Bereich befinden, dicht gefolgt von sechsstelligen Förderungen. Investitionen darüber oder darunter sind eher die Ausnahme.

Gendergap: Männerteams bekommen mehr

Betrachtet man die Investments nach Geschlecht der Founderteams, ist ein eindeutiger Gendergap bemerkbar. Im ersten Halbjahr 2024 wurde nur in zwei Startups investiert, die von einer Frau geführt sind. Zum Jahresende konnten nur zwei weitere Investitionen in Startups von Frauen vermerkt werden.

Auswertungen und sämtliche Grafiken erheben keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Berücksichtigt wurden nur österreichische Unternehmen. Da Fördersummen aus den Meldungen nicht differenziert werden können, wurden diese stellenweise mitgerechnet.

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